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Budget des UmweltministeriumsAtommüll bleibt finanziell eine Ewigkeitslast

Ein Großteil des Haushalts des Umweltministeriums geht für Atom-Altlasten drauf. Damit bleibt weniger Geld für den Umweltschutz.

Nicht so teuer wie die Asse, aber auch nicht billig: Rückbau des Bergwerks in Gorleben Foto: Philipp Schulze/picture alliance

Göttingen taz | „Der Atommüll frisst den Umweltschutz auf“ – so kommentiert Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg den Haushaltsentwurf des Bundesumweltministeriums für 2025.

Minister Carsten Schneider (SPD) beziffert das Gesamtvolumen seines Haushalts mit 2,7 Milliarden Euro, das sind gerade mal 287 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Von dieser Summe schlagen die Zwischenlagerung von Atommüll und die Suche nach einem Endlager mit insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro zu Buche – die radioaktiven Abfälle bleiben also auch finanziell eine Ewigkeitslast. Dagegen sind für den Natur- und Umweltschutz nur etwa 400 Millionen Euro vorgesehen.

Das Endlagerprojekt in Gorleben verschlingt auch nach seinem Scheitern viel Geld. Die Kosten für die Verfüllung des früheren Erkundungsbergwerks und den Abriss der oberirdischen Anlagen steigen laut Entwurf von 20 Millionen Euro im Jahr 2024 auf nun 33 Millionen.

Nicht nur das Umweltministerium muss blechen

Im Vergleich zu den Kosten für die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse bei Wolfenbüttel nehmen sich die Ausgaben für Gorleben allerdings fast bescheiden aus. In das frühere Salzbergwerk Asse II wurden zwischen 1967 und 1978 rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen versenkt.

Weil die Grube instabil ist und mit Wasser vollzulaufen droht, sollen die Behälter nach Möglichkeit geborgen und an die Oberfläche geholt werden. Für die Arbeiten will Schneiders Ministerium in diesem Jahr rund 206 Millionen Euro ausgeben.

Einen weiteren großen Posten bildet die Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle. Sie verschlingt im aktuellen Haushaltsjahr 535 Millionen Euro. Der Atomkraftexperte Dirk Seifert verweist in seinem Blog „umweltFAIRaendern“ darauf, dass weitere Milliardenbeträge für den Umgang mit den radioaktiven Hinterlassenschaften in die Etats anderer Ministerien eingestellt sind.

Das Forschungsministerium ist für sämtliche Nuklearanlagen und Abfälle aus der staatlichen Atomforschung vergangener Jahrzehnte verantwortlich. Das Finanzministerium ist aufgrund der Einigungsverträge für den Rückbau und die Atommülllagerung des ehemaligen AKW Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Erst vor wenigen Tagen, so Seifert, habe es hier neue Hiobsbotschaften über die explodierenden Kosten gegeben, die inzwischen auf 10 Milliarden Euro oder mehr veranschlagt würden.

Ein Teil der Kosten für die Atommülllagerung wird durch den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) gegen­finanziert. CDU, SPD, FDP und Grüne hatten diesen Fonds 2017 als Stiftung etabliert. Die großen Energiekonzerne und AKW-Betreiber zahlten damals einmalig 24 Milliarden Euro ein und waren damit auf einen Schlag von aller weiteren finanziellen Haftung für den Atommüll befreit.

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18 Kommentare

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  • "Dagegen sind für den Natur- und Umweltschutz nur etwa 400 Millionen Euro vorgesehen."

    Mit dieser Summe lässt sich kein "Natur- und Umweltschutz" finanzieren. Ein sicherheitsrelevantes Thema wird nicht finanziert, weil man sich um den Dreck kümmern muss, mit dessen Erzeugung sich zuletzt ein paar Konzerne dumm und dusselig verdient haben?

  • Ich wusste, dass die EVUs sich da elegant und zum Minimaltarif drücken konnten (legal wohl nicht mehr zu ändern), doch diese Größenordnung in Erinnerung zu rufen: danke.



    Zumindest jetzt sollten die Geschenke aber aufhören. Oder Reiche sollte sich auch offiziell Lobbyistin nennen müssen.

  • " ...radioaktiven Abfälle bleiben also auch finanziell eine Ewigkeitslast..."



    Die Genehmigungen f. die Castoren laufen aus, b. Undichtigkeit diese selbst auf Dauer.



    Die übrigen, jetzt funktionslosen AKW stellen Sicherheitsrisiken dar. Ein Endlager ist nicht in Sicht, ein ganzes Bundesamt , BASE, sucht danach.



    www.endlagersuche-...gaben_artikel.html



    Eigentlich müssten diese Kosten in Relation zu den Gewinnen d. Stromriesen gesehen werden.



    Ein Sicherheitsexperte:



    "Herr Sailer, die Genehmigung für das Zwischenlager in Gorleben läuft 2034 aus, die der anderen Zwischenlager wenige Jahre später. Wird bis dahin ein tiefengeologisches Lager zur Verfügung stehen?



    Auf keinen Fall. Selbst wenn 2031 ein Standort vorgeschlagen sein und der Bundestag diesen bestimmt haben sollte – das ist bisher die politische Ansage –, brauchen wir danach noch zehn Jahre für das Genehmigungsverfahren und zehn Jahre für den Bau. Den ersten Behälter kann man frühestens Anfang der 2050er-Jahre einlagern(...)



    Zwischenlager wären also erst Anfang der 2080er Jahre leer – nach dem optimistischsten Zeitplan."🤔



    ausgestrahlt.de

  • "CDU, SPD, FDP und Grüne hatten diesen Fonds 2017 als Stiftung etabliert. " Wird wieder sehr verkürzt dargestellt, ausgehandelt wurde das ganze von einem Grünen-Politiker.

  • Am besten bauen wir noch ein paar AKWs zum CO2sparen, die Zukunft freut sich.

  • "CDU, SPD, FDP und Grüne hatten diesen Fonds 2017 als Stiftung etabliert."



    Tja, so ist das wenn man den ECT unterschrieben hat. Der deal war das Ergebnis der Epressung des Staates mit der Drohung sonst m, dank sun down Regel 20 Jahre Gewinnausfall reklamieren zu können.



    2 mal Atomausstieg ist halt teuer, Frau Merkel und Herr Rüttgers!

  • Wie viel Geld kostet uns das unter Berücksichtigung der Inflation in den nächsten 10.000 Jahren insgesamt? Kann mir hier jemand noch ein paar Nullen leihen?

  • Der Abriss kostet damit etwa 0,0745 € pro erzeugter kWh, also 7,45 Cent/kWh?! Was für ein Irrsinn.

    • @DanPan:

      Der Abriss alleine ist nicht das eigentliche Problem.

  • Die kosten zeigen das billiger Atomstrom immer ein Märchen war.

    • @pablo:

      Leider nehmen etliche Politiker dieses Märchen immer noch für bare Münze. Mir fällt vor allem ein Märchenerzähler aus dem Märchenland mit den Märchenschlössern ein.

    • @pablo:

      Naja, die reinen Zwischenlagerungskosten sind mit 535 Mio nicht hoch.



      Wieviel Strom hat die Atomkraft in Deutschland produziert? Wieviel CO2 waere ausgestossen worden, waere stattdessen Kohle verstromt worden? Wie teuer waere es dieses CO2 aus der Luft zu filtern und einzulagern?

      • @elektrozwerg:

        Die Blaupausen für Solarenergie lagen auch in den 70ern schon in der Schublade. Die Prinzipien für Windkraft waren schon Marktreif.



        Ohne Atomstrom wäre die erneuerbare Energie Jahrzehnte früher so billig geworden, wie sie jetzt ist.



        Wahrscheinlich wären wir die Kohle jetzt schon los, wenn wir rechtzeitig auf das richtige Pferd gesetzt hätten.



        Ich weiß, Captain Hindsight ist kein Sympath. Aber ich habe nicht mit was wäre wenn angefangen.

      • @elektrozwerg:

        Die Kosten für die Rückabwicklung der Asse werden sich auf etliche Milliarden belaufen, darin sind noch nicht mal die Kosten für die Endlagerung der geborgenen Abfälle enthalten. Dagegen erscheinen 535.000.000 in der Tat nicht hoch. An dem Irrweg Atomkraft ist auch rückblickend nichts schönzureden, der Strom ist zu teuer, die Kraftwerke zu unsicher, die Betreiber nicht vertrauenswürdig und ein Endlager in weiter Ferne.

        Sinnvoll wäre es gewesen, von Anfang an in erneuerbare Energien und sparsame Verbraucher zu investieren, statt das Geld der Atomlobby in den Rachen zu werfen.

        Ansonsten ist CCS eine Nullnummer, die wahrscheinlich nie zu einem großflächigen Einsatz kommen wird.

      • @elektrozwerg:

        Atomstrom war immer unflexibel, führte zur Verschwendung und blockierte den Aufbau der Erneuerbaren.



        Ein kleiner Tradeoff mit Kohle war da, doch so groß auch nicht. Fossil wie Atom waren und sind teuer, volkswirtschaftlich.

  • Ich denke man darf das AKW Greifswald nicht so einfach vermischen mit den veralteten Bundesländern. Dieses muss vom Staat entsorgt werden da es Staatseigentum ist.



    Das man die privaten AKW-Betreiber so billig aus dem Entsorgungsproblem entlassen hat zeigt nur ein weiteres von vielen Malen, das der Staat nicht in der Lage ist eine Kostenkalkulation zu erstellen.



    Die Betreiber sollten ja eigentlich genug Rückstellungen dafür bilden. Leider kann man ihnen nicht über den Weg trauen. Sie hätten im Zweifel einfach Konkurs angemeldet.

    • @Conrad:

      Doch darf man. Denn das Thema ist das Gleiche. Atomkraft rechnet sich in jedem politischen System nur, wenn die Folgekosten schön gerechnet werden. Unabhängig von Marx- oder Marktwirtschaft.

    • @Conrad:

      Konkurs? Ja, warum nicht. Das wäre die logische Konsequenz aus ihrem Handeln. Der Markt wird es schon richten. Oder doch die Lobbyverbände und Seilschaften unter den Politikern?