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Russische Eliten nach mutmaßlichem Wagner-TodMit aller Gewalt

Der Absturz von Jewgeni Prigoschin zeigt die Erosion des Systems in Russland. Die Zeit der Abrechnungen innerhalb der Elite hat offenbar begonnen.

Ein Foto der russischen Zeitung Kommersant zeigt mutmaßlich die Reste von Prigoschins Privatjet Foto: Dmitry Lebedev/Kommersant Photo/reuters

Moskau taz | Wladimir ­Putin seufzt, er räuspert sich, spricht von einem „talentierten Menschen“, den er seit den 1990ern gekannt habe. Von ­einem, der ein „schweres Schicksal“ ­gehabt und „ernsthafte Fehler“ begangen habe, aber stets „lösungsorientiert“ gewesen sei und einen „wesentlichen Beitrag für unsere Sache“ geleistet habe.

Es ist eine verklausulierte Grabesrede auf einen, der nur durch Putins jahrelanges Zutun zu dem wurde, was er war, sich gegen Putin wandte, ohne es offenbar zu begreifen, daraufhin nicht aus dessen Blickfeld verschwand, sich jedoch im Umfeld des Präsidenten sicher wähnte und schließlich sein Leben ließ. Ein ungelenk und selbstgerecht formuliertes Beileid für Jewgeni Prigoschin, den Putin nach dessen Eintagesmeuterei einen Verräter nannte, wobei jeder wusste, was Putin für Verräter vorsieht: den Tod.

Nun ist Prigoschin mit der Führungsriege seiner skrupellosen Wagner-Gruppe in seinem Privatjet unweit von Putins Sommerresidenz vom Himmel gefallen, und der Präsident lehnt sich in seinem holzvertäfelten Zimmer zurück – rechts und links von sich Spiralblöcke mit nicht erkennbaren Bildern – und gibt das Unschuldslamm.

Die „Tragödie“, sagt er, werde „vollständig aufgeklärt“ werden. So „vollständig“, dass wohl niemand in der Öffentlichkeit die wahre Version des „Zwischenfalls“, wie Putin den Flugzeugabsturz bezeichnet, erfahren dürfte. Kaum hat Putin gesprochen – er tat das mehr als 24 Stunden nach dem Absturz –, melden sich auch andere schnell zu Wort, die sonst kaum einen Spruch auslassen, hier aber erstaunlich still waren.

Keinerlei Trauer

Sie reden in vergleichbaren Worten über Prigoschin. Es habe den „schwierigen Mann“ gegeben, er habe nicht alles richtig gemacht, nun sei er nicht mehr da. Empathie für einen „seit Jahren Bekannten und Geschätzten“ klingt anders. Von irgendwelcher Trauer keine Spur.

Auch das russische Staatsfernsehen spricht plötzlich – wenn auch nahezu am Ende seiner Nachrichtensendungen – über den mutmaßlichen Tod Prigoschins, ähnlich verklausuliert wie Putin. Dafür steht der Absturz an sich im Vordergrund, nicht der Söldnerchef, der unter hohem Blutzoll in der Ukraine Ortschaften eroberte, von Putin selbst als „Held Russlands“ geehrt wurde und mit seinen Panzern und Tausenden von Soldaten einen Marsch auf Moskau wagte.

Putins selbstgewisse Worte geben die Order an seine Propagandist*innen, Prigoschin nicht zu verfluchen. Und es geht weiter im Programm. Weiter im Alltag, in dem viele schweigen und alles, was passiert, als Normalität hinnehmen, sich ihr anpassen. Da fallen mittlerweile fast täglich Drohnen auf Moskauer Stadtgebiet, nahezu jede Nacht sind Moskauer Flughäfen gesperrt, auch Raketen erreichen russisches Territorium. Die Verwaltungen lassen die zerborstenen Fenster ersetzen und tun so, als sei nichts passiert. Bis die nächste Drohne im Anflug ist.

„Was können wir schon ausrichten?“, fragen die Menschen. Auch die Elite verhält sich wie ein graues, verscheuchtes Mäuschen, das keinen Piep von sich zu geben bereit ist.

