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Wohlstandsgesellschaft und das VirusAufwachen, Kinder!

Essay von Helmut Däuble

Wir sind eine Gesellschaft, die kein Bewusstsein für Krisen hat. Katastrophen fanden stets woanders statt. Bis jetzt.

Foto: Illustration: Katja Gendikova

K aum geht die Krise los, sind wir ihrer schon wieder überdrüssig. Wie Kinder, die auf dem Weg in den Italienurlaub nach einer Stunde zu quengeln beginnen: Wie lange noch, Mama? Ich will ankommen, Papa!

Noch sind wir erst am Anfang, und schon haben wir über unsere Gesellschaft mehr gelernt als in Jahrzehnten der Ruhe, des Gleichlaufs. Seit Ewigkeiten kamen die kollektiven Härten immer nur aus den Medien. Waren es lange Zeit die zahlreichen Kriege und Katastrophen aus aller Welt, so müssen wir zuletzt beobachten, wie Menschen mangels einer ausreichenden Menge von Beatmungsgeräten in Italien unbehandelt sterben. Doch wer waren die Leidtragenden? Immer die anderen. Bis heute.

Darauf blicken wir wie Kinder, die sich das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein anschauen. Und wir erkennen dabei nicht, zu welcher in weiten Teilen hochgradig unreifen – man könnte schon fast sagen: infantilen – Gesellschaft wir geworden sind.

Täglich linsen wir mit Schaudern auf die Pressekonferenzen von Virolog:innen, die uns ansteigende Kurven zeigen, und von Politiker:innen, die uns sanft erklären, wie wichtig jetzt Vernunft, Maß und Mitte seien. Wir sollten uns einfach mal in unser Schneckenhaus zurückziehen. Und das tun wir auch.

Lasst uns endlich wieder raus!

Aber ist jetzt nicht langsam Schluss mit dem Theater? Es ist ja ganz nett, dass wir einmal eine Zeit lang Geisterbahn fahren durften, aber wann endlich können wir wieder aussteigen? Allmählich nerven die Gespenster. Lasst uns endlich wieder raus!

Wir leben wie in einer Traumwelt, wie in einem prickelnden Horrorfilm, der uns schaudern lässt. Wo aber ist der Ausschaltknopf? Wann endet ­dieser schreckliche Hollywood-Apokalypse-­Thriller endlich? Wann können wir uns endlich wieder in den sanften Schlaf der Gerechten fallen lassen und uns versichern, dass alles nur fiction war?

Dass es diesmal Ernstcharakter hat, ja, das können wir ja gerade noch erfassen. Wir ahnen auch, dass Italien zu uns kommt. Aber glauben tun wir es nicht wirklich. So schlimm kann es bei uns doch niemals werden. Das kann gar nicht sein. Warum? Weil wir es nicht anders gewohnt sind. Bei uns ist doch immer alles gut gegangen.

Seit Jahrzehnten sitzen wir vor unseren immer größer werdenden Flachbildschirmen und lassen uns die Gruselgeschichten aus aller Welt erzählen. Wir schauen auf Bürgerkriege, auf Flüchtlingscamps, auf niederbrennende Textilfabriken und einstürzende Dämme, die Tausende im Schlamm verrecken lassen. Aber sehen wir es wirklich? Manchmal reiben wir uns die Augen und versuchen, die Welt da draußen, die schlimme, ­wahrzunehmen. Aber es fällt uns schwer. So schwer. Weil das Draußen immer draußen blieb. Es rückte uns in langen Jahrzehnten nie wirklich auf die Pelle.

Der Bildschirm als Brandmauer

Ja, Schrecken finden in der Welt statt, so dumm sind wir nicht, das nicht zu erkennen, aber sie finden eben nicht in unserer Welt statt. Unsere Welt ist eine prinzipiell andere. Unsere Welt ist die Welt der buchstäblich abgeschirmten Zuschauer. Wir sind die „Tagesthemen“-Generation, der Bildschirm ist unsere Brandmauer. Wir sind gewohnt, dass die Sintflut, so hat es der Soziologe Stefan Lessenich brillant formuliert, immer neben uns stattfindet. Wir sind die, die immer davon ausgehen konnten, dass die wahren Katastrophen die Katastrophen der anderen sind. Ebola hier, Fassbomben da, Genozide dort.

Wir sind gewohnt, dass die Dinge für uns niemals böse enden. Wir haben kein Bewusstsein entwickelt für die Wirklichkeit von Katastrophen, weil wir uns immer davor abgeschottet haben, uns davon haben abkapseln lassen. Ganz wie die Kinder auf dem Spielplatz, deren Helikoptereltern jeden Sturz voraus ahnen und präventiv verhindern. Wir sind es nicht anders gewohnt, als dass uns die Härten vom Leib gehalten werden.

Und nun soll sich das ändern? Von wegen. So schnell lassen wir nicht ab von dieser für uns immer schönen Welt. In Ordnung, für eine kurze Zeit wollen wir den Spuk ertragen. Wir schicken einander ulkige Toilettenpapierfilmchen zu und schauen weiter die „heute-show“ an. Ist ja alles halb so schlimm.

Wir sind eine Gesellschaft geworden, der das Bewusstsein für echte Krisen verloren gegangen ist. Hat uns nicht Draghi mit den EZB-Milliarden nach 2008 und dem What­ever-it-­takes-Ding schon einmal den Hintern gerettet? Na klar. Denn anders konnte es ja gar nicht kommen. Wir werden immer gerettet. Warum sollte es diesmal anders sein? Ein paar Wochen Quarantäne, dann fahren wir wieder hoch. Das kriegen wir doch locker hin.

Dieses bei Kindern und Jugendlichen bekannte Unverletzlichkeitsgefühl haben wir uns über Jahrzehnte angeeignet. Uns kann keiner was. Ganz als wären wir Megahelden aus einem Comic. Ganz als wären wir Superwoman und Spiderman in einer Person. Wir können fliegen, wenn wir nur wollen. Und Bösewichter erledigen wir mit links. Ein kleines Virus: Was kann uns das schon anhaben? Und kommt es uns doch zu nahe, legen wir es kurzerhand auf die Matte.

Wir sind schließlich prädestinierte Sieger. Wir können mission impossible. Wir schaffen das. Und wenn dann doch was schiefgeht, Vater Staat ist ja immer da für uns: unser Überheld, unser Batman. Er hat uns immer rausgehauen. Die Dinge haben sich immer wieder eingeschaukelt, und so werden sie es auch diesmal tun. Wir sind in besten Händen!

Seit Generationen nur Kontinuität

Diese halbwüchsige Präpotenz haben wir uns über Jahrzehnte einverleibt: Und wie hätten wir auch anders werden können. Seit Generationen haben wir ja nur Kontinuität kennengelernt. Wird schon gut gehen, tat es ja immer.

Dass es nie gut war und dass unsere Ego-Gesellschaft im Inneren eine nach unten tretende, immer brutaler werdende ist und dass wir nach außen schon immer die Welt ausgelutscht und den Kern achtlos ausgespuckt haben, sei’s drum. Hat uns doch nicht getroffen. Nur die anderen. Und sind die an ihrem Schicksal nicht bekanntermaßen selber schuld?

Der Glaube, dass wir, die kontinuitätsverwöhnte Mittelschicht, in einen schlechten Traum geraten sind, eint uns. Der Albtraum möge doch bitte, bitte aufhören. Und zwar bald. Wir haben doch nichts verbrochen. Wir waren doch immer die Guten. Warum sucht er gerade uns heim? Wir haben doch nichts getan.

Doch. Haben wir. In Wirklichkeit ist uns der Rest der Welt andauernd egal gewesen. Drinnen wie draußen. Zuweilen haben wir ihn wie einen Haufen Mist behandelt. Unsere herablassend-anmaßende Gewissheit, wir wären zu Recht auf der globalen sunny side of life gelandet, fliegt uns nun um die Ohren. Unser Glaube, diese Privilegien entsprächen gleichsam einer natürlichen Ordnung, detoniert nun vor unseren Augen.

Unterwegs mit dem Superplastiktrecker

Dass die Chinesen solch einen Erreger abbekommen, war uns Bestätigung genug für unseren Glauben, einer zivilisatorisch höher entwickelten Spezies anzugehören. Selbst als Italien getroffen war, erhielten wir den Glauben aufrecht, uns könne so etwas nie passieren: Was, das Virus sitzt uns nun selbst im Nacken? Das ist doch gar nicht möglich. Eine Art von Betriebsunfall. Ein einmaliger Ausrutscher.

Es ist, als wären wir mit unserem Superplastiktrecker auf dem Spielplatz unterwegs. Wir sitzen darauf, vermeintlich unumkippbar. Dass die Ramazans dieser Welt solchen Luxus nicht ihr Eigen nennen, kann nicht an uns liegen. Was, wir Maximilians zeigen einen elitären Dünkel oder rassistische Arroganz auch noch in der Krise?

Welche Verleumdung. Wir sind privilegiert, weil das normal ist. Wer könnte was dagegen haben? Wie? Der Trecker ist umgekippt?

Dass wir nun durch ein Virus zum Gleichen (zumindest was die Gefahr der Ansteckung angeht) gemacht werden, verstößt gegen diese „natürliche Ordnung“ der Welt. Wir lassen uns diese Privilegien nicht wegnehmen. Sie gehören uns. Nicht den anderen. Noch im Kippen bleiben wir oben.

Herrenreitertum und Rassismus

In solchen Zeiten schwant es uns nur, dass der globale Süden einen wesentlich höheren Preis bezahlen wird als wir, und erahnen bestenfalls die Besorgnis einer Supermarktkassiererin, der wir jetzt noch einen steuerfreien Bonus gönnen, im Zweifelsfall das Beatmungsgerät nicht zu bekommen. Doch kommt uns das nicht wirklich als nach innen elitär und nach außen kolonialistisch in den Sinn, sondern als normal. Herrenreitertum und Rassismus verschwinden in einer Krise nicht. Ganz im Gegenteil.

Diese selbst verschuldete Unmündigkeit und von wenig Reife geprägte, allzu kindliche Überheblichkeit fällt uns nun auf die Füße. Der eine oder die andere von uns wird nun sein Fett abbekommen. Auch die VIP-Lounge bleibt nicht unversehrt. Dass das einen Großteil der Welt gegen uns freut, verstehen wir nicht. Das Ihr-habt-das-nicht-anders-verdient-Gelächter, das uns überlaut von innen und außen entgegenschallt, wenn wir nur hören wollen, irritiert uns. Haben wir – unschuldig wie Kinder – das wirklich verdient?

„Chickens have come home to roost“,sagt ein amerikanisches Sprichwort dazu. Es meint, dass unsere hemmungslose Weltausbeutung nun gnadenlos auf uns zurückfällt. Als hätten wir es nicht anders verdient, geht es uns nun an den Kragen. Wir werden nicht ungeschoren davonkommen.

Gibt es also doch so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit des Schicksals? Nein, selbstverständlich nicht. Viren kennen keine Moral.

Kinder, aufwachen. Wir sind in Italien angekommen!

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59 Kommentare

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  • Da weiß man nun, was man die letzten 70 Jahre in Europa und Deutschland an Frieden und Wohlstand hatte. Corona läßt nun alle vorangegangen Probleme klein aussehen.

    Nichtsdestotrotz kann ich auf die Erfahrung durch die Bedrohung durch Corona verzichten. Auf das Virus-"Stahlgewitter", das Herr Däuble da beschreibt und welches uns "zusammenschweißt", das uns angeblich "zu Gleichen macht", das ist mir zu sehr "Ernst Jünger". Auf diese arg männliche konnotierte Kameradschaft im Schützengraben, ähm Krankenhaus kann ich verzichten.

    • @Rudolf Fissner:

      Zumal das mit der Gleichheit so eine Sache ist. In der Villa mit Garten am Tegernsee lassen sich Einschränkungen besser ertragen, als in er Einzimmer-Dachwohnung in München :-)

  • Für "(Warum)Wir(schuld sind)"-Artikel fühle ich mich zu alt. Sie gehen, siehe Userin Frau Kirschgrün, an entscheidenden Stellen an der Wahrheit vorbei und bergen den Keim von Unfreiheit und Diktatur.

