piwik no script img

Debatte um die RAFWo die wahre Gefahr lauert

Alle reden über die RAF. Und wer kümmert sich um die hunderten gewaltbereiten Rechts­ex­tre­mis­t:in­nen mit offenem Haftbefehl?

Zuviele Neonazis laufen frei herum in Deutschland Foto: Golejewski/AdoraPress

M ich beschleicht in diesen Tagen das Gefühl, dass das Krisen- und Umbruchsjahrzehnt der 70er zurück ist. Wenn es um den Krieg in der Ukraine geht, greifen sowohl viele Putin-Versteher wie Putin-Gegner zur Schablone aus dem Kalten Krieg und tun so, als säße statt dem Raubtierkapitalisten Putin der Altkommunist Breschnew im Kreml, der Arbeitskampf ist zurück und wieder wird überall gestreikt, Ölkrise ist ohnehin und die öffentliche Infrastruktur in Deutschland wurde auch gefühlt zuletzt in den Siebzigern repariert.

Jetzt auch noch die RAF: Seit Daniela Klette in einem Kreuzberger Wohnblock verhaftet wurde, feiert die RAF-Sucht fröhliche Urständ in der Republik. Die Medien, die Polizei, die immer bereiten deutschen Blockwartseelen geben sich dem Frisson der Siebziger hin. Endlich wieder richtiger Linksterrorismus, Großfahndung, Kalter Krieg, klare Feinde, klare Erzählmuster, endlich wieder Siebziger! Doch wir befinden uns leider nicht mehr in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, das im Rückblick so simpel und unkompliziert aussieht.

Nein, wir befinden uns im politisch und ideologisch höchst verworrenen und widersprüchlichen 21. Jahrhundert. Bringen wir etwas Klarheit in die Unordnung. Wo droht denn gerade die größte Gefahr in diesem Land? Sind es wirklich Linksterroristen aus einer vergangenen Zeit? Zum Glück haben wir da kalte Zahlen.

Warum machen sich so wenige Podcaster, Polizisten, Reporter auf die Suche nach den untergetauchten Rechten? Weil es einfacher, ungefährlicher ist

Vergangenes Jahr stellte die AfD-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage. Sie wollte wissen, wie viele Linke gerade polizeilich gesucht werden. Die Antwort: Im März 2023 waren insgesamt 137 Haftbefehle gegen Personen aus dem linken Spektrum unvollstreckt. Davon werden 33 Personen wegen politisch motivierten Delikten gesucht, die anderen Haftbefehle sind wegen Allgemeinkriminalität wie Diebstahl oder dem Erschleichen von Leistungen offen. Wenige Monate davor, im Dezember 2022, hatte die Linksfraktion bereits in einer kleinen Anfrage die Information erbeten, wie viele offene Haftbefehle gegen Rechte vorliegen: Es waren 915.

Unvollstreckte Haftbefehle

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Wir haben auf der einen Seite also 137, auf der anderen Seite 915 unvollstreckte Haftbefehle. (Da gegen manche Personen mehrere Haftbefehle offen sind, weicht die Zahl der konkreten Menschen, die gesucht werden, etwas davon ab.) Führen wir uns die Dimensionen dessen vor Augen. Und zwar bildlich, mit dem, was gerade zur Hand ist: dieser Zeitung.

Im Printjournalismus rechnet man gerne mit Zeilen, darum soll uns das auch bei dieser kleinen Rechenaufgabe Maß sein. Pro unvollstrecktem Haftbefehl eine Zeile, das wäre bei 137 gesuchten Linken 137 Zeilen, das entspricht in etwa der Länge dieses Textes. 915 Zeilen, eine Zeile pro gesuchtem Rechten, jedoch entspricht sage und schreibe drei Seiten dieser Zeitung. Fahren Sie doch mit dem Finger über diesen Text, dann blättern Sie mal um.

Verstehen Sie jetzt, welche Dimensionen wir hier vergleichen? Falls Sie diesen Text online lesen, können Sie zum Vergleich ja diesen Artikel und danach die aktuelle Gesellschaftsreportage auf ihrem Bildschirm lesen, um zu verstehen, wie jenseits von Gut und Böse die Aufmerksamkeit ist, die die RAF-Rentner gerade bekommen im Vergleich zu den gewalttätigen Rechten, die noch auf der Flucht sind.

