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Bauernverband über Agrarpaket der AmpelBauern wollen noch mehr Privilegien

Verbandschef Rukwied reicht das Agrarpaket der Ampel nicht. Sie solle Landwirten noch mehr Steuern erlassen und auf mehr Tierschutz verzichten.

Mit 88 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt: Joachim Rukwied, Präsident des Bauernverbandes, hier auf der Grünen Woche in Berlin Foto: Metodi Popw/imago

Der Deutsche Bauernverband fordert nach dem Agrarpaket der Ampelkoalition weitere Erleichterungen für die Landwirtschaft. „Das ist kein Entlastungspaket, das ist lediglich ein Päckchen und Lichtjahre entfernt von dem, was notwendig ist“, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied am Mittwoch in Cottbus. Hier findet noch bis diesen Donnerstag der Bauerntag statt, die Mitgliederversammlung der Organisation. Rukwied verlangte, dass die Bundesregierung den Bauern noch mehr Steuern erlässt. Außerdem müsse die Ampel auf die geplanten Reformen gegen Überdüngung, zu hohen Pestizideinsatz und Missstände in der Tierhaltung wie das ganzjährige Fixieren von Kühen etwa mit Ketten verzichten.

Damit antwortete Deutschlands größte Agrarunternehmerorganisation auf die Ankündigung der Ampel-Fraktionsspitzen vom Dienstag, dass Land- und Forstwirte künftig weniger Einkommensteuer zahlen müssen, wenn ihre Gewinne schwanken. „Die Steuermindereinnahmen werden auf 150 Millionen Euro für einen Dreijahreszeitraum geschätzt“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters aus dem Entwurf. Die Koalition begründet dieses Steuerprivileg damit, dass die Einkommen in Land- und Forstwirtschaft „aufgrund wechselnder Witterungsbedingungen, etwa durch Dürreperioden“, variieren könnten.

Zudem will die Ampel eine Prämie für Bauern einführen, die ihre Tiere auf der Weide und nicht nur im Stall halten. Das soll dem Tierschutz nützen und dazu beitragen, die für Klima und Artenvielfalt wichtigen Weiden zu erhalten. Die Landwirtschaft ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Die Branche verursacht inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen laut Umweltbundesamt 13 Prozent der Treib­hausgase hierzulande. Die Weideprämie soll nicht zulasten der EU-Agrarsubven­tionsart gehen, die Bauern pro Hektar weitgehend unabhängig davon erhalten, wie umweltfreundlich oder -schädlich sie wirtschaften.

Weiterhin wollen die Koalitionäre „Bürokratie“ abbauen. Sie ließen aber offen, was genau sie damit meinen. Die EU hatte bereits die Pflichtbrache und andere Umweltauflagen für die Agrarsubventionen gekippt; Deutschlands Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) votierte trotz Kritik von Umweltverbänden nicht dagegen. Mit den Maßnahmen will die Ampel ihr Versprechen einlösen, das sie den Landwirten nach den Bauernprotesten im Winter gegeben hatte. Diese hatten sich daran entzündet, dass die Bundesregierung die Subvention für den Agrardiesel streicht, mit dem Bauern beispielsweise ihre Traktoren betreiben.

Ruckwied hat noch nicht genug

Die Erfolgsliste des Bauernverbandes ergänzte Rukwied in seiner Rede damit, dass die EU auch ihren Vorschlag für eine Verordnung zur Senkung des Pestizideinsatzes (SUR) zurückgezogen hat. Er will aber noch mehr: Die Ampel dürfe im neuen Tierschutzgesetz nicht die Regeln gegen das Abschneiden der Ringelschwänze von Ferkeln verschärfen und auch nicht die Anbindehaltung von Rindern grundsätzlich untersagen.

Die Stoffstrombilanz, in der manche Betriebe ermitteln müssen, wie viel Stickstoff sie in die Umwelt abgeben, gehöre „sofort gestrichen“. Özdemir solle sein – von Umweltverbänden als zu unverbindlich kritisiertes – geplantes Zukunftsprogramm Pflanzenschutz aufgeben. Bundeskanzler Olaf Scholz’ Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Euro brandmarkte Rukwied als „verantwortungslos“, weil diese Summe für viele Erdbeer-, Spargel- oder Weinbetriebe mit hohem Arbeitskräftebedarf „das Aus bedeuten“ würde.

In der Diskussion nach seiner Rede drangen mehrere Delegierte darauf, wieder auf die Straße zu gehen, um die Politik zu noch mehr Zugeständnissen zu bewegen. Rukwied antwortete darauf, derzeit würde das nicht viel bringen. Am Ende wählten ihn die Delegierten mit 88 Prozent der abgegebenen Stimmen wieder – etwas mehr als bei seiner letzten Wahl 2020.

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20 Kommentare

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  • Natürlich kann man die Abschaffung der Ausgleichzahlungen an die Landwirtschaft fordern, Natürlich kann man fordern das immer mehr Betriebe auf Bio umstellen, dann muss man aber auch erwähnen das Bio-Betriebe heute schon rund das doppelte an Ausgleichzahlungen erhalten als Konventionelle Betriebe. Man möchte also das System ändern indem man eine Gruppe noch extremer fördert ???

  • Man könnte meinen den Bauern ist die Natur, ihr Kapital und ihre Werkbank, einfach nichts wert. Nur weil das ein paar Jahrzehnte gut ging ist es doch aber absehbar, dass dieses Wirtschaften endlich ist. Sie können ja machen was sie wollen auf ihrem Land, aber sollten sie dann nicht auch noch von uns zusätzlich subventioniert werden.

    • @Narrenfell:

      Hier muss ich leider 2 x widersprechen.



      1.) Den Bauern ist das alles was Sie nennen sehr viel Wert weil sie damit und davon leben seit Generationen und es für Ihre Nachkommen erhalten wollen. Allerdings müssen Natur und Ertrag in Balance gehalten werden weil die Bauern schließlich auch davon leben müssen.



      2.) Sie können definitiv nicht machen was sie wollen und werden für einen Teil der Auflagen durch Subventionen entschädigt.

  • Da gilt ja mal wieder der wohlbekannte Spruch



    "Wer am lautesten krakelt wird am ehesten erhört"

    Und nach den überaus erfolgreichen Bauernprotesten in Sachen Dieselbesteuerung wittern die Bauern Morgenluft.

    Und die Politik steht einmal mehr als Lachnummmer da.

  • Ich fasse zusammen: Wir wollen maximale Erleichterungen und Zuschüsse. Dafür werden wir weiterhin die Allgemeinheit und die Umwelt vergiften. Wenn ihr das nicht macht, blockieren wir mit unseren subventionierten Großgeräten das öffentliche Leben. Hört sich doch vernünftig an. Auf der anderen Seite muss aber erwähnt werden, dass auch andere Bereiche subventioniert werden (Autoindustrie, Dienstwägen) und die Landwirtschaft seit Jahrzehnten in ein auf Gewinn ausgerichtetes System gezwungen wurde.

    • @TOM1976:

      Altruistisch war die Landwirtschaft schon zu Zeiten des Tauschhandels nicht. Dieses Einfordern von Subventionen ohne nachvollziehbare Gegenleistung finde ich schon etwas frech.



      Wenn jetzt jemand eine Fabrik aufmacht um Konsumgüter herzustellen und sich weigert den Immisionsschutz einzuhalten, keine Steuer auf Energie zahlen möchte und dann noch für seine bloße Existenz Subvetionen haben möchte, weil er nicht die erwünschte Rendite erzielt, dann würden wir das doch schon etwas seltsam finden.



      Rukwied hält das für normal.

  • Der Deutsche Bauernverband ist und bleibt DER Lobbyverband der Agrarindustrie. Für den Bauernputsch schickte Rukwied seine Wutbauern mit Monstertraktoren auf die Straßen, um mit diesem massiven Bauernterror Geld zu erzwingen. Rukwied und seine hochbezahlten Funktionäre spalten die Gesellschaft, fahren den Natur- und Umweltschutz runter und entnehmen vom Steuerzahler hektarweise Geld für fragwürdige Praktiken. Die CDU/CSU, die in Form der EVP seit Jahrzehnten die EU-Agrarpolitik bestimmt, kommt in Deutschland zurück an die Macht und wird dafür sorgen, dass die größten Betriebe noch mehr Geld erhalten und die ökologischen Betriebe eingestampft werden. Freuen wir uns auf die Nestle-Ministerin Klöckner.

    Und der Wähler? Der kapiert das nicht oder dem ist das alles egal.

    • @Manzdi:

      "Der Wähler" ist gleichzeitig auch "Der Konsument", und zwar der, den nur das Preisschild interessiert.

      Wenn Rukwied im TV zu sehen ist und ich den Ton abschalte, sieht er für mich so aus, als würde er zum Beispiel "Lass es wie einen Unfall aussehen" oder "Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann" sagen.

  • Es ist verständlich, dass man sich für Familenbetriebe bessere Bedingungen wünscht. Doch leider wählen diese Kleinbetriebe ihre Funktionäre immer wieder in die Führungspositionen des Verbandes. Und dort bekommen diese dann enormen Druck von den Investoren, mitunter werden sie mit tollen Pöstchen versehen und betreiben nur noch die Interessen der Großfirmen und Investoren. Den "Kleinen" bleiben bestenfalls ein paar Brosamen, viel Frust und - Hetzparolen um das System zu erhalten. Als FJS Kanzler werden wollte, hatten die Jusos eine Parole kreiert: "Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber." Ich fühle mich in alte Zeiten zurückversetzt....

  • Vielleicht sollte Rukwied mal einen Tag lang in Anbindehaltung verbringen, damit ihm klar ist, was für eine Totur er da weiterführen will.

    Grundsätzlich ist das Einknicken gegenüber den Traktorterroristen ein Armutszeugnis gewesen. Die Botschaft, die damit ausgesendet wurde, war, daß sich Gewalt bis hin zu Terroranschlägen (nachts heimlich Mist und Gülle auf die Straße kippen, und schwere Unfälle verursachen, ist für mich Terrorismus) lohnt.

  • Warum der Großteil der nicht-subventionierten Steuerzahler weiterhin dafür aufkommen soll, daß die Bauern bzw. deren Standesvertreter offensichtlich unfähig sind, mit den Molkereien, den Fleischbetrieben usw. auskömmliche Preise auszuhandeln erschließt sind angesichts der zunehmenden Unverschämtheiten eigentlich nicht mehr. Man stelle sich derartiges z.B. im Handwerk vor; dort geht halt Pleite, wer nicht profitabel wirtschaften kann.

    Eigentlich gibt es nur einen Ausweg aus dieser Situation: Ersatzlose Streichung aller herkömmlichen Subventionen und Einführung eines neuen Subventionssystems, das sich ausschließlich an Punkten wie ökologischer Landbau, Tierwohl usw. orientiert.

    • @Josef 123:

      In den 1970ern gab es in Schweden auch mal Überlegungen ob es nicht günstiger ist den Landwirten eine Rente zu zahlen statt die Produktion weiter zu subventionieren.

  • Sehr geehrtes TAZ Team,

    Die Überschrift und der Artikel sind doch weit von einer fundierten journalistischen Recherche entfernt:



    - welche Privilegien haben die Landwirte denn?



    - die deutsche Landwirtschaft steht im internationalen Wettbewerb; da müssen die Vorgaben für importierte Ware auch für alle gleich sein, was sie definitiv nicht sind!



    - die Landwirtschaft ist die einzige Branche, die ihre Klimaziele erreicht, da sie auch die einzigen sind, die CO2 durch z.B. den Anbau von Pflanzen binden können!



    - die Landwirtschaft ist seit Jahren schon mit dem Klimawandel konfrontiert und versucht die Anbaumethoden anzupassen; hier werden ständig u.a. neue technische Lösungen ausprobiert (Feldroboter, Satellitengesteuerte Sä- und Hacktechnik, Sensoren, die Daten über die Bedarfe der Pflanzen senden und den Düngerstreuer oder die Pflanzenschutzspritze beim Ausbringen immer punktgenau einstellen...)



    - noch eine Anmerkung zum Pestizideinsatz (besser: Pflanzenschutzmittel); haben Sie sich in diesem feuchten Jahr schon einmal die Bestände angesehen? Es gibt massive Probleme mit Pilzbelastungen und die Unkräuter wachsen im Bio-Bereich davon! Pflanzenschutzmittel schützen unsere Versorgung!

    • @Frank Scherb:

      Die technischen Errungenschaften, die Sie beschreiben, helfen vor allem der Industrie. Die Landwirte kleinerer Höfe, geraten weiter in die Defensive.



      Die Banken sind die Profiteure, da das High-End-Equipment wieder neue Investitionen erfordert, etc.

      Pestizide als den Heilsbringer zu verkünden zeugt von einer dreisten Ignoranz, konnte die Wissenschaft doch mehrfach und deutlich belegen, dass die Wundermittel das Artensterben beschleunigen.

    • @Frank Scherb:

      Sie wissen ganz genau, dass die Bauern über zahlreiche Privilegien verfügen. Bodo Wartke, sang es einst so treffend: Wer bekommt Subvention auf Dauer? Der Bauer!

      Der internationale Wettbewerb ist kein Naturgesetz, sondern politisch so gewollt. Die Großagrarier sind in der EVP (CDU/CSU) verwurzelt, sitzen in den Aufsichtsräten der großen Konzerne und wollen daher das Big Business auf dem Weltmarkt. Warum darf an den Börsen mit Lebensmitteln gezockt werden? Wer vergibt die Kredite? An wen werden die Gewinne ausgeschüttet? Wer zahlt wohl die vielen Milliarden Subventionen an die Bauern?



      Die pauschalen Flächensubventionen fördern einen Intensivierungsdruck in der Landwirtschaft und sind somit auch Ursache dafür, dass viele Landwirte aufgeben.

      Die zu intensive Bewirtschaftung mit hohen Nutztierdichten, der Einsatz von Pestiziden sowie die permanente Überdüngung führen zu großen ökologischen Schäden und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Ländern, aus denen z.B. die gigantischen Mengen Futtermittel importiert werden.

  • "Die spinnen, die Römer"! , um



    an dieser Stelle mal einen bekannten Naturliebhaber zu zitieren ...

  • Die Grossbauernlobby mal wieder.

    Ich tue mein bestes, nicht bei Bauern zu kaufen, die diesem kriminellen Verein angehören.

    • @tomás zerolo:

      Jetzt sind wir schon zwei.

  • So ,Etat ist er wiedergewählt, die CDU ha5 bei der Europawahl auch nicht schlecht abgeschnitten, kann der bäuerliche Multifunktionär dann vielleicht mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren? Immerhin hatten die Bauern im letztenJahr die besten Unternehmensgewinne seit ewig. Da muss man nicht immer gleich mit dem Trecker das zarte Grün plattwalzen.

  • Absolut dreist was Rukwied und die eh schon massiv geförderten Bauern hier verlangen. Bloß kein Umwelt- oder Tierschutz und immer mehr Kohle. Es wird Zeit dass sich endlich mal einer traut dieser antiquierten Branche ihre Grenzen aufzuzeigen und nicht immer mehr Zugeständnisse!! Kein eandere Branche tritt dermaßen unverschämt auf, es wird Zeit dass die Bauernschaft endlich Ihre Komfortzone verlässt.

    Und die 15 € Mindestlohn sind auf jeden Fall nötig.