piwik no script img

Annalena Baerbock über den Wahlkampf„Verbote bedeuten oft Fortschritt“

Sie gibt sie sich noch nicht geschlagen. Die grüne Kanzlerkandidatin über rot-grüne Chancen, Mobilität auf dem Land und Einkäufe mit dem Lastenrad.

„Bekenntnisse zu fordern, überlasse ich den beiden Herren von der GroKo“, sagt Annalena Baerbock Foto: Dominik Butzmann

Annalena Baerbock tourt mit einem grünen Reisebus durchs Land, der so groß ist wie der der Fußballnationalmannschaft. Draußen ist er mit dem Grünen-Slogan beklebt: „Bereit, weil ihr es seid.“ Es sind 16-Stunden-Tage für die Kanzlerkandidatin: Townhall-Formate auf Marktplätzen, Besichtigungen in Firmen, Hintergrundgespräche mit Regionalzeitungen.

Der Doppelstöcker ist eine mobile Wahlkampfzentrale. Drinnen gibt es eine Bordküche mit Kaffeevollautomat, Stockbetten für Nachtfahrten, ein Separee für die Kanzlerkandidatin, Sonnenblumenlogos und Zimmerpflanzen.

Wir steigen in Halle an der Saale zu und führen das Interview auf der Autobahn nach Frankfurt am Main. Der Tourmanager gießt für Baerbock kochendes Wasser auf einen Teebeutel – gut für die Stimme. Baerbock nippt am Tee. Draußen ziehen Felder, Windräder und Dörfer vorbei.

taz: Frau Baerbock, wenn Sie sich zum 19. April, dem Tag Ihrer Nominierung als Kanzlerkandidatin, zurückbeamen könnten: Was würden Sie anders machen?

Annalena Baerbock: So manches. Aber: Hätte, hätte Fahrradkette. Es gibt nun mal keine Zeitmaschinen. Ich denke jetzt an die nächsten zwei Wochen, die entscheidende Phase des Wahlkampfes.

Wäre es nicht ehrlicher zu sagen, okay, Kanzlerin werde ich nicht mehr – aber ich kämpfe für Klimaschutz in der nächsten Regierung?

Die nächste Regierung ist die letzte, die aktiv Einfluss auf die Klimakrise nehmen kann. Es ist also die große Aufgabe unserer Zeit, die Weichen zu stellen, damit Deutschland klimaneutral wird. Und das geht am besten, wenn man eine Regierung anführt – dafür kämpfe ich. Die Klimakrise ist die größte Gefahr für unsere Freiheit und unsere Sicherheit. Ein grokohaftes Weiter-so wäre mehr als fahrlässig.

In Umfragen sind Sie auf 17 Prozent abgerutscht. War Ihr Slogan „Bereit, weil Ihr es seid“ zu optimistisch?

Die Zustimmung zu unseren Themen ist so groß wie bei keiner Bundestagswahl. Und ich erlebe eine gesellschaftliche Bereitschaft, über sich hinauszuwachsen. Egal ob im Harz, auf der Schwäbischen Alb oder im Ruhrgebiet – überall zeigt sich, was möglich ist. Lehrer*innen, die trotz Corona dafür gesorgt haben, dass Kinder in Kleingruppen zu Schule gehen können. Pflegerinnen, die über sich hinauswachsen. Manager, die sagen, wir brauchen die Wasserstoffleitung in Eisenhüttenstadt, dann produzieren wir klimaneutralen Stahl. Ich bin überzeugt: Da geht was.

Die Klimakrise erfordert disruptive Veränderungen. Viele Menschen wissen, dass es nicht so weitergeht, aber zu viel Veränderung ist ihnen unheimlich.

Die Groko hat jahrelang das Schreckgespenst an die Wand gemalt, Klimaschutz sei teuer und unsozial. Da muss man sich nicht wundern, dass Menschen skeptisch sind. Klimaschutz muss für alle funktionieren. In Berlin-Mitte, für den Zementarbeiter in Baden-Württemberg oder die Pendlerin in der Uckermark. Engagierter Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören zusammen.

Aber auch die Grünen sind unehrlich, oder? Verzicht und zu viele Verbote zu fordern, ist bei Ihnen tabu.

Nö, ich sage nur sehr klar: Die Klimakrise ist zu groß, als dass wir uns allein auf ein Instrument stützen dürfen. Es braucht Förderung, Preisanreize und Ordnungsrecht, ja. Verbote bedeuten übrigens oft Fortschritt. Das haben wir bei FCKW-freien Kühlschränken gesehen. Jetzt wollen wir zum Beispiel den Einbau von neuen Ölheizungen schnell verbieten, weil es klimafreundliche Alternativen gibt. Aber kein Rentner braucht Angst zu haben, dass ihm ein grüner Minister oder eine grüne Ministerin die Heizung aus dem Keller reißt und er aufs Heizen verzichten muss.

