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Die Grünen und die Dusch-DebatteArme und Arschlöcher

Peter Unfried
Essay von Peter Unfried

Es war Habeck, der die grüne Illusionserzählung beendete, persönlicher Verzicht werde die Erderhitzung stoppen. Und nun fordert er, kürzer zu duschen?

Sorgt vor allem für Ablenkungsdebatten: der Aufruf, kürzer zu duschen Foto: Illustration: Katja Gendikova

E in emanzipatorischer Fortschritt der Grünen und der sie deshalb zunehmend wählenden neuen Mittelschicht in den letzten Jahren war die Überwindung des romantisch-illusionären Claudia-Roth-Zeugs („Das Private ist politisch“) und der darin steckenden, gruseligen Vorstellung der „besseren Menschen“. Diese Vorstellung findet ihre Erfüllung hauptsächlich im Markieren vermeintlich schlechter Menschen. Das ist ein harter Job, der von den ersten bundesdeutschen Wokies – also den 68ern – über die zweiten Wokies – die frühen und mittleren Grünen – nun auf die dritte Generation des erwachten Bewusstseins übergegangen ist.

Derweil konzentrieren sich die Grünen in den Ländern und seit letzten Dezember auch im Bund darauf, Politik zu machen, was mal mehr, mal weniger gelingt, aber jedenfalls auf das Gemeinsame zielt und mit politischen Instrumenten an der Verbesserung von Strukturen arbeitet. Der Hauptverantwortliche für den strategisch-kulturellen Wechsel ist der heutige Vizekanzler Robert Habeck, der schon vor Jahren jedem erzählte, der nicht rechtzeitig aus seiner Hörweite flüchtete, dass er abends noch schnell Milch bei Aldi hole, wenn sie fehle. Bessere Politik, nicht bessere Menschen, war der Slogan dieses Paradigmenwechsels.

Und darin eingewoben war auch das Ende der Illusionserzählung, persönlicher Verzicht der Einsichtigen werde die globale Erderhitzung stoppen. Und nun kommt ausgerechnet Habeck und fordert die Leute als Wirtschafts- und Klimaminister dazu auf, kürzer zu duschen und also zu „verzichten“? Daraus kann man schließen, wie weit der Minister in diesen Wochen weg ist von seinen großstrategischen Theorien und wie sehr ihn die Sorge um reale Gasknappheit und Energiesicherheit im Winter umtreibt. Mehr Effizienz ist zen­tral für die Transformation, und prioritär geht es beim kürzeren Duschen um Energiesparen und Geldsparen. Und dennoch: Richtig brillant ist das nicht von Habeck.

Die Verzicht-„Debatte“ ist eine Falle, etwas, was der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen ein Metaframe nennt. Mit diesen Metaframes wird seit Jahren sozialökologische Politik verhindert, indem diese auf einer Metaebene als illegitime Erziehung und Freiheitsberaubung geframt wird. Aber auch die Fixierung auf die Ökonomie bei weitgehender Vernachlässigung der Ökologie ist ein konservatives Metaframe der deutschen Politik, Gesellschaft und Medien, das nebeneinander in zwei Variationen dominiert, einmal als „Wirtschaft“, einmal als „soziale Ungerechtigkeit“. Auch damit werden Denk- und Sprechmuster vorgegeben und gesetzt.

Zeitschleife der Mediengesellschaft

Wir hängen in einer Zeitschleife der Mediengesellschaft fest, womit Zukunftspolitik aus zwei Richtungen delegitimiert wird. Das eine ist der sogenannte Kubicki-Effekt. Leute werden angeblich vom Drang befallen, nun aber besonders lang zu duschen, besonders spritintensiv rumzubrettern oder einen Inlandsflug von Berlin nach Potsdam zu machen. Das sind entweder kulturell Dauerpubertierende, die das als Protest gegen die spießige Obrigkeit sehen wollen und als Freiheitskampf deklarieren. Oder populistische Liberaldemokraten ohne Klimapolitik-Programm.

Das ist intellektuell nicht satisfaktionsfähig, wird aber von uns Medien immer wieder hochgezogen, weil es Reichweite und Aufregung produziert. Auch die zweite Delegitimierungsstrategie ist seit vielen Jahren eingeübt. Während erstere liberalmoralisch daherkommt, ist zweitere linksmoralisch grundiert und wird daher gern mit den Worten „zynisch“ und „menschenverachtend“ serviert.

„Verzicht muss man sich leisten können“, das ist der zentrale Reflex dieser Denkschule, die völlig zu Recht davon ausgeht, dass manche sehr viel haben und andere zu wenig und dass das ein Kernproblem ist, das liberaldemokratische Politik lindern muss. Das stimmt. Ein Haushalt, der ­wenig hat, produziert kaum Emissionen, wird aber durch höhere Energiepreise an den Abgrund gebracht. Also muss er unterstützt werden. Das ist mit Blick auf den mutmaßlich schwierigen Winter eine zen­tra­le Politikaufgabe.

„Alleinerziehende Supermarktkassiererin“

Aber das Meta­frame funk­tio­niert so, dass klimapolitisch Engagierten ­elitäre Abgehobenheit vorgeworfen wird, weil sie angeblich wollen, dass Leute, die wenig haben, nun auch noch „verzichten“ sollen. Zwar sagt das fast niemand, aber so funktioniert nun mal Polemik. Der „kleine Mann“, die „alleinerziehende Supermarktkassiererin“ wird von anderen Interessengruppen bemüht, um sozialökologische Politik und Verschiebung von Geschäftsfeldern und Macht zu verhindern, und zwar von fast allen Parteien. Das ist manchmal unfreiwillig komisch, wenn etwa die FDP Gängelung beklagt, die sonst Arme gar nicht genug gängeln kann. Oft markiert es schlicht ein eingeübtes Gerechtigkeitssprechen.

Wir haben es hier mit einem Supermetaframe zu tun, dem Sozialdemokratismus. Das ist nicht gleichbedeutend mit Sozialdemokratie, sondern unsere bundesrepublikanische Kultur und die Grundlage der im weltweiten Vergleich sehr anständigen Sozialpolitik aller Bundesregierungen seit 1949. Der Stanford-Intellektuelle Hans Ulrich Gumbrecht, der das Wort meines Wissens geprägt hat, sagt, dagegen sei im Grunde nichts zu sagen. Außer, dass es die Gesellschaft blind mache für Alternativen. Diese würden tendenziell als unethisch und neoliberal abgelehnt. Meine empirische Beobachtung ist, dass das gerade auch für ernsthafte Klimapolitik gilt.

„Mehr für alle“

Die bundesrepublikanische Sozialdemokratismuskultur hat mal ein Wahlslogan des Sozialdemokraten Ralf Stegner auf den Punkt gebracht. „Mehr für alle“, lautete dieser Slogan, und das schien viele Jahre in der fossilen Industriegesellschaft zu funktionieren, erst im global dominanten Westen, seit einiger Zeit auch in Teilen anderer Kontinente. Aber eben immer auf der Grundlage des die Zukunft zerstörenden Verfeuerns billiger fossiler Rohstoffe.

Der Sozialdemokratismus, ob nun von SPD oder Union exekutiert, kann ganz offensichtlich nicht mit der diversifizierten Problemlage und einer komplexen Transformation umgehen. Er kreist immer nur um die eine Sache, nämlich Arbeit, und seine Lösung ist die permanente Steigerung des Erwirtschafteten, um mehr verteilen zu können. („Umverteilung“ findet in Deutschland gerade auch bei der SPD allenfalls von unten nach oben statt.)

Oh, im Sozialdemokratismus kann man sehr gerne auf Erneuerbare umsteigen, auf Elektroautos, auf postfossile Wirtschaft – es müssen halt nur Strom, Sprit, Gas und Fleisch billig bleiben, die fossilen Arbeitsplätze erhalten werden, und vor allem darf kein Mensch auf irgendwas „verzichten“ müssen oder mit irgendwas behelligt werden.

Duschappelle nicht hilfreich

Um den erstarrten Sozialdemokratismus aufzubrechen, sind Duschappelle nicht hilfreich, weil die erstens die erwünschte Ablenkungsdiskussion provozieren und zweitens von fundamentalen politischen Instrumenten weg ins Private ziehen. Es geht nicht ums Duschen, auch nicht darum, einen Pullover im Wohnzimmer anzuziehen. Es geht darum, dort, wo wirklich viel verbraucht wird, strukturell zu transformieren. Es geht um neues Energiemanagement in Häusern, vor allem in großen Mietshäusern, Geschäftshäusern, Kaufhäusern. Es geht um ein schnelles Ende von Gasheizungen, es geht um ein Blitz-Energiesparprogramm für die deutsche Industrie. Es braucht ernsthafte Effi­zienz­po­li­tik als großen Rahmen.

Bestimmte Dinge müssen in der sozialökologischen Welt teurer werden, anders geht es nicht, aber Arme kostet das im Verhältnis mehr. Deshalb helfen sinkende Emissionen auch ökonomisch mehr als Spritgeld für alle. Es braucht qualitative Umverteilungspolitik, kluge Maßnahmen, mit denen Leute mit wenig Geld ihren steigenden Energiekosten begegnen – indem sie etwa mit bezuschussten Solarpaneln ihren Strom selbst produzieren können.

Das klingt illusorisch, aber es wird morgen normal sein. So kann man dann übrigens auch gern schön lang und heiß duschen. Die Besserverdienenden sparen derweil Sprit und Emissionen durch ein Tempolimit ein; eine sehr gerechte politische Maßnahme, die für alle gilt und allen hilft. Und dann braucht es vor allem ein politisches Programm für qualitatives Wachstum. Damit steht und fällt alles. Weil aber keine Partei so was hat, redet auch niemand darüber.

Zusätzlich können selbstverständlich auch die Haushalte, die willens und in der Lage sind, 15 bis 20 Prozent Energie einsparen, damit wir einigermaßen über den Winter kommen. Ich will aber kein besserer Mensch sein, weil ich mit einem besseren Duschkopf meinen Warmwasserduschverbrauch um 50 Prozent verbessern kann. Und wenn dann so ein Verhinderungsstratege sagt: Ja, aber andere können sich keinen neuen Duschkopf leisten, dann sage ich: Stimmt. Aber das ist kein Argument dafür, dass die Millionen Haushalte das und anderes nicht tun, die es können. Es geht in diesem konkreten Zusammenhang nicht um die Armen und nicht um die Arschlöcher (die ja immer die anderen sind). Es geht um uns. Priorität hat eine neue Politik.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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39 Kommentare

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    Die Moderation

  • Hervorragender Artikel und prima Gegengift gegen einige verstaubte und nichtsnutzige Ideologien.



    'Sozialdemokratismus' ist genau der Begriff, der mir zur kompakten Kennzeichnung des lähmenden traditionellen Kerns der SPD-Politik gefehlt hat.

  • Beim Klimaschutz geht es um 100% Einsparung, da kommt man mit etwas Einschränkung nicht weit genug.

    Bei Putins Erdgas geht es um kurzfristige Einsparungen, aber zum Glück in geringerem Ausmaß. So schnell schafft man das nicht mit Investitionen.

    Somit kein Widerspruch zwischen beiden Agenden. Fragt sich bloss, warum Habeck nicht das vorantreibt, was in beiden Fällen hilft, z.B. deutliche Ausweitung der Installation von Solar-Freiflchenanlagen in der Nähe von Umspannwerken, also leicht ins Netz zu integrieren.

  • Ich verstehe den Sinn dieses Artikels überhaupt nicht, insbesondere nicht, welche Widersprüchlichkeiten Herr Unfried bei Habeck zu entdecken meint.



    Individuelle Verhaltensänderungen ersetzen nicht den notwendigen strukturellen Wandel unserer Energiewirtschaft, diese Aussage bleibt doch richtig.



    Aber das akuelle Problem ist doch ein völlig anderes. Wir werden bis zum Beginn der Heizperiode am 1. Oktober die Energiewende nicht bewerkstelligen, da kann Herr Unfried dreimal "es ist keine Illusion, schon morgen" schreiben und trotzig weiterduschen wie bisher. Wir werden also mit einem absoluten, durch nichts substituierbaren Mangel an Gas durch den nächsten Winter gehen, und diese Situation wird bewältigt werden durch individuelle freiwillige Sparmaßnahmen von Industrie und Privatverbrauchern, Stimulierung von Sparmaßnahmen über den Preis, staatlich verordnete Sparmaßnahmen, wo dies praktisch durchsetzbar ist, und wenn das alles nicht reicht (weil Herr Unfried zu lange geduscht hat), über Kontingentierung und Rationierung, bis hin zu periodischen Abschaltungen.



    Mir scheint, die "Offene-Briefe-Schreiber" haben ein neues Thema gefunden. Nur eine Frage der Zeit, wann die erste Petition auftaucht.

  • -?-Leute mit wenig Geld mit bezuschussten Solarpaneln ihren Strom selbst produzieren können.-?-



    Solche Haushalte wohnen aber in der Regel in mehr oder weniger Massen-Mietwohnungen. Dort haben sie keinerlei Mitspracherechte bei Modernisierungsvorhaben.



    Also endete der gemachte Vorschlag wohl als Luftnummer?

  • Einen Sparduschkopf, welcher weit mehr als 50% des Wassers einspart ohne an "Duschqualität" einzubüßen, bekommt man bei einem sehr bekannten Schwedischen Möbelhaus für 2,50€... Den kann sich nun wirklich jeder leisten.



    Ein generelles Tempolimit auf der Autobahn dagegen bringt nur sehr wenig, schon weil es aufgrund des derzeitigen Straßenzustands nicht mehr viele Streckenabschnitte ohne Begrenzung gibt.

  • Und wo ist nun in diesem Artikel der Gegenbeweis, dass weniger Konsum bzw. mehr Verzicht nichts bringen soll? Wo dagegen Studien beweisen, dass mehr Verzicht für eine bessere Umweltbilanz sorgt?

    www.quarks.de/umwe...leisch-verzichtet/

    Beispiel Fleisch?

    www.focus.de/persp...n_id_10964545.html

    Beispiel alle 6 Wochen neue Kleidung kaufen müssen?

  • Die relevante Diskussion, soll sie geführt werden, dreht sich nicht um Dusch-Sekunden, sondern darum, dass die Klimawende das 2. Hauptopfer des Krieges ist - unter wesentlicher grüner Mittäterschaft.

    (Das 1. Opfer jedes Krieges ist bekanntlich die Wahrheit.)

  • Der Markt wird´s richten.



    Ja, das macht er gerade. Billig einkaufen, so teuer wie möglich verkaufen.



    Deshalb bis heute fossil.



    Ab morgen, versprochen, machen wir es anders.



    Ein Drittel der Bevölkerung muss frieren und hungern?



    Gut, das wir vorgesorgt haben, sagen die Wohlhabenden. Geld ist doch auch nützlich.



    Und während noch über das wie, wer und wo diskutiert wird, versinkt unser Planet im Aschenregen des Klimawandels.



    Ist doch auch irgentwie schade, oder?

  • Wenn man denken kann, wird man auch erkennen, dass die Zeit in der ich Energie verbrauche, durchaus wichtig ist. 30 Sekunden kürzer duschen pro Tag - jetzt rechnen Sie das mal auf ein Jahr um!

    • @Kappert Joachim:

      Bei 20 kW im Duchlauferhitzer wären das 0,5 * 1/60 Stunde * 365 Tage * 20 kW = 60 kWh in den insgesamt 3 Stunden.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Kappert Joachim:

      Booah. Drei Stunden gewonnen, um Energie anderweitig zu verschwenden. ✈🚀🚢🚙

      • @95820 (Profil gelöscht):

        :)

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Aber dann bei 31 sec ?



        Schließlich kommt 1 zum anderen :-)



        Übers Jahr gerechnet ? :-)

  • Weniger ist für mich kein Problem,nur das man für weniger mehr bezahlen muss.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ich bin ja noch dabei, wenn gesagt wird, dass Parolen individuellen Verzichts keine Klimapolitik ersetzen, ja mitunter sogar schädlich für einen politischen Wandel sein können.



    Dass deswegen aber alles legitim sein soll, was legal ist, ist ein Fehlschluss. Dann wäre es bis 1997 auch legitim gewesen, die Partner:in in der Ehe zu vergewaltigen.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Legitim war die Vergewaltigung in der Ehe damals auch nicht, aber sie wurde lediglich als Nötigung und ggf. Körperverletzung bewertet.

  • Nein, wir lange und wie warm geduscht wird, ist nicht unwichtig.



    Um aus dem großen Schlamassel heraus zu kommen, bzw., um überhaupt eine Chance zu bekommen, einen Ausweg zu finden, ist ALLES auf ALLEN Ebenen wichtig!



    Da ist es ebenso hilfreich, etwas kürzer zu duschen, sich mal einen Pulli drüber zu ziehen, wenn die Heizung etwas mehr gedrosselt wird, als auch, seitens der Politik die Rahmenbedingungen neu zu setzen und MASSIV umzusteuern.



    Es kann und darf niemand ausgeschlossen oder vernachlässigt werden.

    Während aber das Gros der Armen, der Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen kaum eine andere Wahl haben, als zu sparen und ggf. zu verzichten, wird man das von der "Sahne"-Schicht, also denen, die tüchtig absahnen und wie die Made im Speck leben, abfordern, ja, erzwingen müssen.



    Wer aufgrund seines Reichtums meint, sich nicht um die Misere kümmern zu müssen (oder schlimmer noch, von den dramatischen Umständen profitiert), dabei zugleich auf einem besonders großen "CO2-Fuß" lebt, der lebt im Irrtum.

    Umverteilung ist aktuell nötiger den je, denn nur eine gerechte Gesellschaft wird auch eine klimagerechte Gesellschaft sein.

    • @jlMG:

      ".., denn nur eine gerechte Gesellschaft wird auch eine klimagerechte Gesellschaft sein."

      Reines Wunschdenken. Es gibt kein Beispiel für so eine Gesellschaft, ausser auf lokaler Ebene.



      Im Gegenteil, global betrachtet, möchten immer mehr Gesellschaften die Ausbeutung des Palneten vorantrieben, nach dem Motto, "jetzt sind wir mal dran".



      Ein klimagerechte Gesellschaft geht nur mit einer armen Gesellschaft.

    • @jlMG:

      Bingo, so sieht es aus.