    Ich finde diese Artikel aber gut, soweit sie Menschen zum Nachdenken und einer kritischen ethisch nicht zu beanstandenden Diskussion veranlassen - das ist schwer genug.

  • What goes around that comes around.



    Afrikanisches Sprichwort

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Ich verstehe das Herumgehacke der Leser auf dem Autoren dieser sehr persönlichen Reflexionen nicht wirklich. Vkelleicht hätte es seinem Text ein wenig mehr rhetorische Schärfe gegeben, wenn er im Ichmodus geschrieben hätte, anstatt Wir. Aber gut.

  • Herr Helmut Däuble,



    ich verstehe NICTH wie Sie zu diesen verallgemeinernden Äußerungen kommen.



    Millionen (ich schätze, im niedrigen, zweistelligen Millionen-Bereich) von AlG2-Beziehern, armen Rentnern, alleinerziehenden Elternteilen, älteren Frauen und Männern, prekär Beschäftigten sitzen seit Jahren/Jahrzehnten (allein) zu Hause, weil sie sich nichts, einfach gar nichts leisten können, müss(t)en zur Tafel gehen, die aber jetzt auch noch alle geschlossen sind.



    Was fällt denn denen Ihrer meinung nach jetzt auf die Füße? Die spätrömische Dekadenz?



    Diese Menschen müssen (zwangsweise aus Geldmangel durch die gesetzlich verordnete Armut) schon seit Jahrzehnten so wie jetzt in Corona-Zeiten (endlich auch mal) der Rest leben, ausschließlich zu Hause, kein Kino, kein Caféhaus, keine Vereine, nichts.



    Allerdings mit einem Unterschied: Diese Menschen müssen sich auch noch unverschuldet den Vorwurf des Sozialschmarotzertums gefallen lassen. Herablassend belächelt von den Menschen, die was für einem Job auch immer haben, auf jeden Fall einen, der den menschen- und naturzerstörenden Kapitalismus LEIDER weiter am "Funktionieren" hält. Dass da Ihre Beschreibung greift und die prekär lebenden Menschen (in einem reichen Land wie Dutschland!) sicherlich von den "Habenden und Funktionierenden" "vergessen" und ignoriert werden, ist das Eine.



    Das Andere ist, dass es eben sehr, sehr viele Menschen gibt, die nicht in diesen Topf gehören!



    Sind Sie sicher, dass Sie meinen, was da Sie schreiben?

    • @Frau Kirschgrün:

      Einerseits schimpfen Sie gegen die Leute die den Kapitalismus und die Umweltzerstörung am laufen halten und andererseits scheinen Sie zu wollen, dass die ungerecht in Armut verharrten Menschen mehr Teihabe/also (auch) am Kapitalismus haben sollen. Was genau ist denn jetzt die Botschaft? Alle wohlhabend aber Teil eines Dreckssystems oder oder arm und cool, da klimaneutral?



      Ich bin übirgens für eine Über-Kreuz-Mischung....also Teilhabe und klimaneutral

      • @Tom Farmer:

        Da wir eine Kreislaufwirtschaft dringend benötigen, sofortige Umverteilung der immensen Reichtümer in Richtung Allgemeinwohl, eine Gemeinwohlökonomie viele, wenn nicht sogar die meisten Probleme lösen würde, ist es völlig unerheblich WIE genau dieses Schweinesystem abgeschafft wird.



        Und davon, dass es gerechter im Kapitalismus zugehen müsste habe ich nun mal wirklich so gar nichts geschrieben.



        Teilhabe ist kein Privileg des Kapitalismus – beim Kapitalismus ist Teilhabe gerade NICHT gewünscht, denn die krassen, sozialen Unterschiede sind Voraussetzung für dieses Schweinesystem – falls Sie schon mal drüber nachgedacht haben. Diese Regierung "darf" sogar Urteile des BVerfGs ignorieren und eine Teilhabe an der Gesellschaft den armen Menschen weiter verweigern.



        Die Kapitalismus-DENKE, die m. E. Sie und die meisten Menschen so internalisiert haben, dass sich "die" Kapitalisten freudig die Hände reiben, weil sie durch diese in (fast) allen installierte Denke nichts zu befürchten haben – diese Denke sollte über Bord geworfen werden – Sie wissen schon, selber denken macht schlau – nicht einem selbst-, die Natur und die Menschen zerstörendem Schweine-System (aus m. E. unbegründeter) Angst hinterher zu rennen.



        Denken Sie mal groß und altruistisch - falls es nicht zu viel Mühe macht…



        Probleme kann man niemals mit der selben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.



        (Albert Einstein, deutscher Physiker, 1879-1955)



        Ist daran irgendwas nicht zu verstehen? Mal so als Frage in den Raum gestellt…



        In guter alter Tradition von "Kurde":



        Tschüss

        • @Frau Kirschgrün:

          Ich denke sehr viel darüber nach, glauben Sie es einfach.



          Ich komme aber zu anderen Schlüssen. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich fast mein ganzes Berufsleben selbstständig war und bin und viele Mitarbeitende gut kennen gelernt habe. Da merkt man dann halt recht schnell: Besser wissen und besser machen sind zwei Paar Stiefel.



          Von entscheiden und Konsequenzen tragen mal abgesehen. Oder persönliche Nachteile in Kauf nehmen...oft schwierig.



          Daher halte ich dass was Sie schreiben für eine Illusion. Es sei denn es gelten diktatorische Randbedingungen um das durchzusetzen. Ein no-go für mich. Für Sie hoffentlich auch.

          • @Tom Farmer:

            Illusionen sind wie Sterne, unerreichbar, aber sie weisen den Weg.



            Wie sollen wir denn Ihrer Meinung nach sonst endlich mal in die Puschen kommen und etwas verändern (wollen)?



            Vielleicht haben Sie sich zu sehr mit der Sie umgebenden "Realität" abgefunden.



            Mancher glaubt, ein gutes Herz zu haben, und hat doch nur schwache Nerven.



            Wenn ich das Denken kann (die Umsetzung und Handlungsweise kann ich Ihnen ja hier nicht "beweisen"), dann können das auch andere, und zwar fast alle. Es muss vorgelebt werden und gefordert werden.



            So lange es als normal empfunden wird, dass es diese rieisgen Einkommensunterschiede gibt – die ja nunmal nicht gottgewollt sind, sondern menschengemacht – stribt die Hoffnung zuletzt.



            Das gesamte System ist längst an der Wand.



            Die Wahrheit geht unter, aber sie ertrinkt nicht.

  • Bestes Beispiel für die im Artikel beschriebene Sorglosigkeit ist der Umgang mit dem Krisen-Papier zum Bevölkerungsshutz 2012.



    Hat leinen Politker interessiert.



    Dabei ist das, was dort steht quasi ein Drehbuch für das, was grad passiert.



    URL: www.bbk.bund.de/Sh...ob=publicationFile

  • "Kinder, aufwachen. Wir sind in Italien angekommen!"



    und dann müsste es heißen: "Traumreise zuende". Denn die Gemeinten waren die ganze Zeit zuhause. Und in diesem Zuhause gibt es ein kaputtgespartes Gesundheitssystem, HartzIV, hohe/steigende Mieten usw.. Wie der Autor richtig beschreibt, haben die Gemeinten sich und ihr Handeln nur nicht in Beziehung gesetzt zu Anderen und zu Entwicklungen und Zusammenhänge nicht sehen wollen bzw. augrund ihrer (ideologisch gefärbten) Brille nicht sehen können.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Uranus:

      Das Gesundheitssystem war in den 50ern , 60ern und 70ern wesentlich schlechter aufgestellt. Für ein Viertel Butter ging die Hälfte eines Stundenlohnes drauf, für einen Kühlschrank oder eine Glotze ein Monatslohn und ein Telefon hatten die wenigsten. Hartz VI gab es nicht und das Arbeitslosengeld reichte gerade mal so. Bis in die 80er , gab es z.B. Im Krankenhaus Moabit ( Berlin) Schlafsäle mit 12 Betten und 2 Waschbecken. Wir leben heute nicht schlechter als damals.

      • @97287 (Profil gelöscht):

        Beziehen Sie die stattgefundenen Arbeitskämpfe der letzten Jahre in den Krankenhäusern mit ein?



        Sicherlich können sich heute viele Menschen aufwändigere Waren kaufen. Wie sieht denn aber die andere Seite der Medaille aus? Sanktionen bis zu 100%, Verdrängung von "Alteingesessenen" durch Mietsteigerungen, Wohnungsräumungen, Arbeitsverdichtung ... Menschen werden für das Nichtzahlen von Strafgebühren für das fahrscheinlose Fahren eingeknastet ... während andere sich ungestraft bereichern können, sich aufgrund bspw. BMW-Aktienanteilen 8 Milliarden Euro an Dividenden ausschütten lassen. Während die einen Flaschensammeln, um ihre Renten aufzubessern, haben andere mehr als genug an Eigentum angesammelt. Während die einen sich mit medizinischen halbgaren Lösungen und Wartezeiten herumschlagen, sind Andere privatversichert ...



        Es ist eben die Frage, woran ich etwas messen möchte und was ich damit bezwecken möchte. Schon mit süd- und osteuropäischen Ländern kann mensch im Vergleich sagen, dass es in Deutschland besser wäre - aber wozu?

      • @97287 (Profil gelöscht):

        Harz VI :-)

        ...gibt es immer noch nicht. Aber vielleicht wäre es wirklich besser als Arbeitslosenhilfe? Wer kann das wissen?

      • @97287 (Profil gelöscht):

        statt Hartz IV gab es entweder Arbeitslosenhilfe, die wesentlich höher war, oder Sozialhilfe, die auch wesentlich höher war, weil zum Beispiel Einmalzahlungen für Anschaffungen dazukamen, es keine Sanktionen gab und größere Wohnungen bezahlt wurden.



        Im Krankenhaus gab es ein Essen, das sich so nennen durfte, anstelle der heute im Tablettsystem üblichen nährstofffreien Pampe. Eine Waschmaschine, die ich damals kaufte, hielt 30 Jahre, dafür konnte man schon mal einen Monatslohn hinlegen.



        Zu der allgemeinen kontinuierlichen Produktivkrafterhöhung tragen alle Mitglieder der Gesellschaft bei, da möchte bitte auch bei allen etwas davon ankommen. Stattdessen der Bevölkerung genau diese Errungenschaften, die sie selbst geschaffen hat, vorzuhahlten, ist komplett unangemenssen.

        • 9G
          97287 (Profil gelöscht)
          @ClaraN:

          Das muss in der DDR gewesen sein . Inder damaligen BRD gab es es in der Kantine nur 2 Essen, Normalkost und Diabetikerkost. Die Schonkost wurde in der Stationsküche selbst zubereitet.



          Die Wohngeldförderung gab es bis 62m2



          Für eine Fam. mit 3 Kindern. Die durchschnittliche Wohnfläche betrug 1991 34,9 m2/Einwohner, 2018 46,7m2,



          1960 lag die Wohnfläche bei ca 20m2/ Einwohner. Das mit der Produktivkrafterhöhung ist ein ganz heißes Eisen. In der DDR war , bei höherer Arbeitsleistung 48h/Woche und



          bei weniger Urlaubsanspruch , die Produktivkraft deutlich geringer. Waren die fauler? Haben die langsamer gearbeitet?- nein, sicher nicht-. Und was die Waschmaschine angeht, 1990 war die Produktion schon lange ins Ausland verlegt, sie haben einfach Glück gehabt.

  • Mich ärgert ein solcher Essay.



    Man könnte sagen, getroffen Hunde bellen. Aber für mich geht es nicht primär darum.



