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Fraktionsklausur der GrünenKlimaschutz mit Absage

Die Grünen beraten, wie sie mehr Klimaschutz in der Ampel durchsetzen können. Sie scheitern bereits an Betriebsräten aus der Lausitz.

Angesäuert beim Klau­sur­auftakt in Weimar: Spitzen-Grüne aus Fraktion und Regierung Dröge, Habeck, Haßelmann und Baerbock Foto: Jacob Schröter/imago

Weimar taz | In der Theorie klingt gut, was die Fraktionsvorsitzende der Bundestags-Grünen am Dienstag in Weimar sagt. „Im Dialog mit den Menschen“ wollten die Grünen den Weg in den Klimaneutralität schaffen, betont Katharina Dröge beim Auftakt der Klausurtagung ihrer Fraktion. Und: Bei den Grünen stehe das Soziale immer direkt neben der Klimapolitik.

Verdeutlichen sollte das eigentlich auch die Auswahl der Gäste, die die Fraktion zu ihrer Klausur eingeladen hatte. Doch zwei Arbeitnehmervertreter des Lausitzer Energiekonzerns Leag machten den Grünen einen Strich durch die Rechnung. Kurz vor Beginn der Klausur sagten am Montag der Betriebsratsvorsitzende Uwe Teubner und sein Stellvertreter ihre Teilnahme ab. Hintergrund ist eine Beschlussvorlage für die Klausur. Darin heißt es, dass die Grünen den Kohleausstieg auch im Osten um acht Jahre auf 2030 vorziehen wollen.

„Leider sehen wir uns gezwungen, von einer Teilnahme an der Fraktionsklausur der Grünen am 21.03.2023 in Weimar Abstand zu nehmen“, schrieben die Betriebsräte am Montag in einem Brief an die Fraktion. Eingeladen worden seien sie ursprünglich zum Thema „Strukturwandel“. Sie hätten berichten sollen, wie dieser „für unsere Kolleginnen und Kollegen gelingen könnte“. Offensichtlich sei in Wahrheit aber Sinn und Zweck der Klausur, ein „willkürliches neues Ausstiegsdatum“ zu setzen – und das gehe gar nicht.

Die Fraktion hatte den Betriebsräten ihren Beschlussentwurf in der vergangenen Woche übermittelt. Betriebsrat Teubner sagte der taz am Dienstag: Als er und seine Kollegen den Text und die Jahreszahl 2030 gelesen hätten, seien sie bereits ins Grübeln geraten. „Wollen wir uns für die Schlagzeile zur Verfügung stellen, dass die Grünen mit Belegschaftsvertretern über einen vorgezogenen Kohleausstieg beraten?“ Übers Wochenende habe man über die Sache nachgedacht. Als sich am Montagmorgen dann erste Medien meldeten, um Interviews zur Klausur anzufragen, habe man die Reißleine gezogen. In ihrer Position sind die Betriebsräte klar: Einen vorgezogenen Ausstieg wie im Rheinland wollen sie nicht. „Wir stehen für solche Deals nicht zur Verfügung“, heißt es in ihrer Absage.

Klimaschutz kommt nicht voran

An Schadensbegrenzung versucht sich in Weimar der Wirtschaftsminister. Es sei ein kluges und starkes Zeichen der Fraktion gewesen, die Betriebsräte einzuladen, sagt Robert Habeck. Er kenne und schätze die beiden Männer als „kluge ausgewogene Vertreter“. Dass die ausgestreckte Hand nicht ergriffen werde, sei schade. Das Gesprächs­angebot gelte aber weiter.

Eine Posse, einerseits. Andererseits: An der Anekdote zeigt sich, mit welchen Problemen die Grünen in ihrem zweiten Regierungsjahr auch allgemein zu kämpfen haben. Mit ihren Vorhaben zum Klimaschutz kommen sie momentan nicht wirklich voran. Die öffentliche Meinung und die Koalitionspartner stehen zu häufig im Weg.

Nur drei der vielen Streitthemen: Das Verbot von Verbrennermotoren in Neuwagen ab 2035, für das der Koalitionspartner FDP mehr Ausnahmen fordert; die Beschleunigung von Planungsverfahren in deutschen Behörden, die die Liberalen nicht nur für Windräder und Bahngleise, sondern auch für Autobahnen durchsetzen wollen; und das schrittweise Verbot von Öl- und Gasheizungen, das Wirtschaftsminister Habeck gerade plant und das ebenfalls auf Widerstände stößt.

