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Auftritte wie dieser des Tierlehrers Martin Lacey jr. mit Löwen sollen verboten werden Foto: Hubert Jelinek/imago

Wildtiere im ZirkusEine Frage der Haltung

Wildtierhaltung im Zirkus ist Tierquälerei, behauptet Julia Klöckner und will den Übeltätern das Handwerk legen. Nur: Leiden die Tiere tatsächlich?

E s ist Samstagnachmittag in Waltersdorf, als der Regen eine kurze Pause macht und Mario Spindler nach seinen Tieren sieht. Waltersdorf ist einer dieser Vororte, deren Namen man vor allem mit dem Besuch schwedischer Einrichtungshäuser verbindet. Die Autobahn ist gleich um die Ecke, ein paar Kilometer weiter hat letztes Jahr klammheimlich der Berliner Flughafen seinen Betrieb aufgenommen. Ein kleines, schon etwas verblasstes, grünes Schild an einer Straßenlaterne weist den Weg zum Erlebnispark Waltersdorf, der zugleich das Winterquartier des Circus Berolina ist. Wenn kein Lockdown ist, kommen Familien hierher – um Elefanten zu füttern, Ponys zu reiten oder sich eine kurze Zirkusvorstellung anzusehen.

Heute sind Tiere und Zirkusleute unter sich. „Tantor“ ruft Spindler, als er bei einem der Gehege angelangt ist. Sofort kommt der Nashornbulle angetrabt, der Zirkusdirektor krault ihn hinterm Ohr. Seine Eltern haben den traditionsreichen Zirkus vor 25 Jahren aus den Resten des zerschlagenen Staatszirkus der DDR aufgekauft. Noch heute bereist er vorwiegend den Osten Deutschlands, 15 bis 20 Städte im Jahr.

Wäre nicht das Virus, wäre Berolina seit Anfang März auf Tournee. Nashornbulle Tantor war jedoch schon ein paar Jahre lang nicht mehr dabei. Wie auch Mara, Indra und Conny, die Spindler im Nachbargehege mit tiefen Grolllauten begrüßen. Knapp 60 Jahre alt sind die drei asiatischen Elefantenkühe. Außer ihnen hat Berolina noch vier afrikanische Elefanten. Im letzten Programm hat einer von ihnen Mario Spindlers Neffen mit dem Schleuderbrett in die Luft katapultiert.

Ihr Publikum begeistern die Spindlers mit solchen Nummern, doch für Tierrechtsorganisationen sind sie nichts als Tierquälerei. Die Dressur von Elefanten und anderen Wildtieren basiere „immer auf Gewalt und Zwang“, behauptet etwa Peta – und hat neuerdings eine hochrangige Mitstreiterin in der Politik.

Berlin, November 2020, Auftritt Julia Klöckner. Die Bundeslandwirtschaftsministerin stellt bei einer Pressekonferenz den Entwurf einer Verordnung vor. „Ich werde in den Wanderzirkussen verbieten“, sagt sie und zählt auf: Giraffen, Flusspferde, Nashörner, Primaten, Großbären und Elefanten. Sie alle sollen künftig nach dem Willen der Ministerin nicht mehr in reisenden Zirkussen gehalten werden. Denn das Leben dort bedeute „große Strapazen, großen Stress“ für die Tiere.

Klöckner ist ein tierlieber Mensch. Seit Monaten postet sie auf Facebook Fotos ihres Australian Labradoodle Ella: wie sie im schicken Hundeanzug im Schnee herumtollt, wie sie Frauchen am Geburtstag während einer Dienstreise in Brüssel besuchen kommt. Übermäßiges berufliches Engagement in Sachen Tierwohl wird Klöckner dagegen selten unterstellt. Kritiker halten ihr vielmehr vor, dass sie beispielsweise die Verbote des Kükentötens und der betäubungslosen Ferkelkastration hinausgezögert hat und die Haltung von Muttersäuen im Kastenstand für weitere 17 Jahre erlauben wollte.

Mit einem bedauernden Lächeln fügt Klöckner hinzu: Aber wir müssen uns auch an die Grundrechte halten

Die unmittelbaren Auswirkungen von Klöckners neuer Verordnung scheinen zunächst nicht weiter der Rede wert zu sein, denn die wenigen aktuell gehaltenen Tiere der genannten Arten sollen die Zirkusse behalten dürfen. Und ihre Zahl ist überschaubar: insgesamt fünf, vielleicht sieben Elefanten, zwei Giraffen, ein Flusspferd … Neuanschaffungen sind kaum möglich. In wenigen Jahren wird es keines dieser Tiere mehr im Zirkus geben – ob mit oder ohne Verordnung.

Klöckners Bauchgefühl

Dennoch herrscht in der Zirkusbranche helle Aufregung. Solche staatlichen Eingriffe seien wegen ihrer rufschädigenden Wirkung existenzbedrohend für viele Unternehmen. Er akzeptiere, wenn jemand keine Tiere im Zirkus sehen möchte, sagt etwa Jochen Träger-Krenzola vom Vorstand des Berufsverbandes der Tierlehrer. „Aber es hört bei mir auf, wenn sie versuchen, andere Leute zu missionieren, und mich dafür diskreditieren wollen.“

Besonders ärgern sich Zirkusse und Tierlehrer, weil sie auf ausdrücklichen Wunsch Klöckners eine Selbstverpflichtung vorgeschlagen haben, die weit über die bisherigen Haltungsvorschriften hinausging. Das Ministerium dankte und lobte das Konzept, ließ die Zirkusleute allerdings wissen: „Die Leitung unseres Hauses möchte aus politischen Gründen einen anderen Weg verfolgen.“

Was unter solchen „politischen Gründen“ zu verstehen ist, ist für Volker Kauder klar: „Das ist natürlich, weil die Tierrechtler Druck machen“, sagt der ehemalige Unionsfraktionschef im Bundestag, „und dem will sich Klöckner entziehen.“ Er halte nichts von einem grundsätzlichen Wildtierverbot, sagt der Parteifreund Klöckners. „Mir ist wichtig, dass die Tiere anständig gehalten werden – egal, ob das nun Wild- oder Haustiere sind.“

Verbote, so monieren die Zirkusse, bringen einen erheblichen Imageschaden mit sich. „Ankommen wird bei den Leuten: Beim Zirkus ist etwas faul, denen muss man sogar die Tiere verbieten. So schürt man Vorurteile und verunglimpft eine ganze Branche“, sagt etwa Helmut Grosscurth, Geschäftsführer der European Circus Association. „Am Ende heißt es wieder: ‚Leute, nehmt die Wäsche rein …‘“ Auch das Argument, dass es immer wieder Verstöße gegen die geltenden Haltungsvorschriften gebe, will er nicht gelten lassen: „In Berlin gab es im Jahr 2019 über vier Millionen Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung. Trotzdem ist da, soweit ich weiß, der Straßenverkehr nicht abgeschafft worden. Stattdessen hat man die Straßenverkehrsordnung verschärft.“

Ob ein Löwe, ein Zebra oder ein Elefant – diese Tiere sind und bleiben Wildtiere und haben dementsprechend an ihre Haltung ganz andere Ansprüche als eine Katze oder ein Hund

Katharina Lameter, Projektleiterin bei Pro Wildlife

Vor allem fürchten die Zirkusvertreter, dass die jetzt genannten Tierarten nur der Anfang sind. Nicht zu Unrecht, denn Klöckners erklärtes Ziel ist es, das Verbot auf alle Wildtiere auszuweiten – vor allem auch auf Raubkatzen, die besondere Attraktion einiger größerer Zirkusse: „Wenn ich jetzt nur von meinem Bauchgefühl spreche, sage ich: Großkatzen haben in der Manege nichts zu suchen.“ Mit einem bedauernden Lächeln fügt die Ministerin hinzu: „Aber wir müssen uns auch an die Grundrechte halten.“

Die Debatte, die durch Klöckners Initiative neuen Zündstoff bekommt, ist schon über 30 Jahre alt. In Deutschland gibt es rund 25 Millionen Schweine, über zehn Millionen Hunde und um die 300.000 Reitpferde – doch über kaum eine Tierhaltungsform wird ähnlich emotional gestritten wie über die von ein paar hundert Wildtieren im Zirkus.

Wenig weiß der Mensch über das Wohlbefinden der Tiere

Pauschale Urteile und Klischees prägen den Streit. Dialog findet längst nicht mehr statt. Mit denen – gemeint sind immer die anderen – kann man ja ohnehin nicht reden, heißt es. Stattdessen stellen Peta und Co. die Zirkusleute an den Pranger, diese wiederum deklarieren die Tierrechtler als verbohrte Ideologen. Beiden Seiten geht es vor allem ums Prinzip, und alle nehmen für sich in Anspruch, stellvertretend für die Tierwelt zu sprechen. Kritischen Nachfragen gegenüber sind beide Seiten skeptisch – und sie sind gut vernetzt. Man stimmt sich untereinander ab, bevor man mit Journalisten redet. Ein Tierrechtler sagt zur Begrüßung am Telefon gleich ganz offen: „Man hat mich vor Ihnen gewarnt.“

Katharina Lameter holt tief Luft. So wie man eben Luft holt, wenn man mal wieder an der Begriffsstutzigkeit des Gegenübers verzweifelt. Die 28-jährige Biologin ist bei der Arten- und Tierschutzorganisation Pro Wildlife in München zuständig für die Kampagne gegen Wildtierzirkusse.

Direktor Mario Spindler sieht im Winterquartier nach seinen Elefanten Foto: Dominik Baur

Die Frage, die das erhöhte Sauerstoffbedürfnis ausgelöst hat, ist die, warum die „Wildheit“ von Tieren das ausschlaggebende Kriterium bei ihrer Haltung sein soll. Die Frage ist zentral, weil ihre Beantwortung begründen könnte, warum etwa für Hundehaltung oder Reitsport andere Regeln gelten sollen. Und es lägen ja auch andere Kriterien nahe: So könnte man annehmen, dass sich manche Tierarten für ein Leben im Zirkus eignen, andere dagegen nicht, unabhängig davon, ob sie domestiziert sind oder nicht. Man könnte auch vermuten, dass es vom Charakter des individuellen Tiers abhängt oder davon, in welcher Haltung es aufgewachsen ist. Annahmen, die nicht völlig absurd wären.

Lameter hält dennoch nichts von ihnen. „Ob ein Löwe, ein Zebra oder ein Elefant – diese Tiere sind und bleiben Wildtiere und haben dementsprechend an ihre Haltung ganz andere Ansprüche als eine Katze oder ein Hund, die sich über einen langen Prozess hinweg an das Leben mit dem Menschen angepasst haben“, sagt sie.

Hinter ihr, in der Ecke des Büros, liegt eines dieser angepassten Wesen und schläft: der Hund der Aktivistin, zehn Jahre alt. Geht es ihm gut? Ist er glücklich? Können Tiere glücklich sein? Wenig weiß der Mensch über das Wohlbefinden der Tiere. Es gibt Hinweise, ja: die körperliche Gesundheit, das Verhalten. Und natürlich behauptet jeder Tierhalter: Niemand kennt mein Tier besser als ich; ich werde ja wohl wissen, wie es ihm geht. Da unterscheiden sich Tierlehrerinnen wenig von Hundehaltern.

Mario Spindler führt in den Küchenwagen. Eine großzügige Einbauküche plus Sitzecke. Auch im Winterquartier leben die Spindlers in ihren Wohnwagen. Mario Spindler und seine Frau Melanie erzählen von ihrem Zirkus, ihren Tieren und wie sich alles geändert hat in den letzten Jahren. In den Neunzigern, da sind sie noch mit dem größten Drei-Manegen-Zirkus Europas gereist. „Dann kam die Playstation, dann das Handy“, sagt Melanie Spindler. „Der Zirkus war zwar nebenan – aber keiner hatte mehr Interesse.“ Gleichzeitig kamen aber auch die Tierrechtler, die Demonstranten vor dem Zelt. Und jetzt Klöckner.

In Berlin gab es 2019 über vier Millionen Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung. Trotzdem ist der Straßenverkehr nicht abgeschafft worden.

Helmut Grosscurth, Geschäftsführer der European Circus Association

„Wir werden von der Politik kriminalisiert“, schimpft Mario Spindler. Das Direktoren-Ehepaar redet sich in Rage, fällt sich gegenseitig ins Wort, gestikuliert, eine Kaffeetasse wird umgestoßen. „Frau Klöckner soll doch mal herkommen“, fordert Melanie Spindler. „Sie soll sich das anschauen, in einen Zirkus mit Wildtieren gehen. Sie muss sich doch selber überzeugen, ob die Zustände da so sind, wie sie es darstellt.“

Plakat von 1983 wirbt mit wilden Tieren für den DDR-Staatszirkus, Tierhaltungsfragen spielten damals eine ganz andere Rolle Foto: akg-images

Aber die Ministerin kommt nicht. Das letzte Mal, bekennt sie, war sie als Kind in ihrem Dorf in einem Zirkus. Auch sonst wurde niemand aus ihrem Ministerium in einem Zirkus vorstellig, um dort einmal die Tierhaltung in Augenschein zu nehmen. Und auf die Ankündigung in der Pressekonferenz, man werde nun Studien in Auftrag geben, angesprochen, reagiert Klöckner mit einem Rückzieher: Man müsse erstmal sehen, welche Lücken noch bestünden und wie man diese wissenschaftlich schließen könne.

Kann das Tier mit dem Menschen?

Einen Mangel an Lücken gibt es jedenfalls nicht. So argumentieren Klöckner und die Tierrechtler unter anderem damit, dass Wildtiere keinerlei emotionale Bindung zum Menschen eingehen könnten und für sie der Kontakt zu ihm grundsätzlich schon ein Stressfaktor darstelle. Es wäre ein gewichtiges Argument, denn in diesem Falle wäre natürlich jede Dressur mit Leid für das Tier verbunden, doch die Behauptung ist nicht belegt. Der Verhaltensforscher Immanuel Birmelin etwa ist überzeugt davon, dass Wildtiere enge Beziehungen zum Menschen eingehen können. „Die geheimnisvolle Nähe von Mensch und Tier“ heißt das jüngste Buch Birmelins. Darin schildert er Fälle, in denen Wildtiere – vom Delfin bis zum Elefanten – ohne Futterreiz die Nähe des Menschen gesucht hätten.

Auch René Strickler ist Birmelins Meinung: „Man kann zu einem Löwen eine genauso enge Beziehung aufbauen wie zu einem Hund“, sagt er. Strickler spricht nicht aus wissenschaftlicher Betrachtung, sondern aus Erfahrung. Jahrelang war der Raubtierlehrer der Star beim Circus Roncalli. Strickler war einer der ersten und konsequentesten Vertreter der sanften Dressur. „Ich wollte den Besuchern keine Pranken schlagenden und Zähne fletschenden Tiere zeigen, sondern wie vertrauensvoll das Zusammenspiel zwischen Tier und Mensch sein kann.“ Über 40 Jahre lang arbeitete der heute 72-Jährige mit Raubtieren. Er argumentiert, dass die Dressur das Leben für die Tiere interessanter und abwechslungsreicher mache. Ohne sinnvolle Beschäftigung werde man so intelligenten Lebewesen nicht gerecht.

„Frau Klöckner soll doch mal herkommen“. Zirkus-Direktorenehepaar Spindler im Wohnwagen Foto: Dominik Baur

„Der Schlüssel ist Vertrauen“, erklärt der Schweizer am Telefon. Mit Gewaltandrohung erreiche man, anders als es die Tierrechtler behaupteten, gar nichts. Niemals wäre Blacky, der Schwarze Panther, ihm aus drei Metern Entfernung in die Arme gesprungen, sagt Strickler. „Wissen Sie, was das heißt? Dieses Vertrauen – er springt ja eigentlich ins Nichts.“

In der Tat lässt das Verhalten von Zirkustieren oft auf ein enges Vertrauensverhältnis schließen. Ein Beweis ist es nicht. Für Katharina Lameter ist es noch nicht einmal ein Indiz. „Nein, das sind Wildtiere, die sich entsprechend ihrem Verhaltensrepertoire verhalten wollen, wie sie es auch in der freien Wildbahn ausleben würden. Und dazu gehört kein Mensch.“

Individuum versus Prinzip

Die These, dass es bestimmte Tierarten gibt, die sich nicht für die Haltung im Zirkus eignen, hat auch unter Fachleuten, die im Zirkus wissenschaftlich gearbeitet haben, ihre Anhänger. So zeigten sich beispielsweise der mittlerweile verstorbene Wildtierbiologe Fred Kurt wie auch der Verhaltensforscher Immanuel Birmelin mit der Zeit skeptisch, was die Haltung von Elefanten anbelangt. Auch die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz, die kein grundsätzliches Wildtierverbot befürwortet, ist gegen Wildtiere wie Elefanten und Giraffen im Zirkus.

Da es von diesen Arten jedoch nur noch einige wenige Bestandstiere gibt, läge es nahe, das Augenmerk nicht auf die Spezies, sondern auf das Individuum zu legen. Für ein Tier, das seit Jahrzehnten das Leben im Zirkus gewohnt ist, kann es unter Umständen einen Schock bedeuten, wenn es aus der vertrauten Umgebung genommen und in eine Auffangstation gegeben wird.

Aber lässt sich tatsächlich so kategorisch zwischen Wild- und domestizierten Tieren unterscheiden? Anruf bei einem, der es wissen muss: Kai Frölich ist habilitierter Veterinär, promovierter Biologe, Tierparkdirektor und vor allem: Experte in Sachen Domestikation. Nein, sagt Frölich, solche pauschalen Aussagen seien nicht möglich. Auch Wildtiere könnten emotionale Bindungen zu Menschen eingehen, und Interaktionen mit ihnen bedeuteten zwar oft, aber nicht grundsätzlich Stress für die Tiere.

Streitthema Transport

Davon, alle Wildtiere in eine Schublade zu stopfen, hält Frölich wenig. Die Anpassungsfähigkeit von Wildtieren sei sehr unterschiedlich. Auch in Fragen der Haltung lasse sich keine eindeutige Trennlinie zwischen Wild- und domestizierten Tieren ziehen. Natürlich lasse sich ein Tiger in Haltungsfragen in vielerlei Hinsicht mit einer Hauskatze besser vergleichen als mit einem Zebra – schon allein, weil beide Fleischfresser seien. „Auch wenn Tiger und Zebra Wildtiere sind, die Katze nicht.“ Aber letztendlich könne man immer nur Vermutungen anstellen, wie es dem Tier geht. „Der Löwe wird uns nicht sagen, ob er lieber in der Savanne auf Jagd gehen würde oder sich lieber im Zirkus das Fressen vorsetzen lässt“, sagt Frölich. „Das sind sehr schwere Fragen, auf die es keine leichte Antwort gibt, so gern mancher das vielleicht hätte.“

Bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit eines Wildtierverbots geht es zudem nicht darum, ob man gerne Elefanten beim Männchenmachen oder Seehunden beim Ballspielen zusieht. Es geht um die Frage, ob Leid von Wildtieren in einem reisenden Zirkusunternehmen unvermeidlich ist, es also beispielsweise nicht durch strengere Vorschriften oder Kontrollen zu verhindern wäre. Solange es alternative Maßnahmen gibt, ist ein Verbot laut Tierschutzgesetz nicht zulässig.

Diese Tierrechtsaktivisten sind genau wie die Anhänger von Donald Trump. Mit Fakten sind sie nicht zu erreichen

Ted Friend, Verhaltensforscher

Neben der Frage nach der Anpassungsfähigkeit von Wildtieren ist der Transport das zentrale Thema in der Debatte. Denn er unterscheidet den Zirkus von den meisten anderen Tierhaltungsformen und würde rechtfertigen, warum nur er Ziel eines Verbotes ist. Natürlich kennt auch Tierlehrer Strickler die Vorwürfe, die Tiere würden durch die häufigen Transporte ungeheurem Stress ausgesetzt. „Ich wollte mir dann mal selber ein Bild machen, wie sie damit zurechtkommen, und habe eine ganze Fahrt im geschlossenen Wagen mit meinen Löwen mitgemacht: Nach zehn Minuten haben alle Tiere im Stroh geschlafen.“ Auch die Standortwechsel bedeuten in Stricklers Augen keinen Stress, sondern einen „Riesenvorteil“ gegenüber manchem Zoo. „Da haben sie neue Gerüche, neue Nachbarn, neue Bodenbeschaffenheit. Das erhöht die Lebensqualität natürlich, weil die Tiere stunden-, manchmal tagelang damit beschäftigt sind, die neue Umgebung zu erkunden.“

Und die kleinen Käfigwagen, in denen die Tiere die meiste Zeit ausharren müssen? Die hat es in der Tat einmal gegeben – vor Jahrzehnten. Er sei der erste gewesen, der mobile Außenanlagen für die Raubkatzen aufgebaut habe, sagt Strickler stolz, schon 1978. Später brauchte er zehn Lkws und 34 Anhänger allein für seine Requisiten: „Die Außenanlagen meiner Tiere haben sich kaum von denen in Zoos unterschieden: Da gab’s Wasserfälle, Baumstämme Felswände, Rückzugsmöglichkeiten.“ Das sei auch in einem reisenden Unternehmen alles möglich.

Erfahrungswerte, die freilich keinen Eingang in Klöckners Verordnung finden, die in ihrer Argumentation den Tierschutzverbänden folgt. Darin wird darauf verwiesen, dass Transporte „naturgemäß“ mit Belastungen speziell für Wildtiere einhergingen. Auf Nachfrage der taz, mit welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen man dies begründe, nennt Klöckners Haus vier Arbeiten – exemplarisch für eine „Vielzahl von Studien“.

Klingt nach einer eindeutigen Quellenlage. Doch sieht man sich die genannten Arbeiten näher an, stellt man fest: Nur eine der Publikationen, ein elfseitiger Aufsatz, streift das Thema Transporte überhaupt: Die Autoren bekunden darin Zweifel an den Ergebnissen älterer Untersuchungen, die zu dem Ergebnis gekommen waren, dass sich etwa Raubkatzen und Elefanten sehr gut an den regelmäßigen Transport gewöhnten – ohne diese jedoch zu widerlegen.

Die Argumentationsdecke ist dünn

Für die Tierschutzverbände steht das Leid der Zirkustiere dennoch außer Zweifel. Ihnen geht Klöckners Verordnung daher nicht weit genug. So fordern 15 Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme die Ministerin auf, das Verbot sofort auf alle Wildtierarten auszuweiten und auf einen Bestandsschutz für die aktuell gehaltenen Tiere zu verzichten. Ihre Halter müssten demnach ihre Tiere rasch in Auffangstationen abgeben.

Die Stellungnahme ist ein gutes Beispiel für die dünne Argumentationsdecke, auf der die Verbotsverfechter wandeln. Die Tierrechtler fahren darin eine ganze Armada an Argumenten und Quellen auf. Doch betrachtet man sie näher, stellt man fest, dass sich die meisten Studien auf andere Haltungsformen beziehen. Das Argumentationsschema läuft dann, etwas vereinfacht, oft so: Wenn schon bei den Tieren beispielsweise im Zoo dieser und jener Missstand zu belegen ist, um wie viel schlimmer muss es dann um die Zirkustiere stehen, denen es ja bekanntlich viel schlechter geht. Dass gerade das der Punkt ist, der zu beweisen wäre – geschenkt.

Ähnlich funktioniert auch eine von der walisischen Regierung in Auftrag gegebene Arbeit, auf die sich auch deutsche Tierrechtler immer wieder beziehen. Auch die Macher dieser Studie haben nur andere Veröffentlichungen ausgewertet. Und diese beschäftigen sich in den seltensten Fällen mit der Tierhaltung im Zirkus. Stattdessen geht es um Transporte zum Schlachthof, Verhaltensbeobachtungen im Zoo, Kannibalismus unter Ratten oder den Gewichtsverlust weiblicher Rentiere im Winter.

An einer anderen Stelle in der Stellungnahme schreiben die Verfasser pauschal, in der Dressur würden „nicht selten brachiale Gewalt, wie Stockschläge, angewendet“. Dahinter die Fußnote Nummer 120, die Behauptung scheint also belegt zu sein. Folgt man der Fußnote, findet man einen Verweis auf die Autobiografie eines Tierlehrers. In dieser beschreibt er tatsächlich, wie er einmal nach einer lebensbedrohlichen Ausnahmesituation auf einen Löwen eingeschlagen hat. Das Buch ist von 1988, der Fall trug sich 1965 zu. Ein Beweis für das, was heute „nicht selten“ bei der Dressur stattfindet? Zumindest ein Hinweis auf die Qualität der Argumentation.

College Station, Texas. Ted Friend war gerade mit der Kettensäge draußen, hat ein paar Bäume zersägt, die der Schneesturm auf die Zufahrt geweht hatte. Jetzt sitzt er im Wohnzimmer vor seinem Computer und lässt seinem Ärger via Zoom freien Lauf: „Diese Tierrechtsaktivisten sind genau wie die Anhänger von Donald Trump.“ Mit Fakten, wissenschaftlichen Erkenntnissen seien sie nicht zu erreichen.

Europa-Vergleich

Eines der Lieblingsargumente von Tierrechtsaktivisten ist der europäische Vergleich. So ein Blick auf die Karte ist ja auch wirklich sehr eindrücklich: In den meisten europäischen Ländern gibt es inzwischen schon generelle Wildtierverbote oder Verbote bestimmter Wildtierarten. Daran müsse sich auch die Bundesregierung orientieren, heißt es dann.

Andererseits hat kaum ein EU-Land eine ähnlich strenge Tierschutzgesetzgebung wie Deutschland. Die Zirkusbetreiber argumentieren, besagte Länder hätten es sich schlicht einfach gemacht und statt entsprechender Haltungsvorschriften generelle Verbote erlassen. Da es zumeist Länder ohne große Zirkustradition waren, blieb das Verbot dort ohne größeren Widerstand und ohne größere Auswirkungen. Griechenland verbot sogar alle Tierzirkusse – und niemand störte sich daran. Freilich gab es in Griechenland auch keine Zirkusse.

Friend trägt ein Sweatshirt mit dem Schriftzug seiner Uni: „Texas A&M University“. 38 Jahre hat er hier geforscht und gelehrt. Schwerpunkt: Tierwohl. Zahlreiche seiner Arbeiten beschäftigten sich mit der Haltung von Wildtieren in Zirkussen. Der Verhaltensforscher ist einer der wenigen Wissenschaftler, die sich tatsächlich vor Ort ein Bild gemacht haben. Er hat sich einen Wohnwagen zugelegt und ist regelmäßig mit Zirkussen mitgereist – in den USA, aber auch in Italien.

Auch in Deutschland gibt es Bäume

Das Pikante: Ausgerechnet Friend ist einer der wichtigsten Kronzeugen der Tierrechtler. Immer wieder berufen sie sich auf seine Studien, insbesondere diejenigen zu stereotypem Verhalten. Und tatsächlich: Friend hat stereotypes Verhalten bei Zirkustieren festgestellt, etwa Tiger, die unruhig am Gitter auf und ab laufen. Doch seien seine Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich hier nicht um eine Verhaltensstörung gehandelt habe, sondern um eine Reaktion auf äußere Umstände wie die anstehende Fütterung oder die Vorstellung. Stereotypien könnten unterschiedliche Ursachen haben, und die gelte es zu unterscheiden. „Die missdeuten alle meine Studien“, schimpft Friend. Und die meisten hätten noch nie Feldforschung in einem Zirkus betrieben.

Die mangelnde wissenschaftliche Basis ihrer Behauptungen über das Leid der Wildtiere im Zirkus scheint aber weder Tierrechtler noch Julia Klöckner zu beunruhigen.

Klöckners Ansichten

April 2019. Julia Klöckners Ministerium antwortet auf eine Kleine Anfrage der Grünen: „Die in Zirkusbetrieben bei Tierschutzkontrollen festgestellten Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen belegen aus Sicht der Bundesregierung nicht, dass eine tierschutzgerechte Haltung bestimmter Wildtierarten in Zirkusbetrieben mit wechselnden Standorten grundsätzlich nicht möglich ist.“

November 2020. Im Referentenentwurf der Klöckner’schen Verordnung heißt es: „Die Haltung von Tieren bestimmter wildlebender Arten wirft systemimmanente Tierschutzprobleme auf, die unter den Bedingungen des reisenden Zirkus nicht durch Änderungen der Haltungsbedingungen oder der Transportbedingungen beseitigt werden können.“

Januar 2021. Auf taz-Anfrage, worin dieser Sinneswandel begründet sei, antwortet Klöckner schlicht, es gebe keinen Sinneswandel.

Entsprechend schludrig präsentiert sich auch Klöckners Papier. So behauptet das Ministerium darin, Breitmaulnashörner seien gute Schwimmer, was bei der Haltung berücksichtigt werde müsse. In Wirklichkeit können diese Tiere überhaupt nicht schwimmen. Weiter heißt es, Flusspferde bräuchten ein Wasserbecken, in dem sie vollständig eintauchen könnten, was im Zirkus kaum umsetzbar sei. Dass es in Deutschland nur noch ein Flusspferd gibt, das mit einem Zirkus reist, und dieser ein solches Becken mitführt – egal. Unfreiwillig komisch wird es auch, wenn das Ministerium findet, dass eine adäquate Ernährung von Giraffen „im Zirkusbetrieb deshalb nur schwer umsetzbar“ sei, da diese gewöhnlich von Baumblättern und -trieben lebten – und sich der Tierlehrerverband daraufhin tatsächlich bemüßigt fühlt, das Ministerium darüber in Kenntnis zu setzen, „dass in ganz Deutschland Bäume wachsen“.

Es bleiben viele Fragen. Man bekäme sie von der Ministerin gerne beantwortet. Ein Gespräch mit der taz lehnt Klöckner jedoch ab. Und schriftlich eingereichte Fragen werden zwar pro forma beantwortet, dabei geht die Politikerin jedoch auf die meisten Fragen gar nicht ein, sondern wiederholt lediglich Statements aus der Pressekonferenz.

Forschung in der Manege

In der Zirkusbranche gilt noch immer Marthe Kiley-Worthingtons Untersuchung von 1990 als Standardwerk zum Thema. Die unter dem Titel „Animals in Circuses and Zoos: Chiron’s World?“ erschienene Arbeit wurde zunächst von der britischen Tierschutzorganisation RSPCA angestoßen. Kiley-Worthington kommt zu dem Schluss, dass es keinen Grund gibt anzunehmen, dass Tiere im Zirkus notwendigerweise litten. Die RSPCA zog ihre Unterstützung für die über zwei Jahre angelegte Studie zurück, als sich das Ergebnis abzeichnete. Kiley-Worthington zufolge haben ihre Erkenntnisse auch nach 30 Jahren ihre Gültigkeit nicht verloren.

Auch ein Bericht im Auftrag der britischen Regierung, der sogenannte

aus dem Jahr 2007, kommt zu dem Ergebnis, es gebe keine zwingenden Argumente dafür, dass es Wildtieren in Zirkussen besser oder schlechter gehe als in anderen Haltungseinrichtungen. Weitere Untersuchungen seien hierfür notwendig. Dennoch entschied sich Großbritannien nach Vorlage des Reports für ein Wildtierverbot.

Mit dem tatsächlichen status quo in Deutschland beschäftigte sich 2008 die

. Sie untersuchte die Haltungsbedingungen der Tiere in 25 deutschen Zirkussen. Sie musste feststellen, dass nur die Hälfte der Tiere in Gehegen untergebracht waren, die den Haltungsempfehlungen entsprachen – wobei der Schnitt bei Wildtieren etwas besser war als bei domestizierten Tieren.

Eine

kommt im Auftrag der walisischen Regierung 2016 zu dem Ergebnis, dass eine artgerechte Haltung von Wildtieren im Zirkus nicht möglich sei. Die herangezogenen Studien haben allerdings nur in sehr wenigen Fällen Untersuchungen im Zirkus angestellt.

Eines der Hauptargumente bleibt denn auch der Zeitgeist. „Die Zeit hat sich geändert, und auch die Sichtweise von Zirkusbesuchern hat sich geändert“, behauptet Klöckner auf der Pressekonferenz. Was sie nicht sagt: dass, wenn sie recht hätte, Wildtierzirkusse ohnehin kein Publikum mehr fänden und sich die Frage nach einem Verbot erledigt hätte.

Demnächst soll der Bundesrat über die Verordnung befinden. Eine Zustimmung gilt als sicher, da von der Länderkammer selbst in der Vergangenheit schon mehrfach ähnliche Initiativen ausgegangen waren. Klöckners Ziel ist es, die Verordnung noch vor der Bundestagswahl in Kraft treten zu lassen. Die Zirkusunternehmen haben für diesen Fall eine Klage angekündigt.

Volker Kauder hat bereits resigniert. Er wisse, dass seine Position nicht mehrheitsfähig sei, sagt der Politiker. „Leider. Die nächste Nummer wird sein, dass die Haltung von Tieren im Zirkus komplett verboten wird“, prophezeit Kauder. „Frau Klöckner ist auf dem besten Weg, aus dem Gesamtkunstwerk Zirkus ein Varieté im Zelt zu machen.“

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54 Kommentare

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  • Liebe Leute bei der taz!