    Ich bin 1983 geboren, der Autor meiner Recherche nach 1961. Ich habe ähnliche Predigten von Männern aus dieser Generation immer wieder gehört. Der Autor (ok, er schreibt in der Wir-Form) richtet sich doch hier speziell an die jüngeren Generationen, die er offenbar noch für Kinder und unreif hält. Der Autor hat selber keinen Krieg im eigenen Land erlebt und er ist zu einer Zeit aufgewachsen, als der Einstieg ins Berufleben und die Arbeitsbedingungen sehr viel unkomplizierter waren als heute. Unsere Generation lebt in einer materiellen Unsicherheit, die die Generation vor uns nicht kannte. Was soll dieses Gerede von "Aufwachen, Kinder". Ich, und die meisten meiner Freunde haben mittlerweile selber Kinder. Wir haben in diesem Leben schon geliebte Menschen verloren. Wir haben etwas von der Welt gesehen und wir haben uns mit unserer Ohnmächtigkeit auseinander gesetzt. Wir suchen ständig nach Möglichkeiten unseren Idealen angesichts der Bedingungen die wir vorfinden treu zu bleiben und ok, das stimmt vielleicht, wir müssen noch vielmehr Verantwortung für diese Gesellschaft und diese Welt in der wir leben übernehmen, denn auch wenn Leute, wie Sie Herr Däuble es nicht gemerkt haben: Wir sind erwachsen.

    • @Bauer Christoph:

      Ich würde meinen, hier geht es weniger um ein Bewusstsein einer Generation sondern um ein bestimmtes Bewusstsein (einschließlich dem hieraus abgeleiteten Verhalten), was in (Teilen) der Mittelschicht vorzufinden ist: Unreflektiertheit, Selbstgerechtigkeit, Egozentrisch, Neoliberalismus, vermeintlich Unpolitischsein u.ä..



      Seltsam finde ich diese "wir-wir" Gegenüberstellung. Gibt es da doch eine Zugehörigkeit, ein Sich-wiederfinden in der Beschreibung des Autors, wenn Sie ebenfalls in Wir-Form schreiben? ;)



      Diese Kinder-Zuschreibung des Autors würde ich als Infragestellen von Mündigkeit und als Anzeichen von Naivität bezüglich der Gemeinten deuten. Wenn ich Teile der Mittelschicht sowie darüberhinaus große Teile der Gesellschaft angucke, so kriege ich doch des öfteren den Eindruck, dass da wenig Sinn für bspw. Gleichheit, Solidarität und dafür mehr Sinn für bspw. unreflektierten Konsum da ist. Die Welt ist nicht ohne Grund so wie sie ist, würde ich meinen. Die Menschen machen sie zu dieser - wenn auch dazu gesagt werden muss, dass die einen in mehr Widersprüche sich verheddern und die anderen mehr Einfluss (aufgrund Reichtum) auf das gesellschaftliche Geschehen nehmen.

    • @Bauer Christoph:

      des is schön, dass einige unter uns tatsächlich erwachsen geworden sind. Aber durch die Bank, gesellschaftlich gesehen, Hand auf's Herz -- sind die Leute erwachsen? Ich sehe wenig Reife, wenig Reflektion, wenig Selbstverantwortung. Eine Menge als selbstverständlich hingenommene Privilegien. Wohlstandsverwahrlosung kann man auch dazu sagen. Wenn die Alternative zum Erwachsenwerden wenigstens die perpetuelle Kindheit wäre, würde ich ja gar nicht meckern -- Kinder sind kreativ, spielen, tun auch niemandem absichtlich weh. Das fängt erst an, wenn sie die Adoleszenz erreichen... die Zeit zwischen Aufgabe der kindlichen Unschuld und Erreichen des Erwachsenenalters, in dem ein Mensch sich vollständig reflektieren kann. Wir leben in einer Gesellschaft der perpetuell Adoleszenten (und der perpetuell adoleszent Gehaltenen, Werbung und entmündigende Politik und und und...)

  • merkt das bei der taz eigentlich jemand, dass man ständig um auch finanzielle Unterstützung bittet und sich gleichzeitig in diesem "Wir"-Modus immer mehr auf eine weiße männliche Mittelschicht einengt? Obwohl, die haben das meiste Geld, vll. ist es ja einfach genau so gemeint.

  • Mich in die Herde per "wir" einzureihen fällt mir schwer, bis unmöglich. Aber trotzdem danke für die Psychoanalyse, jetzt weiß ich bescheid.

  • So ein Quatsch.

    Die Katastrophe findet noch immer und weiterhin auch hier statt.



    Und die richtige Katastrophe findet noch immer und weiterhin woanders statt.

  • Diese Bußpredigt hat etwas sehr mittelalterliches.



    Die industrialisierte Welt wird dieses Virus bändigen oder ausrotten genauso wie schon jede Menge andere Organismen ´durch den Menschen gebändigt oder ausgerottet wurden- vom Höhlenbären und den Pocken hin zu Kinderlähmung und Masern. In spätestens 2 Jahren wenn das Corona virus auf "Normalmaß" gestutzt wurde werden Artikel wie dieser nur noch für Wissenschaftler Interessant sein, die über das enorme "Vorwurfs -und Moralisierungsbedürfnis" der schreibenden Zunft forschen.



    Der Rest feiert und arbeitet - löst die Probleme der Welt- oder auch nicht und vergißt nach und nach COVID 19

    Es ist doch nur ein Virus und kein himmlischer Gesandter mit moralinsaurer Botschaft

    • @Thomas Dreher:

      Zum einen würde ich den von Ihnen formulierten quasi Fortschrittsglauben kritisch sehen. Offenbar ist ja, wie JOSSI BLUM es weiter unten ja auch aufgreift, gerade die Summe des vorherrschenden menschlichen Verhaltens, das Ausrotten jeder Menge von Organismen (abgesehen mal von den Viren) fatal.



      "Der Rest feiert und arbeitet - löst die Probleme der Welt- oder auch nicht "



      Na, eben, es fragt sich, was die Menschen für Schlüsse ziehen und wie sie zukünftig handeln. Sicherlich kann mensch das pessimistisch sehen und da keine großen Veränderungen erwarten. Wobei das dann schwerlich mit dem Fortschrittglauben vereinbar wäre. An sich aber bleibt doch erst einmal offen, wie die Menschen reagieren und über die Verhältnisse nachdenken. Wenn allerdings nicht mal "moralinsaure Botschaften" umgehen, dann wird die Reflexion wohl umso begrenzter ausfallen, fürchte ich ...