Statt Probleme aus den Siebzigern zu wälzen, sollten wir uns dem Jahr 2024 widmen. Heute droht wenig Gefahr von links, aber sehr viel von rechts. Warum machen sich so wenige Podcaster, Polizisten, Reporter auf die Suche nach den untergetauchten Rechten? Weil es einfacher, ungefährlicher ist. Weil die Gespenster von gestern bereits besiegt sind. Im Jahr 2024 sind die Kämpfe noch offen, man könnte sie also auch noch verlieren.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, es gebe 33 offene Haftbefehle gegen Linke, dabei handelt es sich allerdings nur um diejenigen, die für politisch motivierte Delikte gesucht werden. Insgesamt sind 137 Haftbefehle nicht vollstreckt. Wir haben die Zahl ergänzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Caspar Shaller
Redakteur taz2, zuständig für Medienthemen. Interessiert sich auch für Arbeitskämpfe und sonstiges linkes Gedöns, aber auch queere Themen und andere Aspekte liederlichen Lebenswandels. Vor der taz einige Jahre Redakteur im Feuilleton der Zeit und als freier Journalist in Europa, Nordamerika und dem Nahen Osten unterwegs gewesen. Ursprünglich nicht mal aus Deutschland, aber trotzdem irgendwann in Berlin gestrandet. Mittlerweile akzentfrei.
Mehr zum Thema

47 Kommentare

 / 
  • Bei den Kommentaren denke ich nur - wow und das sind die Leute die die TAZ lesen. Was würde mich wohl in der Kommentarspalte der Welt erwarten?

    • @Patricia Jessen :

      Das nennt sich Meinungsviefalt und ist ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie, quasi der Gegenpart von einem geschlossenen Weltbild mit entsprechender Ausgrenzung andersdenkender.

    • @Patricia Jessen :

      In den Kommentarspalten der Welt wären die Aussagen gegen den antiliberalen antisemitischen Terrorismus der RAF sicher noch deutlicher.

  • Warum bloß finde ich einen solchen Artikel nur peinlich?

  • Linke und rechtsextreme Gewalt sind sowohl in qualitativer wie qualitativer Hinsicht nicht vergleichbar.

    Insbesondere Gewalttaten und sonstige Straftaten sollten stärker unterschieden werden: gerade Gewalttaten sind folgenreicher für die jeweiligen Opfer.

  • Danke für diesen Artikel!

  • Die RAF war eine rücksichtslose Verbrecherbande. Leider ist die Mitgliedschaft in dieser Bande jurostisch verjährt. Bewaffnete Raubüberfälle, sind Schwerverbrechen, egal wer diese ausübt, die sind noch nicht verjährt. Wenn schon die Chance besteht diese Verbrecher jetzt zu fassen, dann sollte auch alles dafür getan werden.

  • Der Artikel suggeriert, dass der Staatsapparat bei der Aufklärung von Straftaten mit zweierlei Maß misst. Das würde ich vorerst als reine Spekulation bezeichnen. 915 Haftbefehle entstehen ja nicht im "luftleeren Raum", sondern denen liegen umfangreiche Ermittlungsarbeiten zugrunde. Das spricht schon einmal für die Behörden. Und was die Vollstreckung der Haftbefehle betrifft, wie lange hat es gedauert eine von dreien gesuchten RAF Terroristen*innen festzunehmen? Hier eine Relativierung, nach derzeitiger Kenntnisslage, vorzunehmen erscheint mir unangebracht. Es soll auch Bedienstete im Staatsapparat geben, die ihre Arbeit völlig "ideologiefrei" verrichten.

    Und das der Fokus derzeit auf der RAF liegt, ist den "Gesetzen" der Medienbranche geschuldet, impliziert aber nicht, dass dieses Thema die Öffentlichkeit in gleicher Weise interessiert.

    • @Sam Spade:

      Natürlich misst der Staat mit zweierlei Maß (s. rechte Terrororganisationen, rechtsextreme Parteien und preußische Verfassungsfeinde mit Umsturz Fantasien und Wahlrecht.



      Wann wurde da je in die richtige Richtung ermittelt? Und ich habe auch noch nie von einem Nazi Opfer von linksxtremer Gewalt gehört, dass man erst mal im Umfeld des Nazis angefangen hätte zu ermitteln, ob irgendwer in seiner Familie ihn nicht mag oder er mit Drogen handelte.



      Und was Sie für reine Spekulation halten, ist in meinem Alltag Lebensrealität. Während seit zwei Jahrzehnten ungefasst und unermittelt Nazibanden, mordend und brandstiftend feige nachts durch Neukölln ziehen und nicht eine einzige, trotz der lokalen Überschaubarkeit und jahrelanger Ermittlungserkenntnisse und trotz Dutzende Tote und Verletzte durch rechte Gewalt, ist es schon höchst erstaunlich, dass es keine Aufklärungserfolge gibt und ganz offensichtlich weder der politische, noch der dienstliche Wille da ist, diese Verbrechen gewissenhaft zu verfolgen. Wir wissen aber alle ganz genau, dass, wenn das islamistischer Terror wäre, der von Muslimen oder Migranten ausgeht, die Neukölln mit Terror, Angst und Einschüchterung überziehen, schon längst sogar Leute verhaftet wären, die nichts damit zu tun hätten.



      Andererseits aber inszeniert sich unser Bezirksbürgermeister Hikel gerne in fast wöchentlichen völlig übertriebenen, aber sehr öffentlichkeitswirksamen, Einsätzen von Hundertschaften in shisha Bars mit mehr Polizisten als auf bundesweiten Nazi Demos (2000-3000 Standard), als ob er jede Woche eine Terrorzelle ausheben würde. Ergebnis solcher Steuergeldverschwendung sind meist unversteuerter shisha Tabak, der gefunden wurde oder Ordnungswidrigkeiten wie versperrte Notausgänge.

      Also bitte, erzählen Sie mir nichts über Spekulation, solange Sie nie in den Genuss dieses Staatsapparates als vor Nazis Schutzbedürftige gekommen sind und noch nie wegen staatlichem Desinteresse an ihrem Leben, um selbiges fürchten mussten.

    • @Sam Spade:

      Die Idee, dass Angehörige des Staatsapparats ideologiefrei wären und ideologiefrei agieren können (bzw. dürfen) ist schonmal grundfalsch.

      Was das Messen mit zweierlei Maß betrifft: Ich fahre für meine Lohnarbeit sehr viel mit dem Auto. Auf digitalen Anzeigenwänden habe ich dabei noch nie einen Neonazi, nach dem gesucht wird, gesehen. Dafür durchaus schon Linke.

      • @Piratenpunk:

        Zu 2. Das ist ihr persönlicher Eindruck, von dem läßt sich aber nicht auf das Ganze schließen. Dazu bedarf es schon Fakten (z. B. in Form von Statistiken).

        Zu 1 Und woraus leiten Sie ab, welche Ideologien im Staatsapparat vorrangig vertreten werden? Bzw. woher stammt die Erkenntnis, das es per se keine ideologiefreien Mitarbeiter im gesamten Staatsapparat gibt und damit auch keine politische Neutralität?

        • @Sam Spade:

          Die Erkenntnis stammt aus millionenfachen Erfahrungen, rechtswidrigen Fehlentscheidungen nach eigener politischer Ideologie Ideologie und eigenen Äußerungen der Mitarbeiter dieses Staatsapparates. Konnte ich mir erst letzte Woche als sichtbare Gastarbeitergeneration bei einer Mitarbeiterin des Amtsgerichtes als Spruch wieder mal abholen, dass wenn mir es hier nicht passt, es mir frei stehen würde doch wieder „zurück in meiner Heimat zu gehen“ (ich in einer kleinen beschaulichen deutschen Stadt im Westen geboren), denn sehr viele deutsche Beamte sind der Meinung, dass man nur als Biodeutscher Kritik üben darf. Ansonsten hat man Onkel Toms Dankbarkeit an die netten Weißen an den Tag zu legen. Der Willkür und Gnade dieser Dame bin ich nun ausgeliefert, da sie meinen Fall bearbeitet. Wie sehr ich da auf Recht und Beachtung meiner Interessen als Geschädigte hoffen kann, verstehen Sie hoffentlich von selbst. Und dass in einem Amtsgericht, in dessen Stadtteil Zehntausender ethnisch, nicht deutsche Bürger leben!



          Ebenso wird zb im Neuköllner Standesamt regelmäßig bei muslimischen Müttern versucht, ihren gerade geborenen Kindern willkürlich und widerrechtlich die deutsche Staatsbürgerschaft streitig zu machen, wenn sie die Geburtsurkunden abholen wollen. Genauso wie auch meinem Kind. Da das Gesetz da klar ist, passiert das aus persönlicher Islamfeindlicher Ideologie der Beamten. Jedenfalls habe ich von deutschen Freunden noch nie gehört, dass nach Geburt ihres Kindes beim Standesamt ihr gesagt wurde, dass ihre Familie erst mal vom Verfassungsschutz überprüft werden müsse, um festzustellen, ob ihr Kind überhaupt einen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft hat oder Angehörige durch Straftaten vor der Geburt des Kindes dies bereits verhindert haben.



          Ich könnte Ihnen endlos viele solcher Beispiele nennen.



          Aber viel eher frage ich mich, woher SIE denn eigentlich Ihre Erkenntnis haben, dass es per se keine Ideologiebelasteten Mitarbeiter oder es politische Neutralität gäbe

          • @Edda:

            "Aber viel eher frage ich mich, woher SIE denn eigentlich Ihre Erkenntnis haben, dass es per se keine Ideologiebelasteten Mitarbeiter oder es politische Neutralität gäbe"

            Das " per se" habe ich so nicht behauptet, ich habe auch keine Absolution erteilt, sondern nur einen Einwand dargelegt gegen das pauschale Urteilen von Einzelfällen auf die Allgemeinheit zu schließen. Bei dem was ihnen widerfahren ist, handelt es sich um Diskriminierung und Alltagsrassismus. Dagegen sollte man sich wehren z.B. über einen Anwalt eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Solche Vorfälle müssen auch nicht zwangsläufig einen ideologischen Hintergrund haben, es ist oftmals die reine menschliche Dummheit und Empathielosigkeit. Das ist schon schlimm genug, aber sollte da wirklich System hinterstecken, so muss man es "anprangern".

            • @Sam Spade:

              Wissen Sie, wenn ich jedem rassistischen Vorfall dienst rechtlich nachgehen würde. Ich würde das noch mehr sinnlos verschwendete Lebenszeit in Anspruch nehmen, als es bis jetzt schon getan hat. Denn genau das hab ich schon zu viel getan. Wertvolle Lebenszeit, ein halbes Leben damit verschwendet, als hier geborener Ausländer, mich gegen Alltagsrassismus zu wehren. Eben, wie sie sagen. Alltag, das klingt so niedlich oder verharmlosen Th, aber es passiert jeden Tag in allen möglichen Lebensbereichen, mal elementare, mal oberflächlicher Und sehr vieles in meinem Leben ist genau an Rassismus gescheitert wie Praktika, Wohnungen, Arbeitsplätze. Aber ich weiß, dass das für viele für ein Nerven das Opfer Narrativ kränkt. Es ist nicht Dummheit es ist Rassismus. Wenn es Dummheit wäre, das eine Standesbeamtin nicht weiß, dass ein hier geborenes, Kind von einer sich von Geburt an rechtmäßig, ja aufhaltenden Ausländerin ist, natürlich von Geburt, die deutsche Staatsbürgerschaft hat und sie trotzdem rechtlich unwahre Kommentare dazu abgibt, dann hätte sie diesen Job mit solcher Dummheit niemals bekommen können.



              Und glauben Sie mir, Rassismus, ob sie es wahrhaben wollen oder nicht, struktureller Rassismus, ist in deutschen Behördenstuben, Schulen, Kitas, Arbeitgebern und Kollegen, Versicherungsmitarbeitern usw, weit verbreiteter als Dummheit. Mit rassistischen Mitarbeitern kann ein Staatsapparat existieren, mit dummen Mitarbeitern nicht.

              • @Edda:

                Das der Rassismus in Deutschland omnipräsent ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Warum sollte es gerade hier anders sein, als in anderen Ländern. Ein globales Problem. Ich bin als "Bio Deutscher" nicht davon betroffen, finde mich aber nicht damit ab. Zum Einmischen gibt es keine Alternative (Resignation oder wegschauen ist keine). Überall wo einen Rassismus begegnet, muss man sich ihm entgegenstellen. Erfordert Mut und verbraucht Energie, kurz macht das Leben nicht einfacher. Das ist leider so und es tut mir Leid für alle direkt betroffenen.