    Wenn es nicht möglich ist, meinen Beitrag komplett einzustellen, möchte ich Euch bitten, diesen komplett zu löschen. Denn nur fragmentarisch ergibt er keinen Sinn.

    • @longestmountains:

      Also bei mir sehen die beiden Kommentare identisch aus (Samstag 17:27 und 17:16, korrekt?). Können Sie uns per Mail Screenshots schicken, falls das Problem bei Ihnen weiterbestehen sollte?

  • Endlich mal wieder ein guter artikel.



    Der die taz so darstellt wie man sie kannte, emanzipiert, wohlklingend und den mainstream ignorierend.



    Weiter so bitte mehr davon.

  • Ich gebe zu : Sobald ich "PETA" lese oder höre,schalte ich innerlich auf Widerstand/Ablehnung. Das ist ein über Jahre /Jahrzehnte angeworbenes Verhalten,begründet in der irrationalen ,sektenhaften Argumentations- und Verhaltensweise der "Gläubigen",wie sie im Artikel erläutert wird. Das ist das gleiche Muster ,das man bei Verschwörungstheoretikern ,tatsächlichen Coronaleugnern,etc findet. Nur das Thema an sich ist halt nicht Mondlandung oder Corona.

    Ein Wort zu den angeblichen Wildtieren: Soweit mir bekannt ,haben die allermeisten Zoo -und auch Zirkustiere niemals in ihrem Leben die freie Wildbahn erlebt,sondern stammen aus Zuchten. Das man Tiere "frisch aus der Serengeti" in Zoo oder Zirkus bringt,ist ja seit etwa 100 Jahren eher die Ausnahme.



    Und natürlich kann "Wildtiere" an den Menschen gewöhnen ,so man sie als Jungtiere aufzieht. Umgekehrt können domestizierte Tiere auch "wild und frei" aufwachsen und leben.



    Auch Tiere müßen erst lernen in ihrer jeweiligen Umwelt zurecht zu kommen und werden darin von ihren Eltern oder anderen Artgenossen unterrichtet,teilweise jahrelang. Die "Artgenossen" und Eltern können dabei auch menschlich sein.

  • Leider wurde der Kommentar nicht vollständig übernommen???

    Also hier mein kompletter Kommentar:

    Meine Güte, ein Artikel, den man in der Welt oder Blöd erwarten würde.

    Zitat: >>Volker Kauder hat bereits resigniert. Er wisse, dass seine Position nicht mehrheitsfähig sei, sagt der Politiker. „Leider. Die nächste Nummer wird sein, dass die Haltung von Tieren im Zirkus komplett verboten wird“, prophezeit Kauder.

  • Meine Güte, ein Artikel, den man in der Welt oder Blöd erwarten würde.

    Zitat: >>Volker Kauder hat bereits resigniert. Er wisse, dass seine Position nicht mehrheitsfähig sei, sagt der Politiker. „Leider. Die nächste Nummer wird sein, dass die Haltung von Tieren im Zirkus komplett verboten wird“, prophezeit Kauder.

  • Wenn mensch sich die tierunwürdigen Bedingungen in der Massentierhaltung vor Augen führt,



    gerinnt der Vorstoß der Landwirtschaftsministerin Klöckner zu einem scheinheiligen Wahlkampfauftritt.



    Ich habe Anfang der 90-er Jahre als beurlaubter Studienrat gut drei Jahre die Pressearbeit von zwei großen Circusunternehmen geleitet. Beide verfügten über einen großen Tierbestand, zu dem auch Elefanten, Tiger, Braunbären und andere Exoten gehörten.



    In der schon lange anhaltenden Debatte über Wildtiere im Circus habe ich festgestellt, dass die KritikerInnen der Haltung von Wildtieren diese extrem vermenschlichen. So werden z.B. eigene Sehnsüchte nach Freiheit und auch Nähe auf die Wildtiere projiziert, die mit den Bedürfnissen der Tiere wenig zu tun haben. Ich möchte diesen Gedanken an einem Beispiel aus meiner Circuspraxis erläutern: Wenn wir Circusleute zu einem ersten Pressetermin in der jeweiligen Stadt zu einem „Bärenfrühstück“ vor dem Rathaus mit zwei ausgewachsenen Braunbären einluden, hatten wir große Probleme, das Publikum von den Bären fern zu halten. Alle wollten die Bären streicheln. Aus Sicherheitsgründen habe ich dann umgesattelt auf „Reptilienempfang“. Wenn wir den großen Alligator und einige lange Tigerpythons aus dem Transporter ausluden, sprangen die Menschen aus Angst beiseite. Braunbären können extrem gefährlich sein, Alligatoren und Würgeschlangen i.d.R. eher nicht. Das Verhalten der Menschen hatte mit den realen Tieren nichts zu tun.



    Die tatsächliche Lebenssituation vieler Wildtiere hat mit den Projektionen vieler Circuskritiker wenig zu tun. Nehmen wir z.B. die Situation der afrikanischen Elefanten. Länder wie Sambia, Tansania und Südafrika erlauben die „Sportjagd“ auf Elefanten. Auch Botswana hat das absolute Jagdverbot aufgehoben und verkauft für die diesjährige Saison vom 6. April bis zum 21. September Abschusslizenzen für 287 Elefanten. Da lebt elefant in Circusunternehmen doch deutlich angenehmer.

  • Ob Klöckner oder wer anders,die Nutztierhaltung sollte mal ein bischen zügig verändert werden,aber damit käme Frau Klöckner ja der Wirtschaft ins Gehege,und man möchte ja miteinander Gelle !!

  • Die "Haltung" von Tieren im Zirkus kann aus mehren Seiten kritisiert werden, wie:



    # Einschränkung und das Ignorieren der Bedürfnisse der Tiere, deren eigentliche Lebensweise und Lebensraum (Beschaffenheit und Größe)



    # Ignorieren tierlicher Fähigkeiten wie Schmerzempfinden, Bewusstsein, soziales Wesen (wie Herde/Einzelgänger*in)



    # Manipulation der Tiere von kleinauf durch ein Sammelsorium aus emotionaler Abhängigkeitsmachung, Konditionierung, Bezwingung, Kontrolle



    # menschliche Motivation: Macht, Unterhaltung und Profit



    # Verfestigung von Speziesismus



    (d.h. die Diskriminierung aufgrund der Spezieszugehörigkeit): Tiere werden in Gefangenschaft und "dressiert" erlebt. Dies lehrt vor allem die Macht des Menschen über die Tiere, nicht aber Respekt vor ihnen und ihrem Wesen.



    ...



    Mein Fazit ist, dass in Zirkussen Bedürfnisse und Fähigkeiten aufgrund der Haltung nicht berücksichtigt werden können, dies auch nicht das primäre Ziel ist, sondern deren Beherrschung und Manipulation und so die Gründe für eine Ablehnung nicht bereits ausreichen, die Rechtfertigung für die Tierausbeutung wie Unterhaltung und Profiterzielung nicht haltbar ist.

  • 0G
    04970 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank für den sehr informativen Artikel!

    PETA und gewisse "Tierschützer" stehen offensichtlich auf einer Stufe mit religiösen Eiferern, Afden und Trumpisten - denen ist keine Hetze und keine Lüge zu schäbig ...

    SO (oder ähnlich) geht Tierschutz:

    1. "Tiere sind keine Sachen" ins GG.

    2. "Tiere haben Emotionen und sind empathie- und leidensfähig" ins GG.

    3. Ausnahmslos alle Tierversuche, die Tieren Leiden zufügen, müssen mit hohen Geld- UND Freiheitsstrafen geahndet werden.

    4. In Gefangenschaft gehaltenen Tieren, auch "Nutz"-Tieren, muss ein für sie lebenswertes Leben ermöglicht werden. Zuwiderhandlungen müssen mit hohen Geld- UND Freiheitsstrafen geahndet werden.

    5. Das Verfüttern von tierischen Produkten an Pflanzenfresser muss mit mit hohen Geld- UND Freiheitsstrafen geahndet werden.

    6. Die Verwendung von Hormonpräparaten bzw. anderen Drogen zur Mastbeschleunigung muss mit mit hohen Geld- UND Freiheitsstrafen geahndet werden.

    7. Der Handel mit Tierhäuten von Tieren, die nur oder überwiegend zum Zwecke des Häutens zur Gewinnung von Tierhäuten gehalten wurden, muss mit mit hohen Geld- UND Freiheitsstrafen geahndet werden.

    8. Ob Zirkustiere im Sinne des Tierwohls gehalten werden, wird bei unangemeldeten Kontrollen der Haltungsbedingungen sowie der Interaktion von Tieren und deren Pflegern/Lehrern durch Fachleute (wie z.B. Verhaltensbiologen) überprüft (und nicht durch angebliche Tierschützer per Dogma und ein für allemal "geklärt"). Klare Regelverstöße müssen mit hohen Geld- UND Freiheitsstrafen geahndet werden.

  • Und zudem ist das ja wohl enorme Augenwischerei wie von viele hier schon gesagt. Da leiden so viel mehr Tiere in der Haltung zum Verzehrtwerden. Und dann die paar Zirkustiere. Klöcker ist einfach nur fürchterlich.

  • Die Zirkustiere müssen im Einzelnen von jemandem begutachtet werden, der kein Paragraphenreiter ist. Manche Tiere fahren mit der Weiterführung ihrer Gefangenschaft sicher besser, als eine fragwürdig Umsiedlung in ein "besseres Zuhause". Andere Tiere würden hingegen sicher profitieren von einem Umzug - da sollte genau geschaut werden und im Einzelfall entschieden. - soviel Kompetenz traue ich allerdings Klöckner nicht zu.

  • Was für ein Artikel ausgerechnet in der taz. Permanente Verstöße gegen das Tierschutzgesetz durch mangelhafte Haltung von Zirkustieren mit Verstößen gegen die StVO zu vergleichen ist schon ziemlicher Hohn. Nach dieser Logik relativiert sich natürlich alles, solange es noch Straßenverkehr gibt.



    Allerdings hätte man als Journalist recherchieren können, dass natürlich nicht allein in Berlin 4 Millionen Verstöße registriert werden, sondern in ganz Deutschland, oder verstößt man in Berlin schon aus Prinzip jährlich mindestens einmal gegen die StVO und lässt sich auch noch dabei erwischen? Sind das dann die Fakten, mit denen die Tierrechtsaktivisten nicht zu überzeugen sind oder ist es womöglich doch nur Polemik?

    So ist für territoriale Tiere ein Ortswechsel auch nicht mit „Abwechslung“, sondern mit Stress verbunden. Eine Katze nimmt man auch nicht mit in den Urlaub oder in die Kneipe, damit sie mal ein bisschen Abwechslung bekommt.

    Und natürlich gibt es an Klöckner tatsächlich viel zu kritisieren, und zwar vor allem auch die ständigen Selbstverpflichtungsdeals, die sie sich für Landwirtschaft und Handel ausdenkt und die nie zu irgendwelchen Verbesserungen führen - aber in diesem Fall würde das sicher klappen, weil die Zirkusse sie sich ja selber ausgedacht haben. Genial.

    Und als Höhepunkt dann auch noch ausgerechnet den „resignierten“ Volker Kauder als Kronzeugen für die Sache der Zirkuslobby hinzuziehen! Einen Mann, der Antikorruptionsgesetze ebenfalls ablehnt, Hardcore-Abtreibungsgegner ist und auch gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe war. Ja, warum sollte man die auch verbieten, der Straßenverkehr wird ja schließlich auch nicht abgeschafft.

  • "das sind Wildtiere, die sich entsprechend ihrem Verhaltensrepertoire verhalten wollen, wie sie es auch in der freien Wildbahn ausleben würden. Und dazu gehört kein Mensch.“

    Aber Fressfeinde, Krankheit und tödliche Revierkämpfe gehören dazu und sind wesentlich besser als ein Win-win-Verhältnis zum Menschen? Wir sind auch nicht vom Himmel gefallen und Teil der Natur.

    • @Wonneproppen:

      Hier geht es eigentlich um die Perspektive auf das Handeln des Menschen und wie dieser sein Handeln begründet. Es geht um das aktive Handeln der Menschen einerseits und (was)wen dieses Handeln betrifft und eben um deren Eigenschaften und Interessen andererseits. Der Mensch führt Tierleid eigens herbei, bringt Tiere in die Welt bzw. fängt und sperrt diese ein, "dressiert" diese usw.. Und die Rechtfertigung dafür, Unterhaltung, ist ein fragwürdiger Grund und würde auf Menschen angewendet zurecht Empörung hervorrufen.



      Der Mensch ist Teil der Natur ja - aber er ist nicht im Naturzustand stehen geblieben. Er ist Kulturwesen, kann umfangreich seine Umwelt gestalten/verändern. Er kann Traditionen/Lebensweisen einführen und wieder abschaffen.

    • @Wonneproppen:

      Gefangenschaft als win-win Verhältniss?



      Menschliches Handeln wird durch die Zugehörigkeit des Menschen zur Natur rechtfertigt?



      Merkens selber oder?

  • es gibt doch die möglichkeit sich tierfilme im internet oder im fernsehen anzuschauen oder wilde tiere durch ein fernrohr zu beobachten



    das ist für die wilden tiere mit keinerlei leid verbunden

    für wilde tiere und haustiere sollte es gar keinen markt geben.der handel mit tieren sollte ausnahmslos verboten werden

    • @satgurupseudologos:

      Bin ich, wie der Großteil der Bevölkerung anderer Meinung. Korrekte Haltung ist für beide Win-Win. Wir schützen sie vor Hunger, Krankheit und allen anderen Gefahren da draußen. Dafür spenden sie Liebe, Schutz (Hunde), Unterhaltung und eben manchmal auch Fleisch. Das ist der hässliche Teil, aber sieben Milliarden Menschen ernährt man nicht mit Biosalat.

      Dass sich in so mancher Haltung einiges bessern muss, keine Frage. Aber das ist dann eben der Kompromiss.

      • @Wonneproppen:

        Es ist keine Win-win-Situation. Tierhaltung - insbesondere zur Fleischerzeugung - bedeutet Einschränkung bzw. Ignoranz tierlicher Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse. Unter dem Strich verliert das Tier. Unterhaltung und Genuss als Rechtfertigung von Quälen und Töten von Menschen würden die meisten Menschen wohl ablehnen. Gegenüber Tieren tun dies viele vorherrschend nicht, da sie Tiere aufgrund ihrer Spezieszugehörigkeit diskriminieren (Speziesismus). Das ist Willkür. Respekt vor Tieren sieht anders aus.



        In Deutschland werden alleine 763 Millionen Landtiere jährlich getötet. Dabei sind Menschen Omnivore und können sich ohne Tierprodukte gesund ernähren. In Deutschland sind vegane Nahrungsmittelerzeugung - und verarbeitung sowie Ernährungswissenschaften weit entwickelt. Die massiven, negativen Auswirkungen auf das Klima ist neben Tierethik ein weiterer Grund, Tierproduktion in Deutschland zu hinterfragen.

      • @Wonneproppen:

        Ok Fleisch ist also effiziente Nahrungserzeugung, damit haben Sie den Stand Ihres WIssens eindrucksvoll dargelegt.

        Tiere "spenden" ja auch das Fleisch und das Leben als Schlachttier ist eine win-win Situation, das ist eben der "Kompromiss". omg

  • Eindeutig ein Kompensationsgeschäft. Frau Klöckner tut etwas für TierschützerInnen. Die Kollateralschäden an der Zirkuskultur werden in Kauf genommen. Hauptsache der Fleischindustrie wird ein wenig Luft verschafft.

    • @Zahnow Gregor:

      Frau Klöckner ist sicher weit davon entfernt etwas "für TierschützerInnen" zu tun, sondern folgt endlich zumindest schon mal an dieser Stelle für eine evidenzbasierte Politikgestaltung/ Gesetz- bzw Verordnungsgebung. Ohne Zweifel warten noch ganz viele andere Themen auf entsprechende Bearbeitung und ganz sicher wird niemand wegen eines endlich (nach 3 Bundesratsinitiativen) erfolgendem Verbot der Haltung bestimmter Wildtiere, die CDU wählen, für die das Wort Tierschutz und alle damit zusammenhängenden Themen, trotz Art.20a GG immer noch eine marginale Randerscheinung der Gesellschaft ist.

    • @Zahnow Gregor:

      Tierausbeutungsbefürwortende Zirkusse beschädigen die Zirkuskultur durch ihr Festhalten an Tierausbeutung selbst. "Tiershows" sind nicht der einizige Programminhalt. Es gibt auch Varieté ...

  • Ich stell mir immer vor wie Ich 5 Tage die Woche à 8 Stunden arbeiten müsste und darauf hin den Rest des Tages in einer 60 qm Wohnung oder Bar; ich aber einmal im Jahr a zu g Mallorca Urlaub machte, wo ich mich dann bei meinem täglichen Frühstück über die Artungerechte Haltung von Wildtieren ausließe.



    Da wär icv doch lieber ein Zirkuspferd.

    • @Nikoniko:

      Denk lieber noch mal drüber nach. Wenn Du erstmal eins bist, darfst Du darüber jedenfalls nicht mehr selbst entscheiden.

      • @yul:

        Wenn ich ein Zebra bin und der Löwe jagt mich, hab ich auch nur noch wenig zu entscheiden.

  • Stereotypes Verhalten, wie das Hin- und Herlaufen von Tigern (Pacing), sind bereits per Definition Verhaltensstörungen. Ich bezweifle sehr stark, dass Friend ein Vorhandensein einer Verhaltensstörung hier tatsächlich verneint hat.



    Ein Hin- und Herlaufen ist eine Stereotypie. Eine Laufstereotypie (engl. Pacing). Eine Stereotypie ist ein „abnormales Verhalten“ (Verhaltensstörung) das von „normalen artspezifischen Verhalten“ abweicht. Ich kenne keine Tierdokumentationen und keine Freilandstudien, in denen von einem Hin- und Herlaufen eines Tigers kurz vor der Jagd oder kurz vor dem Verspeisen berichtet wird.



    Eine Studie, die über stereotypes Verhalten berichtet, kann man demnach überhaupt nicht falsch verstehen.



    Der Auslöser einer solchen Verhaltensstörung, wie die Erwartung von Nahrung oder einer Vorstellung, ist in Bezug auf die Tatsache, dass hier eine Verhaltensstörung vorliegt, zudem völlig irrelevant.



    Von „mangelnder wissenschaftlicher Basis“, was Journalist Baur Tierrechtler*innen hier anmaßend und völlig zu Unrecht unterstellt, kann nicht die Rede sein. Vielleicht sollte sich Herr Baur mal über Stereotypien und Verhaltensstörungen genauer informieren, bevor er Unterstellungen verbreitet.



    Alle Wörter in Anführungsstrichen stammen aus dem „Wörterbuch der Verhaltensbiologie“ (2. Auflage 2006). Dieses Wörterbuch basiert also auf Wissenschaft!

    • @EndZOO Deutschland:

      Wonderful discussion, people are thinking!! But one problem with most definitions is that life is often more complicated than simple sentences. Most good definitions of stereotypic behavior include the caveat that there is no obvious cause of the repetitive behaviour and that the animal is in a trance like state. Just claiming that any repetitive behavior is suffering is grossly over simplified. What experienced animal keeper in a zoo has not observed many species waiting to get into their enclosure where they are about to be fed pacing in excitement? Many horses do the same thing at riding stables, especially if the horses are accustomed to a set feeding time. Are they suffering? Animals under the control of people often have to wait for something they want. When I was a child and was forced to wait sitting in a chair to see a doctor, various stereotypic behaviors appeared that helped me cope. Now, I just pull out my smart phone. Animal activists often show video of zoo elephants pacing or rocking, but please look at that video in context. It is probably close to feeding time, bath time, or time when they have contact with a trainer, and the elephant is impatiently waiting. Or the elephant may be picking up on other cues that signal that she will be the next to be fed. In an otherwise boring environment, excitement through anticipation can be useful stimuli. This was always a favorite topic for discussion in my graduate classes. I have personally seen an elephant in Zimbabwe pacing a bit when there was drought and a cue at the water hole. Another case was when there was a small water barrier between one elephant and its herd mates. Before I could turn on the video, the pacing elephant waded across and joined the group.

    • @EndZOO Deutschland:

      Erst den Artikel ganz lesen, dann erst antworten!



      Das Hin- und Herlaufen war vor der Fütterung! Da sind auch Haustiere ungeduldig!



      Sie machen genau das, was der Professor moniert: verbiegen die Erkenntnisse und reißen sie aus dem Zusammenhang um damit genau das Gegenteil zu behaupten von dem, was da steht.



      Mit solcher Argumentation können Sie auch mit dem Duden einen Weltkrieg rechtfertigen!

      • @Mainzerin:

        Sie haben meinen Kommentar entweder überhaupt nichtg gelesen oder den Inhalt nicht verstanden. Es spielt keine Rolle, was eine Stereotypie letztendlich aulöst. Fakt ist, das eine solche Stereotypie (Hin- und Herlaufen der Tiger, die Friend in seiner Abhandlung beschrieb) eine Verhaltenstörungen ist. Und die Ungeduld einer Hauskatze mit stundenlangen Hin- und Herlaufen von Raubkatzen in Käfigen gleich zu stellen, ist fern von wissenschaftlichem Verständnis. Und in meinem Kommentar habe ich eine wissenschaftliche Quelle für die Zitate angegeben. Ich reiße also weder etwas aus dem Zusammenhang noch behauptet das Gegenteil.

    • @EndZOO Deutschland:

      Mich würde einmal interessieren woher EndZoo diese Definition her hat? Ich lese im Lexikon der Psychologie eine andere Definition.



      Bei Verhaltensstörungen stoße ich auf folgende Erklärung: stereotypes Verhalten, Bewegungsabläufe und Lautäußerungen, die regelmäßig, wiederholt und gleichbleibend auftreten und nicht als pathologisch angesehen werden. Man zählt hierzu sowohl angeborene, z.B. Wiederkaubewegungen bei Rindern oder Saugbewegungen bei Jungtieren, als auch erworbene Verhaltensabläufe, z.B. Bettelbewegungen (Bettelverhalten) bei Zootieren.

      Ich kenne auch keine wissenschaftliche Studie am direkten Objekt bei der eine Verhaltensstörung mit Leiden einhergeht. Auch die Menschen zeigen solche Verhalten: Menschen, die beim telefonieren hin- und hergehen, Menschen, die keine anderen Menschen beim Gespräche in die Augen schauen können, Menschen, die Haare drehen. Sind die Menschen krank und leiden?



      Bei der Duchsicht des Internet finde ich zu EndZoo lediglich eine Internetseite im Aufbau und bei Facebook nur ein Projekt EndZoo. Eine Seite, die die vegane Ernährung propagiert und gegen die Zoos arbeitet. Ich frage mich jetzt wo eine Fachkompetenz herkommt, hier so eine Aussage zu treffen.

      • @Bauer:

        In meinem Kommentar ging es um eine von Friend beschriebene Laufstereotypie (eine Verhaltensstörung) von Tigern in einer Zirkus-Gefangenschaft. Es ging also detailliert um eine Laufstereotypie. Thema meines Kommentares war also definitiv nicht: Wo gibt es weiteres stereotypes Verhalten? Und es amüsiert mich sehr, dass ich eine Quelle in meinem Kommentar genannt habe, sie aber trotzdem nach einer Quelle fragen. Während sie in ihrem Kommentar angeblich von Aussagen aus einem Lexikon berichten aber weder die Aussagen daraus als Zitat kennzeichnen noch eine Quellenangabe machen. Hier steht also nur einer in der Beweispflicht.



        Und nur weil sie keine Studien kennen, die Verhaltensstörungen mit Leiden assoziieren, heißt das nicht, dass es keine gebe. Wir kennen genügend Studie und Publikationen, die Verhaltensstörungen und Leiden belegen. Beispiel: „Leiden und Verhaltensstörungen bei Tieren“ (Buchholtz u.a.; TH 23, Birkhäuser Verlag)



        Und eine Marotte oder einen Tick (Hin- und Herlaufen beim Telefonieren) mit Laufstereotypien bei Tigern in einen Topf zu werfen, ist an Ignoranz nicht zu überbieten.



        Eine weitere Antwort wird es meinerseits nicht geben. Denn für so viel Unwissenheit und Ignoranz ist mir meine Zeit zu kostbar.

        • @EndZOO Deutschland:

          Natürlich sind Andersdenkende für Sie intolerant und unwissend. Jedes Andere würde mich bei einem Fundamentalisten ehrlich wundern. Auf eine weitergehende Antwort von Ihnen kann ich auch verzichten.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @EndZOO Deutschland:

      Ich würde erstmal die Hunde und Katzen in den 1 und 2- Raum Wohnungen erlösen. Aber das sind ja wichtige Wälder, die auch therapeutisch arbeiten gegen Einsamkeit und so. Außerdem lieben sie die vierbeinigen Ungeheuer viel, viel mehr.