    • @Thomas Dreher:

      "Es ist doch nur ein Virus und kein himmlischer Gesandter mit moralinsaurer Botschaft"

      Na ja. Wenn man bedenkt, dass sich seit Jahren nun der Klimawandel bemerkbar macht, ohne dass die Industrieländer zu Potte kommen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, scheint es, als wäre der Virus, der alles zum Stillstand gebracht hat, durchaus ein Dämpfer "von oben".... Who knows. Denn so etwas wie in den letzten Wochen hat es noch nie gegeben, dass die Welt quasi stillsteht.

      • @Jossi Blum:

        Das die "Welt stillsteht" is halt die pragmatische von primär von naturwissenschaftlichem Rat geleitete Antwort auf das Virus.



        Bald werden andere Subsysteme der Weltgesellschaft wie z.B Wirtschaft wieder vermehrt bei der politischen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden und dann "kommt die Welt auch wieder in Schwung"



        Falls die Weltgesellschaft etwas lernt werden internationale Institutionen wie die WHO deutlich gestärkt aus der Krise hervorgehen. Die Wissenschaft wird wieder mehr Respekt gewinnen, Impfgegner, Tierrechtler, nationalistische Verschwörungstheoretiker, Evangelikale und andere Aluhutträger werden wieder mehr an die äußersten Ränder dieser Gesellschaft gedrück werden.



        Sollte es richtig gut laufen wird die Rolle der Nationalstaaten beschnitten und internationale Organisationen wie z.B die EU erhalten deutlich mehr Kompetenzen zur Vorbeugung und Bewältigung von künftigen Krisen.



        Ich bin da durchaus Optimist, bin mir aber auch über die Ausmaße der menschlichen Dummheit die dem entgegensteht im klaren.

        Den Klimawandel wird mensch im übrigen erst dann wirklich efektiv bremsen können, wenn genug Menschen verstanden haben, dass die kapitalistisch -nationalstaatliche Form in der die Weltgesellschaft organisiert ist eine zutiefst unvernünftige ist. Ich habe so meine Zweifel ob die Lernkurve bei ausreichend vielen da ausreichend steil ist; aber im Leben hilft halt manchmal nur anlassloser Optimismus weiter.

        • @Thomas Dreher:

          Tierrechtler sind Aluhutträger? Feministinnen und Antirassisten sicher auch, oder? Bestimmt nur vergessen zu erwähnen.

          • @Rowena Ravenclaw:

            Nein die habe ich nichtvergessen Antirassisten und Feministen setzen sich für Menschenrechte ein und deshalb gehören sie schlicht und einfach nicht in meine Aufzählung



            Tierrechtler hingegen hängen einem extem bigotten -teilweise wahnhaften Konstrukt nach.



            Ich will das kurz begründen:



            Ein Menschenrecht ist etwas was sich dem Grunde nach allen Menschen zusteht.



            Alle Menschen haben das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Nahrung und Wohnung um nur einige der grundlegenden Menschenrechte zu nennen. Ich weiß natürlich auch, daß diese Rechte noch nicht verwirklicht sind . Sie anzustreben ist aber Verpflichtung für jeden Menschen und logisch machbar.



            Ein Recht auf körperliche Unversehrtheit für alle Tiere also auch Stadtratten ist dagegen ein logisches Unding. Die gehören halt vergiftet um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Ein Recht auf körperliche Unversehrheit für Gazellen ist ein logisches Unding fragen sie mal die die Löwen mit ihrem Recht auf Nahrung, die werden ihnen das bestätigen. Ich könnte hier noch jede Menge anderer Beispiele anführen aber ich hoffe sie haben begriffen, dass das Konzept Tierrechte nichts für klar denkende Menschen ist sondern doch in den Bereich der Aluhutträger gehört.

  • 0G
    09922 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich.

    Die Moderation

    • RS
      Ria Sauter
      @09922 (Profil gelöscht):

      Das hsbe ich auch gedacht.

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Der Auto bezieht sich explizit auf die Mittelschicht bzw. jene mit (unreflektiertem) Mittelschichtsbewusstsein. Mit 'wir' meint er nicht Menschen aus ärmeren Schichten.

      • @Uranus:

        *Autor

    • @09922 (Profil gelöscht):

      Gut, es ist aber auch einfach anstrengend, alle Grundannahmen immer wieder aufs Neue zu wiederholen.

      Es geht bei der Kritik an weißem Rassismus nicht (!) darum zu unterstellen, dass Weiße keinerlei Probleme hätten. Klar haben wir die, und viele mehr, als sie ertragen können. Krankheit, ekelige Nachbarn und Chefs, Behördenärger etc.

      Es geht darum anzuerkennen, dass People of Color alle diese Probleme auch haben. Alle. Und zusätzlich (!) haben sie halt auch noch ständig mit unserer latenten Arroganz zu kämpfen, die für sie um so anstrengender ist, je weniger wir uns sie eingestehen.

      Ich nehme mich in diesem Wir übrigens durchaus nicht aus. Denn auch ich habe diesen Mist verinnerlicht und werde ihn nur mit großer Mühe wieder los.

  • Der Artikel hat wohl vor allem eine pädagogische Intention: Aufzurütteln und diejenigen zu wecken, die glauben, sie seien unverletztlich, unverwundbar, unbesiegbar, ja sogar unsterblich. Was sowieso nur bestimmte Leute bis zu einem bestimmten Alter glauben. Gut, dieses Anliegen ist legitim.

    Aber musste auch gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden? Wer ist dieses ominöse "wir"? Wir alle hier, die 83,7 Mill. Menschen in Deutschland? Oder doch nur die eine oder andere Schicht in diesem Land, weil die andere und jede weitere sowieso schon immer ein Bewusstsein hatte? Oder ist das "wir" mehr als 'wir hier', nämlich all diejenigen, die in einem Land leben, das auf der Sonnenseite liegt? Von Australien über Dänemark, Japan, Kanada bis Zypern? In Frankreich kennen alle den Satz: Il ne faut jamais généraliser. Der geht auch auf Deutsch. Komplett unbekannt? Anscheinend, denn das Badewasser ist weg und das Kind auch.

    Der Autor hätte besser daran getan, ein Stück Bekenntnisliteratur abzuliefern und 'ich' statt 'wir' zu schreiben. DAS wäre beeindruckend gewesen und hätte der pädagogischen Intention genutzt. Aber so?

    Ich jedenfalls lasse weder eine ganze Reihe von Freund*innen noch weniger Nahestehende noch mich subsumieren unter dieses gnadenlos verallgemeinernde "wir", und ich fürchte fast, dass nicht nur die Leser*innen der taz der Polemik des Autors widersprechen.

    • @Leonie:

      Der Autor schreibt im Text zu Beginn der zweiten Hälfte:



      "wir, die kontinuitätsverwöhnte Mittelschicht"

  • Ein interessanter Ansatz, was den Einbruch der Virus in unsere vermeintlich so sichere Welt angeht, die zum Teil auch darauf beruht, dass es anderen schlechter geht. Das "Ihr-habt-das-nicht-anders-verdient-Gelaechter, dass uns ueberlaut von innen und aussen entgegenschallt, wenn wir nur hoeren wollen", und das uns angeblich irritieren soll, findet aber wohl hauptsaechlich im Kopf von Herrn Dr. Daeuble statt, zumal er ja auch keine entsprechenden Zitate liefert. Ausserdem hat man woanders selbst viel zu viel mit dem Corona-Virus zu tun, als dass man Deutschland, wo die Pandemie bislang vergleichsweise glimpflich zu verlaufen scheint, mit Haeme uebergiessen wollte.

    • @Volker Scheunert:

      Da kennen Sie aber die Italiener schlecht. Die sind nämlich durchaus wütend darüber, dass wir uns in der Krise immer noch gegen Corona-Bonds stemmen, als wären sie Teufelswerk.

      Und warum sollten die Asiaten, die hier leben und seit dem Ausbruch verstärkt Rassismus erfahren, nicht wütend auf uns sein? Warum sollten sie keinen Grund zur Häme haben?

      Setzen Sie sich mal selbst mit Ihren Vorurteilen auseinander! Zum Beispiel hier:



      www.deutschlandfun...:article_id=391390

      • @Smaragd:

        Bitte erst lesen und verstehen, dann antworten. Zudem weisen Sie mir die unterstellten "Vorurteile" bitte einmal nach. Der von Ihnen gelistete Link führt auf einen Artikel von 2017, ist also, was das hier behandelte Thema angeht, wenig hilfreich. Italiener und Asiaten moegen ja Grund haben, Deutschland gegenueber nicht allzu freundlich zu sein. Aber ein "Ihr-habt-das-nicht-anders-verdient-Gelaechter", das uns "irritiert", wie von Daeuble behauptet, habe ich trotz eifriger Google-Suche nicht finden koennen. Wer ueber 15.000 Corona-Tote zu beklagen hat, kann eben keine Schadenfreude gegenueber jemandem empfinden, bei dem es keine 1.500 sind - das kann sich aendern, wenn bei uns die Zahl in die Zehntausende gehen sollte, aber momentan richtet sich italienische bzw. chinesische und deutsche Haeme wohl eher gegen die USA...

  • "In Wirklichkeit ist uns der Rest der Welt andauernd egal gewesen."



    Richtig! .... aber so getan als ob, das haben wir ständig. , sowie:



    ".... das nicht... nach innen elitär und nach außen kolonialistisch in den Sinn, sondern als normal. Herrenreitertum und Rassismus verschwinden in einer Krise nicht. Ganz im Gegenteil."



    Soeben ausgedruckt und in einem Bilderrahmen an die Flurwand gehängt.



    Vielen Dank!



    Kleine Kritik/Ergänzung... Superhelden sind und waren wir nie, sondern weltmeisterliche Ignoranten und Verdränger. Egal ob Klimawandel, Finanzen Südeuropas, Malaria oder Ebola Tote in irgendeinem Land ohne Antibabypille oder mit Diktatoren, usw., billige Kleidung, Kinderarbeit....beliebige Themen der Zeit.

  • Diese Krise ist im wesentlichen menschgemacht. Wenn der klinische Aufwand für Beatmung, Blutwäsche, etc nicht so getrieben würde, wäre die Medizin nicht so überfordert. Wenn dadurch Krebs OPs und ähnlich dringende Eingriffe, nicht stattfinden, ist das zumindest fahrlässig. Ob zu einem menschenwürdigen Leben nicht auch ein menschenwürdiges Sterben , ohne Isolation und nicht angeschlossen an die Apparatemedizin, gehört, sei zumindest einmal als Frage gestellt.



    Die Zahl der an Corona Verstorbenen ist jedenfalls, selbst bei der etwas inflationären Zählweise des RKI und JHU verschwindend gering gegenüber der natürlichen Todesrate von rund 2700/Tag für Deutschland.

    • @Dodoist:

      "Wenn dadurch Krebs OPs und ähnlich dringende Eingriffe, nicht stattfinden, ist das zumindest fahrlässig."

      Diese Eingriffe finden natürlich statt.

      "Wenn der klinische Aufwand für Beatmung, Blutwäsche, etc nicht so getrieben würde, wäre die Medizin nicht so überfordert."

      Wenn dieser Aufwand bei allen möglichen Gelegenheiten nicht betrieben würde, würde das, was Sie als natürliche Todesrate bezeichnen, wesentlich höher liegen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Derzeit kursieren Annahmen von 10.00 "Coronatoten " für Deutschland, wenn man mal von einem worst case von 100.000 Toten ausgeht ist das gegenüber der "normalen Sterbeanzahl" von rund 1.000.000 pro Jahr eine vielleicht signifikante aber keine riesige Veränderung. Das oft bemühte Bild von den Zunamis ist zumindestens irreführend. Aber rationaler Umgang mit dem Thema Sterben und Sterblichkeit ist derzeit wohl nicht möglich.



        Bei den Operationen wird eine Abwägung nach Dringlichkeit getroffen, also genau das, was bei Cornainfizierten auf jeden Fall vermieden werden soll.

        • @Dodoist:

          Die Coronatoten fallen zusätzlich zur "normalen Sterbeanzahl" an. Aber das ist noch nicht mal der Punkt. Schließlich muss jeder mal sterben.

          Der Punkt ist, dass wir überhaupt medizinische Behandlungen durchführen, um den Sterbezeitpunkt auf einen möglichst späten Termin zu legen. Das ist der Sinn von Medizin.

          Wie kommen Sie darauf, dass man bei bestimmten Krankheiten nicht behandeln soll? Im konkreten Fall scheinen Sie ernsthaft dafür zu plädieren, die schwere Coronafälle einfach abzuschreiben, sie für's Sterben zu selektieren, weil es Ihnen zu aufwendig ist, diesen Menschen ein längeres Leben zu ermöglichen.

          So eine Einstellung zu Kranken macht mich fassungslos.

    • @Dodoist:

      Die Zahl ist vielleicht (noch) klein, aber es ist eben ein verfrühtes Ableben, dass ohne Corona nicht stattfinden würde.

    • @Dodoist:

      menschenwürdiges Sterben, ohne Beatmung... interessante These. Wir sprechen uns nochmal, wenn Sie selber Corona haben und keine Luft mehr kriegen. Dann würde ich nämlich gerne von Ihnen wissen, ob Sie Ihre Situation gerade als menschenwürdig empfinden, oder ob Sie nicht vielleicht doch gerne eins von diesen Geräten hätten.

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @Smaragd:

        In Schweden ist diese Vorgehensweise gerade zur Staatsräson erhoben worden. Es werden viele von uns sterben und wir werden uns von unseren Liebsten verabschieden müssen



        . (0hne Beatmung und ohne Testung)

  • "Wann endet ­dieser schreckliche Hollywood-Apokalypse-­Thriller endlich"

    An dem Punkt aufgehört zu lesen. Komplett lächerlich die Situation hier so zu beschreiben. Die Kartoffel die diesen Artikel geschrieben hat, soll mal nach Indien schauen. Ja, mir ist klar, dass der Autor aus der Sicht der Durchschnittskartoffel formuliert hat, aber trotzdem wird hier ein Bild transportiert, dass der "Horror" jetzt zu uns kommt. So ein Blödsinn. Keiner muss hungern.

    • @zzzap:

      Schade. Wenn Sie bis zu Ende gelesen hätten, hätten Sie die tiefe Wahrheit des Artikels erfassen können...

      • 0G
        09922 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

        Die Moderation

        • @09922 (Profil gelöscht):

          Stimmt es etwa nicht, dass wir zwar gern Probleme in der Welt schaffen sie aber normaler Weise nur aus der Distanz betrachten?

          Gerade das Gejammer über die zeitweisen Einschränkungen zeigt doch deutlich, wie verwöhnt unsere Gesellschaft im Großen und Ganzen ist.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    So kann man auch nur als Westdeutscher denken und fühlen.



    17 Millionen Deutsche haben bereits eine existenzbedrohende Krise hinter sich. Von den Millionen Flüchtlingen die hier leben, ganz zu schweigen.

    Klopapiermangel inklusive.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Als "Ossi", wenn Katastrophen-Deutschtümelei, dann bitte die Flüchtlinge aus Ostpreußen, Schlesien etc. da haben viele ned nur ihre wirtschaftliche Existenz verloren. Die "Wendeverlierer" (nee, keine 17 Mio, auch keine 4 oder 3) sind mittlerweile in Rente.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Nehmen Sie das nicht persönlich...aber Sie sollten schon zwischen Ratio und Emotio unterscheiden, zumindest was die großen globalen Menschheits-Themen betrifft.

      • @Tom Farmer:

        Was die materielle Absicherung betrifft, ja absolut. Vergiss mal Klopapier.



        Diese Kontinuität allerdings, aus der sich die großartig beschriebene, enorme Selbstgewissheit der deutschen Mittelschicht speist, die gibt’s im Osten nicht. Der Umbruch war enorm und erstreckte sich in alle Lebensbereiche.



        Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass den Leuten dort das Ganze längst nicht so surreal erscheint wie denen hier im Südwesten. Von der Schweiz nebendran (einem der gobalen hotspots bürgerlicher Selbstgerechtigkeit) gar nicht zu reden.



        Zudem muss man fairerweise festhalten, dass die Ossis auch bei der Ausbeutung der Restwelt erst seit 1990 mit dabei sind; die war zwischen ‘45 und ‘89 vernachlässigbar.

  • Zum Teil richtig dass DE Risiko ausblendet.



    wir. Wenn ins in Wirklichkeit der Rest der Welt andauernd egal gewesen ist, dann gilt das gleiche umgekehrt genauso.



    Ich bin in der Tat froh auf dieser Seite zu sein und fühle mich dabei garnicht schuldig im Sinne dieses Artikels.

    • @Max Sterckxc:

      Ich versuch's mal mit einer Buchempfehlung:



      Reni Eddo-Lodge, Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche.



      Wer lernen und Situationen verbessern will, liest's. Lohnt sich.

    • @Max Sterckxc:

      Wir sprechen uns nochmal, wenn Sie alt sind, und irgendsoein mittelalter Mensch Ihnen sagt: "Ja nun, ich bin halt privilegiert Ihnen gegenüber. Da hab ich auch kein schlechtes Gewissen wegen." Ich würde dann nämlich gerne wissen, wie Sie sich in der Situation fühlen.

      Merke: Als weißer Mann genießen Sie Privilegien, die Ihnen schlicht nicht zustehen. Alle Menschen haben die gleiche Würde. Sie übrigens auch. Aber halt nicht mehr als andere.

      • @Smaragd:

        Was darf denn ein mittelalter Mensch, was ein alter Mensch nicht darf?