Privatschulen mit mehr Anmeldungen: Wer kann, zahlt viel für Bildung
Eltern schicken ihre Kinder immer häufiger auf Privatschulen. Das zeigt eine Erhebung des Statistischen Bundesamts.
Das eigene Kind soll eingeschult werden und viele Eltern fragen sich: Welche Schule ist die richtige? Wird das Kind auf einer Regelschule genug gefördert? Wo hat es die besten Bildungschancen?
Eine Entscheidung, die immer öfter zugunsten von Privatschulen mit konfessioneller, reformpädagogischer, bilingualer oder internationaler Ausrichtung ausfällt. Das belegen neueste Zahlen des Statistischen Bundesamts, die es am Montag mitteilte. Die Zahl der Privatschulen in Deutschland stieg demnach seit 1992 um 80 Prozent. Mittlerweile besucht jede*r zehnte Schüler*in eine Privatschule.
Der größte Zuwachs lässt sich in Ostdeutschland (Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin) beobachten. Zum einen lässt sich das darauf zurückführen, dass in der DDR keine Privatschulen erlaubt waren und nach 1990 ein Aufholprozess begann.
Zum anderen füllten die Privatschulen dort die Lücken, die durch Schulschließungen nach der Wende und den Geburtenrückgang entstanden waren. Mittlerweile gibt es nun sogar mehr Privatschulen im Osten als in Westdeutschland. Ein weiteres Ergebnis: Die Entscheidung gegen eine staatliche Schule ist teuer und hängt vom Einkommen der Eltern ab. Im Schnitt zahlen Eltern 2.000 Euro jährlich für einen Privatschulplatz, ermittelte das Statistische Bundesamt. Und: Je höher das Einkommen der Eltern, desto mehr wird auch für die Privatschule ausgegeben.
Es ist also nicht verwunderlich, dass die meisten Privatschüler*innen aus Akademikerhaushalten kommen – und weniger Kinder mit Migrationshintergrund an privaten Schulen vertreten sind.
Was dadurch entsteht, bezeichnet man als creaming effect: Kinder aus bildungsnahen und ökonomisch gesicherten Haushalten konzentrieren sich an Privatschulen, während staatliche Schulen eher zum Auffangbecken für Schüler*innen aus bildungsfernen und oft nicht-akademischen Haushalten werden. Klassische Segregation also.
Privatschulen muss man deshalb nicht per se verurteilen. Aber: Sie tragen doch zu einer größeren Ungleichheit im Bildungssystem bei. Der Erfolg von Privatschulen ist deshalb auch ein Ergebnis fehlgeleiteter deutscher Bildungspolitik. Dabei könnte Schule ein Ort der Integration und Inklusion sein. Ein Ort für alle Schüler*innen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja