BSW-Landesparteitag in Thüringen: Ins Knie geschossen
Wagenknecht hat in Gera eine herbe Niederlage einstecken müssen. Der tiefere Grund ihrer jüngsten Misserfolge ist ihr autoritärer Führungsstil.
G anz offen wollte Wagenknecht ihre bisherige Landeschefin in Thüringen abstrafen und durch bravere Gefolgsleute ersetzen. Doch die Mehrheit des Landesverbands hat ihr auf dem Parteitag in Gera die Gefolgschaft verweigert und Katja Wolf im Amt bestätigt. Mit ihrem autoritären Vorgehen hatte sich Wagenknecht ins Knie geschossen, es hatte sogar manche treue Fans abgeschreckt und gegen sie aufgebracht.
Ihre Niederlage zeigt, wie sich die Gewichte in der noch jungen Partei verschoben haben. Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat den Einzug in den Bundestag knapp verpasst, seine bisher zehn Abgeordneten mussten ihre Stühle räumen.
Im Europaparlament und in drei Landtagen verfügt das BSW inzwischen aber über Sitze und Personal. Und weil der Erfolg im Bund ausgeblieben ist, brechen die Konflikte über den künftigen Kurs nun offen aus.
Es ist absurd, Wolf dafür verantwortlich zu machen und zum Sündenbock zu stempeln, wie es Wagenknecht und ihr Umfeld tun. Denn das Problem reicht tiefer. Das BSW ist eine Protestpartei, aber an zwei Landesregierungen beteiligt. Das führt zwangsläufig zu Enttäuschungen. Partei- und Ministerämter künftig zu trennen, wie es Wagenknecht will, mag sinnvoll sein, löst aber das eigentliche Problem nicht.
Zu restriktive Mitgliederaufnahme
Mit seiner restriktiven Mitgliederaufnahme hat sich das BSW außerdem geschadet. Wagenknecht besteht darauf, dass allein der Bundesvorstand entscheidet, wer Mitglied werden darf.
Viele BSW-Unterstützer, die bisher kein Mitglied werden durften, fühlen sich dadurch vor den Kopf gestoßen. Das hat das BSW bei der Wahl möglicherweise entscheidende Stimmen gekostet. Wolf dagegen will, dass die Landesverbände selbst entscheiden, wer bei ihnen Mitglied werden darf. Diesen Konflikt würde es auch ohne sie geben.
Ob Wagenknecht das einsieht oder beleidigt hinwirft, das ist eine andere Frage. Doch nur mit ihr hat das BSW etwa bei den Wahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern eine Chance – und damit eine Zukunft.
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