                • @Sam Spade:

                  Ich achte Ihre Haltung, aber hoffe, dass Sie mir zugestehen, dass es ein Unterschied ist, ob man Rassismus als Betroffene oder jemand, der ihn ablehnt, bekämpft. Ich bin müde und dieses ständige Dagegenhalten, ohne Unterstützung oder Einsicht der Mehrheitsgesellschaft, auf die ich aber -ich selbst ohne Wahlrecht- angewiesen bin. Das Gegenteil ist der Fall, Deutsche sind genervt, gehen sofort in die Defensive oder halten es, wie gesagt, für übertriebene Opfernarrative. Rassismus wurde noch nie irgendwo überwunden, weil sich die Betroffenen dagegen wehrten. Zumal vom Wehren nach dem ersten zur Sprache bringen bei nächst höherer Instanz, nichts mehr übrigbleibt vom Wehren als zuerst Wut, dann Frust und dann eben Resignation, weil man ohnmächtig ist. Dafür muss schon öffentliches Interesse bestehen. Und war das öffentliche Interesse und die größte Angst der Mehrheit der Deutschen ist, sehen wir ja gerade in allen Statistiken, Medien, politischen Diskussionen: Problematisierung von Migration und Muslime für die deutsche Gesellschaft. Sinnlos, sich da gegen Alltagsrassismus wehren, wenn die große Bühnen ihn reproduzieren.



                  Ich habe jahrzehntelang gedacht, wie Sie, habe mich aber viel zu sehr erfolglos, mit eigener Lebenszeit dran aufgerieben. Alltagsrassismus stiehlt mir zu viel alltäglicher Lebensqualität, es verbittert mich. Ständig im Erklärungs- oder Rechtfertigungsmodus zu sein oder alle Diskussionen, die Deutsche schon immer über Islam, Nahost, Türkei, Hamas, führen wollten, wie eine Stellvertreterin für all das mir aufzwingen lassen zu müssen. Ich habe sehr lange mit mir gerungen, aber ich habe Deutschland aufgegeben, es ist zu undankbar, zu vieles läuft ungebremst in falsche Richtungen. Sie haben Recht, man darf nicht resignieren, sich abfinden und einfach so weiterleben, bis es einen hasserfüllt macht. Aber ohne Partizipationserlaubnis kommt man nicht weit. Wenn man nichts ändern kann, muss man merken, wann man besser freiwillig geht. Die AfD wird kommen!

                  • @Edda:

                    Das ist eben der Unterschied. Ich als Bio Deutscher, der von Rassismus nicht direkt betroffen ist, agiere quasi von außen. Da kann man nur Haltung zeigen und nicht wegsehen. Wäre ich direkt betroffen, gebe ich ehrlich zu, dass ich zumindest einmal mit Alternativen geliebäugelt hätte in Bezug auf die Standortfrage. Und zwar aus den gleichen Gründen, die Sie geschildert haben. Da kann ich Ihre Beweggründe sehr gut nachvollziehen. Irgendwann stellt man sich die Frage, warum man sich das hier antun sollte, wenn keine Besserung in Sicht ist.

                    Und falls die AFD wirklich "kommt", muss man dafür Sorge tragen, dass sie möglichst schnell wieder geht.

  • Lehrbuchartiges Whataboutism. Wie zu erwarten.

    • @Jan W.:

      Es geht um die Relation und nicht darum Strafbefehle gegen Linke zu verharmlosen. Da ist nix Whataboutism.

  • "Wo die wahre Gefahr lauerta

    Warum gibt es momentan so viele Artikel und Kommentare zur RAF in der taz. Gibt es nichts wichtigeres worüber man berichten kann? Behindern gar wieder RAF-Solikomitees die Berichterstattung zu Wichtigerem? taz.de/RAF-Geschichte/!5993208/ 🤓

  • komm mal wieder runter. die einzigen, die hier wind machen, sind die medien-übrigens auch die TAZ-. von „politikseite" hat sich bis jetzt nur die bundesanwaltschaft geäußert.

  • RAF und Nazis haben ja mal gemeinsam in den Terrorausbildungscamps im Libanon ´trainiert`! Der gemeinsame Israel Hass hat sie verbündet ...

  • "Jetzt auch noch die RAF: Seit Daniela Klette in einem Kreuzberger Wohnblock verhaftet wurde, feiert die RAF-Sucht fröhliche Urständ in der Republik. Die Medien, die Polizei, die immer bereiten deutschen Blockwartseelen geben sich dem Frisson der Siebziger hin."



