Boykott von US-Produkten: Kritisch konsumieren ist kompliziert
In den USA hergestellte Produkte werden in Deutschland immer unbeliebter. Die Kaufverweigerung ist durchaus sinnvoll, wenn es die Richtigen trifft.

I mmer mehr Leute wollen keine US-Produkte mehr kaufen, weil ihnen der Kurs von Präsident Donald Trump zuwider ist. Sie wollen nicht einfach tatenlos zusehen, wie er die USA und den Rest der Welt ins Chaos stürzt. Diese Konsumverweigerung ist eine gute Idee, schon weil sie ein probates Mittel gegen eigene Ohnmachtsgefühle ist. Bestimmte Waren aus den USA nicht mehr zu kaufen, kann ein Akt der Selbstermächtigung sein. Auch wenn das nicht sofort zur Weltveränderung führt.
Und klar: Es geht auch nur begrenzt. Viel Zustimmung zum Boykott von US-Waren wird vermutlich über Smartphones von US-Unternehmen gesendet. Macht nichts. Besser ein kleiner Anfang als gar keiner. Kritisches Konsumieren ist immer gut. Es schadet nie, sich genau anzuschauen, wie Nahrungsmittel oder andere Güter hergestellt werden, ob Menschen oder dem Klima damit geschadet wird und vor allem: wer daran verdient. Die Mär, dass die oder der Einzelne nichts tun kann, ist falsch.
Es gibt hierzulande nach Protesten von Tierschützer:innen keine Hennen in Legebatterien mehr, weil Konsument:innen diese Eier nicht mehr wollten. Sich gegen fragwürdige Geschäftspraktiken oder rechtsextreme Geschäftemacher wie Elon Musk entscheiden kann jeder. Der reichste Mensch der Welt hat dafür gesorgt, dass Ernährungsprogramme für die Ärmsten gestrichen werden, er steht beim Abbau der US-Demokratie an vorderster Front. Jede Unterstützung für ihn ist falsch.
Ein Beispiel: Sein Kurznachrichtendienst X, früher Twitter, ist ein Kanal für Musks rechte Botschaften. Die Bundesregierung muss sich von X verabschieden, sonst trägt sie zur Bedeutung des Dienstes bei. Auch Parteien, Politiker:innen und Organisationen mit humanistischem Anspruch sollten gehen. Etliche haben es getan. Dass Konsument:innen Abstand nehmen, hat nicht immer Auswirkungen. Aber mitunter eben doch.

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Aktiensturz bei Tesla
Dass die Verkaufszahlen von Musks E-Auto-Bauer Tesla dramatisch eingebrochen sind und der Aktienkurs stark gefallen ist, zeigt das. Bestellen Verbraucher:innen nicht mehr bei Amazon, schadet das Jeff Bezos. Solche Schäden kommen irgendwann auch bei Trump an. Um das zu erreichen, muss der Konsumverzicht die Richtigen treffen. Zum Beispiel Bourbon-Hersteller, Musk oder Bezos, die Trump unterstützen. Es gibt Grenzfälle.
Was ist mit Nüssen aus Kalifornien? Der Bundesstaat will Trump Paroli bieten. Wenn es bei US-Herstellern, die in Europa produzieren, nur darum geht, ihre Produkte durch die von deutschen zu ersetzen, wird es unappetitlich, weil nationalistisch. Kritischer Konsum ist kompliziert.
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