Drei Tage Weimar

Entsprechend angesäuert klingen die Spitzen-Grünen am Dienstag beim Klausurauftakt. „Es kann nicht sein, dass in einer ‚Fortschrittskoalition‘ nur ein Koalitionspartner für den Fortschritt verantwortlich ist“, sagt Habeck. Fraktionschefin Britta Haßelmann mahnt: „Die Bekämpfung der Klimakrise ist die zentrale Menschheitsaufgabe. Es reicht nicht, sie in Sonntagsreden zu beklagen.“

Und ihre Co-Vorsitzende Katharina Dröge drängt auf Fortschritte beim fürs Wochenende angesetzten Koalitionsausschuss, gerade im Bereich Verkehr. Sie kritisiert FDP-Verkehrsminister Volker Wissing, der nicht liefere – aber auch Olaf Scholz, der sich aus Sicht vieler Grüner zu stark aus den Konflikten heraushält. Am Ende verantworte auch der Kanzler den Klimaschutz, sagt Dröge.

Drei Tage lang tagt die Grünen-Fraktion insgesamt in Weimar; die Klimakonflikte in der Koalition werden dabei die Debatten bestimmen. „Klimaschutz und sozial-ökologische Transformation“, lautet einer der Tagesordnungspunkte. „Das zweite Ampel-Jahr: Ein Blick nach vorne“, ein anderer.

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16 Kommentare

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  • Es wird Zeit, sich endlich mit den Realitäten auseinander zu setzen. Weder bei der SPD und schon gar nicht bei der FDP ist die Dringlichkeit von Maßnahmen zum Klimaschutz angekommen.



    Dass Betriebsräte eines der größten Umwelt- und Klima-"Sünders" Europas nichts mit den Grünen zu tun haben wollen, ist hingegen einerseits klar und andererseits irrelevant. Und sollte IMHO auf Gegenseitigkeit beruhen.

  • Betriebsräte sind keine gewählten Volksvertreter und haben selbstverständlich auch nicht zu bestimmen, wann und wo aus der Kohle ausgestiegen wird. Fest steht: ein möglichst früher Ausstieg ist umweltpolitisch wünschenswert, die soziale und wirtschaftspolitische Gestaltung der Folgen ist notwendig. Wenn die beiden Betriebsräte auf Letzteres keinen Einfluss nehmen möchten, sondern sich auf Widerstand gegen einen vorgezogenen Ausstieg konzentrieren, dann ist das kaum wirklich im Interesse der von ihnen Vertretenen.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Betriebsräte sind nunmal gewählte Arbeitnehmervertreter. Und die kümmern sich natürlich ihrer Aufgabe entsprechend erstmal um die Interessen der Belegschaft ihres Betriebes und nicht um eine gesamtgesellschaftliche Mammutaufgabe wie den Energiewandel. Genauso wie der BUND nicht für die Einhaltung von Arbeitschutzvorschriften oder die Lokführergewerkschaft sich nicht für den Artenschutz einsetzt.



      Der Kampf gegen den Klimawandel macht doch nicht alle Grundsäulen der Demokratie wie Sozialverbände und Arbeitnehmervertretungen plötzlich überflüssig.



      Legt die Politik ein schlüssiges und annehmbares Konzept vor, wie der Wegfall von Arbeitspätzen in der Region sozial gerecht aufgefangen werden kann, wird man auch Arbeitnehmervertretungen mitnehmen können.

      Die lausitzer Landkreise gehören zu den strukturschwächsten Regionen des Landes, haben eine der höchsten Arbeitslosenraten. Nimmt man die Interessen der Menschen dort nicht ernst, dann verliert man die komplette Region für klimabewußte Politik.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Was glauben Sie denn sind die Interessen der Betroffenen hier in unserer Region? Das der letzte größere Arbeitgeber hier so schnell wie möglich dicht gemacht wird? Die Betriebsräte sind ja hier aus unserer Region in der die Grünen bei der letzten BTW 2% geholt haben. Sie können einfach mal glauben, dass die Betriebsräte hier im Interesse der Vertretenen agieren.



