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Hamas-Angriff auf IsraelWer verändern will, muss verstehen

Unser Korrespondent berichtet seit über 30 Jahren aus dem Nahen Osten. Für Sicherheit brauche es politische Lösungen, schließt er aus den früheren Kriegen.

Flucht vor den Bomben am al-Shifa-Hospital in Gaza Foto: Samar Abu Elouf/NYT/Redux/laif

E s gibt zwei Worte, die ähnlich klingen, aber doch Unterschiedliches meinen: „Verständnis“ und „Verstehen“. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn unschuldige Menschen auf einer Raveparty oder in einem Kibbuz in Israel von Hamas-Kämpfern niedergemetzelt werden. Genauso wenig, wie ich Verständnis dafür aufbringe, wenn 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen kollektiv für diese fürchterlichen Taten bestraft werden. Wer für diese Dinge Verständnis zeigt, sollte seinen moralischen Kompass neu ausrichten.

Ich finde alles, was wir in den vergangenen Tagen gesehen haben, entsetzlich. Und wenn ich sicherstellen will, dass Derartiges nicht geschieht, wenn ich nach Lösungen suche, dann muss ich die Situation analysieren. Ich muss versuchen, etwas zu „verstehen“, für das ich kein Verständnis habe.

Genauso wenig, wie ich Verständnis dafür aufbringe, wenn 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen kollektiv für diese fürchterlichen Taten bestraft werden, schutzlos israelischen Bombardements ausgeliefert sind und ihnen der Strom abgeschaltet und sie ausgehungert werden.

Ich verstehe, dass ganz Israel im Schock ist, dass viele dort nach einer militärischen Lösung rufen, manche auch einfach nach Rache und Vergeltung. Eine Bodenoffensive soll das Problem lösen, wir werden Hamas auslöschen, heißt es. Aber kann eine solche Offensive tatsächlich eine strategische Veränderung schaffen?

2006 musste ich als Journalist aus dem Libanon über den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah berichten. Auslöser war damals ein, im Vergleich zu heute, wesentlich geringerer Anlass: Die Hisbollah hatte zwei israelische Soldaten entführt. Aus Israel hieß es damals, man werde die Hisbollah zerstören. Nach einer Woche Krieg hieß es nur noch, man wolle ihre Kapazitäten schwächen. Die meisten Todesopfer in diesem Krieg waren Zivilisten. Statt der Hisbollah wurde Infrastruktur zerstört. Die Hisbollah sitzt seitdem in jeder Regierung in Beirut.

Die Hamas blieb

Die Situation ist für die Weggesperrten und Besetzten genauso tödlich und untragbar wie für die Besatzer

Mehrere Bombardements und eine Bodenoffensive in Gaza in den letzten Jahren bewirkten das Gleiche. Große Teile des Streifens wurden zerstört, die Hamas blieb. Die Idee, Kräfteverhältnisse mit stark überlegenen militärischen Mitteln zu verändern, scheitert immer wieder. Es gibt keine militärische Lösung in Gaza, die die Lage grundsätzlich strategisch verändern würde. Im Gegenteil: Jedes Kind, das heute in Gaza aus den Trümmern gezogen wird, wird in Zukunft nach noch radikaleren Mitteln rufen.

Ich verstehe, wie sehr das Gefühl, verwundbar zu sein, Israel erschüttert. Das Land wurde auf brutalste Weise eingeholt von einem Status quo, der nicht nachhaltig ist. Die Palästinenser empfinden die seit 15 Jahren andauernde Blockade und Besatzung, den rapiden Ausbau der Siedlungen als schreiende Ungerechtigkeit. Dies wurde international kaum mehr wahrgenommen. Das gilt es zu berücksichtigen, um jetzt die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Es ist eine Situation entstanden, die für die Weggesperrten und Besetzten genauso tödlich und untragbar ist wie für die Besatzer.

Beides: die grauenhaften Hamas-Morde an Zivilisten und die an Zynismus schwer zu übertreffenden Worte des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallander, der mit „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere“ die komplette Belagerung des Gazastreifens mit seinen 2,3 Millionen Menschen angeordnet hat, zeigen eines: Die Belagerung und die Besatzung haben nicht nur die Köpfe der Belagerten und Besetzten zerstört, sondern auch die der Belagerer und Besatzer.

Es wird eine Zeit kommen, in der viele über ihre Taten und Worte in dieser Woche erschrecken werden. Vielleicht ist es einfach auch noch der falsche Zeitpunkt für das „Verstehen“ und zu früh für die Frage, was all das langfristig bedeutet. Zu verletzt ist die Gefühlslage auf allen Seiten. Aber wer etwas verändern will, der muss verstehen.

Im schlimmsten Fall schlittern wir in einen Krieg mit vielen Fronten, vom West­jordanland und den Palästinensern, die in Israel als israelische Staatsbürger leben, bis hin zu einem neuen Krieg mit der Hisbollah im Libanon, sogar mit Iran. Den Szenarien sind kaum Grenzen gesetzt.

Aber vielleicht bringen die brutalen vergangenen Tage langfristig Bewegung in eine Geschichte, die bisher als unbeweglich galt.

Genau vor 50 Jahren brach der Jom-Kippur-Krieg aus, oder der Oktoberkrieg, wie er auf arabischer Seite heißt. Bei einem Überraschungsangriff überrannte die ägyptische Armee 1973 die israelischen Verteidigungslinien auf dem damals besetzten Sinai. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee, gewonnen im Sechstagekrieg 1967, war schwer angeschlagen. Das Ergebnis waren Verhandlungen auf Augenhöhe, die zum Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel führten.

Noch befinden wir uns mitten in der Rhetorik des Krieges, aber bald werden wir feststellen, dass keine militärische Lösung das gewünschte Ergebnis bringt. Dass sich die Palästinenserfrage nicht in Luft auflösen, sondern nur noch virulenter wird und nach einer politischen Lösung schreit. Wahrscheinlich nirgendwo wird das offener diskutiert werden als in der israelischen Gesellschaft selbst.

Es geht hier sicherlich nicht darum, Hamas mit der ägyptischen Armee zu vergleichen, und schon gar nicht darum, mit der Hamas Gespräche zu führen. Es geht darum, die heutigen Zusammenhänge zu verstehen, um dann andere herzustellen, die nicht der Hamas in die Hände spielen, die nicht tödlich für beide Seiten sind. Denn wirklich sicher wird es nur, wenn palästinensische Kinder, die heute aus den Trümmern ihrer Häuser in Gaza gezogen werden, eine echte Perspektive bekommen.

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Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
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36 Kommentare

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  • Vielen Dank für Eure Kommentare, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Danke für diesen Artikel.



    Es ist eine Katastrophe!



    "Vernünftige" Lösungen gibt es nicht.



    Dass gerade wir Deutschen, die den Holocaust und die schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Geschichte verübt haben, der Meinung sind, hier moralische Bewertungen treffen zu können, ist unreflektiert.

  • Was ich nicht verstehe:



    Warum schicken die Palästinenser selbst die Hamas nicht in die Wüste? Warum gefällt ihnen diese (ihre) "Regierung" so gut?

    • @Benzo:

      Tja, warum schicken die Leute nicht auch anderswo ihre jeweiligen Despoten und Diktatoren ganz einfach in die Wüste? Warum sind Putin, Kim, Assad, die iranischen Mullahs und die Taliban noch im Amt? Die Hamas hat hat die Macht 2007 blutig im Kampf gegen die Fatah übernommen. Wahlen hat es seitdem nicht gegeben.

    • @Benzo:

      Wer sagt denn, dass den Palästinensern ihre Regierung gefällt? Wahlen gab es in den palästinensischen Autonomiegebieten 2006 zuletzt. Aber ist natürlich tragisch, dass bei zu vielen im Gazastreifen die Fama der Hamas verfängt, an allem Unglück sei immer nur Israel Schuld – obwohl die Hamas eben seit 17 Jahren die alleinige Verantwortung für die inneren Verhältnisse im Gazastreifen hat.

