Antisemitische Attacke in Berlin: Knochenbruch nach Beleidigung
Ein Jude ist offenbar wegen seiner Kleidung auf offener Straße attackiert worden. Auf seine Synagoge war im Oktober ein Brandanschlag verübt worden.
Der jüdische Mann sei als Jude erkennbar gewesen – unter seinem T-Shirt habe ein Gebetsmantel hervorgeschaut. Der Vorfall sei am Freitagnachmittag in der Brunnenstraße geschehen – in der Nähe gibt es zwei Synagogen. Nun ermittelt der Staatsschutz.
Die jüdische Gemeinde Kahal Adass Jisroel teilte auf x (ehemals Twitter) mit, der Angegriffene sei Mitglied ihrer Gemeinde. Der Mann habe einen Knochenbruch erlitten und im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Nach Angaben der Gemeinde habe die am Freitag eingetroffene Polizei den Vorfall als gefährliche Körperverletzung und nicht als antisemitischen Vorfall gewertet. In ihrer Pressemitteilung von Sonntag sprach die Polizei dann aber von einem „Angriff mit antisemitischem Hintergrund.“
Kahal Adass Jisroel (KAJ) hat ihr Gemeindehaus samt der Synagoge Beth Zion, einer Kita und weiteren Einrichtungen weiter südlich an der Brunnenstraße im Ortsteil Mitte.
Die Brunnenstraße verbindet zwei sehr unterschiedliche Kieze miteinander. Im Süden, der einst zu Ost-Berlin gehörte, liegt ein durchsaniertes Altbauviertel mit entsprechend hohen Mieten. Nördlich des ehemaligen Mauerstreifens führt die Straße durch das Viertel Gesundbrunnen (Wedding), das durch den sozialen Wohnungsbau der 60er- und 70er-Jahre geprägt ist.
Das Gemeindehaus war bundesweit bekannt geworden, als Mitte Oktober 2023 Unbekannte Brandsätze auf das Gebäude geworfen hatten. Am 9. November hatte in der Synagoge Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht 85 Jahre zuvor zum Schutz jüdischen Lebens aufgerufen.
Die orthodoxe KAJ steht laut eigenen Angaben „für ein authentisch-traditionelles Judentum, das durch die Mitglieder und die Gemeinde sichtbar das Stadtbild prägt.“ Die traditionelle Kleidung vieler ihrer Mitglieder gehört seit Jahren fest zum Stadtbild rund um die kleine Synagoge.
Der Attackierte sei ein jüdischer Flüchtling aus der Ukraine, teilte die Gemeinde weiter mit. Er sei traumatisiert und verängstigt. „Er leidet insbesondere darunter, sich nach dem Trauma des Kriegsausbruchs und seiner Flucht aus der Heimat nach Deutschland, sich nunmehr auch hier nicht mehr in Sicherheit fühlen zu können.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit