Werbung mit „klimaneutral“-Label: Karlsruhe rügt Katjes

Darf der Konzern damit werben, dass seine Produkte „klimaneutral“ hergestellt werden? Ja, sagt der BGH – aber nur unter einer bestimmten Bedingung.

Weingummi in Ferkel-Form

„Klimaneutrale“ Ferkel aus Weingummi? Kommt drauf an. Katjes-Produktion in Emmerich (NRW) Foto: Karsten Schoene/laif

KARLSRUHE taz | Der Fruchtgummi-Hersteller Katjes darf weiter damit werben, dass seine Produkte klimaneutral produziert werden – er muss aber kennzeichnen, dass er selbst nicht CO2-frei produziert, sondern lediglich seine CO2-Ausstöße durch Zahlungen kompensiert. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in einem Grundsatzurteil, das für Produzenten in allen Branchen gilt, bis es 2026 eine gesetzliche Neuregelung gibt.

Der Süßwarenproduzent aus Emmerich am Rhein bewarb seine Produkte damit, dass sie seit 2021 „klimaneutral“ produziert würden. Damit war gemeint, dass Katjes Klimaschutzprojekte etwa zur Aufforstung oder zum Waldschutz außerhalb des Unternehmens finanziert. Der Konzern arbeitete dabei mit dem Unternehmen ClimatePartner zusammen, das die Klimaprojekte betreute und zertifizieren ließ. Weitere Informationen erhielten die Kunden, wenn sie einen QR-Code scannten oder die angegebene Webseite von ClimatePartner aufriefen.

Gegen diese Werbung, die Katjes in einer Fachzeitung der Lebensmittelbranche veröffentlicht hatte, klagte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, ein von der Wirtschaft getragener Abmahnverein. Die Verbraucher würden irregeführt, so die Klage, weil sie glauben, Katjes selbst produziere klimaneutral. Dies benachteilige auch Unternehmen, die in die eigene klimafreundliche Produktion investieren, statt nur fremde Projekte zu unterstützen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düssseldorf hatte im Juli 2023 die Klage gegen Katjes noch abgelehnt. Die Verbraucher wüssten­, dass es verschiedene Wege gebe, eine ausgeglichene Klimabilanz zu erzielen. Wie Katjes konkret agiert, sei für die Kunden­ auch nachvollziehbar, weil sie sich über den QR-Code und die angegebene ­Webseite informieren können. Die ­Wettbewerbszentrale ging dagegen in Revision zum BGH.

2026 wird sich die Rechtslage wieder ändern

Die Karlsruher Entscheidung wurde mit Spannung erwartet, denn andere Gerichte hatten deutlich strenger geurteilt als das OLG Düsseldorf. So hatte das Landgericht Karlsruhe ebenfalls im Juli 2023 der Drogeriekette dm die Werbung mit dem Merkmal „klimaneutral“ verboten. Ein Waldprojekt, dessen Existenz nur bis 2040 garantiert ist, könne den Ausstoß von CO2 nicht verlässlich und dauerhaft kompensieren, weil das CO2 in der Atmosphäre jahrhundertelang wirken wird, so das Gericht.

So streng war der BGH nun nicht, auch wenn er der Klage der Wettbewerbszentrale stattgab. Der BGH bezeichnete die frühere Katjes-Werbung zwar als „irreführend“, weil sie zu wenig Informationen enthielt. Die Werbung mit dem mehrdeutigen Begriff „klimaneutral“ bleibt künftig jedoch auch dann erlaubt, wenn die Neutralität nur durch Kompensationszahlungen an Klimaschutzprojekte hergestellt wird. In diesem Fall verlangt der BGH aber immerhin, dass dies in der Werbung selbst erläutert wird. Die Nutzung von QR-Codes und der Verweis auf Webseiten reicht offensichtlich nicht mehr aus.

Doch schon in zwei Jahren wird sich die Rechtslage wieder ändern. Dann ist es ausdrücklich verboten, mit Klimaneutralität zu werben, wenn dies ganz oder vor allem auf Kompensationen beruht. Dies ergibt sich aus der EmpCo-Richtlinie der EU, die vor einigen Monaten beschlossen wurde. EmpCo steht für „Empowering Consumers for the green transition“ (Befähigung der Verbraucher für den grünen Wandel). Der Bundestag muss die Richtlinie bis März 2026 in deutsches Recht umsetzen. Ab September 2026 muss das Verbot dann gelten. Dann darf zwar immer noch mit Kompen­sa­tions­zahlungen geworben werden, die Produkte dürfen aber nicht mehr als „klimaneutral“ bezeichnet werden.

Für solche Werbung wird jedoch eine geplante weitere EU-Richtlinie über Umweltaussagen zusätzliche Vorgaben bringen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass jede Umweltaussage in der Produktwerbung vor der Veröffentlichung von externen Sachverständigen überprüft und zertifiziert werden muss. Auch damit soll verhindert werden, dass Unternehmen sogenanntes Greenwashing betreiben, sich also umwelt- und klimafreundlicher darstellen, als sie sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben