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Proteste gegen AfD-ParteitagFriedlich wirkt besser

Kommentar von Cedrik Pelka

Es ist ein Erfolg, dass die meisten über die Zehntausende sprechen werden, die demonstriert haben. Und nicht über die Inhalte des AfD-Parteitags.

Wer interessiert sich schon für ihn, wenn es so starke Proteste gibt? Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

D ie Proteste gegen den Bundesparteitag der extrem rechten AfD in Essen waren stark, sie setzten ein Zeichen. Etwa 50.000 Menschen haben am Samstag friedlich gegen den Parteitag demonstriert. Der Protest reiht sich ein in viele erfolgreiche Ak­tio­nen gegen die AfD seit Beginn des Jahres. Weitere 7.000 machten mit zivilem Ungehorsam auf sich aufmerksam. In diesem Fall haben sich die Mitglieder des Bündnisses „Widersetzen“ dazu entschieden, die Zufahrtswege der Abgeordneten zu blockieren. Ein legitimes Mittel in der Demokratie.

Aber das Ziel muss immer sein: Friedlich bleiben! Wer auf den Hass einer Partei selbst mit Hass und Gewalt antwortet, macht sich bei vielen unglaubwürdig. Die Proteste gegen eine Partei, die Nazis in ihren Reihen hat, bewirken dann vielleicht sogar das Gegenteil.

Sich schon am frühen Morgen gegen die AfD zu stellen und die Abgeordneten mit Sprechchören zu begrüßen, ist eine gute Idee. Doch bei Aktionen des zivilen Ungehorsams bleibt es nicht immer komplett friedlich. Im Vorfeld der Proteste wurden Horrorszenarien an die Wand gemalt. Man sprach von brennenden Stadtteilen und plündernden Meuten.

Am Ende blieb alles größtenteils friedlich. Die allermeisten haben gezeigt, wie Widerstand gegen rechte Hetze aussehen kann. Leider gab es aber auch verletzte Ak­ti­vis­t:in­nen und Po­li­zis­t:in­nen bei wenigen Auseinandersetzungen.

Dazu kommt, dass die Sitzblockaden Opferbilder für die AfD schaffen. Die Abgeordneten kamen teilweise verspätet zum Parteitag oder mussten mit Polizeischutz eskortiert werden. Das alles ist Wasser auf die Mühlen all jener, die die AfD unterstützen.

Mehr Aufmerksamkeit für Proteste als für die Inhalte

Die Proteste haben es trotzdem geschafft, viel Aufmerksamkeit vom Inhalt des Bundesparteitags abzuziehen. Dort war die AfD bemüht, Einigkeit nach außen zu zeigen. Das ist ihnen auch ganz gut gelungen: Die Co-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel wurden deutlich wiedergewählt. Sie wissen, wie wichtig dieses Bild für die drei anstehenden Landtagswahlen im Osten Deutschlands ist und dass eine Selbstzerfleischung kontraproduktiv gewesen wäre.

Es ist also ein Erfolg, dass die meisten über die zehntausenden Menschen sprechen werden, die demonstriert haben. Und zusätzlich über den Sieg des deutschen Nationalteams, gegen das AfD-Abgeordnete auch am Wochenende wiederholt gehetzt haben. Wenn der Protest dann noch ausnahmslos friedlich gewesen wäre, dann wäre die Werbung gegen die AfD noch besser gewesen, als sie ohnehin schon war.

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23 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Als jemand der aktiv am Widersetzen und Blockieren teilgenommen hat (und zwar zum aller ersten Mal), habe ich es als ein legitimes und wirkungsvolles Mittel empfunden. Hier wurden Menschenketten gebildet, um die Anreise zu behindern. Ich möchte an dieser Stelle erwähnt wissen, dass die Ausübung von Gewalt (so habe ich es erlebt) von Seiten der Polizei gestartet wurde, um die Ketten zu durchbrechen und die AfD-Mitglieder zu ihrem Parteitag zu bringen. Hier möchte ich Anmerken, dass die Demonstrierenden keinen Kampfanzug mit Helm hatten, die Sie vor Schlägen, Tritten & Pfefferspray schützten. Das scheint hier bei dem ein oder anderen in das umgekehrte Bild gerückt zu werden. Wir waren ja Samstag morgens um 6 Uhr NICHT mit dem Ziel auf den Beinen, zu verletzen und verletzt zu werden.

    Was das Futter für die Propaganda der AfD angeht – wie wir bereits bei vorherigen Demos gesehen haben, werden sowieso immer falsche Fakten generiert und Bilder manipuliert, um ihr narrativ zu bedienen oder sich in die Opferrolle zu bringen. Die Anhängerbubble werden diese sowieso nie hinterfragen und von daher durften Sie sich jetzt mal wirklich mit realen Störaktionen begnügen.



    Der Pott bleibt Bunt!

  • Sei Anfang des Jahres hat die AfD 6% in den Umfragen verloren. ( INSA: www.wahlrecht.de/umfragen/insa.htm ).

    Woran mag das liegen? WarUM wird das nicht kommuniziert und debattiert? Wo waren z.B. die größten Verluste?

  • Sich die Wirkung der Demo schönzureden bringt wenig. Das haben die Potsdam Demos doch bereits gezeigt. Da muss inhaltlich mehr her, als Parolen. Besonders interessant in Essen die Demohooligans der Antifa. Das sich prügeln mag den AntifaHools wahrsch Spaß bringen, doch viele Verletzte Polizist:innen incl. Schwerverletzte, führen dazu das eigentliche Ziel aus den Fokus zu nehmen. Mehr noch, es ist davon auszugehen, dass diese Gewalt der AfD dienen wird, um wieder stabile 20+% zu erreichen.

    • @Tepan:

      Da waren > 70.000 friedlich und entspannt Demonstrierende, Volksfeststimmung, um ein Zeichen gegen Hass und Hetze zu setzen und ein verschwindend geringer Anteil von Gewalttätern und Blockierern.



      Wovon man als Teilnehmer erst aus den Medien erfahren konnte und sich fragen musste, ob man auf der selben Veranstaltung war.

      Die Parole war, auf die Straße zu gehen und friedlich eine Mehrheit abzubilden.

      Der Fokus wird von den Medien gesetzt, nicht von den Tatsachen. Sie haben ihn einfach übernommen.

      Da Sie offenbar nicht dabei waren, schreiben und theoretisieren Sie über die Inhalte der aufmerksamkeitsökonomischen Berichterstattung, aber nicht über die Veranstaltung.

      Wie könnten Sie auch.

  • Man darf der AfD keine Bilder liefern, die ihre Verschwörungsmythen stützen. Friedlicher Protest ist nicht nur gesetzeskonform, er ist auch wirksamer.



    Es ist verfrüht, den Bürgerkrieg auszurufen. Bei uns haben Rechtsstaat und Demokratie immer noch eine solide Mehrheit.

  • Ich muss dem total zustimmen, friedlich wirkt.



    Natürlich liegen die Nerven blank bei der Polizei, deswegen muss man mit eigenen Ordnern das kontrollieren.



    Trotzdem: Das Zeichen ist gesetzt, gegen die AfD, gegen Rechts! Und das zählt. Essen ist kein braunes Nest im Westen.

  • Das Fatale ist doch, mit der AfD ist es ein bisschen wie mit Trump.

    Nichts schadet. Da können die übelsten Figuren als Spitzenkandidaten in den Europawahlkampf geschickt werden, so what? Die SS wird verharmlost? Und wenn schon.

    Die Partei wird an den lobenswerten Demonstrationen wohl keinen Schaden nehmen.

    Viele Leute, die AfD wählen, denken: „Alles Scheiße“.

    Diese Haltung wird durch was auch immer und durch das Gegenteil auch, bestätigt.

    Wie bei Trump eben. Lügen, Betrügen und wenn schon, kratzt mich nicht, das „Establishment“ muss weg.

    Oder, wie es die unsympathische Weidel formulierte:

    „Liebe Regierung, haut endlich ab!“

    Das gefällt den Wählern, weil sie auch dieses Weidel-Wort richtig finden:

    „Sie (die Regierung) hassen Deutschland!“

    So wird ein Schuh draus, weil die Wähler und die AfD lieben Deutschland, nur eben ohne Linke, ohne Queers, ohne Gender, ohne Geschlechterwahl.

    • @Jim Hawkins:

      Yo, so ist es.



      Gegen die Trumps dieser Welt kann man gewinnen, wenn man sich die Normalität zurückerobert, und die rechten Spacken wieder als Spinner dastehen, und nicht andersherum. Geht sicher nicht bei allen, aber versuchen muss man es.

