Außenministerin zu Besuch in China: Auf unmöglicher Mission in Peking
Die deutschen Außenministerin Annalena Baerbock ist zu Besuch in Peking. Es geht besonders um heikle Themen wie die Haltung Chinas zum Krieg in der Ukraine.

Schon vor ihrem Abflug gab die Grünen-Politikerin den Ton vor: „Statt als permanentes Mitglied im UN-Sicherheitsrat Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt zu tragen, stellt sich China mit seiner Wirtschafts- und Waffenhilfe für Russland gegen unsere europäischen Kerninteressen.“
Außenamtssprecher Lin Jian sagte darauf am Montag: „In Bezug auf die Ukrainekrise hat China wiederholt seinen Standpunkt dargelegt. Es lehnt unbegründete Anschuldigungen sowie politische Manipulationen entschieden ab.“ Seine Äußerung folgt dem immer selben Muster: Man selbst habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, stets handele es sich bei Kritik um ein Komplott von antichinesischen Kräften.
Kein Platz für kritische Fragen
Und auch als Baerbock im Diaoyutai-Staatsgasthaus auf den Ukrainekrieg zu sprechen kam, wurden schnurstracks die anwesenden Fotojournalisten aus dem Raum gedrängt. Auf eine gemeinsame Pressekonferenz, welche die deutsche Seite bilateral abhalten wollte, wollte sich die chinesische Seite ebenfalls nicht einlassen. Kritischen Fragen stellt sich Peking schon lange nicht mehr.
Stattdessen inszeniert Außenminister Wang Yi sein Heimatland immer selbstbewusster auf der diplomatischen Bühne, bezeichnet China als „Kraft für Frieden, Wachstum und Stabilität in der Welt“. Ebenfalls sagte er, offensichtlich in Anspielung auf den künftigen US-Präsidenten Trump: „Je turbulenter die Welt ist, desto wichtiger ist es für die Großmächte, Gelassenheit und Stabilität in ihren Beziehungen zu wahren. China reagiert auf alle externen Unzuverlässigkeiten mit seiner eigenen Zuverlässigkeit.“
Ob diese Botschaft aus Peking in Berlin verfängt, scheint fraglich. Insbesondere seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich die zwei Seiten stark entfremdet. Spätestens die aktuellen Vorwürfe, welche gerade von der EU geprüft werden, lassen sich unmöglich ignorieren: Dass nämlich Unternehmen mit Sitz in China an der Herstellung russischer Drohnen für den Ukrainekrieg beteiligt seien.
Hinzu kommt, dass China keinerlei Bemühungen zeigt, Nordkoreas Militärkooperation für Putins Krieg einzudämmen. Viele Experten argumentieren zwar, dass es Xi Jinping unmöglich gefallen könne, wenn Kim Jong Un schwere Artilleriegeschütze und über 10.000 Soldaten nach Kursk entsendet. Doch gleichzeitig muss sich China zumindest die Frage gefallen lassen, warum es trotz einer solchen Eskalation nach wie vor öffentlich zu dem Thema schweigt. Der Verdacht liegt nahe, dass Xi die Achse Moskau–Pjöngjang vielleicht stillschweigend gutheißt.
Deutsche Unternehmen wünschen sich Annäherung
Die politischen Minenfelder sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Die deutsche Wirtschaft scheint sich geradezu entgegengesetzt zur Bundesregierung zu positionieren. Studienergebnisse, welche die deutsche Handelskammer in Peking anlässlich des Baerbock-Besuchs veröffentlicht hat, sprechen eine eindeutige Sprache.
Fast drei Viertel (!) aller deutschen Firmen in der Volksrepublik wünschen sich von der Politik, dass sie Chinas Bedeutung als Partner stärker betonen sollte. Und knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben zudem an, dass sie die „negative Wahrnehmung Chinas in Deutschland und der EU als besondere Herausforderung für ihr China-Geschäft“ betrachten.
„Wir plädieren daher für gezielte Initiativen zur Förderung eines differenzierteren China-Verständnisses und zum Ausbau der China-Kompetenz in Deutschland“, sagt Oliver Oehms, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina. Zu den Gründen, warum Chinas Image in den letzten Jahren so erodiert ist, verliert Oehms jedoch kein Wort.
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