Im Interview: Annalena Baerbock

40, ist mit Robert Habeck Bundesvorsitzende der Grünen. Im April setzte sie sich gegen Habeck durch und wurde Kanzlerkandidatin der Grünen. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Potsdam.

Entscheidend für Klimaneutralität ist die Mobilitätswende. Müssen die Deutschen weniger Auto fahren, um das Klima zu retten?

Weniger ist jedenfalls sinnvoller als immer mehr, klar. Gerade Großstädte stehen ja teils vor einem Verkehrskollaps. Und autofreie Innenstädte können ein Segen sein. Weniger Lärm und Schmutz, mehr Platz, auch für Kinder zum Spielen. Die Stadt Brüssel hat aus der ruhigeren Coronaphase den Schluss gezogen, den Autoverkehr zu beschränken. Warum nicht auch hier? Auf dem Land ist das natürlich anders. Dort ist entscheidend, dass die Autos in Zukunft emissionsfrei fahren. Wichtig ist mir auch, dass sich alle den Umstieg auf ein E-Auto leisten können.

Wie wollen Sie E-Autos auch für Menschen attraktiv machen, die nicht viel Geld zur Verfügung haben?

Durch ein Umsteuern in verschiedenen Bereichen. Große klimaschädliche Verbrenner müssen über die Kfz-Steuer stärker für die ökologischen Schäden aufkommen. Mit den Einnahmen wollen wir eine sozial gerecht gestaffelte Kaufprämie für E-Autos gegenfinanzieren. Außerdem sollten gebrauchte E-Autos stärker gefördert werden. So wird E-Mobilität auch für Krankenpfleger und Friseurinnen interessant.

Fahren Sie eigentlich gerne Auto?

Geht so. Manchmal ist das Auto super praktisch. Wenn man zum Beispiel eine Kommode vom Möbelhaus abholen muss. Zu Hause fahren wir einen Golf, von dem wir hoffen, dass er es wieder durch den TÜV schafft. Für danach ist ein E-Auto bestellt. Wenn ich in die Potsdamer Innenstadt will, um etwas einzukaufen, nehme ich das Lastenrad.

Sie sind in einem Dorf bei Hannover aufgewachsen. Bedeutete der Führerschein Freiheit für Sie?

Ja, der alte Polo meiner Eltern war für mich ein Stück Freiheit. Ich bin damit frühmorgens von der Disko zurückgefahren und dann direkt in die Bäckerei, wo ich gejobbt habe, um mir etwas dazuzuverdienen. Aber auch auf dem Dorf hat nicht jede und jeder einen Führerschein. Es braucht deshalb gut ausgebaute Regionalbahnen und einen starken öffentlichen Nahverkehr. Ich will daher in der nächsten Regierung eine Mobilitätsgarantie für alle umsetzen.

Wie soll diese Mobilitätsgarantie aussehen?

Die Idee ist einfach: An jedem Ort in Deutschland mit mindestens 500 Ein­woh­ne­r*in­nen muss zwischen 6 und 22 Uhr mindestens einmal in der Stunde ein Bus oder eine Bahn fahren. Dazu muss der Bund den Ländern eine höhere Finanzierung des ÖPNV zur Verfügung stellen. Das wollen wir gegenfinanzieren, indem wir umweltschädliche Subventionen abbauen.

Ist so eine dichte Taktung realistisch? Die Unternehmen müssen rentabel wirtschaften.

Das kann aber nicht das einzige Kriterium sein. Ebenso wie der Staat dafür sorgen muss, dass es überall gute Schulen und schnelles Internet gibt, muss er auch für gute Mobilität sorgen. Das ist seine Aufgabe. Und es muss ja nicht überall der große Gelenkbus fahren, Kleinbusse oder Sammeltaxis tun’s ja oft auch.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Ist die Finanzierung realistisch? Manche Kommunen sind reich und brauchen keine Hilfe, aber viele sind hoch verschuldet.

Zwei Ideen, wie es gehen kann: Es braucht mehr Regionalisierungsmittel durch den Bund für den Schienennahverkehr und Gelder von Bund und Ländern, damit die Kommunen den Bürgerinnen und Bürgern Mobilität mit dem ÖPNV auch garantieren können.

Und zweitens?

Es stimmt, dass viele Kommunen massiv verschuldet sind. Wuppertal muss sich gerade entscheiden, ob es seinen kommunalen Beitrag lieber in Hochwasserschutz investiert oder in neue Kitas. Stark verschuldete Kommunen müssen auch investieren können, dafür brauchen sie finanziellen Spielraum, etwa durch einen Altschuldenfonds, damit sie wieder Luft zum Atmen haben.

Braucht es eine Autokommission, so wie es eine Kohlekommission gab, die sich auf einen Kohleausstieg einigte?

Eine Autokommission nach dem Vorbild der Kohlekommission halte ich nicht für sinnvoll. Das Absurde ist ja, dass die Realität die Politik der Groko längst überholt hat. CDU, CSU und SPD haben jahrelang in Brüssel für spritfressende Limousinen und SUVs lobbyiert – und die Autokonzerne stellen nun selbst auf E-Mobilität um.

Aber müsste der Wandel der Autoindustrie nicht stärker moderiert werden? An der Branche hängen 800.000 Arbeitsplätze.

Klar. Die Transformation ist eine gewaltige Aufgabe und deshalb auch Sache der Politik. Für den Wandel der Autoindustrie braucht es politische Leitplanken. Wir würden etwa dafür sorgen, dass ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Wie gute Kommunikation funktioniert und man Betroffene mitnimmt, zeigt übrigens Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg. Er hat schon 2017 einen Strategiedialog mit der Autoindustrie ins Leben gerufen.

Kretschmann tritt doch manchmal wie ein Lobbyist von Daimler auf, etwa als er 2020 eine Kaufprämie für Verbrenner forderte.

Sein Strategiedialog ist ein Erfolg. Bei der Lade­infrastruktur für E-Autos ist Baden-Württemberg vorn, weil Landesregierung und Unternehmen an einem Strang ziehen. Dort gibt es alle zehn Kilometer eine Ladesäule und eine Schnellladesäule alle 20 Kilometer, auch im ländlichen Raum. Im neuen Koalitionsvertrag ist verankert, dass sogar alle fünf Kilometer eine Schnellladesäule stehen soll. Das brauchen wir in ganz Deutschland. Als Bundeskanzlerin würde ich mir diesen Dialog als Vorbild nehmen.

Also keine Kommission, aber einen Dialog. Ist das nicht dasselbe?

Die Frage ist, ob man eine Entscheidung auslagert, weil man sich politisch nicht traut – so war es bei der Kohlekommission –, oder ob man politische Ziele formuliert und mit den Betroffenen nach dem besten Weg für das Wie sucht. Es geht hier um den Umbau einer Kernindustrie, den müssen wir mit den Fahrzeugbauern, Zulieferern und Beschäftigten zusammen gestalten.

Trotzdem werden Branchen wegbrechen und Zulieferer sterben. Wie fangen Sie diesen Umbruch auf?

Mein Vorschlag ist ein Industriepakt. Die Unternehmen würden sich verpflichten, in Klimaneutralität zu investieren, egal ob es der Autozulieferer oder der Zementhersteller ist. Die Politik gibt Planungssicherheit und unterstützt mit öffentlichen Zuschüssen. Wenn Firmen dann später Gewinne machen, müssen sie die Zuschüsse zurückzahlen – und garantieren, dass die Jobs in Deutschland bleiben.

Für Christian Lindner wäre das wahrscheinlich „Sozialismus“.

Ich nenne es: sozial-ökologische Marktwirtschaft.

Wie helfen Sie dem 40-jährigen Facharbeiter, der Getriebe montiert? Er ist in neun Jahren arbeitslos, wenn Autokonzerne ab 2030 keine Verbrenner mehr bauen dürfen.

Der Ausstieg aus dem Verbrenner kommt ja so oder so, auch international. Deshalb: Nur wenn wir die Transformation hinbekommen, entstehen auch neue Jobs. Und natürlich muss der Staat zusammen mit Unternehmen für rechtzeitige Weiterqualifizierung sorgen. Facharbeiter brauchen Unterstützung, sich neu zu orientieren.

Entscheidend wird sein, alle Menschen bei der ökologischen Transformation mitzunehmen – auch Ärmere. Was ist für Sie das wichtigste soziale Thema, das Sie in einer Bundesregierung durchsetzen wollen?

Erste Priorität in der Sozialpolitik hat für mich die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Das würde ich in einer Regierung schnell machen.

Sagt Olaf Scholz auch.

Die SPD war Jahre lang an der Regierung beteiligt, Olaf Scholz auch.

Die Grünen-Kandidatin im Wahlkampfbus während des taz-Interviews Foto: Dominik Butzmann

Damit Beschäftigte nach 45 Jahren Arbeit eine Rente oberhalb der Grundsicherung erhalten, müssten sie 12,21 Euro pro Stunde verdienen. Warum fordern Sie nicht 13 Euro Mindestlohn?

12 Euro ist das Mindeste, was man braucht, um von seiner eigenen Arbeit existenzsicher leben zu können. Die Untergrenze. Es wäre eine Lohnerhöhung für 8 bis 10 Millionen Menschen. Um das Rentenproblem anzugehen, hielte ich es für sinnvoll, dass der Arbeitgeber Rentenbeiträge immer so zahlen muss, als würde er mindestens 15 Euro die Stunde zahlen. Wenn er weniger zahlt muss er die Differenz alleine begleichen, also auch den Arbeitnehmeranteil auf die Differenz bezahlen.

Was wäre Ihnen in einer Regierung sozialpolitisch noch wichtig?

Die Kinder. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. So viele Mütter oder Väter müssen zu ihrem Nachwuchs sagen: Nein, Schwimmbad ist nicht drin, nein, ein Eis auch nicht, nein, die Sportschuhe schon gar nicht. Deshalb brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die unkompliziert an jede Familie ausgezahlt würde.

Welche Summe schwebt Ihnen vor?

Jugendliche bekämen bis zu 547 Euro im Monat, jüngere Kinder weniger. In der Kindergrundsicherung würden mehrere Leistungen zusammengefasst, etwa das Kindergeld oder Zuschüsse für Bildungsteilhabe.

Olaf Scholz hat die Kindergrundsicherung neuerdings auch als Wahlkampfschlager entdeckt. Ärgert Sie das?

Olaf Scholz fällt das Thema jetzt plötzlich im Wahlkampf ein – nach vier Jahren als Finanzminister, in denen es keine Rolle spielte. Und seine SPD war ja auch fürs Sozial- und Familienministerium zuständig. Insofern zweifle ich etwas an der Ernsthaftigkeit.

Ein Hartz-IV-Bezieher bekommt im Moment 446 Euro im Monat. Ihre Fraktion sagt, es müssten gut 150 Euro mehr sein, damit soziokulturelle Teilhabe möglich ist.

Stimmt.

Im Wahlprogramm fordern die Grünen nur 50 Euro mehr. Warum?

Die 50 Euro wären ein erster Schritt.

Sie sagen im Grunde: Sorry, liebe Arbeitslose, aber echte Teilhabe wird’s mit uns Grünen leider nicht geben.

Es wären schon mal spürbare Verbesserungen. Es bringt nichts, schöne Dinge auf Wahlplakate zu schreiben, die ich dann nicht umsetzen kann. Andere Parteien wollen gar keine Erhöhung.

Was muss sich noch bei Hartz IV ändern?

Wir wollen zum Beispiel die zu harten Zuverdienstgrenzen lockern. Arbeitslose müssen unbürokratisch mehr dazuverdienen dürfen.

Da würde Lindner jetzt sagen: Frau Baerbock, die FDP ist dabei.

Ist doch schön, wenn man Gemeinsamkeiten entdeckt.

Ihre Vorschläge kosten Unsummen. Nehmen wir nur die Sozialpolitik. Wie hoch wäre der zusätzliche Finanzbedarf – und woher soll das Geld kommen?

Die Kosten hängen davon ab, wie hoch man einsteigt, da gibt es Spielraum. Wir wollen Reiche durch eine Vermögenssteuer stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen, insbesondere was Bildung anbetrifft. Außerdem möchten wir den Spitzensteuersatz leicht anheben, um geringe und mittlere Einkommen zu entlasten. Unsere Investitionen wollen wir über die Änderung der Schuldenbremse finanzieren. So finanzpolitisch seriös ist kein anderes Wahlprogramm.

Das reicht nicht. Eine Vermögenssteuer würde nur 15 Milliarden einbringen, an der Schuldenbremse hält selbst die SPD fest.

Ich war noch nicht fertig. Durch Steuerhinterziehung entgehen dem Staat im Jahr zweistellige Milliardensummen. Das ist ein Skandal, über den zu wenig gesprochen wird. Beim Kampf gegen Steuerbetrug ist sicher mehr Druck gefragt als in den letzten Jahren. Dieses Geld darf sich der Staat nicht entgehen lassen.

Warum sollten sich ärmere Leute bei den Grünen gut aufgehoben fühlen? Ihrem Lebenslauf – Abi, Londoner Elite-Uni, direkt in die Politik – nimmt man es einfach nicht ab, dass Sie jemals erfahren haben, wie es ist, kein Geld zu haben.