  • Also, wenn 80 Millionen Menschen ein Jahr lang gar nicht duschen, dann sparen sie etwa 3TWh Energie (Annahme: 3 mal pro Woche 10 Liter Wasser um 20 Grad erhitzen) Kann man leicht mit dem Taschenrechner selbst ausrechnen. Mit Habecks-50%-Wunderduschkopf sind es immer noch 1.5TWh Ersparnis ohne übel zu riechen. Primärenergienedarf Deutschlands pro Jahr etwa 3600TWh. Sieht aus, als würden jetzt die Wunderwaffen der Energiewende ausgepackt. Manchmal muss man auch zwischenzeitliche Rückschritte akzeptieren um ein langfristiges Ziel zu erreichen. Eine ideologische Energiewende funktioniert leider nicht. Sollte im Winter der Gasdruck sinken und die Gasthermen sich abschalten, ohne von Laien wieder aktiviert werden zu können, dann werden elektrische Heizlüfter eingeschaltet. Die Abstimmung an der Baumarktkasse läuft schon. Habeck hat ein echtes Problem. Sollte es im Winter auch nur partiell zu einem Netzausfall kommen, dann gehen mit der öffentlichen Meinung so einige grüne Träume den Bach runter, egal ob sinnvoll oder nicht. Ukd nun spart mal schön...

  • Gute Überlegungen. Was ich so im Bekanntenkreis höre ist, dass viele Leute massiv Gas und Strom einsparen werden, weil sie gar keine Wahl ökonomishce Wahl haben. Wer privat € 120 und in seinem Ladengeschäft €500 monatlich an Umlfen zahlt, wird eine Vervierfachung des Gaspreises nicht stemmen, also heisst es Norwegerpulli an und den Thermostat auf 14 Grad. gerade Ladenbesitzer,

  • Krise als Chance?



    "Die Grünen konzentrieren sich darauf Politik zu machen." Das Beispiel NRW zeigt, dass die Grünen sich von Ihren Zielen verabschiedet haben, ich würde daher eher formulieren: die Grünen beginnen Inhalt gegen Pöstchen zu tauschen.



    Warum eine Abkehr von :" das Private ist politisch?"



    Warum sollte Jemand, der nicht bereit ist, im privaten konsequent ( nicht papistisch) zu handeln,



    Entsprechendes in der Politik einfordern?



    Hieraus folgt nur die typische CDU Umweltschutz Politik, nämlich viel heiße Luft. Leider sind die Grünen auf diesem schlechtesten Weg , nämlich diese Illusion von Klimapolitik grün zu waschen.



    Sicher ist ein Apell zum Wasser/ Energiesparen nicht der große Wurf, doch er richtet sich ja nur an die Zitat:"A...", die das nicht schon seit den 80er Jahren machen.



    Welche Industrie "leistet sich" Energieverschwedung?



    Kostet doch unnötig Geld!



    Dass die Förderung von E- Autos in erster Linie Besserverdienende und Firmen unterstützt, ist offensichtlich, die Klimaförderung hier ineffizient.



    Wer aber seit Jahren Bio kauft, handelt nicht nur privat, sondern die Nachfrage fördert klimagerechten Anbau von Lebensmitteln. Dies ist, neben dem Kauf von grünem Strom, eines der besten Beispiele, die Macht der VerbraucherInnen aufzuzeigen.



    Was Habecks Aussage unpopulär macht, ist der Gedanke, dass Klimaschutz nur mit Verzicht einhergeht.



    Auch wenn eine Mehrheit anders wählt, hoffen die Meisten doch auf die FDP Taktik : Technik rette uns!



    Wir hoffen insgeheim, alles könne so bleiben, wie es ist - vielleicht auch noch ein Kurztrip mehr, im Jahr?



    So läuft es aber nicht!



    Wir stehen am Scheideweg: Populismus oder Politik?!



    Greenwashing oder greenworking?!



    Wer über seine Verhältnisse lebt, muss den Gürtel enger schnallen.



    Im Bezug auf das Klima reicht die Brigitte Diät vielleicht nicht ganz...

    • @Philippo1000:

      "Welche Industrie "leistet sich" Energieverschwedung? Kostet doch unnötig Geld!"

      Energie wurde über Jahrzehnte verschwendet. Die Folgen sind bekannt: Klimawandel und Artensterben. Energie kostet noch immer viel zu wenig.

    • @Philippo1000:

      Sorry, aber der Aufruf den Gürtel enger zu schnallen ist zumindest langfristig gesehen nichts als ein Offenbarungseid. Aber was will man auch von einer im Kern technologiefeindlichen Partei wie den Grünen erwarten? Diejenigen, die die Energiewende ernsthaft durchziehen wollen, versagen aufgrund ihrer Ahnungslosigkeit und ihrer ideologisch gesteuerten Vorgehensweise. Dazu brauchen die Grünen weder die FDP noch die SPD. War wohl nichts mit der Kugel Eis an Mehrkosten. Und ist halt sch... wenn man Kohle und Kernkraft gleichzeitg abschaltet und einem dann das Gas wegbricht, mit dem man Wind- und Sonnenflauten abfangen wollte. Dabei fahren noch nicht einmal die Elektroautos in Massen und die elektrisch angetriebenen Wärmepumpen sind in den Altbauwohnungen der besserverdiener Grünen auch noch nicht installiert. Man weiß als Ingenieur nicht, ob man lachen oder weinen soll. Vielleicht sollten die Grünen erstmal ihre Prioritäten sortieren statt Verzicht zu predigen.

      • @Nachtsonne:

        Von ihrem Selbstverständnis her wäre eine Grüne Partei doch dafür prädestiniert, hauptsächlich "harte" Wissenschaftler:innen in Führungspositionen zu holen. Aber das Gegenteil fand statt.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Schon ärgerlich, wenn einem klar wird, dass die verehrten „Lichtgestalten“ Lindner und Habeck in Wahrheit Kubicki-Geschöpfe sind…. Aber Rettung naht. Mit dem Kampfbegriff „Sozialdemokratismus“ ist es möglich, gegen die neue „Rote Gefahr“ zu agitieren.



    „Die Roten können nicht mit Geld umgehen!“ sagten die Schwarzen bis in die 2000er Jahre. „Die Roten können nicht mit Energie umgehen!“ sagt nun Peter Unfried.



    Nun ja: de.wikipedia.org/w..._(Politiker,_1944)

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Sozialdemokratismus als neue “Rote Gefahr”? Wenn man bedenkt, dass in den Staaten demokratische Politiker - zumindest die vom progressiven Flügel der US-Demokraten - vom politischen Gegner als Kommunisten verschrien werden, kann man sich ja vorstellen, in welche Richtung hierzulande die Reise geht.



      Einziger Trost: bald sind auch die Liberalen dran. McCarthy lässt schön grüßen.

  • Wie ich mich freuen würde, wenn ich wüßte, was Schlagworte wie Blitz-energiesparprogramm oder ernsthafte Effizenspolitik konkret bedeuten.

  • Unfried sollte eigentlich alt genug sein, um zu wissen, dass die These "Das Private ist politisch" weder was mit Verbrauchertipps noch mit Betroffenheitsrhetorik zu tun hat. Schon gar nicht hat sie Claudia Roth erfunden. Vielmehr wurde sie zuerst von amerikanischen Feminsitinnen aufgestellt, die damit darauf hinwiesen, dass sich gesellschaftliche Machtverhältnisse nicht nur in der öffentlichen Sphäre, sondern auch im scheinbar Privaten niederschlagen. Damals wurde damit in erster Linie Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen durch Männer angesprochen, die sich eben nicht nur in Gesetzen u.ä. niederschlug, sondern auch in "persönlichen" Beziehungen, und zwar bis heute. An psychischer und physischer Gewalt in Beziehungen ist nichts privates. Und es bleibt eine gesellschaftliche Aufgabe, dagegen anzugehen.



    Das ist aber natürlich nicht der einzige Bereich, auf den die These passt. Wemnn man das erkennt, kann man(n) das eigene Verhalten nicht außen vor lassen, sondern muss sich auch ändern. Das ist natürlich unbequem. Da zieht man doch lieber die These in's Lächerliche und reduziert sie auf Duschtipps.