  • Das ist bei der ARD aber anders. Allein Freitag bis Sonntag wurden über 30 Artikel, Texte und Videos veröffentlicht allein über das innere langweilige Theater der Faschisten und Rechtsradikalen. Sie wurden als freudestrahlende Sieger abgebildet.

    • @Land of plenty:

      Weil sie sich halt selbst so sehen, und wenn man neutral berichtet, dann muss man diesen Aspekt abbilden. Die ZEIT schreibt: "Der teils aggressiven Ratlosigkeit draußen stand eine gelassene Selbstgewissheit in der Halle gegenüber". Sollte der ÖRR das etwa nicht zeigen, ist das nicht von Interesse?



      Wie kann man es überhaupt als Erfolg werten, dass nicht über Inhalte gesprochen wird, sondern über die Gegendemos? Spaltung und Kulturkampf sind ganz im Sinne der Neurechten. Wenn man dem Konzept des "wir sind die Einzigen, die was gegen die da oben machen" etwas entgegensetzen will, dann geht das nur über Inhalte. Wenn man nicht darüber spricht, wie soll jemand dann erkennen, warum Rechtspopulismus kein gutes Politikangebot darstellt? Der Bezug zum Nationalsozialismus ist für viele einfach zu weit weg, sie empfinden es als Bevormundung, wenn rechte Ideen pauschal mit dem Hinweis auf unsere Vergangenheit abgelehnt werden.

  • Danke für diesen sehr treffenden Artikel!



    Ich sehe das genauso.



    Im Vorfeld der EU Wahl wurde die Empörung über rechte Angriffe auf demokratische PolitikerInnen verwässert, indem Rechte angegriffen wurden.



    Schön, dass diesmal ein durchweg demokratisches Zeichen gesetzt wurde.



    Danke an Alle DemonstrantInnen!!!

  • Offensichtlich hat der Verfasser dieses Kommentars ein anderes Verständnis von Demokratie als die Väter des Grundgesetzes. Es hat im Umfeld des Parteitages der Rechtsnationalisten diverse Gewaltexzesse gegeben. Zumindest von einem Teil der Demonstranten, deren Verständnis von Demokratie eher der faschistischen Ideologie zuzuordnen wären. Letztendlich spielt das den Rechtsnationalisten in die Hände. Einen Parteitag einer im Bundestag vertretenen Partei mit Gewalt zu verhindern ist absolut nicht durch das Recht auf Demonstrationsfreiheit gedeckt. Mich erinnert das an ganz furchtbare Zeiten deutscher Geschichte.

    • @Rolf B.:

      Ihre Aussage zum Verhindern eines Parteitages in einer Demokratie: ein No Brainer.

      Offenkundig ignorieren Sie aber die Größenordnungen. Vielleicht, weil Sie Bilder und Berichte konsumiert haben, die einen verzerrten Blick auf die Veranstaltung unterstützen, mglw. sogar erzeugen.

      Es waren lediglich eine Handvoll Demonstranten, die mit der Absicht des 'Verhinderns' dort waren.



      Vielleicht 300 bis 500, k.A..



      Bei ca 70.000 (!) Demonstranten kann man nicht verhindern, dass zudem einige Verrückte und Gewalttäter dabei sind.

      Die aber nun in den Blickpunkt zu rücken und damit den prinzipiellen Charakter der friedlichen, entspannten Demo umzudeuten, ist eine grobe Verzerrung.

      Man sollte bei der Perzeption von Berichterstattung zudem imho immer die mediale Praxis der Aufmerksamkeitsökonomie herausrechnen. Wenn möglich.



      Die oft suspekten Interessen der Berichterstatter selbstredend.

      An 'furchtbare Zeiten deutscher Geschichte' hat mich als Teilnehmer der Demo der Parteitag der AfD erinnert, aber nicht die Demo selbst, bei der ich innerhalb der 5 Stunden, die ich dabei war, absolut keine Gewalt wahrnehmen konnte.



      Wie Zehntausende andere auch nicht.

    • @Rolf B.:

      "Mich erinnert das an ganz furchtbare Zeiten deutscher Geschichte."

      Diese Erinnerungen überkommen mich eher, wenn ich bedenke wer da einen Parteitag abhält und nicht wer dagegen demonstriert.

