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Deutsche BahnSchamlose Drückermethoden

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Bahncard und Deutschlandticket sind nicht sehr kundenfreundlich. Es wäre ein Leichtes für die Bahn, ihr angeschlagenes Image ein wenig aufzupolieren.

Manchmal kommt sie, manchmal nicht. Bahnsteig in München, Januar 2024 Foto: Matthias Schrader/ap

U nzählige Kun­d:in­nen mit 49-Euro-Ticket der Deutschen Bahn erleben, wie mühselig und zeitraubend es ist, einen Vertrag mit dem Staatskonzern zu kündigen – obwohl gesetzlich geregelt ist, dass das monatlich geht. Und nicht nur da läuft einiges schief. Bahncard-Inhaber:innen bekommen einige Wochen vor Ablauf ihrer Rabattkarte Post von der Deutschen Bahn – nicht etwa mit der Erinnerung, sie zu verlängern oder zu kündigen, sondern mit einer saftigen Rechnung.

Zum Kündigen ist es dann zu spät, der Vertrag läuft ein Jahr weiter. Auch Probebahncards werden ohne Kündigung in kurzer Zeit von alleine zu einem regulären Vertrag. Eine Bahncard 50, mit der es einen Nachlass von 50 Prozent auf den Standardpreis gibt, kostet immerhin stolze 244 Euro. Wer glaubt, mit solchen Drückermethoden Kun­d:in­nen zu gewinnen, irrt gewaltig. Dass Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen jetzt gegen Kündigungsregeln vor Gericht ziehen, ist überfällig.

Solche Regeln sind bezeichnend für die notorische Kundenunfreundlichkeit der Deutschen Bahn. Baustellenchaos und Personalmangel sorgen für unzählige Verspätungen und Zugausfälle. Der schlechte Service von fehlenden Informationen über kaputte Klos in den Zügen bis zum Digitalzwang bei Ticketkauf verstärkt bei Fahrgästen angesichts der hohen Preise das Gefühl, übervorteilt zu werden. Anders als bei der maroden Infrastruktur könnten die Bahn­ma­na­ge­r:in­nen hier schnell etwas ändern.

Und das sollten sie schleunigst tun. Ihre Kun­d:in­nen sind auch Steuerzahlende und Wählende. Die Ampelregierung hat einen großen Teil der angekündigten Milliarden für die Modernisierung der Bahn einkassiert, viele wichtige Ausbauprojekte werden auf Eis gelegt. Verkehrspolitisch ist das ein Fiasko. Die Regierung kann das wagen, weil sie um das schlechte Image der Deutschen Bahn weiß.

Viele Bür­ge­r:in­nen sehen in dem Konzern ein schwarzes Loch, in dem Milliarden verschwinden, etwa für unsinnige Projekte wie Stuttgart 21. Deshalb ist die öffentliche Empörung über die Kürzungen leider nicht so groß, wie sie sein sollte.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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35 Kommentare

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  • Wir waren letztens in Berlin und wollten statt Tageskarten ein Deutschlandticket kaufen, an der Haltestelle der Straßenbahn. Don't even try this! 45 min. später, mehreren Straßenbahnen, die an uns vorbeifuhren und einem regulären Ticket konnten wir das Problem im Hotel lösen, mit viel Geduld. Denn: seit Dezember kann man zwar normale Fahrkarten ist PayPal bezahlen, aber nicht mehr das Deutschlandticket. Das geht nur per SEPA über externe Zahlungsdienstleister, die die Iban bestätigen müssen. Tink (nie gehört) oder Verimi (zuletzt vor vielen Jahren mal gehört). Benutzerinterface: Katastrophe.

  • Die Bahn hat die Reklamation von einem meterlangen Formular zu einer einfachen Maske in der App gewandelt. Ich steige aus und habe den Erstattungsantrag eingereicht, bevor die Rolltreppe mich oben in der Halle ablädt. Das Geld ist dann wenige Tage später da. Wenn dann im Zug vielleicht jedes dritte Klo funktioniert, hat die Bahn schon meine Erwartungshaltung übererfüllt.

    • @Wurstprofessor:

      "Wenige Tage später" sind meiner Erfahrung nach eher 4-6 Wochen. Dann flattert Post von der Bahn in den Briefkasten und ich hab in der Zwischenzeit vergessen, dass da überhaupt noch was läuft.

