Besetzung bei Tesla-Werk: Baumhäuser gegen Elektroautos
Aktivist*innen besetzen ein Waldstück in Grünheide in Brandenburg, das der US-Autobauer Tesla für seine Werkserweiterung roden lassen will.
Zwischen den Bäumen, an denen in einigen Metern Höhe insgesamt acht Häuser und mit Planen abgedeckte Plattformen befestigt wurden, liegen diverse Haufen mit Holzplanken, Kunststofftauen und Planen. An den hüfthohen Sträuchern hängen Klettergurte, auch Zelte wurden aufgebaut. Aktivist*innen laufen durch die säuberlich mit Ästen gesäumten neu geschaffenen Wege des kleinen Baumhausdorfes.
Die morgendliche Ruhe wird immer mal wieder vom schrillen Quietschen der vorbeifahrenden Züge durchbrochen. Im 15-Minutentakt kommen am Bahnhof Fangschleuse Tesla-Mitarbeiter*innen an und steigen in den Shuttlebus, der sie direkt zum Werk bringt.
Hintergrund der Aktion sind die Pläne des Unternehmens des umstrittenen US-Milliardärs Elon Musk, sein 300 Hektar großes Werksgelände um 120 Hektar zu erweitern. Auf diesem neuen Gelände sollen weitere Lagerflächen sowie ein werkseigener Güterbahnhof entstehen.
Es geht um mehr als den Schutz des Waldes
„Das würde bedeuten, dass hier fast 100 Hektar Wald gerodet werden“, sagt Caro Weber, Sprecherin der Besetzer*innen, zur taz. Dabei sei der Wald in Zeiten der Klimakrise besonders wichtig, um CO2 zu binden. Die ehemalige Kiefernmonokultur ist mittlerweile mit heimischen Laubbäumen angereichert worden und für die Menschen aus der Umgebung ein wichtiges Erholungsgebiet.
Aber um den Wald allein geht es den Besetzer*innen gar nicht. In erster Linie gehe es um Wasser, sagt Caro: „Wir sind eine Wasserbesetzung.“ Die Umweltschützer*innen sehen im Ausbau der Fabrik eine ernste Gefahr für die Wasserversorgung in der Region. Ein Teil des Tesla-Werks steht auf einem Trinkwasserschutzgebiet, das auch Teile von Berlin versorgt. Die Region Grünheide ist eine besonders trockene Region, die von den langen, extremen Dürren der vergangenen Jahre besonders betroffen war.
Bereits seit der Bekanntmachung der Pläne des US-Milliardärs Elon Musk in Brandenburg, hier die erste europäische Tesla-Fabrik zu errichten, hagelt es Kritik. So wurde im Zuge des Baus mehrmals der Grundwasserspiegel gesenkt. Und während die Großfabrik laut Auflagen jährlich 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser verbrauchen darf, deckelte der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner 2022 den Wasserverbrauch für Privathaushalte. Am Dienstag war bekannt geworden, dass der Wasserverband Tesla droht, die Abwasserentsorgung einzustellen, weil das Unternehmen regelmäßig zu viele Schadstoffe ableitet.
Die Anwohner*innen aus Grünheide, Erkner und Umgebung haben daher eine Bürger*inneninitiative gegründet, die sich ebenfalls gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Werkes ausspricht. Erst vergangene Woche hatten sich in einer Befragung 65 Prozent der Grünheider*innen gegen den neuen Bebauungsplan ausgesprochen, der die Erweiterung von Teslas Fabrik beinhaltet. Dieses Ergebnis war nicht zuletzt ein Verdienst der Bürger*inneninitiative, die im Januar gemeinsam mit Klimaaktivist*innen in Grünheide von Haustür zu Haustür gezogen war, um die Anwohnenden zu überzeugen, mit Nein zu stimmen.
Entscheidung über Werkserweiterung steht noch aus
Rechtlich bindend ist das Votum der Anwohnenden allerdings nicht. Die Entscheidung liegt bei der Gemeindevertretung in Grünheide, die am 14. März das nächste Mal tagen wird. Ob dann über den neuen Bebauungsplan abgestimmt wird, ist allerdings noch nicht klar. Das Ergebnis der Bürger*innenbefragung könnte durchaus Einfluss auf die Entscheidung haben.
Nicht unweit eines Hochsitzes, den die Besetzer*innen zu einem Aussichtspunkt gemacht haben, hält am Donnerstagmorgen gegen 7:30 Uhr ein Streifenwagen. Eine Stunde zuvor hatten die Aktivist*innen die Besetzung publik gemacht. Zwei Beamte steigen aus dem Auto und erkundigen sich nach dem oder der Verantwortlichen der Versammlung und nach dem Hintergrund der Aktion und machen einen Kontrollgang. Kurz darauf fährt auch ein Tesla-Auto mit zwei Securitymitarbeitern vor. Sie schauen sich das Treiben einige Minuten an und fahren dann wieder.
„Ich hätte gedacht, dass es noch ein paar Stunden dauert, bevor die Polizei das erste Mal kommt“, sagt Caro Weber und zuckt mit den Schultern. Eingeschüchtert von der Polizeipräsenz wirkt hier keine*r. Gegen elf Uhr feiern die Aktivist*innen ihre erfolgreiche Besetzung mit einem Bannerdrop. „Water is a human right“, auf Deutsch: Wasser ist ein Menschenrecht, steht in großen Buchstaben zwischen den Bäumen. Darunter ein Igel, das Logo der Besetzer*innen.
Die Aktivist*innen wollen erst einmal auf unbestimmte Zeit hier bleiben. Durch den Wald schallen Geräusche von Hämmern. Jetzt, wo die Sonne aufgegangen ist, können weitere Strukturen gebaut werden. Auf einer Liste stehen die Aufgaben, die für den Tag anstehen. „Wir wollen uns hier so lange wie möglich dieser Zerstörung in den Weg stellen“, sagt Caro Weber.
Mit der Bürger*inneninitiative erhoffen sich die Aktivist*innen eine enge Zusammenarbeit. Ringsum haben Menschen begonnen, sich aus den Plattformen abzuseilen, vom Bahnhof kommen in regelmäßigen Abständen immer mehr Menschen an. Sie haben Schlafsäcke und Zelte dabei. Während sich die Aktivist*innen mit Brötchen und Kaffee versorgen, kreist ein Helikopter über den Baumwipfeln.
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