Von Polizei erschossener Jugendlicher: Wieso starb Mouhamed D.?
NRW-Innenminister Reul verteidigt die Polizei nach den tödlichen Schüssen in Dortmund. Gleichzeitig beginnt die schwierige Suche nach den Angehörigen.
Am Montagabend hatte der Betreuer einer katholischen Jugendwohngruppe die Polizei gerufen, weil der Jugendliche aus dem Senegal mit einem Messer im Innenhof der Einrichtung war und zuvor über Suizid gesprochen hatte. Laut Reuls Schilderungen sei der 16-Jährige auf die Beamt:innen zugerannt, woraufhin ein Polizist sechs Mal mit einer Maschinenpistole auf ihn schoss.
Vorige Versuche der elf eingesetzten Beamt:innen, die Lage mit Pfefferspray und Tasern zu beruhigen, seien gescheitert. „In dieser Situation ging es um die Frage: Sticht der zu oder schießt die Polizei?“, sagte Reul. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob die Schüsse aus Notwehr fielen.
Am Mittwochabend zogen erneut mehrere hundert Demonstrant:innen von der Polizeiwache Dortmund Nord, in deren Revier der tödliche Einsatz stattgefunden hatte, durch die Innenstadt vor das Dortmunder Polizeipräsidium. Sie wollten damit ein Zeichen gegen Polizeigewalt setzen.
Suche nach der Familie des Getöteten
Der Kulturverein BENNO und weitere Vertreter der afrikanischen Community in Dortmund trafen sich am Mittwochabend mit einem Vertreter der Stadt, um mehr über die Identität des Getöteten zu erfahren und Familienangehörige zu finden. Dafür wurde auch die senegalesische Botschaft eingeschaltet. Mouhamed D. soll erst vor kürzlich allein nach Rheinland-Pfalz gekommen sein, obwohl er sich mit seinem Bruder und seinen Eltern auf den Weg nach Deutschland gemacht haben soll.
Am Samstag, zwei Tage vor seinem Tod, wurde er aus eigenem Wunsch mindestens eine Nacht in einer psychiatrischen Klinik in Dortmund betreut, weil er Suizidgedanken geäußert hatte. Mouhamed D. sprach wohl Französisch und die senegalesische Landessprache Wolof, weshalb die Kommunikation mit den Betreuer:innen und der Polizei kaum möglich gewesen sein soll.
Fatou Mbengue vom Verein BENNO ist noch immer geschockt und überzeugt, dass der Tod von Mouhamed D. hätte verhindert werden können: „Ich wohne in der Straße, in der er starb und meine Familie spricht Wolof. Wir hätten mit ihm sprechen und ihm zeigen können, dass er hier nicht alleine ist.“
Für diesen Freitag ist eine große Trauerfeier in einer Dortmunder Moschee geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Pistorius stellt neuen Wehrdienst vor
Der Bellizismus kommt auf leisen Sohlen