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„Ultra Low Emission Zone“Ganz London wird zur Umweltzone

Die britische Hauptstadt London dehnt den Bereich aus, in den zu dreckige Autos nur nach Zahlung dürfen. Die Umwelthilfe lobt den Schritt.

Luft verpesten wird teuer, in London gilt jetzt die „Ultra Low Emission Zone“ Foto: Eckhard Stengel/imago

Ab Dienstag gilt im gesamten Londoner Stadtgebiet die „Ultra Low Emission Zone“. Be­sit­ze­r:in­nen von Fahrzeugen, die nicht den Emissionsstandards Euro 4 für Benziner und Euro 6 für Diesel entsprechen, müssen künftig eine Gebühr von 12,50 Pfund (das entspricht knapp 14,50 Euro) pro Tag zahlen, wenn sie mit ihrem Auto innerhalb der Londoner Stadtgrenze fahren wollen.

Die Stadt hat bereits im Jahr 2008 eine Umweltzone für schwere Fahrzeuge wie Lkws eingeführt. 2019 wurden auch Pkws im engeren Innenstadtbereich eingeschränkt, nun greift die Umweltzone für das gesamte Stadtgebiet.

„Die Ausweitung der Londoner Umweltzone ist ein Erfolg für die saubere Luft und die Gesundheit der Menschen vor Ort“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), am Montag. „Mit den höheren Standards werden nicht nur Feinstaubemissionen, sondern auch die Emissionen gesundheitsschädlicher Stickoxide eingeschränkt“, erklärt Robin Kulpa, stellvertretender Bereichsleiter für Verkehr und Luftreinhaltung der DUH, gegenüber der taz.

„Mit unserer Forderung beziehen wir uns weniger auf die täglichen Zahlungen, sondern mehr auf die Beschränkung besonders schmutziger Fahrzeuge“, sagt Kulpa. „Die Umweltzonen, die es in Deutschland bereits gibt, wie etwa innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings oder im gesamten Ruhrgebiet, basieren noch auf niedrigeren Emissionsstandards.“ Der Umweltverband fordert daher, dass deutsche Städte und Kommunen die Grenzwerte verschärfen.

„Die Zeit des Verbrenners ist vorbei“

Eine Verschärfung solle jedoch nicht dazu führen, dass große Mengen an Autos verschrottet werden, betont Kulpa. Stattdessen sollten Autos nachgerüstet werden. „Es gibt bereits Partikelfilter zur Reduzierung von Feinstaub. Eine Stickoxidreinigung ist zwar etwas komplizierter, aber in neuen Fahrzeugen serienmäßig verbaut“, so Kulpa. Um soziale Ungerechtigkeiten zu vermeiden, solle die Nachrüstung auf Kosten der Hersteller geschehen.

Mobilitätsexperte Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung geht diese Lösung noch nicht weit genug. „Die Zeit des Verbrennermotors ist vorbei“, sagt er der taz. Es sei an der Zeit, sich umzustellen. „Die Klimaziele in Deutschland sind nur erreichbar, wenn wir, so schnell es geht, als Gesellschaft auf E-Autos umsteigen“, sagt Knie.

Er fordert deshalb eine Umweltzone, die sämtliche benzin- oder dieselbetriebenen Fahrzeuge aus den Innenstädten ausschließt. „Um diese Forderung sozial verträglich zu machen, könnte es beispielsweise Zuschüsse bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze geben.“

Worin sich Knie und Kulpa einig sind, ist, dass es neben Einschränkungen immer auch Anreize geben sollte. So sollten etwa sichere Radwege entstehen, der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und mehr E-Sharing-Angebote geschaffen werden.

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35 Kommentare

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  • @SOLLNDAS

    Der Mix ist ein zeitliches Mittelwert (typ. 1 Jahr).

    Sie werden lachen: ich komme auch ohne Führerschein aus.

  • @SOLLNDAS

    Das ist doch im Mix mitberücksichtigt. Wer mehr Geld für die Stromrechnung bezahlt (wg. Nabelschnur) finanziert anteilig eben auch die Installation erneuerbarer (Sie können Ihren Anteil noch erhöhen bei der richtigen Wahl des Stromlieferanten). Es ist nicht so, dass immer ein neues Braunkohlekraftwerk gebaut wird, wenn Sie Ihr eDingens einstöpseln.

