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Demos gegen rechtsWas der Protest bewegt

Die Anti-rechts-Demonstrationen machen die AfD nervös. Was weiß die Forschung über den Zusammenhang von Protesten und Wahlergebnissen?

AfD-Kandidat Uwe Thrum verlor am 28. Januar die Landratswahl im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis Foto: Jens Schlueter/getty images

Berlin taz | Eine gewisse Nervosität ist spürbar beim Medienempfang der AfD-Fraktion im Bundestag am Mittwochabend. Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla haben in das Abgeordnetenrestaurant im Bundestag geladen. Es gibt Lachshäppchen und gute Weine, während im Hintergrund ein Trio auf Xylofon, Saxofon und Kontrabass spielt. Aus dem langgestreckten Saal kann man zur einen Seite die Wiese vorm Reichstag sehen, wo kürzlich Hunderttausende gegen rechts demonstrierten, zur anderen Seite den Plenarsaal des Bundestags.

Einige Stunden zuvor hielt Weidel dort eine Rede, die langjährige parlamentarische Be­ob­ach­te­r*in­nen das „Hasserfüllteste“ nannten, was sie im Plenum des Bundestags je erlebt hatten. „Diese Regierung hasst Deutschland“, keifte Weidel in Richtung Regierungsbank. Sie sprach von einer „Schneise der Verwüstung“ durch die Bundesregierung und einer „beispiellosen Verleumdungskampagne gegen die AfD“. Ihre Botschaft: Die AfD will angreifen, jetzt erst recht.

Beim Medienempfang geben sich die anwesenden AfD-Abgeordneten alle Mühe, gut gelaunt zu wirken. Doch die meisten Fragen drehen sich um unbequeme Themen: Das Potsdamer Treffen von AfD-Politikern, Un­ter­neh­me­r*in­nen und Rechtsextremen, bei dem millionenfache Vertreibungen von Deutschen mit Migrationshintergrund diskutiert wurden – und die Massenproteste von Millionen Menschen gegen rechts, nachdem die Rechercheplattform Correctiv das Treffen öffentlich gemacht hatte. Schaden sie der AfD? Und wenn ja, wie stark?

Traten Par­tei­ver­tre­te­r*in­nen angesichts des Höhenflugs in Umfragen zuletzt regelrecht machttrunken auf und sprachen mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gar von der absoluten Mehrheit und der Aufteilung von Ministerien, ist die Stimmung beim Medienempfang deutlich gedämpfter.

Minus drei Prozentpunkte

Vizebundessprecher Stephan Brandner sagt der taz, dass er nicht glaube, dass die AfD die Landratsstichwahl am 28. Januar im Saale-Orla-Kreis verloren hätte, wenn es die Protestwelle nicht gäbe. Trotzdem gibt er sich optimistisch: zwar geht er davon aus, dass die AfD in Bundestagswahlumfragen unter 20 Prozent bröckeln würde, „aber nicht nachhaltig“. Auch der Europawahlspitzenkandidat Maximilian Krah will zwar „kaum Wirkung“ der Proteste sehen, spricht aber von einer „Binnenmobilisierung im linken Spektrum, die ich dennoch mit einer gewissen Sorge sehe, weil sie unser weiteres Wachstum vermutlich erschwert, insbesondere unter Migranten“.

Anonym werfen AfD-Politiker den Vorsitzenden Weidel und Chrupalla Führungsschwäche vor, weil es keine einheitliche Kommunikations- oder Sprachregelung zur Correctiv-Enthüllung gegeben habe. Jeder wurschtele vor sich hin, in der Fraktionssitzung fehlten Aussprachen, Probleme würden ausgesessen. Man sei so viel Gegenwind auch gar nicht mehr gewohnt und merke im persönlichen Umfeld, dass viele Menschen von den bekannt gewordenen Plänen geschockt seien.

Bei Infratest dimap ist die AfD seit Jahresbeginn um 3 Prozentpunkte auf 19 Prozent gesunken. Forsa und Emnid sehen es ebenso. Aber diese Umfragewerte sind mit Vorsicht zu genießen – zeitgleich gründete sich das Bündnis Sahra Wagenknecht. Und in Sachsen bleibt die AfD bislang stabil: Dort steht sie weiter bei 35 Prozent.

Der Politikberater Johannes Hillje, der zur Kommunikation der AfD ein Buch veröffentlicht hat, sagt, die Partei versuche einerseits zu beschwichtigen und habe andererseits mit einer realitätsumkehrenden Opfererzählung von einer „Schmutzkampagne“ den Gegenangriff angetreten. Doch die Realitätsumkehr verfange nur bedingt. Denn die Proteste brächten die AfD in Erklärungsnot, sagt Hillje: „Die Erzählung der AfD, man vertrete eine schweigende Mehrheit, bekommt Risse und wird konterkariert.“

Das demokratische Lager stärken

Große Teile der Bevölkerung protestieren jetzt gegen die angebliche Stimme des Volkes. Das schade vor allem mit Blick auf neue Anhänger und Sympathisierende, die in letzter Zeit von den Ampelparteien und der CDU zur AfD gekommen sind, sagt Hillje: „Hier könnte aktuell ein Reflexionsprozess einsetzen, der das Wachstum bremst und Verluste auslöst.“ Er geht davon aus, dass selbst wenn die Wählerschaft der AfD nicht signifikant kleiner werden sollte, die Proteste das demokratische Lager stärkten. Sie führten dazu, dass vor allem die Kräfte der gesellschaftlichen Mitte aktiviert würden.

Die AfD hat gerade verkündet, sie habe seit Erscheinen der Correctiv-Recherche rund 2.700 Neueintritte verzeichnet. Diese Meldung will Hillje nicht überbewerten. Es sei kein Massenbeitritt, sondern die Kernwählerschaft, die sich nun solidarisiere: „Genau die soll gefestigt werden mit der Realitätsumkehr.“

Auch für Andreas Zick entfalten die Proteste bereits jetzt eine Wirkung. Es habe ein „gesellschaftlicher Klimawandel“ eingesetzt, erklärt der Bielefelder Konfliktforscher. Die Proteste hätten eine ganze Reihe an Gruppen inspiriert, sich deutlich gegen Rechtsextremismus zu positionieren – Unternehmen, Kirchen, Hochschulen, Richter:innen. In einer lange nicht dagewesenen Intensität werde über die Bedrohung der Demokratie diskutiert. Parallel liefen Debatten, wie demokratische Institutionen wie das Bundesverfassungsgericht besser geschützt werden könnten. „Das alles hätte es ohne die Proteste nicht geben“, sagt Zick. „Die Demonstrierenden haben eine Bewegung angestoßen, die immer weitere Wellen schlägt und damit schon jetzt nachhaltige Folgen auslöst.“

Ob der Protest der AfD am Ende an der Wahlurne schadet, ist noch nicht ausgemacht. Studien dazu sind rar. Einige internationale Untersuchungen weisen aber nach, dass sich Protest gegen rechts auf Wahlen auswirken kann. So untersuchte eine Studie die norditalienischen Regionalwahlen von 2020. Zivilgesellschaftliche Gruppen hatten damals gegen Matteo Salvini und seine Lega Nord protestiert, die „Sardinen-Bewegung“. Das Ergebnis: In Orten, wo es Proteste gab, schnitten die Rechtsextremen bis zu 4 Prozentpunkten schlechter ab als in vergleichbaren Wahlbezirken.

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Soziale Normen stärken

Auch in einer Studie zur französischen Präsidentschaftswahl von 2002 zwischen Jacques Chirac und dem Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen zeigte sich, dass in Orten mit größeren Protesten gegen Le Pen dieser am Ende auch weniger Stimmen bekam. Laut der Studie war es den Demonstrierenden gelungen, eine soziale Norm zu stärken, dass eine Wahl von Le Pen sozial unerwünscht ist. Es ist dieser Effekt, den auch die zuletzt erfolgsverwöhnte AfD fürchten dürfte.

Eine weitere Studie, die Proteste gegen die rechtsextreme Goldene Morgenröte in Griechenland untersuchte, stellte fest, dass sich die Wahlergebnisse der Partei im Anschluss gar um bis zu 16 Prozentpunkte verringerten. Der Effekt war umso größer, je näher die Demonstrationen vor Wahlen stattfanden und je mehr die Proteste direkt auf Aktivitäten der Rechtsextremen reagierten – die For­sche­r*in­nen sprechen von einem „Tango-Effekt“. Dass die momentanen Anti-AfD-Proteste so früh im Jahr stattfinden, könnte daher gegen einen größeren Effekt bei der Europawahl im Juni und den Landtagswahlen im Herbst sprechen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Nicht eindeutig ist die Forschungslage, welche Faktoren sonst noch einen Protesterfolg befördern. So scheint erwiesen, dass Proteste vor allem dann öffentlichen Zuspruch erhalten, wenn sie möglichst heterogen zusammengesetzt sind und geschlossen auftreten. Auf die laufenden Anti-AfD-Proteste trifft dies zu. Wobei sich auch hier erste Trennlinien zeigen, etwa in der Frage, inwieweit Regierungs- und Parteienvertreter am AfD-Aufstieg mitschuldig sind und an den Protesten teilnehmen sollten.

Mehrere Studien sehen zudem positive Effekte, wenn die Proteste gewaltfrei bleiben. So weist eine gerade erst abgeschlossene Studie zu den friedlichen Fridays-for-Future-Protesten in Deutschland nach, dass Ortschaften, in denen die Klimabewegung demonstrierte, danach höhere Wahlergebnisse für die Grünen verzeichneten.

Eine Studie zur Schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den 1960er-Jahren in den USA zeigte, dass in Regionen mit gewaltfreien Protesten die Demokraten um rund zwei Prozentpunkte zulegen konnten. Kam es indes zu Gewalt, gab es ähnliche Stimmengewinne für die Republikaner. Eine andere Studie hielt dagegen fest, dass Bewegungen, die auch eine radikalere Flanke haben, effektiver darin sind, die öffentliche Meinung zu drehen – wie es etwa bei den US-Protesten gegen Trumps „Muslim Travel Ban“ geschehen sei, als auch Straßenblockaden eingesetzt wurden und das Dekret letztlich kassiert wurde.

Der Marburger Protestforscher Tareq Sydiq warnt vor einfachen Erklärungen. Wenn Protesteffekte auf Wahlen nachweisbar seien, bewegten sich diese zumeist im Bereich von wenigen Prozentpunkten. „Das sollte man nicht unterschätzen, aber auch nicht überschätzen“, sagt Sydiq. Es komme sehr auf den Zeitpunkt und die Geschlossenheit der Proteste an, sonst könnten die Effekte schnell verpuffen. „Ein politisches Allheilmittel sind die Proteste nicht.“

Wie es laufen könnte, zeigt ein Blick ins Frühjahr 2020. Damals wurde nach dem Hanau-Anschlag bundesweit über Rassismus und die Mitverantwortung der AfD diskutiert. Die Umfragewerte der Partei sackten danach um mehrere Prozentpunkte ab. Zwar befand sich die AfD später wieder im Aufwärtstrend, aber bis dahin dauerte es immerhin zwei Jahre.

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28 Kommentare

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  • "... nicht als, für alle offenes, Einwanderungsland versteht."

    Zum Einen: das ist ein Strohmann. Es geht nicht darum, "für alle offen", denn "alle" werden nicht kommen. Es geht darum, Menschen nicht absichtlich im Mittelmeer ersaufen zu lassen. Es geht darum, Menschen nicht in Lagern zu stecken. Es geht darum, nicht auf wehrlose Menschen an der Grenze zu schiessen.

    Zum Anderen: sog."Mehrheiten" sind manipulierbar, u.U. durch unnötiges Erzeugen von Not: wenn da oben gesagt wird "wir schaffen das", die Kommunen, die die Integrationsleistung zu erbringen haben mit ihrer klammen Kasse allein gelassen werden; wenn dank eines perfiden Dublin-Systems die Länder an der Grenze mit der Bewältigung alleingelassen werden: das "passiert" nicht unwissend.

  • @FRAN ZOSE

    "Es gibt ein offensichtliches Problem..."

    Nein. Das Problem besteht darin, das Problem herbeizureden.

    Das Problem der klammen Kommunen liegt sicher nicht an der Belastung durch Migration. Sondern an...

    Für die Lösung dieser einfachen ökonomiepolitischen Aufgabe gibt es 10 Punkte.

    Na?

  • @AL DENTE

    Ist es ein Zufall, dass acht Tage nach den Enthüllungen [1] aus Potsdam das "Rückführungserleichterungsgesetz" verabschiedet wurde?

    Ich finde, nein.

    • @tomás zerolo:

      Das von Ihnen zitierte Gesetz ist (aus meiner Sicht) völlig sinnfrei und "irgendwie" eine typisch irrationale Handlung unserer derzeitigen Regierung. Trotzdem halte ich es für demokratisch völlig legitim, wenn auch eine gesellschaftliche Mehrheit diesseits der Rechtsradikalen unser Land nicht als, für alle offenes, Einwanderungsland versteht.

      Ich habe das in einem anderen Beitrag schon mal so beschrieben:

      Die meisten Mitglieder unserer Bestandsgesellschaft haben (übrigens schon länger) keine großen Probleme mit einer multiethnischen Gesellschaft, jedoch mit einer multikulturellen, jedenfalls dann, wenn unvereinbare (und von der Bestandsgesellschaft nicht verhandelbare) Wertvorstellungen aufeinander prallen und sich Parallelgeselschaften bilden.

      Berechtigte Schutzansprüche nach (auch international) geltendem Asyl- und Flüchtlingsrecht werden von den meisten Inländern (diesseits der Rechtsradikalen) in der Regel nicht in Frage gestellt.

      Das ist weit genug weg von AfD & Co. Damit muss man in einer Demokratie leben können. Sonst wird dat nix.

  • Mir fehlt in der Analyse das BSW. Dessen hohen Werte in den Umfragen gehen völlig unter. Der Verlust der AfD von Prozenten in den Umfragen ist auch dadurch zu erklären.

    Dann wäre es eine Abwendung vom Rechtspopulismus und -Extremismus aber kein Schwenk der Bevölkerung in Fragen der Migration.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      BSW statt AfD.



      Jaha!! Volle Zustimmung!



      Endlich sagt's mal einer.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @95820 (Profil gelöscht):

        War das unverständlich? Meine volle Zustimmung bezog sich auf ihre kluge Analyse der Stimmenwanderung von AfD zum BSW.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Ähm hat hier jemand BSW ist geil / nicht geil gesagt? Könnten Sie bitte ihre Liebeserklärung zur BSW ein wenig mit Inhalten füllen?

    • @Rudolf Fissner:

      Es wäre auch kein grundsätzlicher Schwenk weg von reaktionärer Politik. BSW fällt jetzt auch nicht durch progressive Umwelt, Außen, Wirtschafts oder Gesellschaftspolitik auf.

  • Ehrlich gesagt erhoffe ich mir eins von den Protesten: dass SPD, CDU (und vielleicht FDP?) -- und ja, auch die Grünen! endlich merken, dass das Nachäffen der AfD-Grausamkeiten nichts bringt, und dass "für die AfD Resonanzboden spielen" direkt ins Verderben führt.

    Nur Mut!

    • @tomás zerolo:

      Abgesehen von jenen 10% (teilweise sogar aus dem linken Lager), die die AfD in den vergangenen zwei Jahren zusätzlich "missionieren/radikalisieren" konnte, bin ich mit ziemlich sicher, dass die Konservativen und/oder die Mitte (wie immer man sie nennen will) die AfD NICHT nachäffen, sondern weiterhin genau das denken, was sie auch ohne AfD denken würden.

      • @Al Dente:

        soll heißen?



        Das wäre doch für uns und alle eher erst recht n Grund, den Demos beizuwohnen.



        Auf demokratischer Basis, in einer demokratisch geprägten Partei kann man "so etwas" doch viel eher auffangen und aufarbeiten.



        Da spielt ihr resignierter Zynismus, Al Dente, der afd doch eher in die Hände..



        Meinen sie nicht?

  • achtung, achtung: das passiert einem demoteilnehmer, der friedlich demosntriert + lehrer ist + das erinnert uns an:

    "Ehemals von Berufsverboten Betroffene erinnerten an den sogenannten Radikalenerlass von 1972 in der BRD. Durch den Inlandsgeheimdienst wurden Millionen Menschen aus dem linken Spektrum, Kommunistinnen und Sozialisten, durchleuchtet und mit Verfahren überzogen. Mehr als 50 Jahre später ist vom Hessischen Landtag noch nicht festgestellt, welch düsteres Kapitel der Erlass darstellt und wie er aufgearbeitet werden muss. Weder erfolgte eine Entschuldigung bei Betroffenen, noch politische und gesellschaftliche Rehabilitation oder finanzielle Entschädigung. Wir von der Linkspartei hatten das mehrfach beantragt. Das Urteil gegen Luca hat sicher alle Anwesenden empört."



    www.jungewelt.de/a...verbot-gleich.html



    das schreibt eine 75 j. rentnerin, deren berufsverbot 1976 immer noch nicht aufgehoben wurde + deren karriere damit beendet war.



    waren 2-3 mio. euro schaden, mindestens. bin keine mutter theresa. komme mit 1250 euro rente nicht klar.



    www.jungewelt.de/a...verbot-gleich.html

    • @Brot&Rosen:

      Nun ja, für mich ist die "Junge Welt" jetzt auch nicht unbedingt die objektivste Quelle. Und wo im Fall Luca "Klassenjustiz" steckt, weiß wohl nur deren Redaktion. Ansonsten steht im Moment ja wohl Aussage gegen Aussage.

      Was ich ich nicht verstehe, ist die Forderung, der Staat solle die vom Berufsverbot betroffenen Personen nicht nur rehabilitieren, sondern auch entschädigen.

      Wieso?

      Wenn Sie 1976 in der DKP oder einer anderen kommunistischen Gruppe gewesen sind, dann gehörten Sie zu einer Truppe, die ein anderes politisches und gesellschaftliches System gewollt hat. Ein Erfolg der DKP hätte der alten Bundesrepublik das System der DDR beschert, mit Stasi, Schießbefehl und weitaus mehr Gesinungsschnüffelei und Berufsverboten, als es "im Westen" je gab.

      Auch alle anderen Versuche, ein kommunistisches System zu schaffen, endeten in Gewalt und Diktatur. Befürworter solcher Ideen haben und hatten an den Schulen und im Staatsdienst nichts zu suchen. Mir haben die 68er-Referendare schon gelangt, die damals versucht haben, uns ihre Weltsicht einzutrichtern. Da war viel von "kritischem Denken" die Rede, aber wehe, wir haben es auf deren Ansichten angewandt.

  • Der letzte Absatz im Artikel trägt wohl am meisten zum 'wissenschaftlichen' Verständnis bei: Breite Proteste sind Ausdruck einer temporären Stimmung. Wenn die Stimmung sich wieder verflüchtigt, verpufft auch jegliche denkbare Konsequenz.







    Das politische System Deutschlands ist nun einmal nicht auf maximale Responsivität der Politik gegenüber der Gesellschaft ausgerichtet, sondern auf Stabilität der Herrschaft.

    Ich finde geradezu bedenklich, wie so viele Medien und 'Experten' gerade das Bild von der 'bösen AfD' einerseits gegen eine breite Einheitsfront aus demokratischen, nicht-fremdenfeindlichen, philanthropischen Parteien und einer ebensolchen Mehrheitsgesellschaft andererseits bedienen. Bei genauer Betrachtung, wiegen lange kritisierten Defizite der elitären Wahldemokratie vielleicht stärker, als der Unterschied zwischen 'schrillen Tönen' der einen und 'pointierten Aussagen' der anderen. Ich wage die These, dass die AfD solange an Zustimmung gewinnt, wie nicht offen über eine dringend gebotene Demokratisierung diskutiert und diese in Angriff genommen wird. Von der taz würde ich mir da mehr grundsätzliche Beiträge wünschen, denn man kann gegen die AfD sein, ohne den Istzustand der Demokratie schönzureden.

    • @Stoersender:

      "Ich finde geradezu bedenklich, wie so viele Medien und 'Experten' gerade das Bild von der 'bösen AfD' einerseits gegen eine breite Einheitsfront aus demokratischen, nicht-fremdenfeindlichen, philanthropischen Parteien und einer ebensolchen Mehrheitsgesellschaft andererseits bedienen."

      Das ist ein Kollateralschaden des "Mitte"-Narrativs, und auf die Medien würde ich mir da keine Hoffnung setzen. Denn die haben dieses Narrativ, statt es kritisch auf seinen Inhalt zu überprüfen, blind befördert.

      • @Ajuga:

        Was passt ihnen denn an dem Bild nicht?

  • Ich meine, sollte der derzeit prognostizierte Knick von 3% für die AfD sich bis zur Europawahl und den Landtagswahlen in Ostdeutschland anhalten, wäre das schon ein deutlicher Dämpfer, gemessen an den gehegten Erwartungen der derzeit vor Kraft kaum laufen könnenden Partei.



    Mir persönlich wäre das jedoch zu wenig angesichts der öffentlich gewordenen Deportationspläne und der Massenproteste gegen die AfD in den letzten Wochen - selbst eine Halbierung des Stimmenanteils wäre noch zu wenig, eigentlich ist jede einzelne Stimme für diese Partei zu viel.

  • Danke für diese fundierte Recherche!



    Als Fazit sollten Einige mitnehmen, dass ein Spalten der Bewegung im Ergebnis nicht hilft.



    Vielleicht kann der Eine oder die Andere ja mal den Dagegenreflex unterdrücken und sich schlicht freuen, mit dem netten Nachbarn immerhin in einem Punkt einig zu sein: GEGEN RECHTS!

  • Also: morgen zur Demo.

    Von mir aus sind CDUler*innen, FDPler*innen und (sogar!) SPDler*innen willkommen. Aber Leute: redet Euren Parteichef*innen ins Gewissen, dass sie nicht die Politik der AfD übernehmen, wie sie es gerade tun.

    Wozu gehen wir dan sonst auf die Strasse?

    • @tomás zerolo:

      Die Leute gehen auf die Straße für die Demokratie und den Reststaat und gegen die feuchten Autokratie- und Deportationsträume der der menschenverachtenden Menschenfänger von der selbsternannten Alternative.

      Sie gehen NICHT auf die Straße weil beispielsweise mit der aktuellen Politik im allgemeinen oder der Migrationspolitik im Speziellen zufrieden wären oder gar so etwas wie Open Border propagieren würden.

      Was hat den die AfD stark gemacht? Die offensichtliche Unfähigkeit der etablierten Parteien vernünftig zu kommunizieren und auch eine ungesteuerte Migrationspolitik und die offensichtliche Überforderung der Kommunen vor Ort mit deren Folgen umzugehen.

      Auch wenn einige besonders Linke es immer wieder behaupten übernehmen weder Merz, noch Scholz oder Lange AfD Positionen wenn sie fordern, dass Migrations besser gesteuert werden muss, wenn die viel zu langen Asylverfahren abgekürzt werden müssen und unberechtigte Asylbewerber schneller und konsequenter abgeschoben werden müssen. Es gibt ein offensichtliches Problem und es ist gut, wenn sich die demokratischen, auf dem Boden der Verdassung verankerten Parteien dessen annehmen und Lösungsvorschläge machen.

      Es ist doch absoluter Wahnsinn sich des Themas welches der AfD die Wähler zutreibt sich explizit nicht anzunehmen sondern einfach so weiterzumachen wie gehabt. Damit, und nicht mit der Adressierung des Problems und dem Ergreifen von notwendigen Änderungen in einer offensichtlich dysfunktionalen Migrationspolitik treiben Sie am Ende der AfD die Wähler zu.

      • @Fran Zose:

        Ich stimme Ihnen zu. Man kann gegen Faschismus sein, für das Asylrecht, und trotzdem unkontrollierte und unbegrenzte Migration mit Besorgnis sehen.

        • @Moby Dick:

          "unkontrollierte und unbegrenzte" Migration will doch überhaupt niemand.



          Weder potentielle Migranten noch irgendeine Partei.



