Blaumachen gegen Kohle: 25.000 SchülerInnen im Klimastreik
Bundesweit gehen Tausende für einen frühstmöglichen Kohleausstieg auf die Straße. Fehlstunden auf dem Zeugnis sind ihnen egal.
In ganz Deutschland haben am Freitag nach Angaben der Veranstalter mehr als 25.000 Schülerinnen, Azubis und Studenten für den Klimaschutz und dem frühestmöglichen Kohleaustieg den Unterricht bestreikt. In 53 Städten zogen junge Menschen vor Parlamente und Rathäuser, um unter dem Namen „Fridays for Future“ mehr Klimaschutzpolitik zu fordern.
In Freiburg beteiligten sich etwa 4.000 Jugendliche an dem Streik. In Bonn, Augsburg und Hannover waren es rund 2.000, in Kiel, Würzburg und München etwa 1.000 Schüler.
Was am 20. August 2018 von der damals noch 15-jährigen Greta Thunberg in Schweden allein begonnen wurde, ist ein halbes Jahr später ein sich weltweit immer weiter ausbreitender Protest.
Junge Union für Fehlstunden in den Zeugnissen
Wieder und wieder treten die Menschen in Köln aus dem jubelnden Tanzkreis in die Mitte. Sie gehen zur Tanne, umarmen sie, stecken ein Schild ins Geäst. Nochmal. Und nochmal. Und während Michael Jackson aus der Box noch davon singt, wie gerne er die Welt heilen würde, löst sich der Kreis auf, und lauter Menschen zwischen 11 und 20 stürmen in die Mitte für eine Gruppenumarmung.
Die Junge Union Baden-Württemberg forderte schon, die Fehlstunden der Streikenden konsequent in den Zeugnissen einzutragen. „Was vertretet ihr?“, ruft am Freitag ein Redner in Köln, „Die Interessen unserer Generation oder derer, die in der CDU/CSU sitzen?“ Nur wenige verweisen auf verständnisvolle Schulleitungen. „Manche wurden entschuldigt von coolen Lehrern“, sagt ein Schüler. „Aber die meisten müssen die Fehlstunden akzeptieren.“
„In unserem Alter ist es unsere einzige gesellschaftliche Aufgabe, zur Schule zu gehen“, sagt die 17-jährige Jana in Köln. „Deshalb nehmen wir diese gesellschaftliche Aufgabe nicht wahr, in der Hoffnung, dass wir so Druck auf die Politik machen.“
Viele der SchülerInnen haben Schilder und Transparente dabei. „Warum für eine zerstörte Zukunft lernen?“, steht da. „Klimagerechtigkeit jetzt“ und: „Abi? Wofür, wenn es uns in den Händen wegschmilzt?“ Dazu Sprechchöre wie: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“
Musik kommt live vom Gitarristen Gerd Schinkel, außerdem aus der Box. Hunderte singen mit K.I.Z, „Hurra, diese Welt geht unter“, zwischendurch gibt es Durchsagen. In einer davon geht es um Heidelberg. Dort sei der Protest durch unerfüllbare Auflagen verhindert worden, sagt ein junger Redner: Die OrganisatorInnen sollten kontrollieren, ob alle Teilnehmenden über eine Befreiung vom Unterricht verfügten.
Auch am kommenden Freitag sind wieder Proteste geplant: Dann tagt in Berlin die Kohlekommission zum Kohleausstieg. Aus vielen Städten wollen SchülerInnen mit Bussen nach Berlin fahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland