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Gaza-Proteste bei Demokraten-ParteitagWillkommene Konsensstörung

Leon Holly
Kommentar von Leon Holly

Die US-Demokraten wollen das Thema Nahost auf ihrem Parteitag totschweigen. Doch der propalästinensische Protest in Chicago baut wichtigen Druck auf.

Demonstration zur Unterstützung der Palästinenser in Gaza am Rande der Democratic National Convention (DNC) in Chicago Foto: Marco Bello/reuters

D ie Demokraten wollten zum Beginn ihres Parteitags ein Bild der Geschlossenheit präsentieren: Joe Biden bekommt seinen großen Auftritt, reicht das Zepter an Kamala Harris weiter, und alle haben sich lieb. Selbst die Parteilinke Alexandria Ocasio-Cortez ließ sich in Chicago für diese warme Gruppendusche einspannen und hielt eine Rede, in der sie Donald Trump angriff und Harris als Kämpferin für die Ar­bei­te­r:in­nen US-Amerikas pries.

Bei einem gewichtigen Thema, das AOC sonst hoch hängt, sparte sie am Montag jedoch mit Kritik: der Unterstützung der Biden-Regierung für Israels Krieg in Gaza.

Konsensstörung betrieben dagegen tausende Demonstranten, die vor dem United Center in Chicago einen Wandel der US-Politik forderten. Erst vergangene Woche hat das Außenministerium weitere Waffenverkäufe an Israel in Höhe von 20 Milliarden Dollar genehmigt. Und das, während die in Teilen rechtsextreme israelische Regierung Gaza in Schutt und Asche legt und Hunger und Seuchen die Zivilbevölkerung plagen.

Angesichts dieser Kriegsverbrechen tun die Demonstranten das richtige: Sie sollten erst schweigen, wenn es die Waffen in Gaza tun, aller demokratischen Einheitsgelüste zum Trotz.

Demokraten drohen mit Stimmenthaltung

Die Palästinasolidarischen haben zwei Hauptanliegen: einen Waffenstillstand (fordert auch Harris) sowie ein Ende der Waffenverkäufe an Israel (fordert Harris nicht). Schon während der Vorwahlen im Frühjahr erreichte es die „uncommitted“-Bewegung, dass über 700.000 Wäh­le­r:in­nen sich aus Protest gegen die Linie der Regierung nicht auf einen Kandidaten festlegten. Öffentlich drohen Linke, sich bei der Wahl Anfang November ihrer Stimme zu enthalten.

Nur mit Donald Trump zu drohen, darf nicht ausreichen

Als Harris bei einem Auftritt in Michigan Protest entgegenwehte, reagierte sie patzig: „Wisst ihr was? Wenn ihr wollt, dass Donald Trump gewinnt, sagt das. Ansonsten spreche ich.“ In der Tat wäre Trump für die Palästinenser wohl schlechter als Harris. Aber nur mit dem größeren Übel drohen, darf nicht ausreichen.

US-Außenminister Antony Blinken, der derzeit den Nahen Osten bereist, steht deshalb unter Druck, bis zum Abschluss des Parteitags am Donnerstag Fortschritte bei den Waffenstillstandsgesprächen zu liefern.

In der Geopolitik würde man mit Blick auf die „uncommitted“-Bewegung wohl von „strategischer Ambiguität“ sprechen: Die USA etwa legen sich in der Taiwan-Frage nicht fest, ob sie im Falle einer chinesischen Invasion militärisch eingreifen würden, was die Führung in Peking vor einem Angriff abschrecken soll.

Wenn Teile der demokratischen Basis jetzt mit einer Stimmenthaltung kokettieren, könnte das die Partei dazu bringen, mehr Druck auf Israel auszuüben, endlich den Bombenhagel einzustellen. Den verbleibenden israelischen Geiseln und den Palästinensern in Gaza ist es zu wünschen.

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Leon Holly
Jahrgang 1996, Studium der Politikwissenschaft und Nordamerikastudien in Berlin und Paris. Seit April 2023 Volontär der taz Panter Stiftung. Schreibt über internationale Politik, Klima & Energie, und Kultur.
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32 Kommentare

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  • Schade, dass die Konservativen nicht mit demonstrieren für Lösungen im Nahen Osten, die einen dauerhaften Frieden ermöglichen können.

  • Im Artikel "Hamas-Charta" auf Wikipedia steht:

    "Ein Grundsatzpapier der Hamas von 2017 ersetzte die antisemitischen Verschwörungstheorien mit einer moderater klingenden antizionistischen und antikolonialistischen Argumentation. Es bekräftigte das Ziel eines islamischen Staates in ganz Palästina anstelle Israels, erklärte aber auch, ein Staat Palästina „entlang den Linien von 1967“ sei die Formel für einen „nationalen Konsens“."

    Wären die Grenzen von 1967 nicht ein Ziel auf das sich alle im wesentlichen einigen könnten

  • Fordern die Palästinasolidarischen eigentlich auch die Freilassung der Geiseln?

  • ""US-Außenminister Antony Blinken, der derzeit den Nahen Osten bereist, steht deshalb unter Druck,....""



    ===



    Pro-Palästinser sind eine traurige Veranstaltung. Sie tanzen mit den Organisatoren des Pogroms vom 7.10. Sinwar und Khamenei auf den Dächern von Chicago - empfinden die Huthis und Nassrallah als eine Alternative - und möchten gern, das die Hizbollah Israel nun endgültig auslöscht indem sie den Zugang Israels zu weiteren Waffen zustellen möchten.

    Das Adjektiv "quicklebendig" im Kopf"" Pro-Palästinensern zuzuschreiben fällt schwer weil der pro-palästinensche Tanz auf dem Vulkan Anbiederung an Trump bedeutet - vorsichtig ausgedrückt: nichts gutes für Palästinenser - siehe Trumps Israel Politik von 2016 bis 2020.

    Haben Pro-Palästinenser etwas anderes als islamistisches Märtyrertum im Kopf? - siehe die Erläuterungen von Judith Butler: Der 7. Oktober war ein „Akt des bewaffneten Widerstands.“?

    Blinken steht nicht unter Druck sondern er sucht nach einer Waffenstillstandsformel - wobei Pro-Palästinenser den Philadelphi-Korridor für weitere Waffenliefrungen an die Terrororganisation Hamas offenhalten wollen.

    Also wer ist hier der Kriegstreiber?

    • @zartbitter:

      Glauben sie etwa das die Evangelikalen in den USA die Israel unterstützen, mit ihren 100 Millionen Anhängern weniger durchgeknallt und gefährlich sind als die Islamisten? Die haben den Weltenbrand Armageddon und die Wiederauferstehung von Jesus im Kopf, der alle Ungläubigen kalt macht und sie selbst ins Himmelreich geleitet. Das sind Endzeitreligiöse die den Krieg wollen und daran aktiv arbeiten.



      Was von Arte:



      www.youtube.com/watch?v=yVBXDDXxf0k

  • Die Begeisterung mit der sich Linke in völlig konträren Positionen verbeissen ist erschreckend.



    Klar ist, dass so keine Antworten auf die großen gesellschaftlichen Probleme erarbeitet werden können.

    • @1Pythagoras:

      Tradition.

      Geht schon beim Stalinismus los. Mao und dessen Kulturrevolution mit 30 Millionen Toten. Der chinesische Einmarsch in Tibet mit 1,5-Millionen-Genozid, der übrigens bis heute andauert. Xi hat nochmal zugelegt. Bald wird die tibetische Kultur und die meisten Tibeter vollkommen verschwunden sein.

      Die Linke hat es nicht tangiert, hat teilweise sogar chinesische Codierungen skandiert.

      Pol Poth. Hat die Hälfte seiner Landsleute umgebracht. Ihn besuchende K-Gruppler schwärmten von seiner "sanften Stimme".

      Etc. etc.

      Aktuell stehen die "progressiven" postkolonialen Linken sogar hinter dem Mullah-Regime im Iran. Und damit gegen das iranische Volk. Gegen Frauen- und LGBTQ-Rechte anyway.

      Doch genug des Schimpfens auf einen gewissen Teil der Linken. Es gibt auch viele andere, die sehr viel Gutes bewirkt haben.

      Ist allerdings schon eine Weile her.

      Und Blinken wird scheitern. Siehe Art. 13 der Hamas-Gründungs-Charta.

  • Die UNO hatte mit großer Mehrheit 1948 einer Zwei-Staatenlösung zugestimmt. Die Palästinenser haben unter der Führung der arabischen Staaten, vorwiegend der Muslimbrüderschaft abgelehnt.

    Arafat bekam von Israel spätestens 1993 die Chance durch das Oslo-Abkommen sowie 2000 und 2001, Camp David und Taba, einen Palästinensischen Staat zu bekommen, mit 97 Prozent des Westjordanlandes plus Ost-Jerusalem plus Gaza.

    Abbas bekam 2005 mit Israels Rückzug aus Gaza die Chance und 2008 unter Olmert. Alles verpasst.

    Unverdrossen wird aber behauptet: Israel hätte sich seit jeher geweigert. Nein, die PLO ist gescheitert. Und erst recht Hamas.

    Die Tragödie des palästinensischen Volkes besteht darin, dass es von seinen eigenen Führungen als Kanonenfutter missbraucht wurde.

    Es geht auch nicht nur um die Auslöschung der Juden.

    "Die gesamten 510 Millionen Quadratkilometer dieser Erde werden wir dominieren", so Hamas Kommandeur Mahmoud al-Zahar.

    Kriegsintiator und -treiber ist der Iran mit seinen Proxys Hamas, Hizoballah, Huthi, Islamischer Jihad etc. Und das seit Jahrzehnten.

    Voller Support für Israel!

    Und gegen den globalen Dschihad!

    Harris wird sich entscheiden müssen.

  • Wer diese Proteste für so wahnsinnig wichtig und richtig hält (obwohl sie einmal mehr völlig unnötig konfrontativ und gewaltgeneigt ausgefallen sind), hält offenbar sich selbst und seine Meinung für so überragend wichtig. Vor allem aber merkt er offebnar nicht, wenn mal was Größeres im Feuer steht als der eigene, heißgeliebte "pet issue".

    In Chicago geht es gerade darum, die Basis für die nächsten vier Jahre zu schaffen, dass die US-Regierung ÜBERHAUPT auf andere Leute als die Netanjahus oder Putins dieser Welt hört. Es ist einer der dämlichst möglichen Zeitpunkte, um dem alten linken Faible dafür zu fröhnen, die Speere zuerst nach innen zu richten - selbst einer AOC durch die Blume ideologische Nachlässigkeit vorzuwerfen, statt sich verdammt nochmal ein Beispiel an ihr zu nehmen.

  • Das "lesser of two evil"- Prinzip hat schon beim Wahlkampf Clinton vs. Trump nicht funktioniert, genauso wenig die Strategie der damaligen demokratischen Partei grundlegende Anliegen ihrer Basis zu ignorieren- auch damals hatte man versucht den Anschein von Einigkeit zu geben, die es überhaupt nicht gab. Und am Ende waren alle Schuld außer Clinton und die Partei. Die Arroganz von Politikern ist echt ...



    Mehr als 75% der demokratischen Wähler wollen seit Monaten einen Waffenstillstand, mehr als die Hälfte von denen glaubt das Israel einen Völkermord in Gaza mit Beihilfe der US begeht. Bei den Independence sieht es nicht viel besser aus, von jungen Wählern ganz zu Schweigen. Viele befürchten, dass die quasi bedingungslose Unterstützung für Israel zu einem neuen Krieg in Nahost führt, diesmal mit Iran, was die Mehrheit der Amerikaner ablehnen. Es werden ja nicht nur die Waffenlieferungen kritisiert, sondern das gegen geltende amerik. Gesetze und Kontrollmechanismen verstoßen wird und gegen internationale Gesetze und auch die "Hypocracy" mit der das getan wird. Es haben mehrere langjährige Mitarbeiter aus dem State Department medienwirksam gekündigt und darauf aufmerksam gemacht.

  • Danke für diesen erfrischend klaren Kommentar und Wind in der TAZ-Redaktion, die sich meines Wissens nach bisher mit der Forderung nach Ende der US- und BRD-Waffenlieferungen an die rechtsextreme Regierung Netanjahu zurückgehalten hat.

  • Es ist nicht das einzige Thema für die US-Wahl und sollte das auch nicht sein.

    Aber dass eine Hegemonialmacht wie die USA gut daran tut, sich selbst und andere an Völkerrecht zu ermahnen, das ist klar. Bibi tanzt Uncle Sam und der internationalen Rechtsgemeinschaft da frech auf der Nase herum. Das lässt sich doch auch ändern.

  • "Wenn Teile der demokratischen Basis jetzt mit einer Stimmenthaltung kokettieren, könnte das die Partei dazu bringen, mehr Druck auf Israel auszuüben, endlich den Bombenhagel einzustellen."



    Tut mir Leid aber das halte ich für Blödsinn.



    Erstens ist die US-Amerikanische Regierung seit Monaten am rotieren und versucht den Konflikt runter zu bringen, zweitens wer glaubt ernsthaft, dass das eintritt, das der Westen keine Waffen mehr liefert? Ist ja nicht nur so, dass mit die Waffen in Gaza eingesetzt wird, sondern auch als Verteidigung und Abschreckung gegen die Hisbollah und den Iran dienen. Wenn das wegfällt, kann man sicher bald Raketeneinschläge in israelischen Städten sehen. Und wie das die Situation verbessern soll, muss mir erst einmal erklären.



    Das der Konflikt die Menschen emotional mitnimmt, das ist klar, geht mir auch nicht anders. Auch kann die Situation in Gaza nicht so bleiben wie sie ist, weder der Zustand jetzt noch davor. Aber der Nahostkonflikt ist eine komplexere Angelegenheit und einfache, schnelle Lösungen gibt es nicht. Aber das Vereinfachen auf einzelne Aspekte hilft auch niemanden, vor allem nicht den Menschen vor Ort.

    • @Hoehlenmensch:

      Wenn die 2000 Pfund Bomben aufgebraucht sind, können damit auch keine Wohnhäuser mehr zerstört werden.



      Die amerikanischen Panzergranaten und Raketen könnten nicht mehr auf Schulen & Krankenhäuser abgefeuert werden.

      Würde der Zivilbevölkerung schon helfen.

    • @Hoehlenmensch:

      Ich stimme Ihnen zu!



      Leider sind die " einfachen Botschafter" auf dem Vormarsch.



      Das ist auch wörtlich zu nehmen, denn das Extrem der einfachen Botschaft ist Krieg und der wird ja wieder als Lösungsansatz propagiert.



      Immerhin scheint die Überzeugung hierfür, den Gaza Konflikt betreffend, in westlichen Demokratien wenig verbreitet.



      Abgesehen davon haben wir natürlich eine rechtspopulistische Strömung in vielen westlichen geprägten Demokratien. Dies wird zwar gerade im Bezug auf Netanjahus Regierung immer wieder angeführt, aber was genau wird gegen Italien, die Niederlande, Ungarn und Finnland unternommen?



      Was machen wir gerade gegen die "afd"?, genau: NIX!



      Leider gibt es den Trend zum Populismus auch auf der linken Seite und da stellt sich mir die Frage, was genau daran noch " links " sein soll .



      Er geht bei Harris gegen Trump um Zerstörung oder Erhalt der Demokratie.



      Hierzulande steht es nicht viel besser, da die Regierung tagtäglich für Alles kritisiert wird, von Allen Seiten.



      Nur heißt das Problem nicht Trump sondern "afd".



      Unsere Regierung löst Probleme, wie wir an der Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen sehen.



      Eine "afd" ist das Problem.



      Dennoch wird es ignoriert.

    • @Hoehlenmensch:

      Hier existiert glaub ich ein Verständnisproblem. Was gefordert wird, ist ein Stopp der Waffenlieferungen zur Nutzung in Gaza. In Übereinstimmung mit dem sog. "leahy law", welches aktuell von Israel nicht respektiert wird und welches Biden noch nicht durchsetzt, können diese Lieferungen jederzeit gestoppt werden. Sollte Israel trotzdem weiterhin Gaza attackieren, kann immer noch entschieden werden Israel im Fall von Attacken zu unterstützen.

    • @Hoehlenmensch:

      Nein, es ist kein "Blödsinn". Zwar versucht die US-Regierung anhaltend, "den Konflikt runter zu bringen", aktuell wieder Außenminister Blinken vor Ort. Netanjahu beeindruckt das aber nicht, seinen totalitären Ansatz einzuschränken. Es sterben massenweise unschuldige Menschen - lauter einzelne Weltuntergänge - in Gaza durch den militärischen israelischen Einsatz, ohne dass es zur Befreiung der Geiseln beiträgt bzw. Hamas - ursprünglich voll und mittelbar mindestens mitverantwortlich - sich beeindrucken ließe. Nebenbei: Die Übergriffe seitens illegaler jüdischer Siedler im Westjordanland gehen auch ungehemmt weiter.



      Die weiter steigenden Massen unschuldiger Opfer werden politisch und historisch also vmtl. auf dem Schuldenkonto Israels bilanziert werden. Und das Risiko des verstärkten und auch direkten Eingreifens der iranischen Faschisten steigt auch damit.



      Es scheint so, dass man den rechtsradikalen Netanjahu nur materiell, also durch Zurückfahren der Waffenlieferungen, zu einer weniger blutigen und zerstörerischen Strategie bewegen kann.

      • @Lichtenhofer:

        Über die unsägliche Regierung Nethanjahu und seine zum Teil einfach gruseligen Koalitionspartner brauchen wir nicht zu streiten - da sind wir wohl einer Meinung.

        Aber wer einseitig Israel den Krieg gegen die Hamas und die hohe Zahl der dadurch verursachten Opfer vorwirft, muss sich schon der Frage stellen, wie er sich denn eine Verteidigung Israels vorstellt. Auch dass dass die Hamas ihre gesamte militärische Infrastruktur so eingerichtet hat, dass bei Angriffen zivile Tote unvermeidlich sind, kommt in Ihrem Beitrag nicht vor. Das ist zwar nun mittlerweile oft genug geschrieben worden, aber leider kann man es nicht oft genug wiederholen. So aber entsteht, bei Ihnen und bei anderen immer und immer wieder das schiefe Bild, die zahllosen Toten im Gazastreifen gingen ausschließlich auf das Schuldkonto Israels. Und dass es die Hamas war, die mit ihrem blutigen Massaker das Ganze ausgelöst hat, fehlt in diesem Bild ebenso wie die Tatsache, dass diese Hamas lediglich eine militärische Atempause benötigt, aber nicht im Mindestens daran denkt, ihren eigenen Terror gegen die israelische Zivilbevölkerung zu beenden.

        • @Schalamow:

          Das israelische Militär hat in Gaza von Anfang an nach der Devise gehandelt "lieber die, als wir". Das "Die" schloss von vornherein die palästinensischen Zivilisten mit ein.

