Deutschland mies bei Pisa-Studie: Chancengleichheit im Vorschulalter
Wer gute Ergebnisse anstrebt, muss in die Förderung der Kinder investieren. Schon im Vorschulalter sollte die Bildungskluft geschlossen werden.
D as Beste an der neuen Pisa-Studie ist das Timing. In dieser Woche will die Ampel entscheiden, ob und wie stark sie wegen der Haushaltskrise die Sozialausgaben kürzt. Falls Lindner & Co noch ein Gegenargument brauchen, reicht ein Blick in die internationale Bildungsstudie der OECD. Sie bestätigt, dass Deutschland bei seinem Aufstiegsversprechen keinen Schritt weitergekommen ist. Im Gegenteil: Noch nie haben deutsche Schüler:innen bei einer Pisa-Studie so mies abgeschnitten wie dieses Mal.
Die Misere ist – wie beim Haushaltsloch – selbst verschuldet. Seit mehr als 20 Jahren, seit dem ersten Pisa-Schock, versuchen Bund und Länder, die Abhängigkeit des Schulerfolgs vom Elternhaus in den Griff zu bekommen. Ohne Erfolg. Bis heute gilt: Wer keine gutverdienenden Akademikereltern hat, kann in der Schule oft nicht mithalten. Alarmierend ist, dass die Gruppe der Abgehängten stetig wächst.
Die Politik hat dafür zwei Hauptgründe ausgemacht: die monatelangen Schulschließungen wegen Corona und der gestiegene Anteil von Kindern, die zu Hause kein Deutsch sprechen. Dass die Pandemie jedoch nicht zwangsläufig zu schlechten Ergebnissen führt, hat soeben eine andere Bildungsstudie bewiesen: Weil deutsche Jugendliche im Lockdown länger auf Netflix & Co abhingen, haben sich die Englischleistungen sensationell verbessert, und zwar durch die Bank.
Auch der zweite Erklärungsversuch ist unpräzise: Weil migrantische Kinder häufiger in Armut und bildungsfern aufwachsen, liegen ihre Schulleistungen im Durchschnitt deutlich unter denen der anderen Schüler:innen. Nicht die Zuwanderung an sich drückt also unsere Schulleistungen, sondern die fehlende Förderung der sozial Schwachen. Aus beidem folgt: Bund und Länder müssen sich eingestehen, dass bei der Bekämpfung der Chancenungleichheit zu wenig unternommen wurde.
Falsch war, sich allein auf die Schulen zu konzentrieren. Kinder müssen schon im Vorschulalter stärker gefördert werden. Es ist ein guter erster Schritt, wenn nach Hamburg und Berlin jetzt auch andere Länder wie Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern auf verpflichtende Sprachtests im Kita-Alter setzen. Die logische Konsequenz daraus wäre, bundesweit verpflichtende Fördermaßnahmen einzuführen und Kitas schrittweise von Betreuungs- zu Bildungsorten auszubauen.
Dafür muss der Bund aber länger in die Kita-Qualität investieren als bis Ende 2024. Eine Laufzeit von zehn Jahren wie beim geplanten Bund-Länder-Programm für Brennpunktschulen wäre gut. Und natürlich darf die Ampel jetzt – Stichwort Haushalt – nicht an der falschen Stelle sparen.
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