          Wahrscheinlich kein einziger Mensch auf der Welt.



          Lassen sie sich doch nicht durch dumme, rechte Parolen und Unterstellungen verängstigen oder verunsichern...

          • @Ralf Harbusch:

            Das ist nett, dass Sie sich Sorgen um mich machen, aber das müssen Sie wirklich nicht, ich bin moralisch gefestigt und für rechte Parolen nicht empfänglich.

            Wie Sie zu dem Eindruck kommen konnten ich sei verängstigt oder verunsichert wird Ihr Geheimnis bleiben, ich hatte nichts derartiges geschrieben.

            • @Moby Dick:

              Nunja..ich schrieb das, weil es so wirkt, als wären sie den Bauernfängern der afd auf den Leim gegangen.



              A propos "unkontrollierte und unbegrenzte Migration".



              Niemand will so etwas und so etwas findet auch nicht statt.



              Sicherlich..es läuft nicht ideal und wir haben viel zu tun.



              Aber im Grunde genommen gehts uns doch verdammt gut, oder?

  • Die Demos werden eher die AFD Wähler zusammenschweissen, 47 % bei Landratswahlen ist ja kein Grund zum Jubel. Das heisst ja auch der gemeinsame Kandidat der Restlichen Demokraten hat nur 53 % erhalten und bei den Landtagswahlen werden sich sicherlich nicht alle Parteien zusammenschliessen



    Die einzige Hoffnung bleibt die BSW, die den Blauen Protestwähler abnehmen wird.

    • @Bernd Simon:

      Immer noch von Protestwählern zu sprechen halte ich für falsch. Wer heut zu Tage die AFD wählt, wählt sie weil sie die "Anti-Ausländer-Partei" ist. Daran ändert auch eine Sarah Wagnknecht nix mehr.

    • @Bernd Simon:

      Wenn der Trend der akutellen Umfragen in den Ostbundesländern sich bestätigt, dann nimmt BSW vor allem der (in Ostdeutschland in Abgenzung gegen die damalige PDS traditionell auf Schröder/Hartz-Linie stehenden) SPD Stimmen ab.

      Und macht damit Regierungen, die nicht von der (dort AfD-nahen und teilweise - siehe Saale-Orla-Kreis - inhaltlich ununterscheidbaren) CDU geführt werden, unmöglich.

      Außerdem ist die Annahme, dass die AfD große Mengen "Protestwähler" anzieht nicht sehr gut belegt. Die Ergebnisse der politologischen Forschung deuten eher darauf hin, dass es nicht um Protest gegen diese oder jene policy geht (klassisches Beispiel dafür: WASG), sondern um Ablehnung des "Systems" pro toto und den Wunsch nach Rückkehr in ein Märchenland aus nostalgisch verklärter Erinnerung, in dem "alles noch so schön einfach war".



      So wie die Tea Party in USA und Brexit im UK ja auch kein Ausdruck von Protest waren, sondern von *fundamentalistischer Ablehnung* der pluralistischen Demokratie zugunsten eines aurotitären putinistischen Führerstaats (auch wenn das vielen nicht bewusst war - die Sehnsucht nach dem Starken Mann Der Aufräumt war von außen deutlich zu sehen.)

      Die, die mit "Protestwählern" gemeint sind, dürften insofern wohl eher Martin Sellners Parole zustimmen: "Wir wollen keinen Stehplatz im Salon, sondern das Ende der Party".

      Die Piraten - *die* waren eine genuine Protestpartei. Die AfD ist hingegen der deutsche Ausdruck dessen, was Hofstadter as "paranoiden Stil" der Politik bezeichnete. Und ein Klientel, das eine inkohärente, ihren persönlichen Interessen oft sogar schädliche, ohne Realitätsverhaftung das Blaue vom Himmel runterversprechende (Klimawandel per Gesetz verbieten) Politik gewohnt ist, kehrt nicht mal eben so ins demokratische Lager zurück: "Die Basis" und Janichs "Partei der Vernunft" haben sich weitgehend aufgelöst, aber ihre Ex-WählerInnen wählen jetzt überwiegend AfD, denn die sind "als einzige keine Systemlinge".