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DGB kritisiert Boni-VerbotKotau vor den Konzernen

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die DGB-Chefin kritisiert das staatliche Boni-Verbot für subventionierte Unternehmen – ein verblüffendes Rollenverständnis einer Gewerkschaftschefin.

Konzernfreundliche DGB-Chefin Fahimi Foto: Annette Riedl/dpa

D er Staat tut viel für die deutsche Industrie. Der Energiepreisdeckel der Ampel wird Firmen und Konzerne vor explodierenden Preisen für Gas und Strom schützen. Dieser Doppel-Wumms wird für Staat und SteuerzahlerInnen ziemlich teuer. Die Ampel plant für nächstes Jahr 49 Milliarden Euro ein, damit der Wirtschaft weiter billige Energie zur Verfügung steht. Das sieht man in der EU genauso skeptisch wie den ewigen bundesdeutschen Exportüberschuss, der mit dieser Subvention für Chemie- und Metallindustrie wohl auch gerettet wird.

Die Ampel fördert die Industrie mit der Gießkanne. Dafür hat sie sich immerhin zu zwei Auflagen durchgerungen. Firmen, die mindestens 25 Millionen Euro Staatsgeld bekommen, dürfen an Manager nur bereits vereinbarte Boni ausschütten – und wer 50 Millionen Euro und mehr bekommt, darf keine Dividenden an Aktionäre zahlen. Beides sei Ausfluss einer „kapitalismuskritischen Grundsatzdebatte“, die „effektives Handeln in der Realität“ verhindere. Vom Staat subventionierte Unternehmen müssten ihren Aktionären weiter Dividenden zahlen können. Die Ampel habe „die normalen Mechanismen der Marktwirtschaft“ nicht begriffen. Jetzt drohe die Deindus­trialisierung Deuschlands.

Diese Einsicht in die eiserne Logik des Kapitalismus verdanken wir nicht dem BDI oder Arbeitergeberfunktionären. Sie stammt von DGB-Chefin Yasmin Fahimi, die früher mal SPD-Generalsekretärin war. Verblüffend ist auch die Vorstellung von Marktwirtschaft, die offenbar in der neuen DGB-Führungsetage herrscht. Marktwirtschaft ist demzufolge, wenn die SteuerzahlerInnen dafür sorgen, dass die Aktionäre von BASF, Merck oder VW weiter Dividenden bekommen. Und die Manager ihre Boni. Also eine Umverteilung von unten nach oben.

Nötig sind selbstbewusste Gewerkschaften

Dass die oberste deutsche Gewerkschafterin die Regierung auffordert, bitte die Fehler, die bei der überstürzten Bankenrettung gemacht wurden, zu wiederholen, ist erstaunlich. Chemie- und Metallindustrie werden nicht bankrottgehen oder abwandern, weil sie (für ein Jahr) keine Dividenden ausschütten dürfen.

Der bundesdeutsche Korporatismus ist besser als sein Ruf. Die Zusammenarbeit von Gewerkschaften, Arbeitgebern und Staat wird nötig sein, um den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft zu managen – ein gigantisches Projekt, das viele Gewinner und viele Verlierer produzieren wird. Dafür braucht man selbstbewusste, konfliktfähige Gewerkschaften – als kooperativen Gegenpart der Unternehmen. Eine DGB-Chefin, die sich blindlings den Interessen von Konzernen unterordnet, braucht man nicht.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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25 Kommentare

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  • Scheinbar haben die Aussagen von Frau Fahimi einige Gewerkschafter so verärgert, dass jetzt in einer Petition zu ihrem Rücktritt ausgerufen wird:



    chng.it/NdbTnmR4

  • Seiten gewechselt? Mir als IGM-Mitglied kräuseln sich alle Zehennägel bei diesen Aussagen der DGB-Chefin. Ich hoffe, u.a. meine Gewerkschaft ihr ordentlich in die Parade fährt.

  • Fahimi ist ehemalige IG BCE Hauptamtliche. Ihr Lebenspartner ist der BCE Vorsitzende. Und die BCE ist bekannt für die sozialpartnerschaftliche "Genosse der Bosse"-Attitüde. Man prahlt sogar damit, in X Jahren nie einen Arbeitskampf habe führen zu müssen und trotzdem regelmäßig hohe Tarifabschlüsse und - ich meine - die höchsten Durchschnittsbeiträge der DGB-Gewerkschaften zu haben. Darum arbeitet dir BCE auch schon seit Jahren daran, ihren Einfluss im DGB auszubauen auf Kosten des Papiertigers ver.di und der alten Tante IGM.

