Meduza-Auswahl 15. bis 21. Juni: „Prigoschin hat die Elite im Griff“

Der Kopf der Söldnertruppe Wagner schießt gegen Putin und nennt die „Spezialoperation“ einen Krieg. Warum kommt er damit durch? Texte aus dem Exilmedium.

Ein TV Bildschirm zeigt die Übertragung des Prozesses

Alexei Nawalny wurde in einem neuen “Extremismus“-Prozess zu weiteren 30 Jahren Haft verurteilt Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 15. bis 21. Juni 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Das Geheimnis des Jewgenij Prigoschin

Wie bezeichnet der Gründer der russischen Söldnertruppe Wagner Jewgenij Prigoschin den Angriffskrieg gegen die Ukraine? Nein, nicht als “Spezialoperation“, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern als „Krieg“. Und er kommt damit durch. Nicht nur das: Regelmäßig beleidigt er die militärische Führung des Landes und poltert öffentlich, dass Staatschef Wladimir Putin in der Ukraine längst gescheitert sei. Jeder andere käme sofort hinter Gitter. Warum also nicht Prigoschin?

Meduza veröffentlicht (englischer Text) Auszüge von Gesprächen, die Journalisten des unabhängigen russischen Mediums iStories dazu geführt haben – mit ehemaligen russischen Geheimdienstoffizieren, einer dem russischen Verteidigungsministerium nahestehenden Person und einem Geschäftsmann, der dem inneren Kreis von Wladimir Putin nahesteht. “Er hat die Eliten im Griff und sorgt für eine Atmosphäre der Angst“, sagt etwa der ehemalige Geheimdienstler.

Alexei Nawalny kämpft aus der Haft weiter

Am vergangenen Montag wurde der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny in einem neuen “Extremismus“-Prozess zu weiteren 30 Jahren Haft verurteilt. Gleichzeitig hat der schon lange im russischen Straflager sitzende Oppositionelle diese Woche ein neues Projekt angekündigt, das er als „Wahlkampagne gegen den Krieg und gegen Putin“ bezeichnete. Veröffentlicht wurde die neue Initiative auf der Website Nawalnys, am Tag des Prozessauftakts.

Meduza stellt die Initiative vor (englischer Text): Darin möchte sich Nawalny an die „hunderttausenden mobilisierten Soldaten wenden“, um ihnen zu zeigen, “wie das Putin-Regime wirklich ist“.

„In diesem Krieg nicht auf der richtigen Seite“

Seit Anfang Juni kämpft die Ukraine in einer Gegenoffensive gegen die russischen Eroberer – das bestätigt nun auch die russische Regierung. Geländegewinne konnten die ukrainischen Streitkräfte zum Teil im Gebiet Donezk verbuchen. Journalisten des US-amerikanischen Mediums Wall Street Journal konnten dort russische Soldaten interviewen – bevor das ukrainische Militär sie ins Gefängnis verbrachte.

In diesem Bericht (russischer Text) sammelt Meduza einige dieser Interviews. „Die [russische] Propaganda ließ uns glauben, dass die Ukraine schlecht sei, dass dort Nazis lebten und so weiter. Das hörten wir von überall her“, erinnert sich ein Soldat, der an der Frontlinie gegen die Ukraine kämpfte. „Ich beginne zu begreifen, dass wir in diesem Krieg nicht auf der richtigen Seite stehen“, betonte ein anderer.

Forschung zum „Sozialverhalten“ von LGBTQIA-Menschen

Russlands Regierung will ein neues Institut, welches das “Sozialverhalten“ von LGBTQIA-Menschen untersuchen soll. Diesen Auftrag hat Wladimir Putin dem Gesundheitsministerium erteilt. Darüber berichtet iStories unter Berufung auf den russischen Gesundheitsminister Michail Muraschko.

Meduza veröffentlicht den Bericht (englischer Text) und bezieht sich außerdem auf das LGBTQIA-Informationsportal Parni Plus („Guys Plus“). Parni Plus sieht in der Gründung des Instituts eine mögliche Bestätigung, dass Russlands Regierung „Konversionstherapien“ – eine Reihe pseudowissenschaftlicher Praktiken, um die Geschlechtsidentität oder die sexuelle Ausrichtung einer Person zu ändern – durchführt. Nach Einschätzungen der Vereinten Nationen kommt es bei diesen sogenannten Therapien immer wieder zu Folter.

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