Kritik an TU-Präsidentin Geraldine Rauch: Maßlose Debatte

Wegen ein paar Social-Media-Likes ist die Präsidentin der Berliner TU in Kritik geraten. Dahinter stecken vor allem rückwärtsgewandte Akteure.

TU-Präsidentin Geraldine Rauch.

TU-Präsidentin Geraldine Rauch Foto: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Wenn diese Woche der Akademische Senat der TU Berlin über die Zukunft von Präsidentin Geraldine Rauch berät, lastet enormer medialer Druck auf dem Gremium: Von Springer („Skandal-Professorin“) bis in die taz („ungeeignet“) überschlagen sich die Rücktrittsforderungen, in den sozialen Medien wird die Mathematikerin als „woke-linke Antisemitin“ oder „Universitätsschande“ gebrandmarkt. Getoppt wird das alles von einem Poster an der TU, das Rauch neben Hitler zeigt, Überschrift „Adi & Geri – Brüderchen & Schwesterchen“.

In der Politik fährt besonders die Berliner CDU einen Frontalangriff auf die Präsidentin, seit bekannt ist, dass diese privat drei Tweets geliket hat, von denen einer bei genauem Hinweisen zweifelsohne ein antisemitisches Motiv zeigt. Sie wisse nicht, „welche Entgleisungen denn sonst rücktrittswürdig“ wären, so das reichlich absurde Statement der Berliner CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein. Auch der Kultursenator und der Regierende Bürgermeister haben sich entsprechend, wenn auch etwas verschwiemelter, geäußert.

Diese Debatte – wenn man sie so bezeichnen will – lässt jegliches Maß vermissen. Denn mit ihrer Entschuldigung hat Rauch die nötige Reflexion bereits geliefert und all jenen mit tatsächlich antisemitischer Geisteshaltung ein klares Signal gegeben. Zwei weitere Posts, in denen unter anderem der Begriff „Völkermord“ verwendet wird, stuft der TU-Antisemitismusbeauftragte Uffa Jensen im Übrigen als „nicht per se antisemitisch“ ein.

Eine Kampagne mit Ansage

Aber die Kampagne gegen Rauch hat gleich mehrere Vorgeschichten. So attackiert etwa der Zentralrat der Juden den erst kürzlich vom TU-Präsidium ernannten Jensen, weil der die IHRA-Antisemitismus-Definition ablehnt, die Israelkritik und Antisemitismus nicht klar trennt.

Wirklich allzu offensichtlich ist jedoch, wie Rechte sich jetzt an der Personalie Rauch gesundstoßen wollen. Die ist nicht nur jung und links, sie hat es auch gewagt, das „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ anzugreifen, das Gendern verteufelt und „Cancel Culture“ beklagt. Jetzt wollen manche offenbar zurückcanceln. Bleibt zu hoffen, dass das nicht gelingt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.