Eine Politikerin muss nicht alles am eigenen Leib erlebt haben, um richtige Antworten zu finden. Das ist doch der Sinn unserer repräsentativen Demokratie.

Es geht um Glaubwürdigkeit. In der Grünen-Führung findet man nur bildungsbürgerliche Biografien.

Erstens stimmt das so nicht. Zweitens: Insgesamt sind im Bundestag, ja in der Politik deutlich mehr Menschen mit Hochschulabschluss vertreten als ohne. An der Frage der Repräsentanz müssen also alle politischen Parteien arbeiten.

Mindestlohn, Abschied von Hartz IV, Kindergrundsicherung, all das können Sie nur in einem rot-rot-grünen Bündnis umsetzen …

… ah, jetzt kommen die Koalitionsfragen.

Warum betonen Sie stets die Differenzen in der Außenpolitik mit der Linken – und nicht die Gemeinsamkeiten?

Große Differenzen gibt es auch in der Innenpolitik. Den Verfassungsschutz einfach abzuschaffen, ohne zu sagen, wie wir Rechtsextremismus stattdessen besser bekämpfen, ist zum Beispiel ein gravierendes Problem. Aber klar, es ist keine Neuigkeit, dass wir in der Sozial- und Steuerpolitik teils ähnliche Vorstellungen wie die SPD und ja, auch wie die Linkspartei haben. Aber Verlässlichkeit und Handlungsfähigkeit in der Außenpolitik ist nun mal wichtig. Ich habe den Eindruck, dass die Linke selbst nicht weiß, ob sie regieren will.

Die Linkspartei hat gerade ein Sofortprogramm für Sondierungen vorgelegt. Ist Ihnen das entgangen?

Nein. Sie hat sich aber auch im Bundestag enthalten, als es um die Bundeswehrluftbrücke in Afghanistan ging. Ernsthaft: Als Demokratin schließe ich Dinge nicht kategorisch aus. Angesichts der AfD, die die Demokratie aushöhlen will, müssen alle demokratischen Parteien in der Lage sein, miteinander zu sprechen. Diese Erfahrung haben wir vor allem in den ostdeutschen Bundesländern gemacht. Und im Gegensatz zur CDU setze ich die Linke nicht mit der AfD gleich.

Wann haben Sie zuletzt mit Janine Wissler, der Linken-Spitzenkandidatin, gesprochen?

Natürlich spreche ich mit der Linken, genauso wie mit der CDU, der FDP oder der SPD. Mit den Sozialdemokraten haben wir sozialpolitisch die größten Schnittmengen, und könnten, wenn es für eine Zweierkoalition reichen würde, da natürlich am meisten erreichen.

Sie glauben wirklich an Rot-Grün?

Zuallererst kämpfe ich dafür, dass wir eine Regierung haben, die für Erneuerung in diesem Land steht und von den Grünen angeführt wird. Wenn man selbst daran glaubt, ist alles drin. Und zu Ihrer Frage: Im Wahlkampf 2002 gab es bis kurz vor der Wahl keine klare Mehrheit für Grüne und SPD. Dann kam alles anders.

Wahrscheinlicher ist, dass Sie sich mit der FDP arrangieren müssen.

Das wird sich zeigen. Wir regieren in den Ländern in unterschiedlichen Koalitionen, und in Rheinland-Pfalz oder Schleswig-Holstein funktioniert im Bündnis mit den Liberalen so einiges, was für die FDP im Bund nicht vorstellbar zu sein scheint. Aber klar ist: Wenn mögliche Koalitionspartner sagen, wir rauchen das Pariser Klimaschutzziel in der Pfeife, dann wird das so nix.

Fordern Sie von der FDP ein Bekenntnis zum Abschied von Hartz IV?

Bekenntnisse zu fordern, das überlasse ich den beiden Herren von der Groko.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

52 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Mehr Verbote bringen nichts. Was gebraucht wird ist eine ausgewachsene Planwirtschaft. Einen ausgewogenen sinnvollen Plan für die Zukunft. Dazu gehört alledings auch Sachkenntnis der Zusammenhänge und der Auswirkungen auf die Bevölkerung. Das sehe ich allerdings bei keiner der Parteien. Die einen hoffen nach wie vor, dass der markt alles von alleine regelt, und die anderen reiten ihr persönliches Steckenpferd. Produktionsweisen und Wirtschaftsgebaren will niemand so richtig ändern.

    • @Martin_25:

      Planwirtschaft = DDR.



