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Ein berittener Polizist steht in Bristol einem wütenden Mob aus Rechten gegenüber Foto: Yat Him Wong/Cover Images/imago

Rechtsextreme Aufmärsche in EnglandBristol trotzt dem rechten Mob

In der Hafenstadt randalierten Rechtsextreme und Wutbürger. Ob Polizeiknüppel die Antwort darauf sind, zweifelt auch die Antifa an.

Stefan Hunglinger
Von Stefan Hunglinger aus Bristol

A llein mit dem Kind vor die Tür – das will Rahima erst mal nicht mehr. Sie hat Angst. Dabei sollte es hier in England doch eigentlich sicherer werden als daheim in Bangladesch.

„Bis zwei Uhr nachts haben die Männer randaliert“, sagt Rahima und deutet auf den Streifen Gras vor dem Mercury Hotel in Bristol, im Südwesten Großbritanniens. Die Haufen der Polizeipferde riechen noch, während die zwölf Steinapostel der Fassade der St. Mary Church herüberschauen, als sei hier am Samstag nichts geschehen.

Nach vier Monaten hatte Rahima in diesem neuen Land, dieser neuen Stadt etwas Selbstvertrauen gewonnen. Ein rechter Mob, der vor ihrer Asylunterkunft auflief, aufgeputscht von Bier und Kokain Steine und Flaschen warf, zerstörte es wieder.

wochentaz

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Es ist der Dienstag danach. Für den kommenden Abend sind schon die nächsten rechtsextremen Aktionen angekündigt, in dreißig englischen Städten, auch hier in Bristol. Nicht nur Neuangekommene wie Rahima haben Angst vor dem Mittwochabend. Auch Eingessene aller Hautfarben sorgen sich: Haben die Rechten jetzt nicht nur Sunderland und Hartlepool im Griff, sondern auch das linke Bristol?

Rechte Influencer und Po­li­ti­ke­r:in­nen verbreiteten Desinformation

Rahima ist Ende Zwanzig, zierlich, ganz locker hat sie ein Tuch aus rosafarbener Baumwolle über den Hinterkopf geworfen. Ein ähnlicher Stoff liegt über dem Buggy, das Kind schläft. „Es geht gegen die Muslime“, sagt Rahima.

Ihr Mann, der ebenso zierliche Sunni, begleitet sie seit Samstag wann immer es möglich ist. Er muss in einer anderen Unterkunft schlafen. So will es die Verwaltung. Ihren Nachnamen wollen Rahima und Sunni nicht veröffentlicht sehen. Zu groß die Sorge um ihre Asylanträge – und um die Unversehrtheit ihres Kindes.

Möwen schreien, die Glocken von St. Mary schlagen nach der Westminstermelodie. Vor dem Mercury Hotel flattert ein zerfetzter Union Jack im Seewind. Es fällt schwer, ihn nicht als Sinnbild zu verstehen für die Zerrissenheit Großbritanniens.

Vor zwei Wochen ging der Alltagsrassismus über in gewaltsame Ausschreitungen. Nach einer Messerattacke auf einen Tanzkurs in Southport. Drei Mädchen, Bebe King, Elsie Dot Stancombe und Alice da Silva Aguiar, hatte ein 17 Jahre alter Angreifer dort getötet, acht weitere Mädchen und zwei Erwachsene zum Teil schwer verletzt.

Die britischen „Omas gegen Rechts“: Ältere Frauen bei den Gegenprotesten in Bristol Foto: Yat Him Wong/Cover Images/imago

Die Webseite Channel3Now, rechte Influencer und Po­li­ti­ke­r:in­nen griffen den grausamen Fall auf und verbreiteten die Desinformation, dass der Täter ein übers Meer angekommener Asylbewerber sei und einen muslimischen Namen trage. Das ist widerlegt. Die Polizei spricht von einem in Großbritannien geborenen Mann. Seine Eltern waren aus Ruanda eingewandert, einem überwiegend christlichen Land.

Angesichts der „idiotischen Krawalle“ und da der Angreifer in Kürze 18 Jahre alt werde, hob das Gericht dessen Anonymität auf – wegen des großen öffentlichen Interesses und um weiterer Desinformation einen Riegel vorzuschieben. Das Motiv für die Tat ist unklar, die Folgen der rechten Mobilisierung aber sind dramatisch. In England und Nordirland flogen Flaschen, Ziegelsteine und Zaunlatten auf Moscheen und die Unterkünfte von Asylbewerber:innen. Autos und Gebäude brannten. Dutzende Menschen, darunter Polizist:innen, wurden verletzt. Eine Spezialeinheit der Polizei ermittelt – wegen Verdachtsfällen von Terrorismus.

Organisierte Rechtsradikale neben Wut­bür­ge­r:in­nen

Wie in Bristol liefen auch in Rotherham in der nördlichen Grafschaft Yorkshire am Samstag vermummte Rechtsradikale vor einem Hotel auf, in dem Asyl­be­wer­be­r:in­nen untergebracht waren. Sie zündeten einen Müllcontainer an und schoben ihn ins Fenster der Unterkunft. Randalierer zogen durch das Haus und verwüsteten die Einrichtung.

Indien, Australien, Indonesien, Malaysia und Nigeria warnten Anfang der Woche ihre Bür­ge­r:in­nen davor, in die betroffenen Regionen des Vereinigten Königreiches zu reisen. Premierminister Keir Starmer von der sozialdemokratischen Labour-Partei will mit einem „stehenden Heer von spezialisierten Beamten“ der Gewalt beikommen. Starmer hat sich in früheren Jahren einen Ruf als besonders strenger Generalstaatsanwalt erarbeitet.

In Bristol begann die Eskalation am frühen Samstagabend im zentralen Castle Park. Hunderte Menschen sammelten sich, organisierte Rechtsradikale neben Wut­bür­ge­r:in­nen, einige kamen angetrunken von einem Fußballspiel. Sie warfen, was immer sie zu greifen bekamen, auf Polizei und Gegendemonstrant:innen. „Wir wollen unser Land zurück“, riefen sie und „Stop the boats“ – ein Spruch, den auch konservative Po­liti­ke­r:in­nen in den vergangenen Jahren immer wieder nutzten.

„Die Polizei muss aktiver dagegen vorgehen“

Sunni konnte nicht bei seiner Familie sein, als eine Gruppe Rechtsradikaler vom Park unten in der Stadt hinauf zum Mercury Hotel zog. Seine eigene Unterkunft war da schon belagert.

„Die Polizei muss aktiver dagegen vorgehen“, sagt Sunni und schaut auf die Füßchen seines Kindes, die aus dem Buggy herausragen. Darin ist er sich mit der neuen Regierung einig. Was deren Migrationspolitik angeht, will er abwarten. „Ich habe mit Labour noch keine Erfahrungswerte“, sagt Sunni. Er ist schon eineinhalb Jahre länger in England als seine Frau. Bislang kennt er nur die harte Rhetorik der Konservativen.

Verlassen wollen Sunni und Rahima das Land vorerst nicht. Bristol mit seinen knapp 460.000 Ein­woh­ne­r:in­nen ist eben doch anders als viele andere englische Städte. Die grüne Partei ist hier so stark wie fast nirgends in Großbritannien. 2016 wählte Bristol den Labour-Mann Marvin Rees an die Spitze der Stadtverwaltung, er galt als der erste Schwarze Bürgermeister einer europäischen Großstadt. Die linke und linksautonome Szene der Stadt ist relativ groß.

Reich und bedeutend wurde die Hafenstadt im 18. Jahrhundert als eine der Zentralen des britischen Sklavenhandels. Im 20. Jahrhundert kamen viele Menschen aus den früheren britischen Kolonien nach Bristol, um ein besseres Leben zu suchen.

Doch der heruntergekommene Stadtteil St. Pauls war lange der einzige, in dem an nichtweiße Menschen vermietet wurde. Als das Bristoler Nahverkehrsunternehmen in den 1960er Jahren die Anstellung nichtweißer Menschen untersagte, organisierten Schwarze Bür­ge­r:in­nen um den Sozialarbeiter Paul Stephenson erfolgreich einen Busboykott. Als Reaktion darauf beschloss England 1965 und 1968 die ersten Gleichstellungsgesetze. 1968 begannen Schwarze Ak­ti­vis­t:in­nen mit dem St. Pauls Carnival, der das gegenseitige Verständnis in der Stadt fördern sollte.

1980 aber kam es zu Race Riots, eine Reaktion darauf, dass Polizisten unverhältnismäßig oft Schwarze Menschen kontrollierten. Anfang Juni 2020 warfen De­mons­tran­t:in­nen bei den Black-Lives-Matter-Protesten die Statue eines Sklavenhändlers ins Hafenbecken.

Angriff von Rechtsextremen am 4.8. auf eine Hotel in Rotherham, in dem Geflüchtete untergebracht sind, Foto: Danny Lawson/PA/ap

Antirassistisches Selbstverständnis der Stadt

Durch den rechten Aufmarsch am Samstag wurde das antirassistische Selbstverständnis der Stadt empfindlich verletzt. Viele Nichtweiße fühlten sich in den Tagen danach im Stich gelassen. Aber anders als etwa in Rotherham gelang es dem Mob am Samstag in Bristol nicht, die Asylunterkunft zu stürmen.

Denn als die Rechten vor dem Mercury Hotel ankamen, fanden sie zwar kaum Polizei, dafür Hunderte Linke vor, die sich Arm in Arm schützend vor dem Eingang aufgebaut hatten. Anwohner:innen, Antifa, Gewerkschafter:innen. „We are many, you are few. We are Bristol, who are you?“, riefen sie und sicherten den Eingang mit Tritten und Fäusten.

Rae Deer kommt mit einer Manschette am Unterarm zum Mercury Hotel. Den Arm hat der 33-Jährige sich am Samstag gebrochen: „Wenn das der Preis dafür ist, einen Faschisten aufzuhalten, ist es das wert“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler und Gewerkschafter.

Bristols linke Szene sei in England ziemlich einzigartig, trotz der Streitereien innerhalb der Szene um die richtige Strategie und Politik. „Viele von den rechten Aktivisten kamen von außerhalb“, sagt Deer, während er auf dem Mäuerchen vor dem Hotel sitzt. „Wir kennen die Stadt besser und haben eine Abkürzung genommen, als wir mitbekamen, dass sie sich vom Castle Park auf den Weg hierher machen.“

Auch Deer – bunte Tattoos, schwarze Kappe, weiße Shorts – will seinen richtigen Namen nicht in der Öffentlichkeit haben. Sein Arbeitgeber sehe schon sein gewerkschaftliches Engagement kritisch, handfesten Antifaschismus noch mehr.

„Es gibt einen harten Kern an Quasi-Faschisten bei den Aufmärschen, einer hatte sogar ein Hakenkreuztattoo“, sagt Deer. Die meisten Randalierer aber seien schlicht wütend, dass der Sozialstaat nicht funktioniere.

Soziale Gerechtigkeit, sonst wird es noch schlimmer

Es war die berittene Polizei, die am Samstag – wenn auch verspätet – den Mob vor dem Mercury Hotel zerstreute. Doch von der Law-and-Order-Reaktion der Labour-Regierung hält Deer nichts. „Mehr Befugnisse für die Polizei werden das Feuer noch mehr anheizen.“ In der Tat behaupten viele Rechte in den letzten Tagen, Opfer einer parteiischen Polizei und Justiz zu sein.

„Und es ist fraglich, ob die Polizei überhaupt die Ressourcen hat, diese Befugnisse zu nutzen“, sagt Deer. Denn auch die Sicherheitsbehörden seien unter den letzten Tory-Regierungen kaputt gespart worden. „Wenn die Labour-Regierung jetzt nicht die Steuern erhöht und in die öffentliche Daseinsvorsorge investiert, werden die Rechtsradikalen weiter profitieren und breitere Kreise mobilisieren können.“

Soziale Gerechtigkeit, sonst wird es noch schlimmer. Als linker Gewerkschafter muss Deer das sagen. Aber ist das nicht ein bisschen mechanistisch gedacht? In Ländern mit starkem Sozialstaat geht der Rassismus trotzdem nicht weg. „Der harte Kern von Rechtsradikalen bleibt auch bei einem funktionierenden Sozialsystem, aber die Mobilisierung von breiteren Bevölkerungsgruppen fällt den Rechtsextremisten dann schwerer“, antwortet Deer.

Dass die nichtweißen Bristolians mit dem Schlimmsten rechnen, zeigt sich am Mittwochmorgen. Auf der West Street im migrantisch geprägten Stadtteil Old Market sind die Läden geschlossen und mit Brettern vernagelt. Eine Asylberatungsstelle im Viertel soll das Ziel eines rechten Aufmarschs am Abend sein, heißt es. Aber auch die La­den­be­sit­ze­r:in­nen fürchten um sich und ihre Schaufenster. Immer wieder war es am Rand der Ausschreitungen zu Plünderungen gekommen.

„Bristol wurde auf einem multikulturellem Fundament gebaut“

Der Schönheitssalon The Gossip Nail Bar hat einen rosafarbenen Zettel an die Pressspanplatten vor den Fenstern geklebt: „Es ist eine traurige Welt, in der wir leben, wenn wir schließen und uns verbarrikadieren müssen weil ein paar dumme weiße Schläger sich für Hass statt für Liebe und Akzeptanz entscheiden.“ Ein einziger arabischer Kiosk hat die Tür noch halb geöffnet, der Verkäufer sagt einem Freund am Telefon: „Die kommen, um Leute wie dich und mich zu holen – lach nicht, this is serious.“

Der Moscheeverband Bristols rief dazu auf, zu Hause zu bleiben. Wer als Mus­li­m:in zum Gegenprotest am Abend wolle, solle dies ohne Gesichtsmaske tun, friedlich bleiben und „auf sich aufpassen“.

„Pass auf dich auf“, das hört man dieser Tage häufig auf den Straßen der Stadt. Doch wird über den harten Aktivistenkern hinaus überhaupt jemand zum Gegenprotest kommen? Werden es nur die betroffenen Gruppen sein, oder auch weiße Bristolians?

Noch vor der berittenen und behelmten Polizei tauchen um sieben Uhr zwei ältere Damen – weiß und lila das Haar – auf der West Street auf, öffnen ihre Klappstühle und packen selbst gemalte Schilder aus. „Grannies against fascism“ – Omas gegen Faschismus – steht auf dem einen, auf dem anderen: „Ich liebe unsere Stadt der Zuflucht.“ Immer mehr Menschen stellen sich vor die vernagelten Läden wie zum Schutz, von 7.000 spricht am Ende das Bündnis Stand Up To Racism, von 2.000 die Polizei.

Rae Deers Gewerkschaft hat einen Lautsprecher mitgebracht, das Dach einer Bushaltestelle wird zur Bühne. „Wem gehört die Straße?“, ruft eine Gewerkschafterin ins Mikrophon. „Uns gehört die Straße“, antwortet die Menge aus Nachbar:innen, Stu­den­t:in­nen und Bür­ge­r:in­nen in Hemd und Bluse. Daneben vermummte Antifaaktivisten.

„Bristol wurde auf einem multikulturellem Fundament gebaut. Großbritannien wurde auf einem multikulturellen Fundament gebaut. Ohne Einwanderung läuft hier gar nichts“, ruft eine Rednerin aus der schwarzen Community – und erntet tosenden Applaus. „Free Palestine“-Rufe branden auf, gleich gefolgt von der Melodie eines Kinderlieds, auf das die Menge singt: „We are black, white, Muslim and the Jew. We are many, many more than you.“

Die Schilder reichen vom derben „Smash the fash“ über das versöhnliche „We came all by boat“ bis zum konservativen „Racism is not patriotism“.

Der Gegenprotest wird zum Demokratiefest

Deutsche Bomben vernichteten im Zweiten Weltkrieg weite Teile Bristols. Darauf bezieht sich eine Rednerin, die davon spricht, dass ältere Menschen hier „noch die hässlichste Form von Faschismus erlebt haben“. Nun sei es Zeit, den jüngeren Generationen deutlich zu machen, wie so etwas anfängt.

Rechtsextremisten sind nicht auszumachen auf der West Street, der Gegenprotest wandelt sich in ein Demokratiefest. Selbst die Polizei spricht von einer „friedlichen Zusammenkunft“ und bedankt sich für die „Unterstützung der Öffentlichkeit“. Bristol feiert, dass es an diesem Abend seinen progressiven Ruf verteidigt hat.

Die Menge zerläuft sich nur langsam, die Leute bleiben, trinken Cider auf dem Bürgersteig, tanzen zur Musik aus ihren Handys und diskutieren, wie es weitergeht. Am Samstag steht die nächste Demo an. Mitte August planen die Gewerkschaften, Stand Up To Racism, die Moscheegemeinden und Autonome ein Strategietreffen. Mit Whatsapp-Gruppen wollen sie gegen die rechte Mobilisierung in den sozialen Medien ankommen.

Oben am Mercury Hotel steht später am Abend wieder keine Polizei. Dafür zwei junge Männer und eine Frau mit grauem Haar. Am Nachmittag hatte die Unison-Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes Spielsachen und Süßes für die Kinder in der Asylunterkunft gebracht.

Die drei, die jetzt hier stehen, sind Nachbar:innen, die den Samstag miterlebt haben. „Der Abend blieb hier oben ruhig “, sagt die Frau. Sie und die beiden jungen Männer halten Wache, damit Rahima, ihr Kind und die anderen Geflüchteten im Mercury Hotel nicht alleine sind. Zumindest nicht in dieser Nacht.

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26 Kommentare

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  • Warum macht man diese Aufstachler und Lügenverbreiter von Webseite Channel3Now nicht für die Folgen haftbar?



    Bezahlen die erst mal die ganzen Sachschäden, die als Folge ihres Tuns angefallen sind, dann wird sich derartiges nicht mehr lohnen. Lügen, Hass und Hetze müssen teurer sein, als man mit Klicks erwirtschaften kann. Dann sind diese Nummern durch.

