Beleidigungen gegen Sawsan Chebli: Eine rechte Sprechpuppe
Vor Gericht verliert Chebli gegen einen rechten Troll. Der hatte sie übel beleidigt. Das scheint sein einziger Lebensinhalt zu sein.
E s macht weder Sinn, noch ist es nötig, die unzähligen Beleidigungen, die Sawsan Chebli täglich ertragen muss, zu reproduzieren. Die SPD-Politikerin mit dem etwas sperrigen Titel „Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei“ ist seit Langem Zielscheibe rechter Kreise. Sie reagiert auf die Bedrohungen, so wie man es von jemandem erwartet, der in den Rechtsstaat vertraut: Sie zeigt die schlimmsten Attacken an.
Einer, der ihr besonders viel Zeit und Aufmerksamkeit widmet ist Tim K. Besagter Tim sieht aus wie jemand, der es nicht in eine richtige Rockergruppe geschafft hat und sich mit Vorliebe auf RTL2 als cholerischer Life-Coach versuchen würde. Er trägt gerne Kutten mit 1-%-Aufnähern. Seine ursprüngliche, eher unbekannte Gruppierung „Brothers MC Germany“ wirft ihm jedoch vor, Biker-Kameraden durch zwielichtige Geschäftsmodelle über den Tisch gezogen zu haben.
Als Profisportler gescheitert, wollte er auch mal zum SEK, brach aber die Ausbildung ab und wurde stattdessen Kreispolizist in Lippe. Ideologisch bewegt er sich irgendwo zwischen Pegida und mittelalterlichen Germanen-Schaustellern.
Doch der in der Vergangenheit bereits wegen Förderung der Prostitution angeklagte und wegen Körperverletzung verurteilte K. hat nun endlich seine Berufung gefunden: Er ist YouTuber geworden. In seinem Format zieht er dann unter anderem über Chebli her, nannte sie etwa eine „islamische Sprechpuppe“ und behauptet gleichzeitig von sich für die bürgerliche Mitte zu sprechen. Na klar, das kennen wir ja bereits.
Armseliger Mob
Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten urteilte am Donnerstag, dass die Äußerungen von K. in Richtung Chebli strafrechtlich nicht relevant seien. Freispruch also für Tim K.
Am Donnerstag standen vor dem Gericht um die 80 Männer, alle ein wenig zu alt und mit etwas zu viel Zeit. Sie jubeln und rufen: „Deutschland! Deutschland!“ Falls jemand nicht verstehen sollte, was sie rufen, haben sich einige extra in ihren Nationalfarben dekoriert, wie ein Außenspiegel zur WM. Die Videos von dem Mob sehen armselig aus. Es sind seine Fans, Tim K. ist ihre nationalistische Sprechpuppe, das ist sein trauriger Job. Sawsan Chebli hingegen ist weiterhin „Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftlichen Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund