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>>Die Meldungen von Absagen an Künstler*innen häufen sich gerade derart, dass man von einer neuen Hexenjagd sprechen könnte. Offenbar reicht es schon, irgendwann einen BDS-Aufruf unterzeichnet oder sich angeblich nicht genug vom Hamas-Terror distanziert zu haben, um im Mainstream untendurch zu sein.>Aber warum eigentlich muss jeder hierzulande die "deutsche Befindlichkeit" in Sachen Antisemitismus teilen? Warum nicht andere Sichtweisen zulassen beziehungsweise mit ihnen diskutieren, um ein differenzierteres Bild zu bekommen?>Wir haben Israel zum Juden unter den Staaten gemacht, und wir nannten das "Israelkritik".>Die Hamas und der Islamische Jihad schneiden Menschen Körperteile ab, ihre Unterstützer verklären das als "Dekolonisierung", als "Widerstand". Beide sind aufeinander angewiesen. Das postkoloniale Narrativ kann ohne Befreiungskämpfer nicht fortgeschrieben werden, und Terroristen brauchen neue Worte, die töten.
"Offenbar reicht es schon, irgendwann einen BDS-Aufruf unterzeichnet oder sich angeblich nicht genug vom Hamas-Terror distanziert zu haben, um im Mainstream untendurch zu sein."
Ich finde die Entscheidung des Senats richtig; weder die "Kauft-nicht-bei-Juden"-Anhänger, noch Personengruppen, die sich nicht von der Hamas und deren Gefolgsleute distanzieren, sollen meiner Meinung nach öffentliche Gelder aus Deutschland bzw. aus deutschen Steuermitteln erhalten.
(Auch wenn es sich dabei um linke, jüdische Menschen handelt.)
Mir ist bekannt, dass wir aus, beispielsweise Katar, Gas beziehen werden, was selbstverständlich ein Widerspruch zu obigem ist. Aber dieses Problem wird sich mittelfristig lösen lassen.
"Umgekehrt wird der Vorwurf des Antisemitismus wohl nirgendwo so schnell erhoben wie in Deutschland. Das ist zwar verständlich, schließlich leben wir im Land der Täter. Aber sollte man alle Stimmen, die nicht der offiziellen Staatsräson der bedingungslosen Unterstützung von Israels Regierung folgen, unter Bann stellen?"
Guck an, auch in der Taz gibt es Leute, die Antisemitismus relativieren wollen.
Der Senat ist demokratisch gewählt und setzt Wählerwillen um. Was sollte daran undemokratisch sein?
Die Autorin scheint mir hier einige Dinge zu verdrehen: Erstmal sei festgehalten, dass in Deutschland sehr wohl verschiedene Sichtweisen zugelassen sind; die Frage ist in diesem Fall eher, ob denn je davon auch noch öffentlich gefördert werden sollte. Da bin ich klar der Meinung das nicht.
Auch halte ich es für eine sehr gewagte Aussage, dass es eine Neigung der Mehrheitsgesellschaft gäbe alles McCarthygleich (!) canceln zu wollen. Es erinnert mich von der Logik her eher an die Argumentation der AfD: Die behauptet auch gerne man können bestimmte Äußerungen nicht machen (die sie gleichzeitig sehr wohl äußern) nur weil sie für ihre teilweise kruden Äßerungen nicht Zustimmung sondern Widerspruch bekommt. Sind es nicht vielmehr die von der Autorin so gelobten postkolonialen, queerfeministischen Kreise, die besonders gern und laut danach schreien bestimmter Sichtweisen zu canceln sobald diese nicht voll auf Linie mit ihren ach so progressiven Ansichten liegen?
Und zu guter Letzt noch etwas zur "jüdischen Stimme": gestern bin ich durch meinen Bezirk, Kreuzberg, gelaufen und habe mehrere Aufrufe sehen müssen auf denen dieser Verein zur Demo gegen den angeblichen Genozid im Gaza aufgerufen hat. Wer tatsächlich meint Israel beginge Genozid in Gaza, der muss nicht ernst genommen werden und darf getrost des Sektierertums bezichtigt werden. Würde Israel tatsächlich Genozid im Gaza begehen wollen, dann würden dort keine Palästinenser mehr leben. Umgekehrt wird wohl eher ein Schuh draus: Hätte die Hamas die Mittel, so würde sie einen Genozid an den Israels begehen ohne mit der Wimper zu zucken; das haben die an Grausamkeit und Unmenschlichkeit nicht zu überbietenden Attacken gezeugt. Ich habe alle Zettel entfernt die ich auf meinem Weg gesehen habe, denn wir müssen nicht jeden Dreck aushalten oder gar unterstützen.
@Fran Zose Sie haben recht. Danke für Ihre klaren Worte!
"Offenbar reicht es schon, irgendwann einen BDS-Aufruf unterzeichnet" - Dass dieser Einwurf von einer Seite kommt, die sonst nicht schnell genug sein kann, anderen teils jahrzehntealte Handlungen, u.a. Blackfacing Justin Trudeau, vorzuwerfen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Ich sehe, da jetzt auch keinen Grund warum ausgerechnet in diesem Fall Meinungspluralismus gefördert werden sollte. Kommt ja auch keiner auf die Idee irgendwelche identitären Landjugendvereine mit der Begründung von Meinungspluralismus zu fördern. Play stupid games - win stupid prizes.
Antisemitismus ist weder eine Meinung noch ist er eine »deutsche Befindlichkeit« (WTF!?!)
Israel Genozid, Apartheid oder Faschismus zu unterstellen und seine Bürger*innen als »weiße Kolonisator*innen« zu diffamieren ist keine Meinung, es ist faktenfreie Desinformation, es ist böswillige Hetze, es ist antisemitische Hasspropaganda.
Ein Ort, an dem dies zugelassen, oder gar gefördert wird, ist weder ein Ort für »minoritäre, kritische und interdisziplinäre Perspektiven«, noch ist er ein »Safespace« für ein »internationales und vielseitiges Publikum«. Denn Juden und Jüd*innen, die sich nicht von Israel lossagen wollen, die sich nicht von Verwandten und Freund*innen distanzieren wollen, sind dort weder willkommen noch sicher.
Die antizionistischen Positionen der »Jüdischen Stimme« sind weder in der »jüdischen Community hierzulande« noch in irgendeiner anderen jüdischen Community auf der Welt relevant und schon gar nicht repräsentativ. Wichtig sind diese Stimmen nur für westliche Israelfeinde, weil sie sich hervorragend als Blitzableiter für berechtigte Antisemitismus-Vorwürfe eignen.
Ihr wollt über Antisemitismus diskutieren?
Ist das »Oyoun« etwa ein Ort an dem »andere Sichtweisen« zu Rassismus, Sexismus, oder Homophobie zulassen werden? Ein Ort an dem mit Sexisten und Rassist*innen ergebnisoffen über solche Begriffe diskutiert wird, um zu »einem differenzierteren Bild« zu bekommen? Wird dort allen Betroffenen das Recht abgesprochen selbst zu definieren, wie sie Diskrimierung erfahren und definieren -- oder nur Juden und Jüd*innen? Es ist genau diese Unfähigkeit Antisemitismus mitzudenken, Juden und Jüd*innen als betroffene Minderheit zu erkennen und Euch mit eurem eigenen latenten Antisemitismus auseinanderzusetzen die dazu führt das ihr »gecancelt« werdet.
Und vollkommen zurecht.
Habe mich noch nie dermaßen mainstreamig gefühlt. Solche Diskurse können in dieser Zeit gerne abserviert werden, wenn es nach mir geht.
Mir geht die Gleichsetzung von "Links" mit "gegen Israel" absolut gegen den Strich. Das ist keine modische Frage, die hier von weiten Teilen der Jugend abgefeiert wird.
Ich diskutiere nicht über die Taten der Hamas - sie sprechen für sich selbst. Man muß nur hinhören (wollen). Wer jetzt in D Palestinenserschals trägt, versteht nichts. Ungefähr so relevant wie die niedlichen Jungwähler, die aufgrund der lustigen, so coolen FDP-Wahlspots in den asozialen Medien dieser Partei ein Allzeithoch ermöglicht hatten.
Smartphone tötet Intelligenz !
Vielleicht sollte ein Land wie Berlin das sowieso schon klamm ist generell sich mehr auf die Kernaufgaben Sicherheit, gute Verwaltung und Infrastruktur konzentrieren. Man kann es schon auch der Gesellschaft zumuten sich selbst um die Finanzierung von Kunst und Kultur zu bemühen.
@Machiavelli Endlich sagt es mal einer!
Im Bericht ist davon die Rede, dass die Veranstaltung gecancelt wurde. Allerdings steht weiter oben, dass der Senat die Zusammenarbeit, das Bereitstellen von Fördergeldern, einstellt. Die Veranstaltung wurde also nicht "verboten", lediglich die Unterstützung wurde versagt, so ich das richtig sehe.
Wähle und zahle den Preis... Und das hat nichts mit einer "Hexenjagd" zu tun.
Richtig rund läuft es gerade nicht für den Finanzminister und FDPler Lindner. Günstig ist nur, dass auch die Koalitionspartner eine Lösung brauchen.
Kulturförderung in Berlin: Gefahr für den pluralen Diskurs
Das Kulturzentrum Oyoun in Berlin-Neukölln soll nicht mehr gefördert werden. Der Senat cancelt die Finanzierung – ein antidemokratischer Trend.
Gerade umstritten: das Oyoun, die ehemalige Werkstatt der Kulturen Foto: Schoening/imago
BERLIN taz | Das Oyoun ist ein Ort, der weit über Berlin hinaus strahlt. In migrantischen, postkolonial orientierten und queerfeministischen Kreisen ist das Kulturzentrum bekannt und beliebt als Ort für minoritäre, kritische und interdisziplinäre Perspektiven, die in allen möglichen Ausdrucksformen dargeboten werden. Internationale Künstler*innen treffen hier auf ein internationales und vielseitiges Publikum. Weil es nicht viele solcher Orte gibt, nicht einmal in der auf ihre Multikulturalität so stolzen Hauptstadt, fördert der Senat das Haus, früher bekannt als „Werkstatt der Kulturen“, seit 2020 mit jährlich einer knappen Million Euro.
Doch plötzlich ist alles anders: Das Oyoun hat sich geweigert, dem Wunsch der Kulturverwaltung zu entsprechen und eine Veranstaltung des Vereins „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ abzusagen. Der Verein ist Teil einer internationalen Bewegung linker Jüdinnen und Juden – bekannt ist etwa die „Jewish Voice for Peace“, die Israels Palästina-Politik scharf kritisiert und dafür auch harte Worte wie „Apartheid-System“ benutzt. Das hört man in Deutschland nicht so gerne, seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober weniger denn je.
Und so erklärte die Kulturverwaltung die Zusammenarbeit mit dem Oyoun, das sich gegen die politische Einmischung verwahrte, für beendet. Offenen oder auch „versteckten“ Antisemitismus wolle man nicht fördern, erklärte Kultursenator Joe Chialo (CDU).
Nun muss man der Jüdischen Stimme nicht in allem folgen, vor allem nicht ihrer Unterstützung der Boykott-Kampagne gegen Israel (BDS) – es gibt gute Gründe, BDS antisemitisch zu nennen. Doch sollte man anerkennen, dass die Positionen der Jüdischen Stimme, so marginal sie in der jüdischen Community hierzulande sein mögen, international durchaus relevant sind. Auch in Israel sind scharfe Begriffe wie „Apartheid“ im Kontext mit der Politik der Regierung in Gebrauch.
Umgekehrt wird der Vorwurf des Antisemitismus wohl nirgendwo so schnell erhoben wie in Deutschland. Das ist zwar verständlich, schließlich leben wir im Land der Täter. Aber sollte man alle Stimmen, die nicht der offiziellen Staatsräson der bedingungslosen Unterstützung von Israels Regierung folgen, unter Bann stellen?
Die Absagen häufen sich
Genau das passiert zur Zeit. Die Meldungen von Absagen an Künstler*innen häufen sich gerade derart, dass man von einer neuen Hexenjagd sprechen könnte. Offenbar reicht es schon, irgendwann einen BDS-Aufruf unterzeichnet oder sich angeblich nicht genug vom Hamas-Terror distanziert zu haben, um im Mainstream untendurch zu sein.
In diesem Zusammenhang steht auch das „Canceln“ der Oyoun-Förderung durch den Senat für eine gefährliche Neigung der bürgerlichen Mehrheitsgesellschaft, den pluralen Diskurs zu unterbinden. Besonders nachdenklich sollte dabei stimmen, dass es ausgerechnet Jüd*innen und Migrant*innen sind, die in einer Art neuem McCarthyism mundtot gemacht werden. Aber warum eigentlich muss jede*r hierzulande die „deutsche Befindlichkeit“ in Sachen Antisemitismus teilen? Warum nicht andere Sichtweisen zulassen beziehungsweise mit ihnen diskutieren, um ein differenzierteres Bild zu bekommen?
Das Oyoun ist ein Ort, wo solche Diskurse möglich sind – die Politik sollte solche Orte fördern, statt sie abzuservieren.
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Schwerpunkt Stadtland
Kommentar von
Susanne Memarnia
Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.
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Susanne Memarnia