Hinter vorgehaltener Hand

Innerhalb der russischen Wirt­schafts­elite und auch aus dem Umfeld der Präsidialverwaltung sprechen durchaus einige von Unzufriedenheit, allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Die Führung zu kritisieren, geschweige denn sich gegen den Krieg aufzulehnen, wagt niemand. Prigoschins Absturz zeigt ihnen nun noch zusätzlich und auf brutale Weise, dass Widerstand zwecklos ist.

2011 in Moskau: Damals traf Jewgeni Prigoschin noch ganz den Geschmack von Kremlchef Wladimir Putin Foto: ap

Der Absturz wird einerseits mit: „So ein Unfall passiert“, abgetan, andererseits als öffentliche Hinrichtung eines Unbequemen wahrgenommen. Als Wink an die gesamte russische Elite, sich nicht mit dem Präsidenten anzulegen und schon gar nicht den Krieg in der Ukraine, und wie er geführt wird, infrage zu stellen.

Die demonstrative Bestrafung vor aller Augen, geradezu theatralisch inszeniert, soll die Elite noch mehr in Angst und Schrecken versetzen. Adressaten sind diejenigen, die ohnehin in Angst leben, ihre Pfründen zu verlieren und ins Abseits zu geraten. Verbannung ins Ausland oder ein Gerichtsverfahren wegen was auch immer werden ohnehin schon eingesetzt, damit sie sich still und loyal verhalten. Doch wie lange?

Ein System, das sich rühmt, stabil zu sein, erodiert – nicht erst seit Prigoschins buchstäblich tiefem Fall. Es ist politisch ungesund. Nicht weil es kein demokratisches und freiheitliches ist, das haben selbst die größten Befürworter von Putins „Vertikale der Macht“ längst verstanden, sondern weil auch autoritären Herrschern daran gelegen sein sollte, die Wahrung ihrer selbst zu pflegen.

Gesetze werden missachtet

Letztlich funktioniert das über die Einhaltung der Gesetze des Landes, die sie selbst erschaffen haben. Laut russischen Gesetzen sind Privatarmeen genauso verboten, wie Sträflinge ohne Begnadigung freizulassen. Prigoschin hatte eine schlagkräftige Privatarmee (es gibt etliche weitere Privatarmeen in Russland), dafür ließ er in den Strafkolonien des Landes Zehntausende re­krutieren.

Da die oberste Führung selbst Gesetze missachtet, da sie selbst im rechtsfreien Raum agiert, letztlich Terror verbreitet, nehmen sich auch andere Akteure das Recht heraus, ähnlich vorzugehen und die Führung herauszufordern. Das hatte Prigoschin mit seiner Meuterei im Juni dieses Jahres versucht. Er war gescheitert und offenbarte, für jeden sichtbar, mit welchen Methoden der Staat geführt wird: durch Abrechnungen.

Putin rühmt sich stets dafür, dass er solchem Vorgehen, das in den 1990ern das Land lähmte, den Garaus gemacht habe. Nun muss er selbst darauf setzen, weil er seine Macht nur durch Gewalt, die immer größere Ausmaße annimmt, aufrechterhalten kann. Er hat zwar die Macht, eine öffentliche Hinrichtung vorführen zu lassen und sich danach so zu geben, als habe das alles nichts mit ihm zu tun. Ein Zeichen der Stärke ist das dennoch nicht.

Putin muss immer stärker auf Abschreckung setzen, weil das Vertrauen in seine politische Stärke dahin ist, selbst in seinem Umkreis. Die russische Politologin Jekaterina Schulmann, die seit dem Krieg im deutschen Exil lebt, nennt das immer brutalere Vorgehen des Machterhalts „Abrechnungen auf Steroiden“. Es reiche nicht mehr, seine Gegner hinter Gitter zu bringen, es müssten demonstrativere Bestrafungsmethoden her.

Drecksarbeit für das Regime

Und es trifft nicht mehr „nur“ die offensichtlichen Kritiker*innen. Nicht die unabhängigen Journalist*innen, die erniedrigt, geschlagen, getötet werden, nicht die Oppositionspolitiker*innen, die diffamiert, vergiftet, erschossen werden. Es trifft auch die, denen das Regime gestern noch höchst dankbar war, weil sie die Drecksarbeit für dieses Regime erledigt hatten.