      • @Piratenpunk:

        Das ist doch um so besser - dann freut man sich noch mehr über die inzwischen unerwarteten €23,60 (oder so)!

  • taz: "Bahncard und Deutschlandticket sind nicht sehr kundenfreundlich. Es wäre ein Leichtes für die Bahn, ihr angeschlagenes Image ein wenig aufzupolieren."

    Aber auch das haben nicht die ausgebeuteten und schlecht bezahlten Lokführer und Zugbegleiter zu verantworten, sondern geldgierige Bahnmanager, die sich wohl gerne ihr Jahresgehalt von 2.000.000 € (nein, da ist keine Null zu viel, denn die inkompetenten Nullen im Bahnvorstand genehmigen sich ihr Gehalt eigenhändig) demnächst wieder erhöhen möchten.

  • Vorneweg: Habe mir mein Smartphone während der Coronazeit nur deswegen angeschafft, weil sonst fast nichts mehr ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre. Von Anfang an war mir jedoch klar, dass ich es niemals für Vorgänge mit finanziellen Konsequenzen nutzen werde. Das bleibt strikt Bargeld und Girocard vorbehalten, weil ich bindende Verträge nicht nur mit einem (schlimmstenfalls aus Versehen durch Ungeschick ausgelösten) "Klick" abschließen möchte. Fahrkarten kaufe ich am Automaten (da ist Bezahlen ein unmissverständlicher Vorgang) oder am Schalter. Gerade mit dem Smartphone-Touchscreen (zufällige Brührung an der falschen Stelle) gerate ich öfter in ungewollte Situationen (was hab ich denn jetzt wieder gemacht?), die mich Nerven kosten, zum gewünschten Zustand zurückzufinden. Damit mag ich zur wenig technikaffinen Minderheit gehören, der Einzige "Smartphonetrottel" dürfte ich aber keineswegs sein.



    Bei der geschilderten Lage halte ich es für eine Unverschämtheit, dass die Bahn die Bahncard digitalisieren wird, ohne ihre Kunden gefragt zu haben, was in einem taz-Artikel bereits kritisiert wurde. Die ausdruckbare Alternative ist vom Format her unpraktisch (passt ungeknickt nicht in den Geldbeutel und nutzt sich bei Gebrauch schnell ab) im Vergleich zu einer dauerhaften, je nach Bedarf wiederaufladbaren Karte, womit sich ebenfalls unnötiger Kunststoff vermeiden ließe. Darüberhinaus wäre niemand von einem funktionierenden, ausreichend geladenen Smartphone abhängig.

  • Wenn Steuerzahlende und Wählende nicht in der Lage sind Fristen einzuhalten und ein Abo zu kündigen, sollten man ihnen wohl besser das Wahlrech aberkennen und die Steuern erhöhen.

  • Habe eine Bahnreise um ein paar Tage verschieben müssen. Also eine Zugfahrt storniert, eine neue gebucht und in die Mails geschaut. Hat alles geklappt, aber ach: das Storno wurde als Gutschein für später zurück erstattet und die Kosten waren satte 30EUR von 229EUR Fahrpreis. Das nenne ich mal den Kunden verschaukeln. Übrigens findet die Zugfahrt nicht morgen statt sondern im April.

    • @Narrenfell:

      Die Stornobedingungen stehen bei der Buchung dabei. Je günstiger die Fahrkarte, desto teurer die Stornierung.

      Also vorher lesen. Nicht nur bei der DB. Ist eigentlich fast überall so.

  • Hab gerade mal nachgeschaut.

    Die Bahncard lässt sich mit ein paar Clicks kündigen. Wo Problem?

    Und ja. Natürlich muss man Fristen einhalten. Ist bei jedem Vertrag so.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Mündige Bürger:innen ist halt manchmal zu neoliberal.

      • @LeSti:

        Mündige Bürger sollten in der Lage sein, einfache Dinge zu erledigen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die "Frist" ist ein Monat- die muss die Bahnakzeptieren, tut sie aber nicht. Und: Sie sind wahrscheinlich reingefallen, da Ihnen VORGEGAUKELT wird sie KÖNNTEN per klick kündigen- alleine Ihre Kündigung wird nicht DURCHGEFÜHRT.