  • "Noch befinden wir uns mitten in der Rhetorik des Krieges, aber bald werden wir feststellen, dass keine militärische Lösung das gewünschte Ergebnis bringt."

    Was ist denn das gewünschte Ergebnis von dem wir hier reden?



    Wollen wir erstmal, dass die Hamas den aktuellen Angriff beendet, die Hamas aufhört zu existieren oder gleich den kompletten Frieden zwischen den Einwohnern Gazas und Israels?

    Das sind meines Erachtens drei wünschenswerte Dinge, die sich in genau dieser Reihenfolge bedingen. (Kein Anspruch auf Vollständigkeit.)

    "Dass sich die Palästinenserfrage nicht in Luft auflösen, sondern nur noch virulenter wird und nach einer politischen Lösung schreit."



    Dann machen sie doch mal einen Vorschlag, wie man das politisch lösen könnte. Die Hamas muss dafür weichen, soviel ist klar. Aber freiwillig werden die bestimmt nicht einfach die Füße auf den Tisch legen.

    • @metalhead86:

      Das derzeit formulierte Kriegsziel ist die vollständige Vernichtung der Hamas. Aber selbst wenn man die Position vertritt in der Terrorbekämpfung den militärischen Weg dem strafrechtlichen vorziehen zu wollen, sollte man besser einen halbwegs konkreten Plan haben was denn danach kommen soll. Die Chance darauf, dass ein Szenario in dem eine humanitäre Katastrophe mit einem Machtvakuum zusammentrifft ausgerechnet moderatere Kräfte ans Ruder befördert dürfte nämlich ausgesprochen gering sein. Wenn aber ein Krieg unter Inkaufnahme sehr vieler ziviler Opfer dann letztlich dazu führt, dass statt der Hamas etwa eine Gruppe vom Schlage des IS an die Macht gelangt ist wohl kaum etwas gewonnen.

      • @Ingo Bernable:

        Sie suggerieren, als gäbe es da eine Wahl. Sie gehen also davon aus, dass die Polizei die 40.000 - 50.000 mit Kriegswaffen bewehrten Hamas Kämpfer dingfest machen könnten.



        Die GSG9 wurde gerade gegründet, weil durch das palästinesische Olympia-Attentat klar wurde, dass die normalen Polizisten solche Situationen nicht bewältigen können. Die GSG9 ist 400 - 500 Mann 'stark'. Bezogen auf die BRD würden Sie diesen zutrauen, die 100 fache Anzahl der Hamas festnehmen zu können? Falls nein, wie soll die Polizei des im vergleich zur BRD kleinen Israels dies schaffen?

  • Lieber Herr El-Ghawary. Das Problem mit Hass und Vergeltung scheint mir (kollektiv-)psychologischer Natur zu sein, weniger ein Thema des kognitiven historischen oder politischen Verstehens von Konflikten. Zumindest aus der Perspektive der direkt Betroffenen.



    Und auch wir als bloße Beobachter und Kommentierende eines Konflikts werden aufgrund unterschiedlicher Parteilichkeiten in diesen Sog emotionaler Befindlichkeiten hineingezogen, die dann wiederum Grundlage (zum Teil fataler) politischer Haltungen, Forderungen und Handlungen werden. Der Mensch fühlt und denkt - aufgrund der evolutionsgeschichtlichen Entwicklung seines Gehirns - leider in (immer noch) recht archaischen Bildern bzw. Vorstellungskategorien, besonders wenn es um extrem existenzbedrohende Situationen geht. Ohne Zweifel sind diese Bedingungen für die Bevölkerung in Israel und Gaza in vergleichbarem Maß gegeben.



    Wer aufgrund unmittelbarer Verlusterfahrungen wie dem Tod naher Angehöriger - die dazu noch mit der traumatischen Erfahrung ihrer bestialischen Ermordung verbunden sind - in seinen persönlichen Schmerz versinkt (im Kontext von Völkermord kann das sogar kollektive Trauer und Traumata hervorrufen), ist u.U. gar nicht in der Lage, den Schmerz der anderen Seite rational zu “verstehen”. Möglicherweise schlägt der notwendige, kathartische Prozess der Trauer dann sogar in Verzweiflung, Hass und Rachegefühle um.



    Im Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern scheint mir dieser verhängnisvolle Prozess weit fortgeschritten zu sein. Der Schmerz der anderen (Shoa) kann nicht als der eigene (Nakba) wahrgenommen werden, er muss relativiert oder negiert werden, die anderen entmenschlicht.



    Wie wollen Sie das Problem auf politischer Ebene lösen?

  • "Brach" je ein Krieg "aus" ? Klingt als wärs die Grippe. Zuerst sollten wir fragen: Wer hat, physisch, konkret, einen Angriff gestartet. ? DANN können wir sinnieren: war es präventiv (Israel, mehrmals), unprovoziert (die arabischen Armeen 1973), ...



    Kämpfe ohne klar erkennbaren ersten Schlag gabs vielleicht noch zu Zeiten des britischen Mandats, danach nicht mehr.

  • Danke für diesen Artikel, er läßt sehen, dass es nicht nur die blutrünstige Hamas und nicht nur rachsüchtige Israelis wie der zitierte Verteidigungsminister mit seinem edlen Menschenbild gibt.



    Der Artikel zeigt sehr gut auf, dass kriegerische Lösungen -auf die Militaristen wie Baerbock, Hofreiter u.ä. setzen - langfristig keinen Erfolg haben werden. Wie man an den ersten Kommentaren aber wiederum sieht ist eine Stimme der Vernunft nicht so sehr gefragt. Fragt Euch aber mal alle wo Eure Rachegedanken und Euer Militarismus endet....

  • Guardian: Bibi: “Our enemies have only just begun to pay the price,” Seine Feinde sind offenbar auch arabische Kinder. Die "pay the price", jeden Tag nun.



    Die Hamas bricht einen Krieg los und scheint damit ebensowenig Rücksicht auf Gazas Kinder zu nehmen.



    Die Evakuierungs-"order" für 1 Mio Menschen - und Evakuierung hinein in die ohnehin schon ebenso überfüllten Städte südlich des Flusses bricht jedwedes Völkerrecht.



    www.theguardian.co...li-ground-invasion

  • Danke für diesen Artikel!

  • Eine hervorragende differenzierte Betrachtung dieses äußerst komplexen Problems in dieser Region.

    Das leid auf beiden Seiten ist seit dem 7. Oktober kaum zu ertragen und wird uns noch lange beschäftigen.

    Deutlich muss gesagt werden, dass es schrecklich ist was den Israelis widerfahren ist,

    ABER auch schrecklich, dass



    am 9. Oktober der israelische Verteidigungsminister Yoav Galant die Blockade des Gazastreifens verkündet hat. Es ist eine Ankündigung, die darauf hindeutet, dass der Sektor nicht unter Belagerung stand und dass davor alles in Ordnung war.

    Dies ist eine neue israelische Täuschung (der aktuellen rechten Regierung) der Weltöffentlichkeit, dass man leider so sagen. Die Vereinten Nationen, ihre Berichterstatter sowie viele Menschenrechts- und humanitäre Organisationen haben bestätigt, dass der Gazastreifen seit 2007 belagert wird, was zu sehr schweren Schäden geführt hat.

    Allerdings stellt diese jüngste Ankündigung auch einen eklatanten Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar. Die Belagerung ist eine Form rechtswidriger Kollektivstrafe, die der Zivilbevölkerung den Zugang zu Grundbedürfnissen wie Nahrung, Wasser, Medikamenten und Elektrizität verwehrt.

    Gewalt führt zu Gegengewalt, eine nie endende Teufelsspirale die von beiden Seiten befeuert wird.

    Mein Gedanken sind bei den zahlreichen israelischen und palästinenser Kindern.

  • Israel beantwortet den Hamas-Terror gegen die Israelische Zivilbevölkerung mit eigenem Terror gegen die Palästinensische Zivilbevölkerung. Beide Seiten missachten das humanitäre Völkerrecht der Genfer Konvention. Wohin soll diese Spirale des Hasses führen?



    Deshalb: 1) Waffenstillstand, 2) Verhandlungen mit PLO, Ägypten, Saudi Arabien, Katar über Abzug der Hamas aus Gaza. 3) UN Truppen im Gaza und Übernahme der Verwaltung durch PLO. 4) Friedensverhandlungen zwischen PLO und israelischer Regierung der nat. Einheit ohne die Extreme Rechte.

  • Zum Verständnis der Zusammenhänge gehört leider auch festzustellen, dass die gewählte Hamas überhaupt kein Verantwortungsgefühl für die Palästinenser hat. Vielmehr hat die Versorgung der Bevölkerung an die Weltgemeinschaft delegiert und ist vornehmlich mit ihrem bestialischen Morden in Israel beschäftigt. Die Hamas ist der Besatzer Palästinas und benutzt die Palästinenser als moralische und menschliche Schutzschilde gegen Israel. Es ist die Logik von Terrorismus und Geiselnahme, die die Angegriffenen stets in ein moralisches Dilemma bringen soll. Es ist schon verwunderlich, kaum etwas über die Verantwortung der Hamas für die Palästinenser zu lesen.

  • Sehr guter Kommentar. Danke.

  • "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn unschuldige Menschen auf einer Raveparty oder in einem Kibbuz in Israel von Hamas-Kämpfern niedergemetzelt werden. Genauso wenig, wie ich Verständnis dafür aufbringe, wenn 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen kollektiv für diese fürchterlichen Taten bestraft werden."

    Gut, danke für den ersten Satz. (Anm.: übrigens verschweigt Hamas auf seinen Propagandakanälen dieses Massaker, zeigt nur Angriffe auf israelische Soldat:innen.) Aber im zweiten Satz liegt schon gleich die Bias, eine Lücke im Verstehen(wollen?), die mir diesen Artikel so schwer erträglich macht. Die Hamas verübt einen der schlimmsten Terrorangriffe der Geschichte, woraufhin Israel laut Karim El-Gawhary die Palästinenser kollektiv bestrafen würde. Die sich abzeichnende Bodenoffensive bringt er weiters nur mit den Begriffen Rache und Vergeltung in Zusammenhang, die hat also anscheinend mit militärischer Verteidigung gegen einen mit militärischen Mitteln verbrecherisch agierenden Gegner nichts zu tun. Ergo, sehr einfach zusammengefasst: Ja, Hamas metzelt, und Israel straft unterschiedslos (metzelt also auch). Puhhh.

    Dass Israel hier nur auf kollektive Bestrafung, Rache und Vergeltung sinne, ist eine ziemlich ätzende Unterstellung. Israel wehrt sich gegen die Hamas, und Israel warnt vorab in den betreffenden Gebieten vor den dann folgenden Angriffen. Natürlich wird dabei nicht nur militärische Infrastruktur der Hamas getroffen - wie sollte das auch gehen in der dichtbesiedeltsten Region der Welt? Aber wer hier den Unterschied nicht erkennt, ja, sorry, das muss ich dem Autor retournieren, "sollte seinen moralischen Kompass neu ausrichten."

    • @MeinerHeiner:

      Naja ich stimme teilweise zu, eine Bodenoffensive ist schon verständlich. Die Begriffe Rache und Vergeltung kommen soviel ich weiß aber von Netanjahu persönlich.

    • 2G
      2422 (Profil gelöscht)
      @MeinerHeiner:

      Israel zerstört in Gaza gezielt zivile Infrastruktur. Das ist ein Kriegsverbrechen. Was für die Ukraine gilt, muss auch für Gaza gelten.

    • @MeinerHeiner:

      "Natürlich wird dabei nicht nur militärische Infrastruktur der Hamas getroffen"



      Auch wenn es schwierig ist halbwegs unabhängige Zahlen zu finden deuten diese für vergangene Eskalationen darauf hin, dass das Verhältnis von getöteten Zivilist*innen zu 'neutralisierten' Terrorist*innen sich irgendwo im Bereich von 1:1 bis 2:1 bewegt. Bei einem derart hohen Blutzoll unter der Zivilbevölkerung kann man, denke ich auch bei allem Entsetzen und aller Abscheu über die unbestrittenen Greueltaten der Hamas schon die Frage stellen ob ein solches Vorgehen in Hinblick auf den "moralischen Kompass" tatsächlich vertretbar und angemessen ist.