  • Danke Stefan Reinicke für klare Worte betreffs dieser dinosaurischen Überlebenden aus anderen Epochen.

    sPD wie sie leibt und lebt! - Würden Gründungssozialdemokraten (also der wilhelminischen Ära) von dort auf ihre Nachfahren blicken (können) - was würden sie wohl denken oder auch gar fühlen?...

  • Naja, diese Untertanenmentalität mit vorauseilendem Gehorsam kennen wir in Deutschland schon immer.



    Besonders dann, wenn abzusehen ist, daß unsere Gesellschaft immer autokratischer wird.



    Wen wunderts, daß auch eine DGB-Vorsitzende an die Zukunft denkt.



    Die Hand, die mich füttert.....

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Nun hat sich der DGB auch ganz offiziell zu der Politik und in Person seiner Generalsekretärin zu der Politik bekannt, die er faktisch schon seit Jahen verfolgt, aber immer euphemistisch verbrämt als Politik für die Arbeitnehmer dargestellt hat ("Trickle-Down-Ökonomie" etc.): Zur neobileralistischen Umverteilung von unten nach oben.



    Deutlich wurde das für jedermann dadurch, dass die Lohnabschlüsse (verantwortet von DGB-Gewerkschaften) seit Jahrzehnten tendenziell weit hinter dem Produktivitätszuwachs zurückbleiben.



    Diese Politik verfolgt auch die sog. "S"PD seit Mitte der 70er Jahre (Schmidt et al. und verstärt seit Schröder). Frau Fahimi ist in dieser Partei genauso sozialisiert. Und so muss es nicht wundern, dass nun nach dem "Genossen der Bosse" im Kanzleramt auch eine Genossin der Bosse an der Spitze des DGB steht - weil die ja als ehemalige Generalsekretärin der "S"PD ein Leben lang nichts anderes "gelernt" hat.



    Neu ist lediglich, dass die Allianz aus Bossen und angeblichen Arbeitnehemervertretern sich erstmals ganz offen präsentiert.

  • Über 50% der Anteile der DAX30 Konzerne liegen in ausländischer Hand. Die Meinung, dass Dividendenpolitik der Konzerne das Investitionsklima hier im Land beeinflussen kann ist also keineswegs von der Hand zu weisen.



    Umverteilung von unten nach oben, ja klar. Diese Standardbehauptung in der aktuellen Gießkannenzeit scheint überdenkenswert.



    Oder anders: Facharbeitermangel sollte nicht über den Wegfall von Industriesparten gelöst werden. Ich glaube nicht, dass BASF abwandern wird, aber Teile der Produktion mal auszulagern halte ich schon für realistisch. Passiert ja schon derzeit.

  • Auch eine DGB-Vorsitzende muß an verdiente Genossen in Aufsichtsrat und Vorstand denken.

    • @Lapa:

      Laß mich raten: Sozialpartnerschaft con SPezialDemokraten!

      • @Lowandorder:

        Nochn alter Hut



        Wer hat uns verraten?



        SPezialDemokraten

    • @Lapa:

      Das scheint ja so zu sein. Anders ist das nicht zu erklären. Als Mitglied im DGB habe ich dafür überhaupt kein Verständnis. Peter Prinzip?

  • Die Boni jucken doch nicht. Z.B. doppelter Mindestlohn, hohe Steuern auf den Boni, 70% Einkommenssteuer über 500.000 Euro Einkommen pro Jahr, das sind doch die richtigen ökonomischen Schmäckerchen. .. Und ist doch klar, dass nicht der "Ede" vom noch heute am "Hochofen" und morgen plötzlich DGB-Chef:in wird.

  • Krass! Und die DGB-Mitglieder merken wahrscheinlich gar nicht, dass da eine Person an ihrer Spitze steht, die (überwiegend) die Interessen der Aktionäre vertritt. Und wer weiß, möglicherweise besitzt Frau Fahimi auch selber Aktienpakete und sie hat somit auch ganz eigennützige, private Vermögensinteressen.

  • DGB = ver.di + ein paar Krümelgewerkschaften.



    Ein Garant für den sozialen Frieden.



    Auf Kosten des kleinen Mannes.

    Wen wudert's dass die Gewerkschaften immer weniger Zulauf finden

    Letztlich ein Sieg des Kapitals auf breiter Front.

  • was frühere „SPD-Generalsekretär“Innen halt mal so raushauen ...