    /



    Der Hype um das "RAF- Gerippe" wird ja auch teilweise von Medien boukevardesk befeuert, ist aber überschaubar und instrumentalisierbar, hat etwas Nostalgie in sich und kreiert auch Geheimnisumwittertes statt Faktenchecks. Man kann den ehemaligen ideologischen Feind als Unrechtsregime im deutschen Osten gleich wieder mit den aktuell bekannten Hintergründen als kriminell adressieren und sich selbstgefällig zurücklehnen, siegestrunken.



    (Haben wir immer gewusst.)



    Mit gleicher Akribie präsenten und neu aufkeimenden Rechtsradikalismus in den Schlagzeilen zu positionieren, das gäbe wohl hier und dort ein ganz anderes Echo. "Wenn da der Schuss mal nicht nach hinten losgeht", eine Redensart der "Altvorderen" im linksliberalen Spektrum, denen die taz von der kritischen Warte aus immer noch als recherchierende Tageszeitung eine Gewissheit vermittelt: Wir bleiben dran.



    www.mdr.de/geschic...ertauchen-100.html



    /



    Was hätte er wohl dazu gesagt?



    taz.de/Stroebele-und-die-taz/!5290806/



    /



    "Die Neue Linke träumt seit 1968 von einer eigenen Zeitung. Aktuell wird dies 1978 – nach der Nachrichtensperre im Deutschen Herbst 1977, der mit den Selbstmorden von Christian Ströbeles Exmandanten Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe endet."



    /



    Ein aktuelles Statement eines Zeitzeugen zur Gefahr von rechts:



    youtu.be/YjlalCq8n...i=QUnu59Ez3Iw37o3G

  • Bei wie Vielen gewaltbereiten gesuchten Rechtsextremen findet man eigentlich ein funktionsfähige, eine Kalaschnikow mit Munition und einige andere Waffen im Kleiderschrank?

    Und wie Viele haben 1,2kg Gold sowie 40.000 Euro im Kleiderschrank - welche sie unter Einsatz der oben genannten Waffen geraubt haben?

    Die Zahlen zu den gesuchten Rechts- und Linksextremisten lassen sich übrigens keineswegs so vergleichen wie im Artikel - das ist wie Äpfel mit Pflaumenmus. Dankenswerterweise reicht für diese Erkenntnis sogar ein Klick auf die Links im Kommentar.

    • @NN:

      Hat etwa der NSU Zwillen gehabt, oder Reichsbürger setzen sich mit Pusterohren gegen die Polizei zur Wehr? Bei Rechten wurden schon einiges an Waffen gefunden und wo ist denn die Verschwundene Munition von der Bundeswehr geblieben? Der NSU wurde auch finanziell von der rechten Szene unterstützt.

    • @NN:

      Tatsächlich bei sehr vielen, zwei Terrorgruppen beim KSK (Kriegswaffeln und Sprengstoff), bei Nordkreuz (Maschinenpistolen und Leichensäcke), diese Gruppe um Malsack und Reuß (Sturmgewehre, Gold..), NSU (Sprengstoff und Schusswaffen). In Italien, wohin es ja auch Verbindungen zu Rechtsextremen aus der BRD gibt hat man vor einiger Zeit bei Rechtsextremen eine absurde Menge an Kriegswaffen sichergestellt.



      Ich finde den Artikel argumentativ auch etwas schwach, dass die Festnahmen aus dem RAF Bereich viel Aufmerksamkeit bekommen ist nur logisch. Grundsätzlich stimme ich der Aussage, dass deutsche Behörden bei Nazis viel nachsichtiger sind als bei "linken", aber zu. Das geht schon los, wenn man bei vergleichbaren Straftaten einmal wegen Mordversuchen ermittelt, bei anderen dann nur wegen Körperverletzung "weil man eine Tötungsabsicht nicht nachweisen kann". Über die Arbeit des Verfassungsschutzes bis Haldenwang muss man wohl nicht diskutieren. Als Soldaten beim Munitions-, Waffen- und Sprengstoffdiebstahl erwischt wurden durften sie es, von oben angeordnet, widerrechtlich und ohne Strafverfolgung zurückgeben. Solche Beispiele von akzeptierter Rechtsbeugung finden sich sehr häufig. Überfall auf Connewitz- nur nicht-Strafen. Wobei der Vorsitzende Richter in der ersten Verhandlung deutlich gemacht hat, dass man bei dem Ausmaß an Gewalt den Bürgern keine Bewährungsstrafen vermitteln kann. Damit hat er ja recht- ich verstehe wirklich nicht, wie die rechtsextreme Justiz in Sachsen diesen Terrormob freisprechen konnte.

  • "Statt Probleme aus den Siebzigern zu wälzen, sollten wir uns dem Jahr 2024 widmen."

    Es geht nicht um Probleme aus den Siebzigern. Die letzten "Aktivitäten" der RAF-Terroristen wurden 2015 und 2016 registriert, auch wenn es dabei nicht mehr um Terrorismus ging, sondern "nur" um "gewöhnliche" Raubüberfälle. Die letzten Morde und Anschläge der RAF fanden Anfang der Neunziger statt. Mord verjährt nicht. Insgesamt gab es 33 Morde. Viele davon sind bislang nicht aufgklärt. Täter unbekannt, (Helfers-)Helfer unbekannt. Da gibt es dann auch keine Haftbefehle, die man in eine "Aufrechnung" einbeziehen könnte.

    Linksterrorismus gibt es auch heute noch - siehe z. B. den (aktuellen) Anschlag auf den Strommast in Grünheide oder die (noch nicht so lange zurückliegenden) Anschläge auf die Infrastruktur der Bahn.

    Natürlich sollten/(müssen!) wir die Gefahr von rechts genau so ernst nehmen, aber Aufrechnungen/Relativierungen darf es diesbezüglich nicht geben. Wir müssen allen, die ideologisch so verpeilt sind, dass sie ihr Weltbild mit Gewalt durchsetzen wollen, immer wieder (und gleichermaßen!) klarmachen, dass wir nicht das geringste Interesse daran haben, so zu leben, wie sie sich das vorstellen.

  • Wenn man die Bilder von schwerbewaffneten SEK Polizisten sieht, die eine per Hubschrauber eingeflogene ältere Frau abführen, die vor Jahrzehnten einmal Terroristin war, beschleicht einen schon einiges Befremden. Insbesondere dann, wenn man an die rechtsradikalen Chatgruppen bei der Polizei denkt und das autoritaristischem Bias in der Justiz, denen Schutzhaft für Klimaaktivisten offenbar kein Kopfzerbrechen bereiten.

    • @NormalNull:

      Richtig. Rechtsradikale Chatgruppen bei der Polizei sind völlig unakzeptabel und müssen geahndet werden.

      Richtig. Schutzhaft für Klimaaktivisten sind völlig überzogen und erwecken bei außenstehenden eher den Eindruck staatlicher Willkür.

      Ebenso richtig. Eine Person der die Beteiligung an mehreren, bewaffneten Banküberfällen vorgeworfen wird und die Mitglied einer terroristischen Vereinigung war, wurde per Hubschrauber zu ihrem Haftprüfungstermin gebracht, sitzt jetzt in U-Haft und wartet auf ihren Prozess. Ein Vorgang wie er in einem Rechtsstaat üblich ist.

      Was sagt das alles aus? Gar nichts. Es besteht keine Kausalität zwischen Klimaaktivisten, Chats bei der Polizei oder die Verhaftung einer Ex Terroristin. Ihr Vergleich hinkt und ihr Versuch zu priorisieren ist zum Scheitern verurteilt, da sie versuchen Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

      • @Sam Spade:

        Danke.

    • @NormalNull:

      Sie sollten hier nichts herunter spielen. Hat man bei Frau Klette nicht eine Panzerfaust und noch andere schwere Waffen gefunden? Ihre Raubüberfälle sind auch noch nicht Jahrzehnte her.



      Würden Sie auch so schreiben, wenn hier eine Person mit rechter Gesinnung die selben Taten verübt hätte?



      Ich denke, der Staat macht bei solchen Verbrechen keinen Unterschied zw. links und recht.

  • Also ist eine Linksextremistin, die per Haftbefehl gesucht wird und Waffen in ihrer Wohnung hortet, weniger schlimm als ein entsprechender Rechtsextremist?



    Ach ja, Linksextremisten kämpfen ja angeblich für einen guten Zweck....da sind Anschläge, Morde, Überfälle etc. Natürlich gerechtfertigt (Achtung: Ironie)



    Der Staat darf, soll und kann dort nicht mit zweierlei Maß messen. Unglaublich, wie der Autor sich positioniert.

    • @Emsch:

      Hier wird weniger „der Staat“ angesprochen, als ein gesellschaftliches Problem adressiert. Keine*r hat gesagt, dass diese Haftbefehle nicht vollstreckt werden sollen oder es „nicht schlimm“ sei. Aber ist auffällig wie groß die Aufmerksamkeit hier für die RAF generiert wird, während es - auch mit Blick auf die gesellschaftliche Lage insgesamt - nicht im Ansatz einen vergleichbaren ermittlungsdruck in die rechte Szene und konkret die abgetauchten Neonazis gibt. DiesenTATSACHE wirft durchaus wichtige Fragen auf.

    • @Emsch:

      Nicht die Position des Autors ist unglaublich - vielleicht ist es Ihre eigene? Der Staat misst in der Tat mit zweierlei Maß - nicht verstanden?

    • @Emsch:

      Darum geht es nicht.



      Es geht darum, dass hunderte Faschisten per Haftbefehl gesucht werden und der Staat eben nicht zu den gleichen Mitteln greift, wie das bei Linken (selbst wenn sie nicht mehr aktiv sind) der Fall ist.

      • @Piratenpunk:

        Und das ist halt Quatsch...

        • @Walterismus:

          Sehe ich genauso. Ideologiegedöns!

        • @Walterismus:

          Wieso sollte das Quatsch sein? Die Zahlen allein hier belegen das doch ganz eindeutig: 33 vs. 915. Dazu kommen viele weitere kleine und große Ungleichheiten.

        • @Walterismus:

          Das ist kein Quatsch, das ist Realität.

          Auf der Suche nach Johann G. hat das sächsische LKA bundesweit Suchanzeigen geschaltet. Das passiert bei untergetauchten Neonazis nicht. Nur um mal ein Beispiel zu nennen.

  • Warum nur versuchen manche Autor*innen dieser Zeitung krampfhaft die Verhaftung von Frau Klette klein zu schreiben? Verstehe ich nicht. Man kann doch gegen rechte Umtriebe sein, und trotzdem auch keine linken Extremisten mögen, oder?

    • @vieldenker:

      Klettes Verhaftung klein schreiben?



      Davon ist im Artikel nix zu lesen, es wird anhand von Zahlen argumentiert und die sind sehr aussagekräftig - sie könnten ja mal den Artikel lesen, wie wär's?

      • @Konrad Born:

        Habe ich genau gelesen. Und nicht nur diesen Artikel. Aber die vielen freirumlaufenden Rechtsradikalen ändern nichts an dem Rechtsbruch und der Gefährlichkeit dieser gefassten und anderer freier Radikaler. Wenn man jetzt statt dessen einen sein dreissig Jahren untergetauchten Rechtsextremisten gefasst hätte, wäre da sicher nicht weniger drüber berichtet worden. Also bitte beide Augen auf, dann klappt das auch mit dem verstehenden Lesen.

  • Was sind "Beine" eines Texts?

  • 100 sternchen, mindestens

  • 6G
    663803 (Profil gelöscht)

    die wahre Gefahr ist der Trend zu deutlicherer Radikalität, ob links oder rechts die Bereitschaft zur Gewalt ist gestiegen entsprechend ist die Nachlässigkeit gegen Rechtsextreme genauso problematisch wie das überdramatisieren der Linken; die RAF ist ein eigens Kapitel der manchmal zögerlichen Ermittlungen, ich finde man hätte sie früher aufspüren sollen

  • Linksradikalismus in seiner extremsten Form lehnt den kapitalistischen Staat vollkomen ab, einschließlich Judikative und Exekutive, die die Kettenhunde des Kaptalismus darstellen. Rechtsradikalismus in seiner extremsten Form will den Staat übernehmen, einschließlich Judikative und Exekutive. Staasanwaltschaft und Polizei wären nach der Machtübernahme engste Verbündeten des extremen Rechtsextremismus, so wie es nach der Machtübernahme von Hitler war. Deshalb wrden Rechte geschont und Linke verfolgt.

    • @shitstormcowboy:

      Lenin lehnte den kapitalistische Staat vollkommen ab und hat dennoch alle Gewalten im Staat übernommen.