          Eine Schule oder ein Krankenhaus mit Zivilisten zu bombardieren weil dort Hamas Terroristen vermutet werden ist genauso unverhältnismäßig, als wenn zu RAF Zeiten in Deutschland ein Hochhaus in die Luft gesprengt worden wäre, da sich dort eine Terrorzelle eingenistet hat.

          Kampf gegen Terror geht anders. Die Wahl der Mittel der Regierung ist die falsche gewesen und die Regierung wusste das vorher und hat hohe "Kollateralschäden" billigend in Kauf genommen.

          Da greift auch die Logik zu kurz, dass die Hamas der Auslöser ist. Verursacher der Zerstörungen und des Leids in Gaza ist Israel. Terroristen bekämpft man nicht mit einer Taktik der konventionellen Kriegsführung und ja Terroristen halten sich an keine Regeln, schliesst auch mit ein die eigene Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen. Darauf muss sich die Gegenseite taktisch einstellen und nicht ein Recht davon ableiten gleiche Maßstäbe anzusetzen. Der Kampf gegen Terror braucht andere Maßnahmen.

          • @Sam Spade:

            "Kampf gegen Terror geht anders."

            Ah ja, da bitte ich doch um nähere Erläuterung, wie das dann zu bewerkstelligen ist.

            Auch der israelischen Führung dürften die politischen Kollateralschäden bewusst sein. Aber die IDF ist nun wirklich eine der kampferfahrensten Streitkräfte weltweit und kennt ihren Gegner auch sehr gut. Dass sie andererseits auch ihre eigenen Streitkräfte in einer Situation, in der es ja keinen klaren Frontverlauf und keine als solche erkennbaren Kombattanten gibt, nicht unnötig Gefahren ausssetzen möchte, ist völlig legitim.

            Aber ich bin auf Ihre Vorschläge gespannt. Bis dahin empfehle ich Ihnen zur näheren Lektüre den Wiki-Artikel "Häuserkampf".

    • @Hoehlenmensch:

      Gut zusammengefasst, finde ich!

  • Schade dass auch hier undifferenziert "Worte (Schutt und Asche, Kriegsverbrechen etc) gestreut werden. Ist ja 'en vogue' bei manchen 'Linken', die sich gerade nicht mit Historie beschäftigen wollen.Eine populistische Linke, die mit ihrem Original nichts mehr gemein hat. Lernt man das in den Seminaren der Postcolonial oder Gender Studies ?

    • @Max Sterckxc:

      Es herrscht so ziemlich Konsens unter Völkerrechtlern, Rechtsexperten für humanitäres Völkerrecht, Kriegsrecht und Menschenrechte, Experten zu Holocaust und Völkermord Studien etc das auch Israel Kriegsverbrechen begeht sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wenn man einer wachsenden Anzahl von Experten glaubt sogar Völkermord. Immerhin hat der Chefankläger vom ICC Haftbefehle gegen Israels Preminier- und Verteidigungsminister beantragt und das nicht einfach so. Es wurden seit Jahren Beweise gesammelt nicht erst seit Oktober und er hat zusätzlich noch ein Gremium von Experten (Richtern/ Anwälten) gehabt, die ihm bei der Entscheidung unterstützt haben. Und wenn 70% aller Häuser in Gaza ganz oder teilweise zerstört sind kann man wohl gut von Schutt & Asche reden. Wenn man Videos von dort sieht, dann sieht man nur selten Häuser die noch komplett intakt sind. "Gaza has more rubble than Ukraine, and to put that in perspective, the Ukrainian front line is 600 miles (nearly 1,000 kilometres) long, and Gaza is 25 miles (40 km) long," (Mungo Birch, UNMAS 01. Mai 2024)

    • @Max Sterckxc:

      Sie sollten sich mit der Geschichte Palästinas beschäftigen.

    • @Max Sterckxc:

      Das ist halt genauso „undifferenziert“ wie der Angriff auf Wohngebäude mit den größten Bomben, die die USA zu bieten haben, nun mal ist.