    • @Anna 1953:

      Dieses fehlende historische Verständnis von "das Private ist politisch" ist mir auch aufgestoßen. Und das war damals revolutionär, haben doch damals die linken Macker selbst das Patriarchat genossen.

  • +++Qualitative Umverteilungspolitik (...)



    bezuschussten Solarpaneln +++

    Das nützt den Haushalten nichts, die Probleme damit haben, ihre Energiekosten zu stemmen.

    "Der Deutsche Mieterbund befürchtet, dass mindestens das untere Einkommensdrittel der deutschen Bevölkerung die steigenden Kosten für Energie nicht zahlen kann"



    www.t-online.de/fi...strom-und-gas.html

    Was nützt es, von +++qualitativem Wachstum+++ zu sprechen, wenn nicht gleichzeitig von Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums die Rede ist; sonst steht zu befürchten, daß der größte Teil auch dieses Wachstums bei den oberen 1% hängen bleibt.

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Die Grünen in der Theorie und die Grünen in der Praxis sind vollkommen verschieden.

  • Zum ersten Mal seit langem bei der taz wieder einen Artikel auf so einem Niveau gelesen. Danke, wunderbar - und gerne mehr davon!

  • Wenn mit "qualitativem Wachstum" alles steht und fällt, wie der Autor meint, dann wär's umso besser, wenn er mal sagen könnte, was wir uns darunter vorzustellen haben.

  • Dann sollen mal die Reichen den Privatjet stehen lassen.

    • @Cededa Trpimirović:

      Na hör'n sie mal!

      Lesen sie denn keine Zeitung ?

      Da hat doch letztens lang und breit der Merz erklärt, dass ein Privatjet viel, viel weniger Sprit braucht als ein Auto.

      Also wirklich ...

  • Ich finde, man kann diesen Text sehr verschieden lesen.



    Zum einen kann man sich freuen, wie Unfried große ideologische Linien benennt, damit kenntlich macht und kritisiert. Und ich denke: Irgendwie hat er recht. Ich freue mich, mit Unfried’s Hilfe den großen Durchblick zu gewinnen.



    Man kann den Text aber auch ganz anders lesen. Dann bin ich enttäuscht, wenn renommierte Leute – wie hier Peter Unfried – Politik und privates Verhalten gegeneinander ausspielen. Es brauche „ernsthafte Effizienzpolitik als großen Rahmen.“ Es gehe darum, „mit politischen Instrumenten an der Verbesserung von Strukturen“ zu arbeiten. Natürlich hat er da recht. Aber warum muss er gleichzeitig Energiesparen oder andere Aspekte des privaten Lebens für irrelevant zu erklären? Er will den Irrweg, das Private sei politisch, entlarven. Aber damit spaltet er das Potential für die sozialökologische Transformation.



    Konkrete Menschen haben die einzigartige Fähigkeit mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Ich kann einen besseren Duschkopf benutzen und auf die nächste Klimademo gehen. Ich kann ökologische Lebensmittel einkaufen (und weiß gleichzeitig, dass andere so wenig Geld haben, dass sie sich das nicht leisten können) und kann eine Partei wählen, die am ehesten den sozialökologischen Umbau vertritt. Das eine kann ich jeden 3. Tag machen, das andere nur alle paar Jahre.



    Teilweise argumentiert Unfried in seinem letzten Absatz auch in diese Richtung: „Zusätzlich können selbstverständlich die Haushalte, die willens und in der Lage sind, …Energie einsparen…“ Er übersieht aber völlig das Potential, das darin liegt, wenn Menschen verschiedene Aspekte ihres Lebens in einen subjektiv sinnvollen Zusammenhang kriegen, auch wenn nur bruchstückhaft.



    Unfried hat sicherlich recht, dass man die vielen Einseitigkeiten, die er beschreibt, aufbrechen muss. Aber nicht damit, eine neue Einseitigkeit zu konstruieren: strukturelle politische Veränderungen bringen es, individuelle Sparmaßnahmen nicht.