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ElektromobilitätFlottengrenzwert für Elektroautos

Ver­brau­cher­schüt­ze­r propagieren eine Obergrenze für die Flotte von 16 Kilowattstunden pro 100 Kilometer – damit effizientere Autos gebaut werden.

So lange der Strom nicht komplett grün ist, sind E-Autos auch nicht komplett CO2-frei

FREIBURG taz | Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert in einem Positionspapier, das der taz exklusiv vorliegt, einen EU-weiten Flottengrenzwert für den Stromverbrauch von Elektroautos – angelehnt an den bestehenden Flottengrenzwert bei Verbrennern.

In dem Papier heißt es: „Alle neu zugelassenen batterieelektrischen Fahrzeuge sollten im Flottendurchschnitt den Zielwert von 16 Kilowattstunden pro 100 Kilometer ab dem Jahr 2030 nicht überschreiten.“ Der angesetzte Wert basiere „auf umfangreichen empirischen Daten“. Die effizientesten derzeit verfügbaren Elektrofahrzeuge lägen zwischen 15 und 16 Kilowattstunden.

Ein Vorbild für einen solchen Grenzwert gibt es bereits: Alle neu zugelassenen Pkws dürfen seit 2021 laut EU-Vorgabe im Durchschnitt den Emissionswert von 95 Gramm CO₂ pro Kilometer nicht überschreiten. Hersteller, die das nicht schaffen, müssen für jedes Gramm mehr eine Strafe von 95 Euro pro verkauftem Fahrzeug bezahlen. Diese Regelung bringe „sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile“, sagt Daniel Weber, Referent im Team Mobilität des vzbv.

Große SUVs und kleine Autos werden gleich bewertet

Allerdings werden Elektroautos bei dieser Berechnung unabhängig vom genutzten Strommix und der Höhe des Stromverbrauchs mit null CO₂ angesetzt. Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist das wenig zielführend, weil der Druck fehlt, effizientere Modelle zu bauen: „Derzeit werden große Elektro-SUVs und kleine Elektrofahrzeuge gleichermaßen behandelt, obwohl ihre Energieeffizienz stark variiert.“ So werde formal ein Volkswagen ID.3 Pure mit einem Stromverbrauch von 15,2 Kilowattstunden auf 100 Kilometer mit einem Audi SQ8 e-tron mit 26,2 Kilowattstunden gleichgestellt.

Um auch im E-Sektor effizientere Fahrzeuge zu fördern, propagiert der Verband eine Strafzahlung für Hersteller von stromfressenden E-Autos – vergleichbar der Regelung für CO₂-Emissionen. Die Verbraucherschützer machen eine Beispielrechnung auf: Ein Hersteller, dessen E-Flotte im Mittel 18 Kilowattstunden pro 100 Kilometer verbraucht, läge folglich 2 Kilowattstunden über dem vorgeschlagenen Grenzwert. Bei 95 Euro für jede zusätzliche Kilowattstunde müsste der Hersteller für jedes verkaufte Fahrzeug somit 190 Euro Strafe bezahlen.

Automarktexperten sind skeptisch

Experten der Automobilbranche sehen den Vorschlag kritisch. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, sagte auf Anfrage, zwar seien „grundsätzlich beim Elektroauto Verbrauchswerte relevant und die Effizienz ein wichtiges Kriterium“, gleichwohl sei „eine weitere Regulation der Elektromobilität nicht prioritär“. Es gebe wichtigere Themen beim Klimaschutz.

Noch deutlicher ist die Absage von Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research in Bochum: Das Konzept sei eine „überflüssige Bevormundung“. Umweltpolitisch werde „damit absolut nichts erreicht“, denn bei Nutzung grünen Stroms sei es „gleichgültig, ob ein Auto 16 oder 20 Kilowattstunden verbraucht“.

Der vzbv kontert: Erneuerbare Energie werde noch für lange Zeit ein knappes Gut bleiben und an vielen Stellen dringend benötigt. Für das Gelingen der Energiewende sei Energieeffizienz daher unverzichtbar. Beim aktuellen Strommix verursachten 4 Kilowattstunden an zusätzlichem Stromverbrauch pro 100 Kilometer „einen deutlichen Mehrausstoß an CO₂“. Neben Flächenverbrauch sei auch der Reifenabrieb und damit die verursachte Feinstaubmenge höher, „wenn die Stromer mehr Gewicht auf die Straße bringen“.

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28 Kommentare

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  • Eine weitere Möglichkeit wäre es. Elektroautos nur dann für die Einbeziehung in die Flottengrenzwerte (der Verbrenner) zuzulassen, soweit sie im Mittel einen derartigen Verbrauchsgrenzwert für Strom einhalten.

    Elektroautos mit höheren Verbrauchswerten wären weiterhin zulässig, aber ohne Anrechnung mit Null auf die Werte der Verbrenner-Neuwagenflotten.

  • "Einfach null CO2 für Elektroautos ansetzen ist doch Augenwischerei.

    Ein ehrlicherer Ansatz wäre, die CO2-Emissionen der gesamten Lebensdauer.."

    und das ist noch nix gegen die c02-Emission eines Verbrenners über die gesamte Lieferkette. DAS brächte richtig kohle ins Säckel und Stinker von der STraße.

  • Einfach null CO2 für Elektroautos ansetzen ist doch Augenwischerei.

    Ein ehrlicherer Ansatz wäre, die CO2-Emissionen der gesamten Lebensdauer einschließlich Rohstoffgewinnung, Produktion und Entsorgung zu berücksichtigen. Dann werden die dicken Kisten automatisch schlecht aussehen.

    • @Winnetaz:

      "Ein ehrlicherer Ansatz wäre, die CO2-Emissionen der gesamten Lebensdauer einschließlich Rohstoffgewinnung, Produktion und Entsorgung zu berücksichtigen."

      Schon. Aber das macht man auch bei Verbrennern nicht...

    • @Winnetaz:

      Die Wiederverwertung Der Akkus ist doch längst im Gange, die werden meist zu Batterien für Solar systeme.

      Versuchen sie Mal eine gebrauchte E Batterie zu bekommen, die Nachfrage übereteigt zZ das Angebot.

      Natürlich müssen ALLE Güter Mehr standartisiert werden um die Wiederverwertbarkeit zu verbresern.

      Produktdesign darf dies nicht beeinträchtigen, Wer dagegen verstösst muss mit Busgeld erzogen werden.

      Ob nun Tischlanpe, Messer, Spüle Oder Fernseher, überall sollte die Rückgewinnung Der verwendeten Ressourcen im Muttelpunkt stehen.

      Es ist Noch ein verdammt länger Weg dahin!

  • Aus meiner Sicht geht es einfach um Energie. Wo kommt sie her? Wer verbraucht sie? Daher sollte die Diskussion bei Fahrzeugen einfach der Energieverbrauch sein, gleichgültig ob Verbrenner oder E-Auto.

  • Das ist auch eine Art Subvention für die Reichen, denn nur Reiche können sich solche Luxuskisten leisten.



    Man könnte allerdings auch sagen, ein Gesetz, wieder einmal miserabel aufgestellt.



    Diese Ampel hat wirklich keine Ahnung.

    • @Horst Schlichter:

      "... denn nur Reiche können sich solche Luxuskisten leisten."



      hab ich sie richtig verstanden? DAss BEV mit hohem kwh-Verbrauch eine Extra-Abgabe zahlen solle ist Subvention für Reiche? Echt? Ich dachte, die zahlen...

  • Es ist vielleicht ein wenig zu früh, aber wünschenswert.

    Hoher Verbrauch läßt sich nur durch große Batterien ausgleichen. Diese haben mehr Gewicht, das dann zu mehr Verschleiß und Materialeinsatz führt.

    Für mich als Langstreckenfahrer zählt nicht das Gewicht, sondern der Luftwiderstand. Er ist Verbraucher Nummer 1 auf der Autobahn.

    Ziegelsteinförmige Karossen mit der Querschnittsfläche einer Schrankwand sind leider sehr in Mode. Auf diese Art sind die Flottenverbräuche kaum in den Griff zu bekommen.

    Natürlich bestimmt auch die Kundschaft, welche Art Autos erfolgreich verkauft werden können.

    Liebe Mitleser:innen, denkt doch mal nach: Seit Ihr alle wirklich schon so alt, dass ihr im Stehen einsteigen müsst?

    • @Jörg Schubert:

      Der Durchschnittskäufer eines Neuwagens in Deutschland ist 53 Jahre alt. Ein großes Problem in der Debatte ist ja, dass die besonders lautstarke Fraktion, die ihre Anforderungen immer wieder an die Autoindustrie richtet selbst gar keine Autos kauft. Wieso sollte die Industrie dann da auch zuhören? Neuwagen werden doch nur noch von Rentnern und Personen am Ende des Erwerbslebens gekauft. Für die Generation wird dann eben auch gebaut und da ist Komfort beim Einstieg eines der am häufigsten genannten Kriterien bei der Kaufentscheidung.

  • Eine interessanter Ansatz, ob die Zielmarke 2030 allerdings in Anbetracht der Anlaufschwierigkeiten der elektrischen heimischen Hersteller zielführend ist, wag ich zu bezweifeln.

  • Angesichts der Tatsache, dass jedes E-Auto einen fossilen Strombedarf in voller Höhe seines Bedarfs verursacht (mit der seltenen Ausnahme, wenn es gerade zufälligerweise - örtlich und zeitlich begrenzt - einen Ökostromüberschuss gibt), eine vernünftige Forderung.

    • @sollndas:

      Die "zeitlich und örtlich begrenzten" Ökostrom-Überschüsse entstehen schon an jedem sonnigen Tag.

      Bitte hören Sie endlich auf, diese unsinnige Theorie vom Grenzstrom zu vertreten!

      "Grenzstrom" bedeutet nämlich folgendes: Wenn ich ausser der Reihe mal Mittags koche, läuft der Ofen mit Kohlestrom. Das ist doch offensichtlich Blödsinn, oder?

      • @Jörg Schubert:

        Natürlich läuft Ihr Küchenherd (und auch Ihr E-Auto) mit dem Strommix, der gerade aus der Steckdose kommt. Aber mit DEM Strommix, der aus der Steckdose kommt, NACHDEM Sie ihren Herd eingeschaltet (oder Ihr E-Auto an die Nabelschnur gehängt) haben. Und mit diesem VERSCHLECHTERTEN Strommix laufen dann ALLE ANDEREN zur Zeit am Netz hängenden Verbraucher auch, z.B. auch der Kühlschrank Ihres Nachbarn!



        Vielleicht wird es andersrum verständlicher: Wenn Sie nachts Ihren WLAN-Router mit ca. 10 W ausschalten, dann sparen Sie nicht ca. 5 W Fossilstrom, sondern die vollen 10 W - der Wind weht ja weiter, nur der Fossilstrom wird runtergeregelt, um genau die ca. 10 W, die Ihr Router zieht.

    • @sollndas:

      Sie wissen schon, dass 50% Ökostrom aus der Steckdose kommt, oder?

      • @Andi S:

        Ja, weiß ich. Allerdings ist es so, dass der Strommix nicht unabhängig vom Verbrauch ist.



        Wenn Sie Ihr E-Auto an die Steckdose hängen, scheint deswegen die Sonne nicht heller, und auch der Wind weht nicht stärker. Was passiert, ist, dass der Strombedarf insgesamt steigt, folglich in der Lausitz eine Schippe Kohle mehr aufgelegt werden muss, und dass der Ökostromanteil von den 50 % auf z.B. 49,999 % sinkt...



        Schlichte Physik.

    • @sollndas:

      Mein Auto wird im Jahresmittel zu 87% direkt von meiner PV-Analge geladen, womit ihr "jedes E-Auto einen fossilen Strombedarf in voller Höhe seines Bedarfs verursacht" so nicht stimmt. Und ich bin sicher nicht der einzige, der es zu Hause so laden kann.