      • @Ingo Bernable:

        Dazu muss aber eben auch erwähnt werden, dass die Hamas bewusst ihre Kommandozentralen in Wohnblöcken einrichtet und für ihre Raketen öffentliche Gebäude wie bspw. Schulen nutzt.

        • @metalhead86:

          Das kann man zwar erwähnen, es ändert aber nichts daran. Zivilist*innen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen ist ein Kriegsverbrechen und Verstoß gegen die Genfer Konvention, sie deshalb einfach zu töten aber auch. Das eine Kriegsverbrechen kann keine Rechtfertigung für das andere sein.

      • @Ingo Bernable:

        Das ist ohne Frage ein moralisches Dilemma. Aber bei der Frage nach der Moral geht es auch um Intentionen der Handelnden. El Gawharys Text liest sich für mich so, dass er Israel und die Hamas moralisch auf eine Stufe stellt. Es ist aber bereits ein Unterschied, ob jemand die Existenz eines Volkes auslöschen will - und dafür eine Reihe von Pogromen verübt - oder ob jemand die dafür verantwortliche Terrororganisation zerschlagen will. Es macht auch einen erheblichen moralischen Unterschied, wer den aktuellen Krieg mit welchen Rationalen begonnen hat. Das ist für die Zivilbevölkerung vor Ort keine unmittelbar relevante Frage, die muss jetzt irgendwie ihr Leben schützen. Für uns als externe Beobachter, noch zumal in Deutschland, ist das aber alles relevant.

      • @Ingo Bernable:

        Auf Grund der Tatsache, das die Hamas mit Vorliebe ihre militärischen Infrastrukturen gezielt in zivile Einrichtungen einrichtet sind Kollateralschäden von 1:1 oder 2:1 vertretbar und eine Absenkung gerade in dem aktuellen Konflikt auch gar nicht möglich, da die Hamas gezielt Zivilisten daran hindert, aus den umkämpften Gebieten zu fliehen.

  • In Kurz: Wie verhindert das Zerbomben von Städten Terrorismus?

    Vielleicht wird man den Terror der Hamas nicht aufhalten. Vielleicht werden die noch radikaler in ihrem Freiheitswahn - das Kind aus den Trümmern in diesem Artikel inklusive. Vielleicht werden aber auch viele Menschen im Gaza-Streifen realisieren, dass die Hamas mehr Fluch als Segen ist und diese ihre Befreiungskämpfer klare Kante zeigen.

    Bis dahin wird genau diesen Leuten aufgerufen, in südliche Gebiete zu fliehen.

  • Was mich an diesem und vielen anderen Artikeln stört, ist das nicht erwähnt wird wie die Gaza Blockade zu Stande kam. 2005 hat Sharon, der am Ende seiner Politiklaufbahn erkannt hat, dass die Besatzung der palästinensischen Gebiete Israel langfristig schaden wird, alle Soldaten und Siedler aus Gaza unilateral abgezogen. Erst mal ohne Blockade. Das wäre der Moment gewesen für Palästina zu zeigen wie ein freies Palästina aussehen könnte. Kurz darauf wurde Hamas gewählt, in deren Konstitution über das Töten aller Juden geredet wird und die sich als einziges Ziel die Zerstörung Israels auferlegt haben. Erst ein Jahr nach der Wahl der Hamas hat Israel die Blockade aufgesetzt. Ich glaube nicht, dass es irgendein Land auf dieser Welt geben würde, dass in dieser Situation nicht das gleiche getan hätte wie Israel.

    • @Bahnhof:

      Hamas hat flux danach die Wahlen abgeschafft.



      Sie erwähnen nicht, warum Hamas gewählt wurde: die PLO galt als hochkorrupte, sich selbst bereichernde Elite. Die Hamas spielte Saubermann, der das Land rettet. Nach dem Schema kommen Populisten oft an die Macht.