Prigoschin war ein Geschöpf des Systems Putin, er war kein Oppositioneller. Sein Tod und der Umgang damit zwingen die Elite dazu abzuwägen: Reicht ihr noch der Status quo, oder müsste sich etwas ändern?

Die russische Elite ist eine alte, sie hat sich seit den 1990er Jahren herausgebildet und seit Putins Machtantritt ihre Pfründen vermehrt. Zumindest gilt das für diejenigen, die Putins Spiel mitspielen wollten und wollen. Diese Elite hat sich kaum erneuert. Es geht den Menschen um den Erhalt ihrer Privilegien und darum, diese an ihre Kinder weiterzugeben.

Noch fahren sie gut mit dem, was das System Putin ihnen bietet. Was aber, wenn sich einer findet, der noch weiter zu gehen bereit ist als Prigoschin, und das Kalkül, dadurch etwas zu gewinnen, in den Augen mancher aufgeht? Solche Perspektiven sind reine Spekulation, machen aber das System noch instabiler. Instabilität begegnet Putin mit Repressionen. Andere Mittel, sich seiner Macht sicher zu sein, hat er nicht mehr.

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27 Kommentare

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  • Sehr gutes Artikel, vielen Dank Inna Hartwich!

  • Eine sehr kenntnisreiche Analyse. Kompliment. Besser als so manche aus dem Inneren der russischen Zirkel. Erinnert mich stark an die Explorationen des Bulgaren Ivan Krastev.

  • Wie in Deutschland



    Mich erinnert der Absturz des Flugzeugs von Prigoschin an den Absturz SED-Politikers Werner Lamberz 1978 in Libyen:



    www.spiegel.de/ges...zen-a-1195850.html

  • Wenn das noch vor ein paar Jahren passiert wäre, hätte es gehießen „ausländische Agenten“, „Terroristen“ „NGO“ oder „Nazis“.



    Jetzt wird nicht mehr der Anschein erweckt er wärs net gewesen.

  • 9G
    94799 (Profil gelöscht)

    Was die Absturzursache betrifft: könnte es nicht sein dass auch ein technischer Defekt die Ursache war? Bekanntlich stand die Herstellerfirma des Privat-Jets unter US-Boykott, der Flieger schon "einige Jahre auf dem Buckel hatte" und vielleicht nur unzureichend gewartet war?



    Dann hatte der US-Boykott eine doppelte Wirkung, Erfolg der USA gegen Schurken und heimliche Freude für Putin.

    • @94799 (Profil gelöscht):

      Embraer unter US-Boykott? Hätten Sie eine Quelle für ihr "Bekanntlich"?



      Das typische Verhalten einer unzureichend gewarteten Maschine ist übrigens meist "Hebt nicht mehr ab". "Explodiert auf halbem Weg im leidlich leeren Raum zwischen zwei Großstädten mitten im Flug" ist bisher eher selten ein Problem mangelnder Wartung.

    • @94799 (Profil gelöscht):

      Die brasilianische Firma Embraer unter US-Boycott? Noch dazu mit ihren US-headquarters in Fort Lauderdale, Florida und einem Auslandshandelsbüro in Washington DC?

  • Sehr guter Kommentar. Und wichtig IMO: Nichts und niemand kann diese Machterosion aufhalten. Im Westen ist noch immer die Meinung weit verbreitet, man müsse sich irgendwie mit Putin einigen, weil die Zerfallsrisiken so hoch sind. Der Zerfall kommt aber unausweichlich (der des Putinismus, nicht notwendigerweise von Russland).



    „Was aber, wenn sich einer findet, der noch weiter zu gehen bereit ist als Prigoschin.“



    Jeder, der sich zukünftig findet, wird bereits sein weiter zu gehen. Putin unter Druck setzen und mit ihm etwas aushandeln wollen ist lebensgefährlich, das hat ja jetzt jeder verstanden. Halbe Sachen wird es also nicht mehr geben.