      Fazit: Das wird nix...........

  • "Große Differenzen gibt es auch in der Innenpolitik. Den Verfassungsschutz einfach abzuschaffen, ohne zu sagen, wie wir Rechtsextremismus stattdessen besser bekämpfen, ist zum Beispiel ein gravierendes Problem."

    Ach was, Frau Baerbock…der Verfassungsschutz hat in den letzten Jahrzehnten seit seiner Gründung mit und durch Nazipersonal genau was im Kampf gegen Nazis erreicht?

    Frage nur für eine paar befreundete türkische Blumenhändler, Internetecafebetreiber und diverse andere totgeschlagener Personen

  • Mobilität insgesamt zurückschrauben, wäre eine Maßnahme pro Klimaschutz. Aber damit punktet halt auch Grün nicht. Deshalb soll der Umstieg vom Verbrenner zum E-Motor allseligmachend sein. Die Gesamtbilanz für die Erde ist kaum besser. Aber das verschweigt man natürlich - Hauptsache die direkte Umgebung ist emissionsfrei - was drum rum passiert - scheißegal. Wie mit dem Plastik. Wir sind sauber, was dort geschieht wo unser Müll hingekarrt wird - scheißegal. Gefühlt sind die Grünen nur vor der Haustür besser als die anderen.

    • @dator:

      " Deshalb soll der Umstieg vom Verbrenner zum E-Motor allseligmachend sein."

      Bitte das Interview noch mal lesen. E-Mobilität ist nur ein Baustein. Und Frau Baerbock erklärt auch an welcher Stelle.

    • @dator:

      Es gibt und gab Maßnahmen wie den Ausbau des ÖPNV und der Radwege oder Radschnellwege, die auch Grüne Regierungen schon seit Jahrzehnten in Bundesländer und Kommunen in denen sie tw. mittlerweile schon seit Jahrzehnten mitregieren hätten umsetzen können. Auch die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude gehört mit dazu.

  • Schade, dass die Grünen das Bedingungslose Grundeinkommen nicht ins Wahlprogramm aufgenommen haben. Von wegen Transformation der umweltschädlichen Industrie.



    Im Grundsatzprogramm wird es immerhin befürwortet (Baerbock war dagegen), aber nur als Zukunftsvision.

  • „ Aber kein Rentner braucht Angst zu haben, dass ihm ein grüner Minister oder eine grüne Ministerin die Heizung aus dem Keller reißt und er aufs Heizen verzichten muss.“

    Das ist schon heute geltendes Recht. Heizungen die die immer strengeren Abgaswerte reißen müssen ausgetauscht werden, Rentner hin oder her.

    Entweder redet die da Unsinn, oder sie plant tatsächlich die geltenden Gesetze aufzuweichen. Man weiß es einfach nicht, ich vermute sie weiß es auch nicht…

    „ Wenn Firmen dann später Gewinne machen, müssen sie die Zuschüsse zurückzahlen – und garantieren, dass die Jobs in Deutschland bleiben.“

    Made My Day! Die Firmen sollen sich freiwillig dazu verpflichten Verluste zu machen, bekommen dafür dann Zuschüsse und müssen diese aber wieder zurückzahlen, bleiben also auf den Verlusten sitzen, dafür müssen sie garantieren nicht ins Ausland zu verlagern… Also den Trick durchschaut die Wirtschaft ja nie, das klappt bestimmt 1!11

    „ Durch Steuerhinterziehung entgehen dem Staat im Jahr zweistellige Milliardensummen. Das ist ein Skandal, über den zu wenig gesprochen wird. Beim Kampf gegen Steuerbetrug ist sicher mehr Druck gefragt als in den letzten Jahren.“

    Vom Prinzip her richtig. Aber ich befürchte halt doch, dass man am Ende jagt auf Putzfrauen, Möbelpacker und Bedienungen macht und die wegen ein paar Eurofuffzig verknackt. Cum-Ex und Co. lassen grüßen…

    • @Nafets Rehcsif:

      "...jagt auf Putzfrauen, Möbelpacker und Bedienungen macht und die wegen ein paar Eurofuffzig verknackt."

      Ist schon verpufft, als Theo Weigel das vor Jahren versucht hat. Also, das wird sich wohl nicht wiederholen, weil undurchführbar.

    • @Nafets Rehcsif:

      BaWü machts vor mit dem anonymen Melden von Steuerstraftaten via Internet. Darauf spielt Baerbock wohl an. Aber mehr Steuerprüferinnen und Steuerfahnder, welche die großen Steuerkriminellen erwischen könnten, sollen wohl nicht eingestellt werden.