    Dass es mehr sein könnte -- keine Frage, aber leider wurde unsere Solarindustrie weggealtmeiert -- da müssen wir uns noch von erholen.

    Meine persönliche Lösung: kein Auto.

    • @tomás zerolo:

      "Das ist doch im Mix mitberücksichtigt."



      Quatsch. Es gibt "den" Strommix höchstens als zeitlichen Durchschnittswert. Der reale Strommix verändert sich ständig, z.B. in der Sekunde, in der Sie das "eDingens" (oder einen x-beliebigen anderen Verbraucher) einstöpseln. Und wenn Sie z.B. ihren Rechner ausschalten, geht er hoch. Und da Erneuerbare mit Vorrang eingespeist werden (und sich daher ihre Einspeiseleistung nicht verändert), wirkt sich die Verbrauchsänderung VOLL auf die Fossilen und deren CO2-Ausstoß aus. Übrigens vollkommen unabhängig von Ihrem persönlichen Stromanbieter.



      "Es ist nicht so, dass immer ein neues Braunkohlekraftwerk gebaut wird, wenn Sie Ihr eDingens einstöpseln."



      Natürlich wird nicht "immer" eins "gebaut". Aber es wird "immer" ein fossiles Kraftwerk hochgefahren. Und schon garnicht wird bei wachsender Anzahl von E-Autos und Wärmepumpen eins stillgelegt.



      "Meine persönliche Lösung: kein Auto."



      Schön für Sie, wenn es Ihnen gelingt, ohne Auto auszukommen.

  • Darf eigentlich jeder Bürgermeister in England sein Hamlet für Dreckschleudern sperren oder nur der Londoner?

  • Gute Sache, sollte generell für Verbrenner mit einem Gewicht größer 1 Tonne gelten.

  • Das Problem ist doch, dass alle Diesel unterhalb der Norm Euro 6d faktisch über gar keine funktionierende Abgasreinigung verfügen, da die Thermofenstersteuerung schon bei Temperaturen unter 15 Grad, über 30 Grad und in der Warmfahrphase die Reinigung deaktiviert. Als Radfahrer rieche ich täglich diese enorme Luftverpestung durch Ruß und Stickoxide. Die Forderungen der DUH finde ich richtig.

  • @LESENMACHTDUMM

    Zu viel gelesen?

    Hier [1] entnehme ich, dass die zu 18.3% mit Braunkohle fahren. Nimmt mensch Kohle insgesamt, dann zu 27.2%. Jedenfalls zu (knapp) weniger als 50% mit nicht-Erneuerbaren.

    Erstens: besser nicht Auto fahren, zweitens: immer noch viel zu viel, -- aber die Lüge, die Sie (wissentlich oder unwissentlich) verbreiten ist und bleibt eben eine Lüge.

    [1] strom-report.com/strom/

    • @tomás zerolo:

      Ich habe es gefühlt schon 4711 mal geschrieben: Wenn Sie ein E-Auto an die Nabelschnur hängen, scheint die Sonne nicht heller und auch der Wind weht nicht stärker. Was passiert, ist, dass mehr fossiles Zeugs verbrannt wird, und der Anteil der Erneuerbaren am Strommix geht runter. E-Autos werden nahezu ausschließlich mit fossilem Strom geladen, außer in den wenigen Augenblicken, in denen es örtlich (wegen Netzengpässen) und zeitlich zufällig mal ein Überangebot an Erneuerbaren gibt.



      Wer dies (wissentlich oder unwissentlich) verschweigt, lügt zwar nicht offen, aber er sagt nur die halbe Wahrheit.

  • Genau, ganz viele müssen nun auf brandneue SUVs mit E-Antrieb umsteigen. Angeblich Zero Emissionen in der Nutzung, aber was die Produktion eines solchen SUVs mit E-Antrieb an Emissionen in der Herstellung verursacht, das blenden wir gerne aus. E-Autos sind wie E-Bikes ja ach so umweltfreundlich...

