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Werbeverbote für ungesunde LebensmittelMehrheit will weniger Werbung

66 Prozent der Deutschen wollen, dass Fernsehwerbung für ungesundes Essen dann eingeschränkt wird, wenn Kinder zuschauen. Das zeigt eine neue Umfrage.

Die Mehrheit will Kinder vor der Gummibäreninvasion schützen Foto: Kirill via imago

Berlin taz | Die meisten Deutschen sind einer Umfrage zufolge dafür, Werbung für ungesundes Essen einzuschränken, die Kinder erreicht. 66 Prozent der rund 2.000 Befragten über 14 Jahren plädierten Mitte Juli dafür, „Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt rund um Schulen und Kindergärten sowie im Fernsehen und Internet zu Zeiten, an denen Kinder üblicherweise diese Medien nutzen, weitgehend einzuschränken“, wie es in der Studie des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch heißt. 67 Prozent seien besorgt, weil Kinder und Jugendliche zu viele Snacks und Süßigkeiten essen. Foodwatch interpretierte die Ergebnisse als Unterstützung für die von Bundesernährungsminister Cem Özdemir geplanten Werbeverbote für solche Lebensmittel.

Damit will der Grünen-Politiker unter 14-Jährige davor schützen, zu einer ungesunden Ernährung verleitet zu werden, die zu Übergewicht beiträgt. Fehlernährung ist ein Grund dafür, dass laut Robert-Koch-Institut 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen übergewichtig und damit später anfällig für Krankheiten wie Bluthochdruck, Typ-2-Dia­be­tes oder Herzinfarkt sind.

„Die FDP sollte endlich ihre Blockadehaltung aufgeben und den Weg frei machen für das von Ernährungsminister Özdemir geplante Kinderschutzgesetz“, erklärte Luise Molling von Foodwatch. Obwohl auch 56 Prozent der FDP-AbhängerInnen weitgehende Werbeeinschränkungen befürworteten, blockierten die FDP-geführten Ministerien seit Monaten das Gesetzesvorhaben.

Zugeständnisse an die FDP

Die Liberalen konnten dem Ernährungsminister bereits Zugeständnisse abringen: Eigentlich hatte Özdemir geplant, die Werbung etwa für Süßigkeiten im Fernsehen, Internet und Hörfunk zwischen 6 und 23 Uhr grundsätzlich zu untersagen. Nun soll das Verbot wochentags nur am Abend gelten. Auch für Plakatwerbung soll es lediglich eine 100-Meter-Bannmeile um Kitas und Schulen, nicht aber um Spielplätze und Freizeiteinrichtungen geben. Die FDP will jedoch auch den aktuellen Kompromissvorschlag nicht unterstützen. Er behebe nicht „das eigentliche Gesundheitsproblem, nämlich den Bewegungsmangel der Kinder“, so Vize-Parteichef Wolfgang Kubicki.

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9 Kommentare

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  • Wen interessiert den die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung ?



    Sie Tempolimit auf Autobahnen etc.



    Klimaschutz will auch jeder, solange er/ sie nicht selber davon betroffen ist !



    Fangt ihr schon mal an !

  • Ich sehe wie viele Eeltern ihren Kindern ganz selbstverständlich Cola, Pommes, Ketchup und jede Menge Süssis anbieten. Den Kindern massenhaft Zucker und sinnloses Essen und Trinken anzubieten hängt sicherlich weniger von der Werbung ab als vom Selbstverständnis wie ich mein Kind ernähre. Dazu benötigt es etwas an Verstand und dann wirkt auch Werbung nicht.

  • Solche Umfragen besagen doch überhaupt nichts. Niemand außer denen, die damit Geld verdienen, hat Bock auf Werbung, egal wofür.

  • Man kann auch für TV zahlen oder die Öffentlich-Rechtlichen nutzen. Damit kann man sein Leben lang ohne Werbung rum zappen.

  • Das einzig Positive, das Werbung je gebracht hat, war die Finanzierung der gedruckten Wochen-, später Tageszeitung. Print in dieser alten Form ist aber demnächst tot und mehr von den Erfolgsgeschichten „Privatfernsehen“ und „Internetgiganten“ kann sich unsere Welt nicht leisten. Daher die Forderung: Verbieten wir Werbung einfach ganz!

    • @Zangler:

      Wo fängt Werbung an und wo hören nützliche Bekanntmachungen (gerne auch z.B. für Gesundheitskampagnen) auf?

    • @Zangler:

      Sie möchten wohl das Sterben der Printmedien noch ein wenig beschleunigen?

  • Was hat „Bewegungsmangel von Kindern“ mit ungesunder Ernährung zu tun, Herr Kubicki? Überhaupt gar nichts, um es auf den Punkt zubringen! Mal wieder fährt die FDP Lobbyistenstrategie, anstatt „Volksvertretung“ auszuüben.



    Wenn 66% der Befragten über 14 Jahre solche Werbung ablehnen, ist das ein eindeutiges Signal. Aber was kümmert die Politik schon 2000 Menschen abgesehen von dem ganzen Rest der deutschen Bevölkerung? Und was sollen idiotische 100m-Bannmeilen „um Kitas und Schulen, nicht aber um Spielplätze und Freizeiteinrichtungen“?



    Wenn man davon ausgeht, dass schon Kinder nur auf die Displays ihrer Handys starren, während sie Schule, Kita oder Freizeitbereiche aufsuchen, „braucht man doch gar keine mehr“, Herr Özdemir! Am Wochende wohl erst recht nicht, oder wie jetzt?!

    Fazit: Glatter politischer „Irrsinn der Woche“ à la TV-Satire-Sendung „Extra3“.

    Hauptsache, das ungesunde Zeug wird weiter verkauft.



    Und zwar „…zum Wohle des deutschen Volkes“ ….! (Amtseid in Artikel 56 des Grundgesetzes; siehe auch www.hellwegeranzei...70439-1000275860/)

  • Inhaltlich: voll einverstanden.

    Entweder wirkt Werbung -- dann muss diese Art Werbung weg (eigentlich noch mehr: die Betreiber*innen hinter Gitter). Oder sie wirkt nicht, dann kann sie weg.

    Formal... "... Internet zu Zeiten, an denen Kinder üblicherweise diese Medien nutzen..." -- wer, um Himmels Willen formuliert so eine Frage. Das ist ja mutwillige Volksverdummung.