    • @Barbara Falk:

      Russland ist so lächerlich groß, ich denke ein Zerfall würde vielen Regionen gut tun, vor allem denen, die nur ausgebeutet werden und deren Erträge immer nach Moskau fließen ohne jemals was dafür zu bekommen

      • @Karim Abidi:

        Möglich, das Russland als Staat weiter zerfällt, wenn Putin stürzt und dabei wohl auch stirbt. Assoziationen mit der Sowjetunion drängen sich auf. Wünschen sollten wir uns das nicht : Keiner der Teilstaaten wird seine Atomwaffen abgeben. Und einige werden dann rasch von China dominiert werden. Denn es ist der einzige Weg zum Rest der Welt, der nicht durch das verbleibende Rumpfrussland führt. Da könnten Nordkoreas 2.0 bis 5.0 entstehen.

        • @Monomi:

          Naja, ich weiß ja nicht, ob China da dann direkt vor Ort sein wird. Dass Putins Tod zu einem Zerfall führen wird halte ich aber für mehr als sehr wahrscheinlich, und wenn die Menschen von Ort davon profitieren freue ich mich für sie. Welche andere Großmacht sich das zu Nutzen macht ist mir da eher egal, die sind alle gleich

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Barbara Falk:

      Wenn jemand nach Putin kommt, ohne dass zuvor Russland zu schwach wird - wie denn auch? - werden die Ketten in Russland noch schwerer werden. denn halten kann sich nur, wer zulegt.



      Wenn Russland schawch wird - kommt China im Osten auf den Plan- um "Interessen zu sichern" , natürlich "" nur gegen den Zugriff der Feinde Russlands

  • ELITEN, WERTE, NORMEN, ABGRENZUNG:



    "Eine Elite (lat. "eligere": "auslesen") ist eine Auslese von Personen, die besondere Fähigkeiten haben oder zu haben scheinen, oder die aus der Gruppe heraus Macht ausüben und Selbstbewusstsein zeigen. Man orientiert sich oft an Werten und Normen, die von denen der Gesellschaft abweichen, bzw. insistiert gar auf einer moralischen Überlegenheit. Es gibt Tendenzen, sich gegenüber der übrigen Bevölkerung oder einer anderen Vereinigung abzugrenzen."



    Quelle Wirtschaftslexikon Gabler



    //



    Bei Planet Wissen steht zur TRAGÖDIE



    "Für den Realisten Goethe alles Quatsch: "Katharsis" heiße nur, dass auf der Bühne der Konflikt gelöst sei. Jede Geschichte brauche schließlich ein anständiges Ende. Mit dem Zuschauer habe das gar nichts zu tun.



    Wahrscheinlich haben beide ein bisschen Recht. Die griechische Tragödie mag aus dem Kult kommen, aber es geht um Religion und Tugend genauso wie um gute Unterhaltung.



    Am Ende der Vorstellung kommt es regelmäßig zur Bestrafung undisziplinierter Zuschauer, die Schauspieler beschimpft oder gar die Spielfläche gestürmt haben. Die Dichter wiederum müssen sich zehn Preisrichtern stellen. Das Buhlen um die Gunst des Publikums gehört zum Theater damals mit dazu."



    DAS INSZENIERTE SCHAUSPIEL PASST ZU DER FÜHRUNG IM KREML UND IHREN HISTORISCHEN VORGÄNGERINNEN, INSBESONDERE IM LETZEN JAHRHUNDERT.



    taz.de/Von-der-Rev...estroika/!1374353/

    • @Martin Rees:

      Wenn die „besonderen Fähigkeiten“ einer Elite Dummheit, Dilettantismus, Gier, Bosheit, Zynismus, Feigheit, Bigotterie und Skrupellosigkeit sind, nennt sich das System „Kakistokratie“ („Herrschaft der Schlechtesten“). Das ist kürzeste Definition von Putins System.

      • @Barbara Falk:

        Stimmt, ist sehr zutreffend!



        //



        Danke für die Inspiration:



        //



        Im Kreise derer, die sind reich,



        Eliten bilden sich im Reich,



        Bringen Widersacher um,



        Sind aber eigentlich dumm,



        Sind auch Opfer ihrer Gier,



        Per Haftbefehl gesucht hier:



        Bosheit ist ihr Attribut,



        Was der Welt nun schaden tut,



        Zynismus ist ihre Stärke,



        Zeigen ihre neu'sten Werke,



        Feigheit sie davor bewahrt,



        Gestraft werden derart hart,



        Wie 'Prigoschin skrupellos'.



        Der sich selbst glaubte famos,



        Und dann noch Bigotterie,



        Im System Kakistokratie:



        Skrupellosigkeit - in echt -



        Steht dem Kreml ziemlich schlecht



        In das Stammbuch eingeschrieben,



        Kakistokratie nun lieben?



        In dem Buch der Weltgeschichte



        Sprechen vielleicht Weltgerichte.



        Eines sollten sie verbieten:



        Solch selbsternannte Eliten.



        //



        taz.de/Meduza-Ausw...-21-Juni/!5942299/

  • Marx hätte gesagt:

    "Der 6. Fructidor des Wladimir Wladimirowitsch."

  • Schön anschauliche Darstellung der typisch faschistischen Anomie.

    Selbst Stalin zu seinen übelsten Zeiten hat zumindest zum Schein formaljuristisch korrrekte Procedere gewahrt; er hätte seine Opfer durchaus ohne formale Anklage erschießen können, aber es war ihm irgendwie zuwider.



    So komplett auf allgemeingültige Normen scheißen kann eben nur ein System, das in seinem ideologischen Kern auf Sozialdarwinismus aufbaut. Nur in so einem System kann man das "Privileg des Stärkeren" ganz ungehemmt als oberste "Rechts"norm etablieren.

    Das faschistische Rechtsstaatskonzept unterscheidet sich von allen anderen (außer Theokratien und absolutistisch-autokratischen Systemen) durch eine Ablehnung der formalen Begründung dessen, was "Recht" ist. Stattdessen etabliert er eine auf gefühligem Nonsens ("gesundes Empfinden der Volksseele") und persönlicher Willkür ("Wer Jude ist, bestimme ich") begründete Willkürherrschaft.



    Siehe auch de.wikipedia.org/w...ationalsozialismus.

  • Putin hat viel Propaganda geliefert, jetzt hat er eine Bringschuld. Das macht Diplomatie so schwierig, der Krieg in der Ukraine ist essentiell für Russlands Status als Weltmacht, geht der Krieg verloren oder wird er auch "nur" nicht triumphal gewonnen ist der Weltmachtstatus futsch, dann ist Russland Tankstelle für China und Waffenschieber für afrikanische Diktaturen und Regionalmacht in Zentralasien.

    Deswegen gibt es den Druck von Rechts von den Nazis von Rusich, Wagner, Girkin etc. die wollen Russlands Weltmachtstatus um jeden Preis retten. Gleichzeitig lechzt die Oligarchie nach neuen Orten die man ausbeuten kann, eigentlich waren ja Ukraine und Belarus eingeplant, mittelfristig vermutlich auch die baltischen Staaten, Moldawien, Finland und der Rest Osteuropas. Die Gier von korrupten Imperialisten ist unendlich. Jetzt ist Russland sanktioniert, die Armee blutet mehr und mehr aus und der Weltmachtstatus ist futsch.

    Aber aus russischer Perspektive ist es wie mit Schrödingers Katze solange man noch keinen Friedensvertrag hat kann man den Krieg ja noch theoretisch gewinnen und den Weltmachtstatus retten und damit den Traum von weiteren Eroberungen und weiterer Macht und Geld, und die Katze kann ja theoretisch noch am Leben sein, auch wenn sie keinen Laut mehr von sich gibt und man der Geigerzähler klar sagt das das radioaktive Gift ausgetreten ist.



    Deswegen ist der russische Plan im Moment den Krieg weiterlaufen lassen, vielleicht wird der Westen ja Kriegsmüde, die Ukraine kapituliert oder irgendein Wunder passiert. Einen Plan den Krieg diplomatisch beenden hat Russland jedenfalls nicht. Dafür würde es frühzeitig die Propaganda umschalten um keine Bringschuld zu haben und die Bevölkerung auf einen Kompromiss einzustellen. Erst wenn die russische Propaganda runter gefahren wird kann man möglicherweise von Verhandlungsbereitschaft ausgehen. Vermutlich aber erst wenn es militärisch gar nicht mehr anders geht. Oder Putin tot ist.

    • @Machiavelli:

      Rein theoretisch könnte man auch ohne Sieg den Weltmachtstatus aufrecht erhalten. Alle wissen, dass die Ukraine viel Unterstützung erfährt während Russland eher alleine da steht, was als Ausrede dienen könnte, wenn man nicht gewinnt. Sollte der Krieg enden, ohne einen NATO-Beitritt der Ukraine, ohne die besetztzen Gebiete zuzrückzugeben und ohne Reparationszahlungen tätigen zu müssen und sollten die Sanktionen aufgehoben werden - tja, dann hätte Russland auch ohne einen Sieg doch irgendwie gewonnen und vor allem gezeigt, was die sich so erlauben können. Da man auf diese Art und Weise für Frieden und eine Beruhigung der wirtschaftlichen Lage sorgen könnte, halte ich es sogar für nicht mal so unrealistisch, auch wenn die Ukraine natürlich gar net damit einverstanden wäre und auch einige Leute auf russischer Seite werden wohl deutlich mehr wollen

  • Ich habe die Parentation gesehen. Das war ganz großes Theater, das Schaudern des Publikums war fest eingeplant. Tosca ist nichts dagegen.

  • Ich denke nicht. Im Gegenteil: die Beseitigung von Rivalen z.B. durch GRU-Bomben, die in dem Flugzeug nach dem Start explodierten, gehört zur Tradition der Herrschaft in Russland/ Sowjetunion und diese Vorgehensweise zeigt allen, wie sehr professionell Putin herrscht. Er erwähnt es nicht weiter, so wie jedesmal, wenn Rivalen, Herausforderer beseitigt worden sind.



    Für alle, die von Herrschern begeistert sind, ist Putin das große Vorbild.



    Putin wird noch weitere 20 Jahre herrschen. Bis zu seinem natürlichen Tod. Es sei denn eine Kriegsoffensive setzt ihm gezielt ein Ende.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Putin hat systematisch den Stalinkult reaktiviert. Wozu denn?



    Stalin als der Führer in den Sieg im großen vaterländischen Krieg.



    Das wurde als Verlegenheitsstrategie einer nationalen Nostalgie der früheren Größe verkannt.



    Eine Verkennung folgte der nächsten. "Man" hatte schließlich den kalten Krieg gewonnen. Sieger haben es mit Besiegten zu tun. Und was schließen Besiegte aus dem Verhalten von Siegern? Etwas, das die Sieger nicht so ernst meinen nehmen zu müssen?

  • Das Wallstreet Journal schreibt, dass Putins Leute in den letzten Wochen in Afrika bekannt gegeben haben, dass es besser sei, die Geschäfte direkt mit Russland zu machen und nicht mehr mit der Wagner-Gruppe. Und Prigoschin wollte wohl nicht weichen. Aus der Sicht ging es um ein Mrd-Geschäft und es war die Beseitigung eines Konkurrenten auf Mafiaart. Und Putins Umgang mit Opposition, seiner Gang und Gegnern ist mafiös.

  • Oder wir erleben gerade den fünfzehnten Fall von Wunschdenken im Westen. War Putin nicht bereits 2022 todkrank? Würden nicht die Sanktionen Russland ruinieren? Würde nicht die Lieferung von (Hier bitte Wunderwaffe einsetzen) den Krieg entscheiden? Würde nicht Putin vom Wagner-Putsch hinweggefegt?

    • @Kartöfellchen:

      Als Ossi gesprochen, kann mann immerhin hoffen, dass irgendwann die Wut von so vielen Menschen auf das, scheinbar nicht zu ändernde, System größer wird als die Angst vor dem System. Bis dahin wird es natürlich immer schlimmer, das ist wahr. Aber es gibt eben auch Kippunkte.

      • @Otto Buchmeier:

        Dafür müssten die Menschen erstmal raffen, dass die Schuld beim System liegt. Lieber zünden die Menschen Unterkünfte und Rathäuser an

    • @Kartöfellchen:

      Na, Wunschdenken gab und gibt es auf allen Seiten. Die Ukraine wird in wenigen Tagen im Handstreich genommen, der Westen wird sich auf keine nennenswerten Sanktionen einigen, die Sanktionen werden der russischen Wirtschaft nichts anhaben etc. pp. Und hinterher haben dann welche alles schon vorher gewusst...