    • @Bernd Käpplinger:

      Müssen denn zwangsläufig CO2-Emissionen bei der Produktion von E-Autos und E-Bikes entstehen? Nein, eben nicht wenn regenerative Energien auch für diese Prozesse eingesetzt werden und bei der Rohstoffaufbereitung eventuell anfallendes Kohlendioxid abgeschieden und gespeichert wird.

  • Kosten und Nutzen der Maßnahme stehen in keinem Verhältnis. Labour schießt sich selbst ins Knie.

  • "„Die Klimaziele in Deutschland sind nur erreichbar, wenn wir, so schnell es geht, als Gesellschaft auf E-Autos umsteigen“, sagt Knie."



    Immer der gleiche blinde Fleck: Wo kommt der Strom für die E-Autos her??? Und welche Opportunitätskosten verursachen sie?



    Beispiel: Ich kaufe einen Dacia Sandero. Der kostet, bis er auf der Straße steht, ca. 13.500 €. Ein noch nicht mal gleichweriges E-Auto kostet ca. 40.000 €. Die Differenz, also 26.500 €, stecke ich in Windparkbeteiligungen.



    Was spart mehr CO2 ein? Das E-Auto - oder der Sandero plus Windpark?



    Netzausbaukosten, Ladestationen, etc. noch nicht mal eingerechnet.

    • @sollndas:

      Das Problem ist aber, dass 99,9% einen einen Dacia Sandero kaufen und 0€ in einen Windpark investieren.

      • @Rudi Hamm:

        Nein. Das Problem ist, dass E-Autos unterm Strich ungefähr NULL % CO2-Einsparung bringen. Was sie im Verkehrssektor einsparen, setzen sie im Stromsektor wieder frei (vorausgesetzt, man rechnet richtig und berücksichtigt die Rückwirkung auf den Strommix).



        Gesamtwirtschaftlich gesehen sind E-Autos und deren Fördeung Verschwendung von Ressourcen, die anderswo energiewendender eingesetzt werden könnten.

    • @sollndas:

      Immer der gleiche Kategorienfehler: Auf eine Forderung zum gesellschaftlichen Handeln wird mit der individuellen Perspektive reagiert.

      Wo kommt das Benzin für die Verbrennerautos her?

      Auch wenn im Allgemeinen sicher stimmt, dass E-Autos in der Anschaffung deutlich teurer sind, ist Ihr Vergleich ohne konkretere Informationen auch nicht mehr als ausgedacht.

      Nichts für ungut.

      Sicher individuell und gesellschaftlich lohnenswert, dass Sie über 26.000€ in Windkraft investieren.

      Grüße



      Fratercula

      • @Fratercula:

        "Wo kommt das Benzin für die Verbrennerautos her?"



        Nicht aus der Braunkohle :-)



        "...ohne konkretere Informationen..."



        Konkrete Informationen gibt es in den Datenblättern von Autoherstellern und bei Windparkbetreibern. Müssen Sie sich nur zusammensuchen und zusammenrechnen. Wenn Sie illusionslos rechnen, ist das Ergebnis eindeutig.



        Hat mit individueller Perspektive nichts zu tun, gilt gleich auch für Volkswirtschaften: Geld, das an einer Stelle zum Fenster hinausgeworfen wird, kann an anderer Stelle nicht mehr verwendet werden.

  • Es stimmt, das Ruhrgebiet ist Umweltzone.

    Nur: Dazu muss mensch dann auch sagen, dass alle Bundesautobahnen von der Umweltzone Ruhrgebiet ausgenommen sind.

  • @MARTIN WEBER

    Genau so ist es. E-Autos "lösen" nur das mit dem CO2, Autos machen ganz andere Probleme.

    In der Stadt haben die meisten von ihnen nichts verloren.

    Die Autoindustrie investiert einen Haufen Geld darin, uns davon zu überzeugen, dass "es nichts anders geht".

    Es geht anders, und es ist dann viel besser.

    • @tomás zerolo:

      NOCH fahren die Dinger mit Brauskohle, das 'löst' sich noch nix !

      • @lesnmachtdumm:

        Sie tun gerade so als hätten wir noch keinen regenerativen Stromanteil von bereits überwiegend mehr als fünfzig Prozent…

  • „Die Klimaziele in Deutschland sind nur erreichbar, wenn wir, so schnell es geht, als Gesellschaft auf E-Autos umsteigen“, sagt Knie.

    In manchen Fällen braucht es Autos, die sollten dann auch elektrisch sein. Viele Städter brauchen kein Auto, haben derzeit aber eins. Deren Autos gehören nicht durch E-Autos ersetzt, sondern abgeschafft.

    Elektroautos retten die Autoindustrie, nicht das Klima.

    • @Martin Weber:

      Elektroautos retten RWE !

  • Der Fossilstinker sollte rasch aus allen Städten mit ausreichenden ÖPNV entfernt werden!

  • Ob das DER Durchbruch ist, soll jeder selbst beurteilen.



    Laut BBC erfüllen 90% der Autos in den äußeren Bereichen Londons schon den Standard und es wird eine Reduktion von NO2 um 1.5% erwartet.

    • @fly:

      Link, courtesy of en.wikipedia.org:



      www.telegraph.co.u...ioned-ulez-claims/



      The Telegraph: Sadiq Khan’s office tried to discredit and “silence” scientists who found that his ultra-low emissions zone (Ulez) policy had little impact on pollution, The Telegraph can disclose.

  • Uxbridge and South Ruislip



    Dies is nu ma wieder n Beispiel: Vorgeblich geht's um LONDON, doch diskutiert wird im Artikel ausschließlich, ganzundgar ausschließlich, die Reaktion aufs ferne Treiben hier bei uns in Germany. Labour hat, trotz landesweiter Trends zu ihren Gunsten, die Nachwahl in Londoner Wahlkreis Uxbridge and South Ruislip knapp NICHT gewonnen, und das ziemlich sicher aus eben dem Grund, dass Londons Bürgermeister Kkan plante, die ULEZ auszuweiten. Wie das Thema Heizung bei uns: die Leut sehen, dass man ihnen ihr Auto wegnimmt - denn nichts anderes bedeutet eine Gebühr von 14 Pfund täglich für jeden, der innerhalb der Stadtgrenzen wohnt und ein älteres Auto vor der Tür stehen hat. Labours Spitzenkandidat sieht die Felle wegschwimmen:

    The Guardian; Keir Starmer has [...] urged Sadiq Khan to “reflect” on the implementation of the Ulez extension. Referring to the result in Uxbridge and South Ruislip, he told broadcasters: We didn’t take it in 1997 when we had a landslide Labour victory. And Ulez was the reason we didn’t win there yesterday. www.theguardian.co...litics-latest-news

    Wahlergebnis: www.theguardian.co...byelection-defeats

    ULEZ: www.theguardian.co...g-public-transport en.wikipedia.org/w..._Low_Emission_Zone

    • @lesnmachtdumm:

      So ist es. Wenn's mal jemand auch nur ansatzweise in die Hand nimmt, etwas pro Umwelt und contra Erderwärmung zu tun - wird er ganz einfach nicht mehr gewählt. Stattdessen vermerken die KonsequentIgnorierer und SandindieAugenStreuer erhebelichen Zuwachs.

      • @dator:

        Die "KonsequentIgnorierer" müssen irgendwie den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien bestreiten. Mobilität gehört in den meisten Fällen dazu. Wer das nicht berücksichtigt, wird nicht gewählt. Das ist Demokratie.

        • @mattii:

          Mobilität =Auto?

          • @Senza Parole:

            Für was steht ein Auto denn sonst?

            • @Tom Tailor:

              Ich dachte immer man kann sich auch anders fortbewegen….

              • @Senza Parole:

                Nicht immer und nicht überall. Und klar steht das Auto für Mobilität pur.

                • @Tom Tailor:

                  Doch, immer und überall klappt schon - wenn man genug Zeit, teilweise mit Übernachtung, mitbringt....;-))

                  • @dator:

                    Werde ich meinem Arbeitgeber mal vorschlagen ^^