      • @Rudi Hamm:

        Solange Sie laden, können Sie die entsprechende Leistung nicht ins Netz einspeisen. Ihr Ökostrom fehlt dann dort und muss durch Fosssilstom ersetzt werden. Ihr Nachbar bekommt für seinen Kühlschrank nicht mehr 50 % Ökostrom, sondern nur noch 49,999 %. Ursache: Ihr E-Auto.



        Ja, die Welt der Physik ist hart.

    • @sollndas:

      Ist das so? Mein E-Auto bezieht den Strom ausschließlich aus der eigenen Solaranlage (welche dafür angeschafft worden ist). Öffentlichen Strom beziehe ich nur um günstig in der Innenstadt zu parken.

    • @sollndas:

      Selbst unter der Annahme, dass der Strom zu 100% aus fossilem Zeugs erzeugt wurde, würde das BEV nur ein Drittel des Energieverbrauchs benötigen.

      • @Karl Schmidt:

        Da würde ich doch noch mal nachrechnen, mit Kraftwerkwirkungsgrad, Übertragungs- und Umwandlungsverlusten, Akkuwirkungsgrad, etc.



        Selbst wenn da zum Schluss noch ein bescheidener Effizienzgewinn im unteren einstelligen Prozentbereich herauskommen sollte, wären die Mehrkosten für das E-Auto CO2-wirksamer in PV oder Wind angelegt...



        Nicht nur für den Privatbereich von Bedeutung, stimmt auch volkswirtschaftlich.

  • So eine Regelung kann man gerne einführen, sobald überhaupt keine Verbrenner mehr neu zugelassen werden dürfen. Ich bin wirklich großer Fan von Energieeffizienz und fahre daher ein BEV am unteren Rand der Verbrauchsskala. Man sollte aber nicht vergessen, dass ausnahmslos jedes Auto mit Auspuff mindestens das Doppelte, teilweise auch das Drei- und Vierfache des Energieverbrauchs eines Audi SQ8 hat. Insofern sind die mir lieber als jeder Kleinwagen mit Verbrennungsmotor.

    26kWh Strom entsprechen grob 26l Diesel. Man zeige mir einen Verbrenner, der sich damit fortbewegt. Zumal der Stromer zu Hause mit PV geladen werden kann, der Diesel aber nicht.

    • @Karl Schmidt:

      Übler Typo, ich habe ein Komma vergessen: 26kWh Strom entsprechen 2,6l Diesel.

  • "Erneuerbare Energie werde noch für lange Zeit ein knappes Gut bleiben (...)"

    Das gilt aber nur für Deutschland. Andere EU-Länder wie Frankreich und Schweden produzieren schon seit vielen Jahren mehr als genug CO2-armen Strom, zuverlässig Tag und Nacht zu jeder Jahreszeit. Es ist nicht einzusehen, warum Franzosen und Schweden sich einschränken sollten für die rein nationale deutsche Unfähigkeit, deshalb braucht es auch keine EU-weite Regelung.

    • @Descartes:

      Sie meinen aber nicht zufällig den nicht konkurrenzfähigen Atomstrom mit seinen ungelösten Beschaffungs-, Betriebs-, und Entsorgungsproblemen, oder?

    • @Descartes:

      Frankreich liegt beim EE Ausbau abgeschlagen weit hinter Deutschland.

  • Na toll - die denken sich einfach "wie wär's denn mal mit ein paar neuen bürokratischen Regulierungen?"

    Bei der Einstellung wird das nichts mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus.



    Macht nur weiter so. Jede einzelne dieser Forderungen sowie jede Berichterstattung über diese wird den Stimmenanteil der AFD kontinuierlich weiter steigern.

  • Ja, mal langsam Zeit zu berücksichtigen, dass E-Autos eben auch Ressourcen fressen. Je grösser, desto mehr. Für eine Anschubphase mag das ja Sinn gemacht haben.

    Am Besten halt wie immer gar keine Autos. Also: gut für den vzbw!

    "Experten der Automobilbranche sehen den Vorschlag kritisch."

    Hach. Ich bin überrascht. Dass ein Industrielobbyist möglichst viel, möglichst dick verkaufen will. Ü-ber-rascht, sag' ich Euch.

    Dass jemensch mit dem kollektiven Leid der Menschheit verdient: das gehört verboten.