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Mögliche Steuerfreiheit für E-FuelsLex Porsche

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Finanzminister Christian Lindner will die umstrittenen E-Fuels praktisch steuerfrei stellen. Das wäre Klientelpolitik vom Feinsten.

Enthüllung eines elektrischen Konzeptautos auf der IAA in München Foto: Martin Schutt/dpa

N ach Kindergrundsicherung und mehr Bürgergeld sah Bundes­finanzminister Christian Lindner (FDP) unlängst keinen Spielraum mehr für neue Sozialreformen in dieser Legislaturperiode. Wegen der Schuldenbremse seien keine weiteren Sprünge möglich. Oder doch? Es ist schon ungeheuerlich, dass Bundesklientelminister Lindner nur wenige Tage später und pünktlich zum Beginn der Automesse IAA kundtut, die umstrittenen E-Fuels quasi komplett steuerfrei stellen zu wollen. Mit Synthetikkraftstoff betriebene Fahrzeuge sollten von der Kraftfahrzeugsteuer befreit werden, klimaneutrale E-Fuels selber mit möglichst wenig Steuern belegt – und sogar komplett von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Das ging Ihnen zu holterdiepolter? Dann denken Sie bitte kurz darüber nach, wer diese E-Fuels künftig benötigen könnte: Es war Porsche-Chef Oliver Blume, der geprahlt hatte, er sei von Lindner während der Ampelkoali­t­i­onsverhandlungen „beinahe stündlich“ per SMS zu den E-Fuels informiert worden. Dann hatte die FDP in Person von Verkehrsminister Volker Wissing mit ihrem Rumgezögere mehr als die halbe EU gegen sich aufgebracht, als sie dem Ende des Verbrennermotors 2035 nur zustimmen wollte, wenn es die leidigen E-Fuels weiter geben kann. Technologieoffenheit heißt das im FDP-Sprech.

Für den Rest der Branche spielen die Luxuskraftstoffe bei seinen Planungen derzeit kaum eine Rolle: 5 Euro soll ein Liter etwa kosten. E-Autos benötigen weniger ein Fünftel des Stroms, der für die Herstellung des grünen Sprits nötig ist. Der ist also nicht massentauglich. Deshalb sind die geplanten Steuergeschenke eine Lex Porsche für begüterte Hardcore-Fans (wie Lindner selbst), die auch in der postfossilen Ära Gas geben wollen.

Sie sind aber, und hier endet das Liberalen-Bashing und die Ampelkritik beginnt, Koalitionsräson: E-Fuels sollen nämlich durch Lindners Pläne mit anderen emissionsarmen Mobilitätsformen gleichgestellt werden (obwohl auf den E-Strom weiter Mehrwertsteuer bezahlt wird) – und das haben SPD und Grüne sogar bereits abgesegnet.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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30 Kommentare

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  • "Dann denken Sie bitte kurz darüber nach, wer diese E-Fuels künftig benötigen könnte"



    Na, zum Beispiel könnte man damit im Winter Kraftwerke betreiben, damit der Strom für die E-Autos und Wärmepumpen reicht.

    • @sollndas:

      OK, rechnen wir das mal ;)

      4 Liter Benzin haben einen Brennwert von knapp 40 Kilowattstunden. Verfeuere ich diese 4 Liter in einem modernen Gaskraftwerk (das geht!) und fülle sie mit allen Verlusten (Erzeugung, Leitungen, Ladegeräte, u.s.w) in ein e-Auto, bleiben knapp 20kWh übrig.



      Damit kommt ein zügig auf der Autobahn gefahrener 440-Ps Tesla etwa 100km weit. Gar nicht so schlecht, oder?

      • @Jörg Schubert:

        "Gar nicht so schlecht, oder?"



        Naja, ein bisschen optimistisch ist Ihre Rechnung schon, aber ich will mich nicht um das letzte Prozentchen streiten.



        Die Frage ist: Braucht es dazu den Tesla, zusätzliche (!) Gaskraftwerke, Netzverstärkung (besonders sind Verteilnetze betroffen), Ladestationen, etc.? Geht das nicht auch mit insgesamt weniger Aufwand mit sparsamen Verbrennern und vorhandener Infrastruktur?

    • @sollndas:

      Der ist gut!

      • @0 Substanz:

        Man könnte natürlich auch Braunkohle nehmen oder Atomenergie.



        Nein, nein, nein, bloß keine Biomasse, die ist nämlich böse :-) Die lassen wir doch lieber in Wald und Flur verrotten und dort ihr CO2 aushauchen. Macht ja nur das ca. 20-fache der anthropogenen Emissionen aus [1].



        [1] de.wikipedia.org/w...diagram-german.svg

        • @sollndas:

          Humus existiert weil Biomasse in Wald und Flur verrottete. Humus wird durch extreme Regenfälle weggeschwemmt. Das ist schlecht, insbesondere wenn er nicht neu gebildet werden kann.



          Sie sehen, Biomasse ist nicht böse, insbesondere dann nicht, wenn sie in Wald und Flur verrottet. Der Kohlenstoffkreislauf leider nicht ganz so simpel.

          • @0 Substanz:

            Naja, ich dachte halt, dass man so etwa ein bis zwei Prozentchen des biogenen Kohlenstoffs einen kleinen Umweg machen lassen könnte. So als Ergänzung zu Wind und Sonne. Besonders dann, wenn Wind und Sonne mal knapp sind.



            Aber wahrscheinlich ist biogenes CO2 aus verrottender Biomasse "gutes CO2" und hat gar keinen negativen Effekt auf das Klima, und ich bin irgendwelchen Klimaleugnern auf den Leim gegangen... :-(

            • @sollndas:

              Von der Tatsache abgesehen, daß Sie natürlich recht haben, sollte nicht unberücksichtigt bleiben, daß Humus zu einem hohen Anteil aus C besteht, der dann halt die Diretissima in die Atmosphäre, den Sie - vermutlich irritiert durch ihre Klimaleugner - als "Umweg" bezeichnen, nicht nimmt.

              • @0 Substanz:

                Dann scheinen wir uns weitgehend einig zu sein?



                Persönliche Erklärung, falls mir @MODERATION das erlaubt:



                Meine Posts sind vielleicht nicht immer leicht verständlich, da öfter mal Tatsachendarstellung in bitterböse Satire umschlägt, und der Übergang möglicherweise nicht immer leicht erkennbar ist. Leider schwirrt eine Unzahl wirrer Vorstellungen herum, die nur mit Humor zu ertragen sind. Dass derselbe ziemlich schwarz ausfällt, ist den Umständen geschuldet.

                • @sollndas:

                  Falls Sie wirklich so ein Scherzkeks sind, sollten Sie eventuell bei "Der ist gut!" glücklich über soviel Verständnis Ihrer genialen Scherze sein und es einfach gutseinlassen.

  • Fassen wir mal zusammen:



    - e-Fuel gibt es nicht in nennenswerten Mengen.



    - Es wird sie in diesem Jahrzehnt auch nicht in Mengen geben. Das ist viel Zeit, um Steuergesetze wieder zu ändern.



    - e-Fuels werden teuer - besteuert oder nicht.



    - Sollte es sie geben, haben Flug- und Schiffverkehr sowie Spezialmaschinen absolute Priorität.



    - Der Verbrauch von fossilen Krafstoffen muss schnellstmöglich unterbunden werden. Kann nicht schaden, ein wenig zu unterstüzen.

    Lindner hat sich offensichtlich gegenüber einer gewissen Lobby verpflichtet. Ihm dieses Steckenpferd zu lassen kostet vorläufig nichts. Denn es gibt die zu versteuernde Ware nicht.



    Gleichzeitig bietet diese Thema eine gewisse Verhandlungsmasse - etwa bei sozialen Themen. Fähige Koalitionspartner könnten das nutzen. Na ja, "fähig" ist da wohl Voraussetzung...

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „und sogar komplett von der Mehrwertsteuer befreit werden."



    Die bei dem erwarteten hohen Preis dieser Chemikalien recht üppig wäre. Aber Lindner wollte doch nur die Linken ärgern. Schließlich weiß er, dass die entsprechenden Fahrzeuge gewerblich angemeldet werden und die Mehrwertsteuer als Vorsteuer abgezogen werden würde. Würde.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Also praktisch eine Verwaltungsvereinfachung?

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @0 Substanz:

        Statt Vereinfachung scheint es sogar eine Verzweifachung geworden zu sein... 😆

        • @95820 (Profil gelöscht):

          Manchmal haben weniger Privilegierte es auch mit einer Vernullfachung zu tun.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Also praktisch eine Verwaltungsvereinfachung?

  • Eigentlich ist es ja Unsinn zu sagen, dass die Steuererleichterungen dafür gut seien, damit Begüterte auch in der nachfossilen Zeit Gas geben könnten - also wer schon mal ein E-Auto gefahren hat, weiß, dass das beim Druck aus "Gas"-Pedal deutlich mehr Druck macht als ein Verbrenner, das sollte dem Christian Lindner vielleicht mal jemand verraten, da könnte er seine seltsame Einstellung ja am Ende noch ändern; die FDP ist ja nun keine für besondere Prinzipientreue bekannte Partei ?!

    • @StromerBodo:

      Er sagte doch schon, dass es bei ihm knattern muss. Solchen Typen ist nicht zuhelfen.



      (Soll doch mehr Bohnen essen.)

  • Auf eine Art ist die FDP die ehrlichste aller Parteien.

    Sie bedient die Interessen ihrer Klientel direkt und unverblümt.

    Man simst während der Verhandlungen mit dem Auftraggeber und der kann so sicher sein, dass alles in seinem Sinne läuft.

    Eine runde Sache. Ganz anders als etwa bei den schlichten Gemütern, die AfD wählen.

    In deren Köpfe geht es nicht hinein, dass sie aus lauter Hass durch ihre Wahl ins eigene Fleisch schneiden.

  • Wie wäre es....

    Busse und Sammeltaxis steuerfrei? Grünes Kennzeichen drauf?



    Straßenbahnen haben ein unabhängiges Stromnetzes, für das keine Gebühren oder Zahlungen fällig sind?



    ...

    Aber lieber soll der gut betuchte Schnösel nichts mehr drauf zahlen für seinen 100 000€-Schlitten.

  • Wählt ihn ab.

    • @Tom Lehner:

      Gerne, haben Sie einen Vorschlag wie?

      • @0 Substanz:

        Mit einem Kreuz bei der nächsten Wahl.

        • @Tom Lehner:

          Ehrlich gesagt habe ich noch nie einen Wahlzettel gesehen auf dem der Bundeswirtschaftminister zur Wahl steht. Weiterhin ist es nicht mal nötig als Bundeswirtschaftsminister ein Bundestagsmandat oder auch nur eine Parteizugehörigkeit zu haben. Auf demokratischem Weg ist es also ausgeschlossen Herrn Lindner von seinem Amt "abzuwählen". Es ist schon ein Kreuz mit den Wahlen.

          • @0 Substanz:

            Wenn die FDP unter 5% fällt reicht das schon. Da muß der BWM oder der Andere nicht "Zur Wahl stehen". Dann sind sie beide weg. Ein Ergebnis von unter 5% ist denke ich ein realistisches Ziel für die FDP.

  • Danke für den Bundesklientelminister...kannte ich noch nicht..made my day...

  • Und wieder eine Umverteilung von unten nach oben.

    • @Stoffel:

      Der Hammer kommt ja erst noch: Da die E-Fuel-Produktion sehr Stromintensiv ist und die Klientel Typ "Brumm-Brumm" mehr Geld hat, wird der Ökostrom weggekauft. Für die anderen bleibt dann nur noch der fossile Strom übrig, der dann natürlich mehr kosten wird, wegen der CO2 Zertifikate. Klasse. Noch ein Weg der Umverteilung!

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    "Das System" korrigiert diesen Fehler nicht. Das ist der Systemfehler.

    ... Sie meinten das wohl auch so.

  • Krank. Leider nicht unerwartet.

    Die FDP ist ein Systemfehler.