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Durchbruch bei Waffenruhe in NahostEin erster Schimmer Frieden

Felix Wellisch
Kommentar von Felix Wellisch

Der Deal zwischen Israel und der Hamas ermöglicht vorerst ein Ende des Leids in Nahost. Doch wohin mit dem Hass?

Erleichterung am Abend in Tel Aviv, als die Meldung von einer Einigung mit der Hamas öffentlich wurde Foto: Oded Balilty/ap

D as Abkommen, auf das sich Israel und die Hamas am Mittwochabend in Katar geeinigt haben, ist längst überfällig. Der dreistufige Plan, der ein Ende der Kämpfe, einen Austausch von Gefangenen sowie den schrittweisen Rückzug der israelischen Armee aus Gaza vorsieht, liegt in etwa dieser Form schon seit Monaten auf dem Tisch.

Ende Mai war US-Präsident Joe Biden als Vermittler gescheitert: Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte sich gegen jeden Deal gestellt, solange die Hamas nicht zerstört sei. Diese wiederum konnte sich dadurch verhandlungsbereit präsentieren – ohne die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten unter Beweis stellen zu müssen.

Kritiker beschuldigen Netanjahu schon lange, sich aus Angst vor seinem politischen Ende zum Erfüllungsgehilfen der messianischen Siedler in seiner Koalition zu machen. Weiten Teilen der Siedlerbewegung liegt ebenso wenig am Frieden wie der Hamas.

Doch im Gegensatz zu Netanjahu, der seit Kriegsbeginn jede Debatte über eine Nachkriegsordnung in Gaza verhindert, haben sie einen Plan: die Vertreibung möglichst vieler Palästinenser und den Ausbau jüdischer Siedlungen. Um diese Agenda voranzutreiben, dient der Krieg ihnen als Vehikel.

Die Kosten tragen andere: In den acht Monaten seit dem gescheiterten Deal sind in Gaza mehr als 10.000 weitere Palästinenser, mindestens acht israelische Geiseln und 120 israelische Soldaten getötet worden.

Der Hamas als Guerilla scheint die israelische Armee trotz aller Übermacht ohnehin nicht beizukommen – im Gegenteil: Laut „Wall Street Journal“ rekrutiert sie eine neue Generation an Kämpfern unter den ausgebombten und teils mehrfach vertriebenen Bewohnern des Gazastreifens. An der „Zurückhaltung“ Israels, wie manche Rechte behaupten, dürfte das kaum liegen: Seit Kriegsbeginn greift die Armee systematisch auch zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen und Moscheen sowie Geflüchtetenlager an.

Der Trump-Faktor

Jetzt kommt der Impuls für das Abkommen ausgerechnet von Donald Trump. Dessen Unberechenbarkeit und Drohungen scheinen für Bewegung gesorgt zu haben: bei der Hamas womöglich aus der Einsicht, dass die Situation trotz der beispiellosen humanitären Katastrophe noch schlimmer werden kann. Und auf israelischer Seite will man sich offenbar mit Trump gut stellen, von dem sich viele Israelis eine Menge erhoffen.

Die schwierigste Aufgabe kommt jetzt

Selbst wenn der Waffenstillstand halten sollte, was derzeit stark bezweifelt werden darf: Der Schrecken des Kriegs ist so sehr Alltag geworden, dass dabei vergessen gehen kann, dass die schwierigsten Aufgaben erst nach dem Ende der Gewalt beginnen.

Wie sollen die Palästinenser vergeben, dass Israel Gaza laut Hilfsorganisationen zum weltweit tödlichsten Ort für Kinder gemacht hat? Wie soll die israelische Gesellschaft vergeben, dass die Hamas sie mit ihrem Massaker am 7. Oktober 2023 und dem anschließenden Spiel mit dem Leben der Geiseln an ihre dunkelsten Orte gedrängt hat? Gegen den Umgang mit dem unvorstellbaren Ausmaß an Trauer, Wut und Hass nach fünfzehn Monaten Krieg erscheint das erfolgreiche Ringen um einen Waffenstillstand fast wie die kleinere Herausforderung.

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Felix Wellisch
Korrespondent
berichtet für die taz aus Israel und den palästinensischen Gebieten. Geboren 1989. Er hat Politik- und Sozialwissenschaften in Jena, Dresden und Kairo studiert und die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Ernst Cramer & Teddy Kollek-Fellow.
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