      • @hsqmyp:

        Da steckt so viel an Bedenklichen Annahmen über bewaffnete Konflikte drin, dass ich nicht genau weiß wo ich anfangen soll. Ich vermute wir meinen mit "größte" Tonnen an TnT Äquivalent also die Sprengkraft? Dann sind wir mit dem was angefordert wird weit entfernt vom "größten"im US Arsenal. Wie "groß" etwas ist hat auch nur wenig zu tun mit wieviel Schaden es an einem "weichem Ziel" wie einem Wohngebäude anrichtet. Davon völlig losgelöst ist die Frage ob das legal ist. Im Krieg dürfen Zivilist_innen nicht gezielt angegriffen werden. Es darf sehr wohl ein Wohngebäude angegriffen werden wenn es militärisch Gerechtfertigt und Verhältnismäßig ist. Die Debatte die hier geführt wird hat nix mit der Debatte zu tun die notwendig wäre für bewaffnete Konflikte im 21. Jahrhundert.

    • @Max Sterckxc:

      Inwiefern hat die Bewertung der aktuellen Situation und das benennen der Dinge mit der Historie zu tun? Ein Kriegsverbrechen kann nicht gerechtfertigt werden. Es ist entweder eins oder nicht.

      • @Harmo-Nie:

        Ich mach dass mal als Zweiten Kommentar: So funktioniert wirklich kein Rechtssystem vor allem nicht das Kriegsvölkerrecht. Ist die Erwartung wirklich, dass militärische Handlungen erst ex-post gerechtfertigt werden. Entweder das Haus war voll von Hamas Leuten und wenn da nur einer drin war, ist es ein Kriegsverbrechen? Das macht Krieg unmöglich was sicherlich cool wäre aber ich glaube momentan ist es nicht realistisch, dass sich Staate auf ein solches System einlassen. Wir brauchen dringend vor dem Hintergrund von Kriegen in Urbanen Gelände eine Debatte ob das IHL noch angemessen ist und wie es erweitert werden muss um Zivilist_innen zu schützen. Die kann aber nicht wirklich auf Basta Argumenten und recht dumpfen Parolen geführt werden.

    • @Max Sterckxc:

      Der Artikel bzw Kommentar reiht sich eine bedenkliche Tradition ein. Neben den unreflektiert Gebrauch mancher Phrasen wird auch nicht benannt was diese glorifizierten "Konsenstörer" alles so an Schwachsinn und Antisemitismus verbreiten.

      Die Taz als Zeitung schafft es diesbezüglich immerhin halbwegs ein Gleichgewicht zu schaffen.

      Zum letzten Teil ihres Kommentares ich hoffe nicht .. Schließlich wären beides in Teilen wichtige Perspektiven auf die Welt, ich verstehe in Bezug auf die USA aber ihre Skepsis.

  • Biden hat in seiner Rede ganz klar Frieden in Nahost als Ziel genannt.



    Das ist auch die permanente Linie in den Verhandlungen gewesen.



    Derzeit wird weiterhin um ein Abkommen auf Basis von Bidens Vertragsvorlage gerungen.



    Blinken ist zu diesem Zweck zum 9. Mal an den Verhandlungen beteiligt.



    Das dürfte wohl deutlich mehr Anstrengung bedeuten, als trumps " wenn ich komme, ist alles gut " Geschwätz.



    Sich bei dieser Wahl, bei der es um Erhalt oder Zerstörung der Demokratie geht, "zu enthalten ", dürfte, aus liberaler Sicht, als Dummheit bezeichnet werden.

    • @Philippo1000:

      Kaum wer der Demonstranten ist liberal. Aber auch die Mehrheit der Liberalen in der demokratischen Partei wollen einen Waffenstillstand.

    • @Philippo1000:

      Es ist aus jedeweder Sicht, außer der der Rechten, eine politische Dummheit.