  • Wenn ich hier lese, DGB-Chefin Yasmin Fahimi, frühere SPD-Generalsekretärin, fordere, trotz in finanziell oder sonst wie in Schieflage geraten vom Staat mit Milliarden € subventionierte Unternehmen, unvermindert weiter dynamisiert hohe Gehälter, Altersversorgung an Vorstände, Aufsichtsratsmitglieder dazu hohe Boni zu zahlen, zu denen bekanntlich auch Gewerkschafter*nnen gehören, aus dem Topf staatlicher Subventionen an Aktionäre weiter Dividenden auszuschütten, obgleich die Unternehmens Kasse aufgrund Schulden leer ist, Arbeitnehmer*nnen aufgrund der Krise Gehälter, gekürzt wurden, kann Ulrike Herrmann mit ihrem aktuellen Buch " Das Ende des Kapitalismus" nicht recht haben, denn der Kapitalismus scheint, angesichts 5-fach Weltkrisen, Kriegen nicht am Ende sondern im Anthropozän Klimakterium gelstrandet zu sein mit aggressiv aufsteigender Hitze, die selbst die junge DGB-Chefin Yasmin Fahimi, frühere SPD-Generalsekretärin nicht verschont, sondern gnadenlos höllischen Auftrieb in gewerkschaftlich atmosphärisch sauerstoffarme Höhenluft katapultiert, sich halluzinogen in gewerkschaftlichen Ausnahmezustand zu versetzen, den Übergewinn Erhalt des Kapitals zu umarmen statt gewerkschaftlicher Basis und über diese hinaus zum Recht auf existenzsichernde Löhne, die bis heute im Mindestlohn ab 1.1.2021 mit 12 €/h nicht abgebildet sind, schon gar nicht im Bürgergeld ab 1.1.2023 von 504 €/Monat/Person, vormals Hartz4 Grundsicherung, durch bundesweite Kampagnen, Präsenz in Medien zu verhelfen, sich in Zeiten der Not, sozialer Kälte, Überforderung von 1000 Tafeln in Deutschland, immer mehr Bedürftige mit Nahrung zu versorgen, angesichts russischem Angriffskrieg in der Ukraine seit 24.2.2022 vor EU Tür, bundesweit für Suppenküchen, Wärmestuben stark zu machen, Kantinen in Behörden, Gewerkschaften, Gemeindezentren, Kirchen, Moscheen, Rathäusern für Bedürftige zu öffnen, wie in anderen EU Ländern, endlich auch für Deutschland gewerkschaftlich politisches Streikrecht zu fordern

  • Wer ist eigentlich „Manager“? Normale Führungskräfte mit AT Verträgen und einer Erfolgsbeteiligung? Wird Arbeitsvertraglich sehr schwer dieses Prämien nicht auszuschütten….

    • @Wombat:

      Eine Erfolgsbeteiligung gibt es nach meinem Empfinden erst bei Erfolg. Wenn eine Firma staatliche Unterstützung bekommt ist der Erfolg nicht da, sonst bräuchte sie die nicht. Ergo...

  • So richtig unverständlich ist die Kritik des DGB nicht. Wenn Subventionen mit Auflagen verbunden sind, kann ein Unternehmen alternativ haltauch sparen um so weiterhin Manager und Aktionäre zu bedienen.

  • Peinlich für eine Gewerkschafterin. Bewerbung für einen Seitenwechsel?

  • Mögen das die Menschen in den Gewerkschaften aufmerksam verfolgen. Lasst Euch den Quatsch nicht bieten.

  • Was beweist: 'Mit Yasmin Fahimi wird eine Ex-SPD-Funktionärin Gewerkschaftschefin. Nötig wäre aber eine Vorsitzende, die nicht in alten Parteiloyalitäten steckt'. taz-Zitat vom Januar. Anja Krüger hatte mal wieder recht - wie eigentlich immer. taz.de/Yasmin-Fahi...sitzende/!5827507/

  • Warum so überrascht? Die Politik der Gewerkschaften ist doch schon seit Jahren darauf ausgelegt, die arbeitende Bevölkerung für die zu gut verdienende Minderheit mit regelmäßigen Almosen, die als große Kampfergebnisse präsentiert werden, ruhig zu stellen.



    Mit den Gewerkschaften gewinnen die untere und die mittlere Schicht keinen Blumentopf. Bei den Gehältern die in den Führungsetagen der Gewerkschaften gezahlt werden, verlieren diese Menschen schnell ihr Gefühl für ihre eigentliche Aufgabe.

  • Vielen Dank für diesen Kommentar, lieber Stefan Reinecke! Dass die DGB-Chefin Fahimi ohne Not den Arbeitgebern nach dem Mund redet lässt nichts gutes ahnen, wenn in absehbarer Zeit echte Interessenvertretung für Arbeitnehmer gefordert sein wird. Entdweder die DGB-Chefin tritt zurück oder ich trete aus.Prost Neujahr!

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Sie muss sofort zurücktreten. Das geht gar nicht!



    Schielen sie auf lukrative Posten oder Zuwendungen anderer Art?



    Pfui Teufel!