  • Endlich mal ein sachlich und gut recherchierter Artikel zu diesem mittlerweile doch sehr emotionalen Thema, der zudem gut den billigen Populismus einer Frau Klöckner aufzeigt. Danke dafür, taz.

  • Billige Imagekampagne. Geht ja nicht gegen die geliebte Againdustrie.

    • @Andreas J:

      Wer keine Schmiergeld hat um seine Interessen durchzusetzen...

  • Es ist schon absurd.

    Millionen von "Nutztieren" führen in Deutschland ein schreckliches Leben und sterben einen grausamen, oft qualvollen Tod.

    Und die Ministerin, in deren Verantwortung das alles liegt, bekämpft die Haltung von ein paar alten Elefanten.

    • @Jim Hawkins:

      Herleiten würde ich das so, dass Julia Klöckner hier eine recht populäre Meinung aufnimmt. "Wildtiere" haben einen anderen Status als "Nutztiere". Für erstere hat sich das Bewusstsein vieler Menschen geändert. Die Ausbeutung von "Nutztieren" hingegen ist tief verankert. Womöglich wird auch zwischen Unterhaltung und Ernährung (wobei es bei letzterem tatsächlich um Genuss geht nicht ums Überleben) als Rechtfertigung unterschieden. Ich würde auch meinen, Klöckners Position entspricht "widersprüchlichen" Zeitgeist.



      Allgemein würde ich sagen, dass jedes verhinderte Tierleid zu begrüßen ist, da es um tierliche Individuen geht. Aber ja, ein Blick auf das Gesamtverhältnis von Mensch und Tier, lässt Klöckners Vorgehen absurd erscheinen - worauf Ihr Kommentar ja abzielt. Wollte mensch, Interessen und Fähigkeiten der Tiere wie Schmerzempfinden, Bewusstsein konsequent beachten, müsste politisch gegenüber Tieren viel mehr verändert werden ...

    • @Jim Hawkins:

      Wo sterben Millionen Tiere in DE einen "einen grausamen, oft qualvollen Tod". Und welche filmreifen Bilder hat man sich da vorzustellen?

      • @Rudolf Fissner:

        Zuchtanlagen und Schlachthöfe. Da nicht für und Adieu!

        • @Hampelstielz:

          Hmm. Das läuft darauf hinaus, dass jedes Töten von Tieren ohne jegliche Differenzierung als gleichermaßen quallvoll und grausam zu bezeichnen ist.

          Der Meinung ist aber nicht nur Frau Klöckner nicht. Das es da zu differenzieren gilt, dass wird in jeder Partei gesehen. Und auch nach der Wahl unter einer RRG-Regierung werden Schlachtereien nicht verboten werden.

          Und dass eine Zuchtanlage nicht schlachtet sollte auch bekannt sein: de.wikipedia.org/wiki/Zucht

          Da nicht für und viel Spaß beim Lesen.

    • @Jim Hawkins:

      Schlimmer noch: Frau Klöckner verhindert es, dass bekanntes Leiden von Tieren abgestellt wird. Und zwar millionenfach in der Massentierhaltung.



      Wird wohl mit Korruption zu tun haben.



      Da ist es billig für das Image gegen die Zirkusse vorzugehen. Aber eins wie das andere ist weder am Tierwohl interessiert noch am Wohl der Bürger.

      • @Mainzerin:

        Massentierhaltung wird RRG auch nicht abschaffen. Und Hausschlachtungen auf kleinen romantischen Bauernhöfen: Wie sterben Tiere dort weniger "grausam und quallvoll".

        Daher zwei Fragenkomplexe an Sie:

        1. Ist die Art der Tötung bei einer Schlachtung wumpe? Ist jede Schlachtung grausam und qualvoll? Wollen Sie die Tierhaltung insgesamt, nicht nur in der Massentierhaltung abgeschafft wissen?



        Gibt es für Sie während einer Übergangszeit Schlachtmethoden, die nicht oder weniger "qualvoll und grausam" ablaufen? Welche?

        2. Sehen auch Sie wie Herr Hawkins wegen der Massentierhaltung keinen Bedarf für Tierschutz im Zirkus?

    • @Jim Hawkins:

      die ewig widerkehrende Formulierung "woanders ist es noch viel schlimmer"



      vermag ein Nichthandeln nicht zu entschuldigen.



      Jedes einzelne Tier unterliegt "eigentlich" dem gleichen Schutz

      • @Flora _Faunata:

        Und warum wird dann nicht auch gegen das Leid der Nutztiere vorgegangen? Obwohl dieses Leiden mindestens genauso schlimm ist?

        Ich halte auch nichts von Tiernummern im Zirkus. Artgerechte Haltung sieht meiner Ansicht nach anders aus, und daher befürworte ich ein Haltungsverbot von Wildtieren außerhalb der Arterhaltung - generell, nicht nur im Zirkus. Auch Raubvogelshows und Delfintherapien etc. gehören meiner Meinung nach verboten. Statt mit Löwen könnte man ja auch Shows mit Hunden machen.

        Aber: solange es bei der Nutztierhaltung beim Alten bleibt, ist Frau Klöckners Vorstoß einfach nur scheinheilig. Der alte Elefant ist vielleicht nicht glücklich, aber er wird nicht lebendigen Leibes gekocht wie viele Schweine, oder zerhäckselt wie Hühnerküken, oder vergast wie Legehennen.



        Es geht nicht um entweder-oder, sondern um wennschon-dennschon.

      • @Flora _Faunata:

        Hier, also im Falle der Zirkusse, reden wir wohl von ein paar dutzend Tieren, die im fortgeschrittenen Alter sind.

        Auf der anderen Seite sind 25 Millionen Schweine.

        Wer den Unterschied nicht sieht, dem kann ich auch nicht helfen.

        • @Jim Hawkins:

          Ihr Vergleich ist ein wenig krude. Sie vergleichen einen !!! Zirkus mit der Gesamtheit der gehaltenen Schweine. Was soll dieses rhetorische Spiel?

          Moralisch halte ich ihren Standpunkt zudem für bedenklich. Er bedeutet, dass man sich um Minderheiten bei Tieren nicht kümmern soll. Das würde nicht nur Zirkustiere betreffen, sondern fast jegliche andere Tierart, die nicht in Massentierhaltung gehalten wird.

          DE ist nun wirklich reich genug, dass man sich parallel auch um Minderheiten unter den Tieren kümmern kann.

      • @Flora _Faunata:

        Und, haben Sie das auch mitbekommen: da werden immer noch Nashörner gehalten! In der Wildbahn gehen mehr und mehr Nashornarten verloren. Jetzt erst noch wieder, weil das letzte männliche Tier verstorben ist. Die beiden alten Mädels allein können die Art nicht retten gegen die Wilderer.



        Offensichtlich ist der Zoo hier eher ein seltener Überlebensraum für durch Wilderei bedrohte Arten.



        Und der Nachweis, dass die Tiere leiden, fehlt immer noch.



        Also: Zoos schützen.



        Massentierhaltung verbieten! Wäre auch Menschenschutz wegen den vielen Antibiotikaresistenten Bakterien, die dort als Nebenprodukt gezüchtet werden!

  • "Volker Kauder hat bereits resigniert. Er wisse, dass seine Position nicht mehrheitsfähig sei, sagt der Politiker. „Leider. Die nächste Nummer wird sein, dass die Haltung von Tieren im Zirkus komplett verboten wird“, prophezeit Kauder. „Frau Klöckner ist auf dem besten Weg, aus dem Gesamtkunstwerk Zirkus ein Varieté im Zelt zu machen.“"



    Und ich sehne diesem Tag entgegen.



    Klar, aus Sicht eines Zirkus bedeutet mangelnde Datenlage über Tierwohl ganz einfach: sie leiden nicht.

    • @Orwell1984:

      Wo bitte ist denn die Datenlage, dass Zirkustiere per se leiden, nur weil sie im Zirkus leben?



      Gäbe es seriöse Daten, die das belegen könnten, ließe sich vieles ändern.



      Es gibt genügend Studien, die belegen, dass Tiere im Zirkus nicht automatisch leiden.



      Ein Frage der Haltung.

      • @Klaus Kaulis:

        Tja Herr Kaulis,



        da hat wohl eine Auswertung der tatsächlich in den Zirkus Unternehmen immer wieder festgestellten Mängel zur evidenzbasierten Politikgestaltung geführt

        • @Flora _Faunata:

          welche Evidenz?

          Und welche Evidenz fehlt beim Handeln gegen die Messentierhaltung?