    • @Bahnhof:

      Danke, genau das.



      Wer nach der Zwei-Staaten-Lösung ruft muss unweigerlich feststellen, dass daran Bevölkerung und Regierung der Palästinenser in überwältigender Mehrheit uninteressiert sind.



      Free Palestine heißt in deren Verständnis die Juden zurück ins Meer treiben und fertig.



      Wer die Abschottung des Gazastreifens durch Israel anprangert muss zugeben, dass es ohne augenscheinlich nicht geht - die Hamas selbst liefert seit bald 15 Jahren beinahe tagtäglich den Beweis dafür.

    • @Bahnhof:

      Da kann ich mich nur anschließen.

      Außerdem sieht man ja an dem Umstand, dass die Terrorkommandos gerade von denen angeführt wurden,die eine Arbeitserlaubnis für Israel hatten, dass das Angebot auf die Zukunft mit einer echten Perspektive (gute Gehalt, Sozialversicherung...) komplett ausgeschlagen wird.

      Ein solches Angebot wird es jetzt nicht mehr geben. Wie auch?

    • 2G
      2422 (Profil gelöscht)
      @Bahnhof:

      Es geht nicht darum, ob das israelische Militär jetzt ein moralisches Recht hat, die Stadt Gaza niederzubrennen, es geht um die Bestimmungen des Völkerrechts. Diese Bestimmungen sind von Israel und der Hamas in der Vergangenheit immer wieder missachtet worden. Auch unsere historische Verantwortung in Bezug auf Israel als sicheren Hafen für Juden kann nicht bedeuten, dass das jetzt von Israel angedrohte Kriegsverbrechen, nämlich vorsätzlich ungeschützte Zivilbevölkerung anzugreifen, von uns gutgeheißen werden darf. Deren angekündigte Vertreibung ist ebf. durch das Völkerrecht nicht gedeckt. In Bezug auf den von Ihnen gelobten Scharon wäre noch an das von ihm verantwortete Massaker von Schatila zu erinnern, das tief im kollektiven Gedächtnis der Palästinenser eingebrannt ist. Und ihnen dennoch nicht das Recht gibt, israelische Zivilisten zu massakrieren.

    • @Bahnhof:

      Danke für diese wichtige Ergänzung.

  • Und was sollte Israel also in dieser Situation tun?

    Da ein Bodeneinsatz nach Meinung des Autors keine Lösung darstellt, muss es ja eine andere geben.

    • @Jim Hawkins:

      TINA ist selten ein guts Argument. Auch in der Ukraine haben wir ja furchtbarste Gräueltaten und Kriegsverbrechen gesehen, Massaker, Folterkeller, Massengräber und täglichen Raketenterror gegen zivile Infrastruktur und Zivilbevölkerung. Dennoch nehme ich in den Statements Ukrainischer und Israelischer Politiker*innen sowohl in Hinblick auf Tonalität wie auch Inhalt erhebliche Unterschiede wahr. Die einen wollen den Gegner ausradieren ("wipe out"), für die anderen ist die Wiederherstellung des völkerrechtlichen quo-ante das zentrale Motiv, die einen setzen auf akribische Dokumentation der ihnen widerfahrenen Kriegsverbrechen in dem Vertrauen darauf, dass diese eines Tages vor irgendeinem Gericht aufgearbeitet und abgeurteilt werden, die anderen starten Militäroperationen deren völkerrechtliche Legalität in einigen Aspekten zumindest umstritten ist.

    • @Jim Hawkins:

      "... muss es ja eine andere gegen."

      Nein, ich sehe nicht, dass der Autor der Meinung sei, es gäbe jetzt eine kurzfristige Lösung. Er schreibt davon, dass es *keine* militärische Lösung gibt, und solange geschossen wird, gibt es auch keine friedliche Lösung.

      Was "danach" geschieht, weiss keiner, u.a. weil keiner weiss, wer dann noch lebt.

      Merke: nicht jeder der um Verständnis der Situation bemüht ist, hat bereits ein Patentrezept im Ärmel. Soll er deshalb schweigen?

  • Danke.