      Es gibt übrigens bereits einen gesetzlich fixierten Ausstiegstermin für die Lausitz und der ist 2038 und den stellen wir nicht dauernd zur freien Disposition der Grünen aus Berlin. Deindustralisierung garniert mit windigen Versprechen aus Berlin haben wir vor 30 Jahren schon erlebt. Auf den Trick fallen wir hier nicht erneut rein.

  • Die Grünen kriegen beim Klimaschutz nichts umgesetzt außer warmen Reden. Trotzdem bleiben sie den Regierungen treu, und bieten sich so als Ökologisches Feigenblatt für SPD, FDP und CDU an.



    So legitimieren sie lediglich deren umweltfeindliche Politik.



    Das kann man Realpolitik nennen. Aber Realpolitik kommt ja von Realität. Und in der Realität erreichen die Grünen für den Klima und Umweltschutz derzeit nichts.

    • @TeeTS:

      Ist also Ihre Meinung, dass die Grünen mehr Klimaschutz durchsetzen könnten, wenn sie die Koalition platzen ließen? Können Sie das genauer erleutern?

    • @TeeTS:

      Ja aber warum erreichen sie denn nichts, weil sie von allen Seiten blockiert werden, sowohl in der Politik als auch der Wirtschaft....das jetzt als Versagen der Grünen zu deklarieren ist ziemlich armselig

  • Es ist ein Fehler, dass sich die Koalitionspartner gegenseitig kritisieren, statt gemeinsame Lösungen zu finden.



    Der Weg zum Umbau unserer Wirtschaft ist steinig.



    Die drei Partner sind sich allerdings in der Notwendigkeit einig.



    Das brauchen wir jetzt. Wir brauchen Veränderung um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten.



    Das geht nur mit der Gesellschaft, nicht gegen sie.



    Wie das aussieht, wird gerade in Frankreich offenbar.



    Die Menschen müssen schon abgeholt werden.



    Die Grünen wollten, so im Vorbeigehen, die Sozialdemokraten überflüssig machen.



    Nur zeigt sich allmählich, dass sie sich eher zur Mittelstandspartei entwickeln.



    Schwarz grüne Koalitionen sind allerdings in jeder Hinsicht ein Rückschritt.



    Die Ampel ist gesamtgesellschaftlich recht breit aufgestellt. Das ist eine echte Chance.



    Linker wird's ( leider) nicht mehr.



    Wem Ökologie und Soziales wichtig ist, der/ die sollte beginnen die Regierung in Ihrem Bemühen zu unterstützen. Klug...er gibt es an jeder social Media Ecke, Macher und MacherInnen werden gebraucht.



    Wahlkampfretorik ist wirklich nicht mehr zeitgemäß.

  • Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann mahnt: „Die Bekämpfung der Klimakrise ist die zentrale Menschheitsaufgabe. "



    Wenn man das ernst meint, dann muß man auch die logischen Konsequenzen akzeptieren, und dazu gehört insbesondere: Wir dürfen nicht zu wählerisch sein, sondern müssen alle Technologien akzeptieren und fördern, die klimapolitisch notwendig oder zumindestens nützlich sind.



    Konkret: Das faktische CCS-Verbot in Deutschland muß ebenso weg wie die Tabuisierung von Negativemissionen und Gentechnik, und Deutschland muß auch damit aufhören, den Franzosen die Atomkraft ausreden zu wollen.



    Französische Kernkraftwerke sind der Hauptgrund dafür, daß die Pro-Kopf- CO2-Emissionen in Frankreich weit unterhalb der deutschen Emissionen liegen. Gentechnik ist ein Verfahren, um schnell neue Sorten züchten zu können. Da wir, schon wegen der immer weitersteigenden Emissionen in Ländern wie China und Indien, die globale Erwärmung bestenfalls mildern, aber nicht ganz vermeiden können, brauchen wir dringend Methoden, mit denen wir die landwirtschaftliche Produktion schnell an sich ändernde Klimabedingungen anpassen können. Sonst können wir die Ernährung von 8 Milliarden Menschen auf dieser Erde nicht mehr sicher stellen.

    • @yohak yohak:

      Ihnen ist aber schon klar, dass Frankreich aus Deutschland Strom bezieht, der hier mit fossilen Energieträgern erzeugt wird, sobald die frz. AKWs wieder mal still stehen wegen Wassermangel? Die dadurch verursachten Emissionen muss man ehrlicherweise dann auch Frankreich obendrauf rechnen.