  • Hass mit Hass beantworten geht nicht - völlig richtig!

    Auch auch wenn es schwerfällt: der Gebrauch des Wortes "Nazi" ist nicht nur eine schwerwiegende und unmenschliche Beleidigung von aktuellen Rechtsextremisten, sondern auch eine Relativierung des Holocausts.

    • @Black & White:

      Mit dem Begriff "Nazi" in Bezug auf Rechtsextreme wird gar nichts relativiert, schon gar nicht der Holocaust. Man bezeichnet sie ja auch korrekt als "Neonazis" und das trifft auf einen Großteil rechtsextremer in Deutschland zu und sicherlich auch auf den ein oder anderen AfDler.

  • "Aber das Ziel muss immer sein: Friedlich bleiben! Wer auf den Hass einer Partei selbst mit Hass und Gewalt antwortet, macht sich bei vielen unglaubwürdig. Die Proteste gegen eine Partei, die Nazis in ihren Reihen hat, bewirken dann vielleicht sogar das Gegenteil."



    Genau das habe ich in einem Leserbrief als Reaktion auf die taz-Überschrift "Auf nach Essen - Faschos fressen" geschrieben.



    Aber der Leserbrief fiel (wie andere von mir) unter den Tisch!

  • Was soll man denn gegen die AfD machen? Alles nützt denen. Zum Totschweigen ist es zu spät.



    Am besten mit machen. Nachmachen funktioniert nicht. Massenweise eintreten, den Laden übernehmen und Politik für den Lebensraum Erde und seine Bewohner machen.

  • Ich finde - als Befürworter der Proteste gegen die AfD - , dass der Artikel verharmlost.



    Nach Pressemeldungen und Meldungen der Polizei Essen wurden 28 Polizisten von Demonstranten verletzt. Ein Polizist schwer - er erhielt Tritte gegen den Kopf, als er schon am Boden lag.

    Abgesehen davon, dass das die Proteste diskreditiert, was macht das eigentlich mit all den Polizisten, die so etwas erleben?



    Die brauchen wir auf unserer Seite im Kampf gegen Rechtsextremismus!

    • @Plewka Jürgen:

      Ich war auf der einige Stunden auf der Demo.



      Es war, während ich da war, eine weitestgehend gewaltfreie und entspannte, eher fröhliche Demo. Nicht mal ein Protestzug.

      Mit dem Fahrrad habe ich den gesamten Bezirk um die Grugahalle und Messe umrundet. Die hohe Anzahl von Polizisten war aufgeboten worden, um jeden Zugang, jeden kleinen Weg zum Parteitag zu kontrollieren. Scheint gut geklappt zu haben.

      Die Polizist:innen waren größtenteils tiefenentspannt, nur wenige waren an Auseinandersetzungen beteiligt, sie holten sich Getränke und Snacks in Supermärkten. Habe mit einigen gesprochen.



      Die allermeisten waren lediglich bobachtend, freundlich und kommunikativ, ein paar mies gelaunt und ruppig.

      Einige radikale Gruppen, viele blasse und unausgeschlafene Kids, skandierten ihre bekannten Parolen.

      Leider waren ein paar Gewalttäter da, die allerdings völlig untypisch für dass übrige Geschehen waren.



      Die schwere Verletzung des einen Polizisten ist unentschuldbar.

      Von ca. 9000 Polizist:innen sind nach nicht nachprüfbaren Angaben zw. 20 und 30 (wie?) verletzt worden.



      Die Zahl der verletzten Demonstranten (durch Pfefferspray, Schlagstöcke, Polizeigewalt) ist nicht bekannt.

  • "Im Vorfeld der Proteste wurden Horrorszenarien an die Wand gemalt. Man sprach von brennenden Stadtteilen und plündernden Meuten"

    Horrorszenarien?

    Ich denke eher, dass das die feuchten Träume aller AfDler ("Oh weh, wir armen Opfer!") -- aber leider nicht nur derer, sondern auch der Hufeisenexegeten ("Extremismus auf allen Seiten, nur ICH bin in der Mitte!") und so allerlei anderer Profiteure sind.

  • „ Man sprach von brennenden Stadtteilen und plündernden Meuten.“



    Schreibt sich Meuthen nicht mit ‚th‘?