Die Grünen und Reichtum: Jein zur Vermögensteuer

In Sachen Reichtum und Steuern drucksen die Grünen rum. Das ist peinlich und intellektuell unredlich, zumal sie sich sonst gern streitlustig geben.

Ein Würfel mit der Aufschrif "Ja", "Nein" und "Jain" auf den verschiedenen Seiten

„Ja, äh, nein, ich mein: jein!“ – ähnlich entschieden agieren die Grünen bei der Vermögensteuer Foto: Niehoff/imago

Die Band Fettes Brot hatte mal einen Hit, in dem ein Typ mit seinen Jungs ein Dilemma bespricht. Seine Freundin ist weg und bräunt sich in der Südsee, sein Budget war klein, willkommen im Verein, da kommt eine Andere und fragt: „Na Kleiner, hast du Bock auf Schweinereien?“ „Ja klar, äh, nein, ich mein: jein!“

Ähnlich entschieden agieren die Grünen bei der Vermögensteuer und – größer gedacht – bei der himmelschreiend ungerechten Spaltung des Landes in Arm und Reich. Eigentlich tritt die Partei für eine Vermögensteuer und eine fairere Erbschaftsteuer ein. So steht es jedenfalls im Programm, so haben es Parteitage beschlossen.

Die Gründe sind einleuchtend: Die oberen zehn Prozent in Deutschland besitzen gut zwei Drittel des Nettovermögens, also Immobilien, Aktien, dicke Sparguthaben. Die untere Hälfte besitzt fast nichts. Wohlhabende hinterlassen nachweisbar den größten ökologischen Fußabdruck. Wer viel Geld hat, hat Macht – und kann seine Interessen durchsetzen. Armut hingegen mindert nachweislich die Lebenschancen.

Aber die Grünen wissen, dass Pläne für Vermögensbesteuerung hart attackiert werden – von der Union, der möglichen Koalitionspartnerin, von der konservativen Presse, von wichtigen Wirtschaftsverbänden oder dem Bund der Steuerzahler. Wenn man als Journalist mit Grünen über Steuerpolitik reden will, passiert deshalb immer das Gleiche: Die Pressestelle antwortet, dass man das Thema lieber nicht setzen wolle, FachpolitikerInnen antworten entweder gar nicht, verweisen auf andere oder autorisieren nur windelweiche Aussagen. Vermögensteuer? „Ja klar, äh, nein, ich mein: jein!“

Dieses bewusste Verschleiern einer von der Parteibasis beschlossenen Position ist peinlich und intellektuell unredlich, zumal Grüne anderswo gerne für sich in Anspruch nehmen, mutig und streitlustig zu sein. Der Partei wird manchmal zu Unrecht unterstellt, ihre Positionen mit Blick auf eine künftige Regierungsbeteiligung und in vorauseilendem Gehorsam weichzuspülen. Beim wichtigen Thema Verteilungsgerechtigkeit stimmt es leider.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.