    • @yohak yohak:

      Sowohl die Atomkraft, als auch CSS, als auch Gentechnik, können, wenn etwas schief geht aber auch reisige Schäden anrichten, von daher ist es Quatsch diese Technologien als "klimapolitisch notwendig " zu benennen....es sind hochrisiko Technologien derer Folgen wir uns noch garnicht bewusst sind

  • Wie schön, dass es keine Grünen gibt.



    Hat's nie gegeben.



    Grüne = keine Regierung, die bettelt.



    CDU = starker Mann, der herrscht.



    archaische Instinkte?



    Falsche Begriffe bei Strukturzusammenhängen:



    Das heißt nicht Klimaschutz, oder Klimawandel, sondern: industrieerzeugte Erderhitzung und die Perspektive lautet: weniger Produktion, nicht für das Kaufen von endlos neuen Produkten, sondern bedürfnisorientierte Versorgung und mehr Menschenrechte, mehr Basis-Entscheidungsmacht und Weltparlament.



    Viele Lohnabhängige und Betriebsrät/innen werden dabei mitmachen.



    Nur Fahrräder bei sonnigem Wetter abbilden ist hingegen eine völlig falsche, kindlich naive Zeichnung der Klimaaktivistinnen. Lasten bei Eiswind bergauf? Nicht mit dem "Fahrrad".



    Die Wasserstoff-Idee ist wie die Vorstellung vom Perpetuum mobile. Das gibt es nicht. Also Abkommen gegen Weltmarktkonkurrenz und klare Steuerung gegen Egoismus.



    Urlaubsflüge komlett verhindern. Ich bin noch nie in den Urlaub geflogen.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    "„Es kann nicht sein, dass in einer ‚Fortschrittskoalition‘ nur ein Koalitionspartner für den Fortschritt verantwortlich ist“

    Welche Partei soll das denn sein?



    Die Partei, die nach einem intransparenten Deal mit RWE Lützerath abbaggern ließ?



    Die Partei, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien versagt, wie zB in BW? Dafür aber UVP abschafft, um endlich Fracking Gas aus den USA zu importieren?



    Die Partei, die sich über die höchsten Strompreise in Europa freut?



    Die Partei, die den Ausstieg aus der Kernkraft verhindert hat?



    Die Partei, die das Verbot von Glyphosat verhindert hat?



    ... Nein, die ja wohl kaum.

    Wenn die Grünen meinen, hier für klarere Verhältnisse sorgen zu müssen, sollen die diese dysfunktionale, zukunftsverneinende Koalition verlassen und Neuwahlen auslösen.



    Diese würden am Ende sicherlich mit der zu erwartenden Schwarz-Grünen Regierung kaum etwas verbessern.

    Aber vielleicht hätten dann wenigsten all die WählerInnen eine Chance zur Korrektur, die im Glauben an all die verratenen Wahlversprechen grün, rot oder gelb gewählt haben.

  • Tja, wer da Sonntagsreden hält, wird halt nur berichtet, wie es Dröge un Co sehen; die Sonntagsreden von der feministschen Außenpolitik, der sozialökologischen Wende etc. pp. gibts jede Menge in Grün.



    Wer sich wirklich für Betriebsräte und deren Denke interessiert, muss schon mehr als Kaffee/ Tee mit Plausch anbieten. Vorher: dann säuert auch Nichts.

  • "Die Bekämpfung der Klimakrise (unter Berücksichtigung der sozialen Folgen) ist die zentrale Menschheitsaufgabe", ja völlig einverstanden und dabei bedenken, die Physik kennt keine Kompromisse, das muss die Leitlinie in der Ample werden. Wenn die Grünen das in der Ampel nicht durchgesetzt bekommen, dann sollten sie sich der letzten Generation anschließen. Mal sehen, wenn nicht 5 sondern 500 Menschen die Straße blockieren.

  • Das Soziale steht bei den Grünen immer neben der Klimapolitik.

    Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber herzhaft lachen.



    Das Soziale hat bei den Grünen noch nie irgendwo gestanden.

    Mit den Vorhaben von Robert H. werden viele in die Verzweiflung getrieben, die das finanziell nicht stemmen können.