    • @intergo:

      Die Einschränkung ist, dass es ein Präzedenzfall sein kann, um unliebsame Medien plattzumachen.



      Aber Meinungsfreiheit endet bekanntlich in der Tat, wo Straftaten wie Hetze beginnen.

    • @intergo:

      Au ja. Diese Idee gefällt mir wirklich.

  • Eine gute Botschaft, zusammen gegen Rechts!



    Die Betroffenen empfinden den Schutz durch die Polizei als notwendig, die Autonomen reflexartig nicht.



    Ich stehe weiterhin auf dem Standpunkt, das Gewalt keine Lösung ist.



    Sollen Konflikte in bürgerkriegsähnlichen Handgemengen zwischen rechts und links ausgefochten werden?



    Interessant ist auch die Feststellung, dass linke in England ebenfalls zerstritten sind.



    Die " from the river..." Sprechchöre haben wohl auch das Thema verfehlt.



    Mit einem Rückblick auf den Zustand der deutschen Demokratie und die deutschen linke, fällt auf, dass die "Stärke" sich darin auszeichnet, sich intern abzugrenzen und das, obwohl die Bedeutung linken Einflusses derzeit stark schwindet.



    Gerne wird eine gesellschaftliche Brandmauer gegen Rechts eingefordert. Aber ein Aufeinander Zugehen ist eher nicht erkennbar.



    Wir haben bei der letzten Europawahl den Trend in diesem Land klar erkannt.



    Es wäre also an der Zeit Grabenkämpfe zu unterlassen und gegen den gemeinsamen Feind, den Faschismus, vorzugehen.



    Davon ist allerdings Nichts zu erkennen.



    Auch diese Zeiung, die sich als " links" einstuft, widmet sich in erster Linie der Bekämpfung der SPD und der Ampel.

  • Also solange Antisemiten und Hassprediger dort auf den Demos sichtbare Blocks bilden kann ich hier kaum etwas gutes erkennen.

    Das wird nach hinten los gehen.

  • Das ist natürlich gut und sehr erfreulich.

    Leider ist es aber auch so, dass sich in den antirassistischen Protest unangenehme Töne mischen.

    Im Aufruf zum Protest gegen die Nazi-Riots im Londoner Stadtteil Finchley steht:

    "Get Fascists, Racists, Nazis, Zionists & Islamophobics out of Finchley"

    www.facebook.com/p...et=a.1093649073407

    Leider kommt man nicht auf den eigentlich naheliegenden Gedanken, dass der Kampf gegen den Zionismus den kleinsten gemeinsamen Nenner mit den marodierenden Nazis darstellt.

    Was eben das gleichzeitig spezifische wie erschreckende am Antismetismus ist, er kennt keine Klassen oder Standesunterschiede, kein links, kein rechts. Leute, die sich sonst hassen und bis aufs Messer bekämpfen, kommen an diesem schrecklichen Punkt auf einen gemeinsamen Nenner und es fällt ihnen nicht einmal auf.

    • @Jim Hawkins:

      Ja und nein. Der Nebenpunkt hat da herzlich wenig zu suchen.

      Dass sich so einige Nazoide inzwischen als Netanyahu/Israelfans gerieren, um ihren Hass auf den neuen Feind Araber/Muslime zu kaschieren und in den Mainstream zu bringen, das wohl leider auch.

      Wie andere Rassismen ist Antisemitismus universal. Alle fühlen sich scheinbar besser, weil sie eine Erklärung für alles haben und weil sie nicht so sind wie die da.



      Differenzieren kostet mehr Energie. Ist es aber wert.

      • @Janix:

        Rassismus und Antisemitismus haben nicht sehr viele Gemeinsamkeiten.

        Dem Rassisten sind die verachtenden "Anderen" egal, wenn die bleiben, wo der Pfeffer wächst. Und sie fühlen sich den anderen "Rassen" haushoch überlegen. Daraus ziehen sie die Befriedung, die ihnen dieses Ressentiment bietet.

        Der Antisemit hasst die Juden, weil er sich ihnen unterlegen und gleichzeitig überlegen fühlt. Die Nationalsozialisten unterscheiden in dem Film "Der ewige Jude" zwischen Ostjuden und Juden, die unauffällig etwa in Deutschland lebten.

        Gleichwohl betreiben letztere aus ihrer Sicht eine Camouflage, sie passen sich dem "Wirt" an. Um ihr Ziel zu erreichen, Gesellschaften zu unterminieren und zu beherrschen. Letztendlich die ganze Welt.

        Juden sind für Antisemiten das schlechthin Böse, Undurchschaubare, spekulative und nicht greifbare. Die "Antirasse" eben.

        Der Antisemit will, dass die Juden aus der Welt verschwinden, dadurch verschwindet das Schlechte und Böse und so wird sie ein besserer Ort.

        Der Antisemitismus ist letztendlich immer eliminatorisch. Der Rassismus nicht.

        • @Jim Hawkins:

          Ich kann Ihre Skizze des vielschichtigen und selbstwidersprüchlichen Antisemitismus (1900ff.) nachvollziehen und danke.



          Ich lese manche Sätze etwa gegen Muslime oder Afrikaner, auch hierzulande ("Austausch", "Kalifat Deutschland", "blonde Töchter") freilich von einer ähnlichen Angst getrieben, als hätte Veit Harlan noch geistige Enkel.

        • @Jim Hawkins:

          Die Argumentation steht gelinde ausgedrückt auf äußerst "tönernen Füßen". Besonders was den Part des Rassismus angeht. Einfach einmal beim Ku Klux Klan anfragen. Die sehen das bestimmt anders.

          • @Sam Spade:

            Nun der KKK sieht die Schwarzen als minderwertig an und hätte gern, dass sie wieder Sklaven wären.

            Natürlich wären Terror und Lynchjustiz Teil der Sklaverei, eben wie früher.

            Aber selbst der härteste Grand Wizard wünscht nicht den Tod aller Schwarzen.

            Sie sollen produktiv sein, für den Wohlstand der Weißen

            Antisemiten hingegen wollen, dass die Juden verschwinden.

        • @Jim Hawkins:

          Selten so ein platte und verharmlosende Definition von Rassismus gelesen. Sie selbst haben sich schon in Kommentaren Rassistisch gegenüber Muslimen geäußert. Sie messen mit zweierlei Maß.

    • @Jim Hawkins:

      "Leider kommt man nicht auf den eigentlich naheliegenden Gedanken, dass der Kampf gegen den Zionismus den kleinsten gemeinsamen Nenner mit den marodierenden Nazis darstellt."

      Sicher?

      "BNP seeks to bury antisemitism and gain Jewish votes in Islamophobic campaign" heißt es im Guardian. Nazis in UK solidarisieren sich bereits seit Jahrzehnten mit den rechtsextremen und nationalistischen Standpunkten in Israel gegen die berechtigten Interessen der Palästinenser. www.theguardian.co...0/thefarright.race

      Der gemeinsame Nenner besteht da wohl eher zu ihren Standpunkten als zu den Gegenprotesten gegen die islamophoben Ausländerhasser.

      Zionismus heute ist nicht der Zionismus von vor 100. Jahren. Zionismus heute ist das Streben nach einem "Groß-Israel" was sich in Besatzung, staatlich abgesicherte illegale Besiedlung außerisraelischer Gebiete und staatlichen Äußerungen von Anexxionsplänen manifestiert.

      Der heutige Zionismus ist ein rechtsextremer und nationalistischer. Ihn zu unterstützen hält ein Pulverfass am Leben und gefährdet die Existenz Israels.

      • @Rudolf Fissner:

        Der Begriff Zionismus wird von interessierten Kreisen als Code für "Juden" verwendet, der Not gehorchend, dass offener Antisemitismus nach 1945 nicht öffentlich geäußert werden kann, ohne sich ins gesellschaftliche Abseits zu stellen.

        Verwendet wird der Begriff interessanterweise kaum von Menschen, die sich als Zionisten begreifen könnten, sondern in aller Regel von Antizionisten, die durch die Verwendung dieses Begriffes ihre eigentlichen Absichten etwas aufhübschen.

        "Die Bezeichnung Zionist wird von Antisemiten als Codewort für Jude gebraucht, um ihre Judenfeindlichkeit nicht offen zu benennen.[60] Dies zeigte sich etwa in der Anfangsphase des Kalten Krieges, als einzelne Staaten des Ostblocks Kampagnen und Schauprozesse gegen Juden starteten.[61]

        Das Schlagwort Zionist Occupied Government (ZOG) kam in den späten 1970er Jahren auf. Es greift die alte Verschwörungstheorie auf, „die Juden“ würden konspirieren, um eine klandestine Weltregierung zu errichten.[62]

        2015 klassifizierte das Amtsgericht Essen das Wort Zionisten in der Parole „Tod und Hass den Zionisten“ ebenfalls als Codewort für Juden und verurteilte einen Angeklagten deshalb wegen Volksverhetzung.[63][64]"

    • @Jim Hawkins:

      Der Kommentar hat mit der im Artikel beschriebenen Wirklichkeit nichts zu tun, wenn gleichzeitig und stressfrei "Free Palestine" gerufen und "wir sind Muslime, wir sind Juden" gesungen wird. Ganz offensichtlich können die Menschen in Bristol unterscheiden zwischen einer antisemitischen Vereinnahmung des Begriffes Zionismus einerseits und einer kollonial- rassistischen Auslegung des Zionismus andererseits.

      Die neue Gretchenfrage ist: Wie hältst du es mit den Menschenrechten?

      • @Tazmahall:

        Die Gretchenfrage beantworte ich ihnen direkt:



        Menschenrechte werden von allen Weltreligionen negiert und alle Kirchenformationen (wo oder wie auch immer sie aussehen) stehen der Menschenwürde ablehnend und abschneidend gegenüber.



        Das die Frau in fast jeder, nicht okkulten, Religion einen herabgewürdigten und zweitrangigen Platz als minderer Brutkasten, Ware und Besitz einnimmt wäre da auch noch so eine Sache die ich ihnen gerne an dieser Stelle vorhalten möchte.



        Wie, frage ich sie, ist eine solche Haltung vereinbar mit Menschenrechten und Humanismus?!



        Religionskritik ist erlaubt und ein lange erkämpftes Recht. Das haben wir nicht erstritten um es kampflos wieder aufzugeben.

        Wo Religion draufsteht, ist Reaktion und Patriarchat drin.



        Das soll links sein? Bitte Quellenangaben und Belege für diese steilen Thesen.



        Ich bezweifle das sie seriöse Quellen dafür finden werden die nicht in den rechten Rand führen.

        Der Kampfbegriff "Islamophobie" ist irreführend. Da es die legitime und notwendige Religionskritik diffamiert, mit Bigotterie gleichsetzt und versucht Kritiker mundtot zu machen.

    • @Jim Hawkins:

      Kommt von ihnen auch Mal etwas anderes? Sie kommen wie ein Bot der Regierung Netanjahu rüber. Was sagen sie dazu,das der Zionismus innerhalb Israelischer Juden selbst umstritten und auch abgelehnt wird. Sind diese Juden dann auch antisemisch? Bestimmen sie wer guter und schlechter Juden ist? Haben sie die Deutungshoheit über den Antisemitismus und bestimmen wer es ist und wer nicht? Etwas mehr Zurückhaltung würde ihnen gut zu Gesicht stehen. Es ist anmaßend über eine jüdische Bewegung in Israel die es nicht erst seit gestern so gibt, sich so unreflektiert auszulassen.

      • @fmraaynk:

        Der Zionismis, also die Idee einer Nationalbewegung, wird in Israel nur von Ultraorthodoxen abgelehnt.



        Auf den Demonstrationen gegen Netanjahu wurden massenhaft Israelfahnen geschwenkt.



        Lauter Leute, die sich durch die Fahne zum Zionismus bekennen.



        Aber nicht für den aggressiven Nationalismus Netanjahus, seiner Koalitionspartner oder der Siedlerbewegung.

        Zionismus als Codewort für "Jude" wird nur außerhalb Israels so benutzt. Dort aber derzeit mit Begeisterung.



        Das ist nun aber auch keine besondere Idee von Jim Hakins.

        Natürlich können Juden oder Israelis eine antisemitische Position vertreten.



        So wie Queere auch Hamas-Positionen vertreten.

        Weshalb Jim Hawkins hier eine Deutungshoheit beanspruchen soll, müssten Sie erklären.

        Er gibt nur klassische Definitionen von Antisemitismus wieder.

    • @Jim Hawkins:

      Antizionismus ist nicht gleich Antisemtismus (auch wenn er es sein kann). So viel Mühe sie sich geben, eine Notwendigkeit der Inferenz zu statuieren, die zahllosen antizionistis hen Jüd*innen belegen das Gegenteil. Herzliche Grüße

      • @Sav:

        Wer sind denn die "zahllosen antizionistis hen Jüd*innen", mal abgesehen von Der Jüdischen Stimme und Judith Butler?

        • @Jim Hawkins:

          Die Mehrheit der Juden m/w/d lebt außerhalb Israels.



          Ultraorthodoxe fordern traditionell, auf den Messias zu warten, bevor man einen Staat gründet (da haben sich einige Gruppen angepasst inzwischen) - das reichte bis zum demonstrativen Treffen mit dem frühen Arafat.



          Ansonsten ziehen wir auch hier Differenzierungen ein.



          Wenn "Zionisten" als Codewort gebraucht wird, pfui. Wenn Zionismus so kritisiert wird (mache ich gleich mal), dann mmhh

          Herzl geht von der Fehlannahme aus, dass die Kolonisten begrüßt würden - er hat zu viel aus Utopia abgeschrieben.



          Ein Land, dass sich ethnisch-religiös definieren will, wird rein logisch um Ungleichheit kaum unhinkommen. Diese ist auch schon zu sehen. Der Zionismus ist nur bei einem reinen Staat von Juden widerspruchsfrei - das ist das "Reinheits"-Problem, das sich z.B. ein universaler Staat nicht machen muss.



          Etc., Sie finden die Punkte bei anderen vermutlich besser formuliert

          • @Janix:

            Kennen Sie einen Staat ohne Ungleichheit?

            Die arabischen Israelis haben dieselben Rechte wie die jüdischen. So wie uns "Biodeutsche" und Menschen mit Migrationshintergrund.

            Formal und mit allen Fehlern und Ressentiments.

            Es gibt arabische Richter in obersten Instanzen, hohe Militärs und so weiter.

            Kennen Sie einen türkischstämmigen General in der Bundeswehr?

            • @Jim Hawkins:

              Mit dem 2018 verabschiedeten Nationalitätengesetz wurden offiziell u.a. arabische Israelis zu Bürgern zweiter Klasse. Da das Nationalitätengesetz Verfassungsrang besitzt, steht es über den anderen Gesetzen, die etwa Gleichheit oder Minderheitenrechte postulieren.

              Mit diesem Gesetz stehen die jüdischen Gruppeninteressen über dem Gleichheitsgebot der Demokratie.

              Das Niederlassungsrecht war zudem schon davor stark eingeschränkt für arabische Staatsbürger. 99 Prozent der israelischen kleinen Gemeinden, die in den letzten 70 Jahren aufgebaut worden sind, nehmen keine Araber oder Palästinenser auf.

              Nur ein Beispiel von vielen hinsichtlich der rechtlichen Benachteiligung von arabischen Israelis.

              Abschließend: Bei den von ihnen erwähnten hohen Militärs handelt es sich um christliche Araber. Auch in diesem Bereich herrscht keine Gleichberechtigung sondern Diskriminierung von muslimischen Arabern, aber auch Drusen mit israelischer Staatsangehörigkeit. Von Palästinensern ganz zu schweigen.

            • @Jim Hawkins:

              Araber haben keine Wehrpflicht, das war nun gerade genau das _falsche Beispiel.



              Dass man sie also nicht standardmäßig zum Schießen ausbildet, unterstellt vermutlich was? Illoyalität? Drusen sind traditionell die Ausnahme.



              Russland- oder Türkeideutsche (Namen auf der Uniform) habe ich hingegen schon häufig im Zug gesehen.



              Und im Militär werden in Israel die Beziehungen geknüpft.



              Wohnrechte: nicht wirklich gleich.

              Und mit jüdischer Mutter bekommt man am Flughafen den Pass sofort. Wer Palästinenser ist, aus Israel geflohen, wird auch mit deutschem Pass erst mal stundenlang verhört, las ich.

              Universalismus ist einer der möglichen Ansätze. Der würde einen, sagen wir, katholischen Staat Spanien, ein anglikanisches Großbritannien, einen muslimischen Staat Iran, einen Spaghettimonsterstaat Molwanien, ein atheistisches Albanien und einen jüdischen Staat Israel kritisch befragen.

              Ich bin bei Ihnen, dass wir nicht extrakritisch hingucken sollten. Und doch auch nicht extragnädig.

        • @Jim Hawkins:

          Mit der Linken haben Sie wohl ein Problem, selbst mit der jüdischen Linken neu wohl auch noch mit der israelischen jüdischen Linken

          In einer Bevölkerung, die eine rechtsextreme Regierung wählt, hat es eine besatzungskritische Linke natürlich schwer. monde-diplomatique.de/artikel/!5976816

          Aber sollte man deswegen in DE weiterhin Rechtsextreme in Israel unterstützen?

          Nö. Oder?

  • "Soziale Gerechtigkeit, sonst wird es noch schlimmer. Als linker Gewerkschafter muss Deer das sagen. Aber ist das nicht ein bisschen mechanistisch gedacht? In Ländern mit starkem Sozialstaat geht der Rassismus trotzdem nicht weg."

    Der Punkt ist, es gibt kein Land mit einem "starken Sozialstaat", der nicht zugleich paternalistisch und diskriminierend wäre. Ich habe in Dänemark gelebt und auch dort wird die Bevölkerung gespalten in "fleissige" Erwerbsarbeitende und "faule" Transferleistungsempfänger*innen.



    Diese Art von Sozialstaat führt eben nicht zu Gerechtigkeit und Sozialem Frieden.