      • @Mohammed Wasiri:

        Mir ist meine Bahncard zu wichtig, um das auszuprobieren.

        Aber es klingt sehr, sehr merkwürdig.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nein.

      Verträge verlängern sich im Regelfall um 1 Monat nach der Mindestlaugzeit, nicht um 12/24.

      Das war früher Mal anders, da war jede:r die nicht rechtzeitig gekündigt hat, selbst schuld.

      Handyvertrag, Strom, Internet, ETZ.

      Natürlich muss man sich selbst informieren und ohne Kündigung läuft der Vertrag bis in die Ewigkeit, aber Fristen wie bei der Bahn sind gesetzeswidrig.

      • @sociajizzm:

        "...aber Fristen wie bei der Bahn sind gesetzeswidrig."

        Wirklich? Warum fällt das erst jetzt auf?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Das fällt nicht erst seit jetzt auf, auch der Unmut steigt beständig, nicht nur wegen diesen schamlosen Methoden.

          Aktuell ist die DB die beste Werbung für den Individualverkehr.

          • @Thorsten Gorch:

            "Dass Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen jetzt gegen Kündigungsregeln vor Gericht ziehen, ist überfällig."

            Warum passiert das dann erst jetzt?

  • Bei der Bahn Kundenfreundlichkeit zu erwarten, ist dann wohl doch etwas weltfremd. Die leben schließlich von denZuschüssen und nicht von der zahlenden Nachfrage.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @vieldenker:

      Gehen Sie mal in Köln Hbf ins Reisezentrum. Da gibt es freundliche Mitarbeiter*innen. Habe ich selbst erlebt. Allerdings sollten Sie den rheinischen Dialekt verstehen.



      btw.: Von Zuschüssen lebt auch die deutsche Landwirtschaft; aber die Treckerfahrer*innen sind trotzdem freundlich. Mittlerweile sind die sogar wieder auf Äckern anzutreffen. Zwar mit Verspätung - aber immerhin. [/ironie ]



      Und meine Bahncard wurde vor Jahren bei Erreichen des 65ten automatisch auf Seniorentarif umgestellt.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Der MA vor Ort an der "Front" mag ja nett sein. Derjenige, welcher auf Vorstands- und Eigentümervorgabe die Prozesse zum Nachteil der Bahnkunden "optimiert" hat ist es nicht, noch "un"netter sind seine Vorgesetzten, die Nahrungskette hoch.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Den rheinischen Dialekt habe ich in Köln, auch im Bahnhof zur Genüge genossen;-) Ändert aber nichts an einem Grundsatzproblem in diesem Land - und wird von den Landwirten gerade mal wieder eindrucksvoll bestätigt: Wenn der Kunde nicht zufrieden zahlt, muss er halt über den Staat Zwangs verpflichtet werden.

  • Danke, ein wichtiges Thema und treffend formuliert. Ich bin selbst schon in diese Falle gerutscht, dass sich die Bahncard einfach um ein ganzes Jahr verlängert. Zu der Zeit gesundheitlich angeschlagen und Schwerbehindertenausweis beantragt und bekommen, aber durch lange Bearbeitungszeit leider erst nach ein paar Monaten rückwirkend. Damit gibt es eine vergünstigte Bahncard, nur leider nicht rückwirkend. Da sich der Vertrag gerade verlängert hatte, musste ich dann ein ganzes Jahr warten bis ich diese vergünstigte Bahncard für Menschen mit Schwerbehinderung in Anspruch nehmen konnte. Nach einem Jahr hatte ich es natürlich vergessen. Und wie gesagt, dass der Ausweis erst einige Monate später und rückwirkend ausgestellt wurde, lag nicht an mir. Die GEZ beispielsweise ist da fast schon vorbildlich (hätte nie gedacht, dass ich das mal über diesen Laden sagen würde), dort werden Befreiungen auch rückwirkend anerkannt, wenn ein Bescheid o.ä. wegen langer Bearbeitungszeit erst rückwirkend eingereicht werden kann.

  • Bei diesem Management wird das kurzfrsitig nicht besser werden. Die müssen erst gegen hohe Abfindungen abgelöst werden. Anders werden die ihre Stühle nicht räumen. Bei dem Aufsichtsrat, verwundert das nicht.

  • Ich wünsche mir von der Bahn auch in Zukunft eine Bahncard die ich ohne die Datensammelei eines Smartpones nutzen kann.

  • Weit davon entfernt, ein Hohelied auf die Bahn zu singen, möchte ich doch anmerken, dass ich schon mehrmals mit einem Klick in der DB-App das Deutschland-Ticket gekündigt und zu einem anderen Zeitpunkt wieder abonniert habe.

    Null Problemo.

    • @Jim Hawkins:

      Ums Deutschlandticket geht es hier eigentlich auch gar nicht. Das wurde einfach mal kurz als Schlagwort reingeworfen - warum auch immer...

      Schließlich kann man das Deutschlandticket nicht nur bei der DB kaufen, sondern bei jedem Verkehrsunternehmen und das Konzept nicht von der DB ist, sondern von der Politik - böse Zungen in Verkehrsunternehmen sprechen von "einem 'Wir schaffen das' der Verkehrswende".

    • @Jim Hawkins:

      .... dass ich schon mehrmals mit einem Klick in der DB-App das Deutschland-Ticket gekündigt und zu einem anderen Zeitpunkt wieder abonniert habe. ...



      ---



      Und was machen Leute, deren Smartphone "sicherheitsrelevant" ist, die keins haben, keins haben wollen?



      Sich für die Bahn eins anschaffen?



      .



      Btw. Wenn eine Firma meint, Risiko & Kosten auf MICH verlagern zu müssen, z.B. das Ihre IT spinnt, will ich einen "realen" Beleg das ich die Leistung die ich abrufe, bezahlt habe.



      Bei einem Schaffner der Lesen kann, kein Thema, sonst...?

      • @Sikasuu:

        In der heutigen Welt braucht man nunmal ein Smartphone. Mag man schlecht finden, aber es ist nur logisch Konsequent.



        Man braucht auch ein Konto bei einer Bank für Gehaltszahlungen. Das Smartphone spielt mittlerweile eine so starke Rolle und ist so etabliert, da wird man nicht drum herum kommen sich dem zu verweigern.

      • @Sikasuu:

        Das weiß ich leider auch nicht.

        Ich kann ja nur von meinen Erfahrungen berichten.

    • @Jim Hawkins:

      Mit einem Klick? Märchenstunde!

      • @Martha Reiser:

        Sie nennen mich also einen Märchenonkel.

        Ist ihnen denn die DB-Navigator-App vertraut?

        Haben Sie das digitale Deutschland-Ticket?

        Ja? Dann rufen Sie es einfach als QR-Code auf.



        Haben Sie es?

        Ganz unten rechts sind drei Punkte, tippen Sie drauf und ein dreipunktiges Menü erscheint.

        Oben steht "Ticket entfernen", in der Mitte "Abo kündigen" und der dritte Menüpunkt führt zum Aboportal.

        Tippen Sie auf den zweiten Menüpunkt und drei mal schwarzer Kater, ist das Abo beendet.

        Reine Hexerei.

        Aber Sie haben Recht, es sind drei Klicks.

        • @Jim Hawkins:

          In den Geschäftsbedingungen stand nichts von "Navigator app" die ohne Standortabfrage nicht läuft.....

        • @Jim Hawkins:

          Hab es sogar im Zug oder noch auf dem Gleis gebucht während ich auf den Zug gewartet habe, der eh Verspätung hatte. Erstere ist nur wegen schlechtem Netz nicht so einfach aber die Seite speichert alle Angaben.

          Die Buchung ist wirklich 1a programmiert.

          Nur bezahlen würde ich gerne lieber noch mit der Karte, nicht SEPA.

          Aber es geht auch mit spanischen Konto ohne Probleme also Mecker ich auf hohem Niveau.

          Barzahlung am Automaten und kein Abonnement ist wohl zu viel verlangt. *Seuftz*

        • @Jim Hawkins:

          Trick 17 ist Abo abschließen, Abo kündigen.

          Dann vergisst Mann/Frau es nicht.

          Mit gespeicherten Daten ist die Bestellung auch kaum mehr als 2-3 "Tippen"