  • "Verbote bedeuten Fortschritt", klingt ein bisschen wie Orwell´scher Neusprech. Die wirtschaftsolitischen Vorstellungen von Frau Baerbock bewegen sich im Bereich Wunschdenken, ("wenn die Firmen dann Gewinne machen"usw), von Investitionen in Forschung (der einzige Weg um die Mittel zu schaffen mit denen um die Klimaziele erreicht werden können) wird überhaupt nicht geredet - wohl weil de Grünen von Technik kaum was verstehen usw. Alles in allem sehe ich hier hehre Ziele, aber nur vage Lösungsvorstellungen, die zum Teil mit Zwang durchgesetzt werden sollen bzw müssen und vorwiegend von den kleinen Leuten bezahlt werden müssen.

  • "Die Groko hat jahrelang das Schreckgespenst an die Wand gemalt, Klimaschutz sei teuer und unsozial."

    Das Schreckgespenst wird auch von der Linkspartei mit ihrer Ablehnung der Co2-Steuer mit genährt. Und die MLDP hat das Gespenst auf ihren Wahlplakaten.

    • @Rudolf Fissner:

      Und mit den Grünen würde Klimaschutz teuer und unsozial und am Ende noch nicht einmal funktionieren. Wer E-Autos als "emissionsfrei" bezeichnet hat schon mal ein deutlich getrübtes Verhältnis zur Realität. Und letztere wird, wenn man sie nicht beachtet, rächen.

    • @Rudolf Fissner:

      Interessiert das in diesem Zusammenhang?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Selbstverständlich ist es von Interesse für Wahlentscheidungen, wer sich so alles gegen CO2-Steuern sperrt. Der Klimawandel ist eine große Gefahr!

        • @Rudolf Fissner:

          Die MLDP ist eine Splitterpartei, die auf die Politik in diesem Land NULL Einfluss hat. Ihre Haltung ist also für die Praxis völlig Wurst. Besonders wenn sie nur benutzt wird, um von der Politik der Groko abzulenken.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Oh ja, das interessiert sehr wohl.

  • Liebe Barbara, lieber Ulrich,



    gebeamt wird (originär) durch den Raum, nicht durch die Zeit.

    Ansonsten: Ist halt Wahlkampf, ne? Erkenntnisse darf man sich währenddessen nicht erhoffen.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Nifty_Monkey:

      ... und ich glaubte immer noch an diesen Fake von 1915, das Eine sei mit dem Anderen untrennbar verbunden.

  • "Der Doppelstöcker ist eine mobile Wahlkampfzentrale. Drinnen gibt es eine Bordküche mit Kaffeevollautomat, Stockbetten für Nachtfahrten, ein Separee für die Kanzlerkandidatin, Sonnenblumenlogos und Zimmerpflanzen." und fährt mit einem 510PS starken, 12,8L Hubraum Dieselmotor! Na herzlichen Glückwunsch!

    • @Lars B.:

      Und Greta Thunberg soll in Plastikeingepacktes gekauft haben - uiuiui. ;-) Wie leben Sie eigentlich so? Wie sieht Ihr Ökologische Abdruck aus? Was machen Sie politisch gegen die Klimaerhitzung?

      • @Uranus:

        Der Slogan "Bereit, wenn Ihr es seid!" macht mir Sorgen. Frei nach Hannibal Lecter, der sagte "Bereit, wenn Sie es sind!", und los gings...

      • @Uranus:

        Ach was? Wasser predigen und Wein trinken ist also o.k.? Oder wie darf ich das verstehen?



        Und um meinen ökologischen Fußabdruck machen Sie sich mal keine Sorgen, der ist deutlich geringer als der des Bundesdurchschnitts und bestimmt auch als Ihrer.

        • @Lars B.:

          Nein. Ich wollte bloß fragen, ob Sie die geübte Kritik auch an sich üben. Desweiteren werden im allgemeinen Diskurs solch ähnliche Äußerungen ja vom rechten/konservativen Rand aus getätigt mit der bloßen Absicht zu diffamieren ohne eigene ökologische Ansprüche bzw. gar gegenteilig mit antiökologischen Ansprüchen. Unterstellen will ich diese Position allerdings nicht unbedingt. Deswegen die Fragen an Sie ...

          • @Uranus:

            Erklären Sie mal, wie es sich mit Glaubwürdigkeit verhält wenn man Umweltschutz und entsprechende Massnahmen zum Leitbild hat, auf der anderen Seite aber bewußt Mittel die diesem zuwiderhandeln ausgiebig nutzt? Da scheint es egal zu sein, wieviel Diesel verbraucht, wieviel Stickoxyde und Rußpartikel in die Luft geblasen werden, wenn man nur das eigenen Ziel, Kanzlerin zu werden, erreicht. Nein Danke!

            Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich.

            Danke, die Moderation

        • 8G
          82286 (Profil gelöscht)
          @Lars B.:

          "Ach was? Wasser predigen und Wein trinken ist also o.k.? Oder wie darf ich das verstehen?"



          Da lob ich mir doch unseren Außenminister. Der will in Zukunft seine Auslandsbesuche mit dem Fahrad absolvieren. Und seine Begleiter fliegen voraus und buchen eine Jugendherbergsunterkunft (soweit vorhanden).

          • @82286 (Profil gelöscht):

            Aha. Dann können wir die Sache mit Umweltschutz also an den Haken hängen? Es gibt Alternativen zu einem Dieselbus. Aber hey, warum soll so etwas denn für Grüne gelten? Ihr überspitze Polemik zielt vorbei an einer Notwendigkeit und einer Vermeidbarkeit.



            Und was hat Jugendherberge vs. Hotel mit der ganzen Sache zu tun?

  • Wenn mensch denn schon voranschiebt, dass es die letzte Regierung wäre, "die aktiv Einfluss auf die Klimakrise nehmen kann", dann sollte doch auch eine notwendige Politik vorgeschlagen werden. Da ist zu bezweifeln, inwieweit der Vorschlag der Grünen ausreicht. Anhand des Interviews bleiben Fragezeichen zurück.



    # Derzeit gibt es in D 47 Millionen PKWs. Wie ökologisch ist eine Prämie dafür, dass neue Autos dazukommen bzw. neue Autos alte ersetzen sollen? Was ist mit Umrüstungen von Verbrenner auf E-Auto, damit alte Autos zumindest elektrisch weitergenutzt werden können? Was ist mit Prämien für Fahrrad, ÖPNV usw.? Soll der Autowahn doch bloß in elektrischer Form weiterlaufen? Ökosystem wird bereits zu stark belastet. Ressourcen sind endlich.



    # Es bräuchte insbesondere eine hohe Taktung während der Rushhour, damit Arbeiter*innen, Schüler*innen etc. ÖPNV überhaupt nehmen können und einen Sitzplatz kriegen.



    # Die Autoentwicklung sieht so aus, dass zumeist bloß Antrieb verändert wird. SUV und PS-Protz-Trend setzt sich auch bei E-Autos fort.



    # Es sind bereits Branchen weggebrochen bzw. am Wegbrechen. Mit der Solarbranche - womöglich auch mit der Windbranche - sogar zukunftsträchtige. Wenn Industriekapazitäten in Autobranche zugunsten von Wachstum in anderen Bereichen wie ÖPNV sinken, wäre es zumindest ökologischer.



    # Schade, dass sich sozialpolitisch wohl bloß an CDU+CSU+FDP gemessen wird. Verarmung, Wohnungsräumungen, Flaschensammeln usw. sind Fakten - an DEREN Ausräumung sollte sich Politik ausrichten.



    # Mehr Unbürokratisch hinzuverdienen heißt aber auch, dass Niedriglohnsektor weiterhin vom Staat subventioniert wird, dass der Staat den Minderbetrag der Löhne weiterhin ausgleichen und Unternehmen bezuschussen würde.

    • @Uranus:

      # Mehr Kindergeld ist angesichts Kinderarmut gut, bedeutet aber auch die kontraproduktive Föderung der Kinderzeugung in einem Land, das bereits ab Anfang Mai über seine Verhältnisse lebt (siehe Overshootday), überproportional zur Klimakrise beiträgt und damit die Zukunft der Kinder (auch der zu erzeugenden) beeinträchtigt.

      • @Uranus:

        "...kontraproduktive Föderung der Kinderzeugung..."

        Echt?

  • Also den Satz mit der CDU und ihrer Gleichsetzung von AfD und Linken hätte sie sich besser gespart, wirkt unglaublich blasiert und deplatziert. Ich würde das fast als Drohung auffassen, etwas anderes als die Erinnerung, wie es auch ginge, kann sie damit gar nicht transportieren. Sonst bleibt ne Leerformel. Es ist schon damit mehr gesagt, dass sie allein die CDU hier in's Spiel bringt, nach der an keiner Stelle gefragt war und wenn wir Glück haben für geraume Zeit auch sonst nicht wird. Nun ja, wären da nicht die Grünen. Bei der unmissverständlichen Koalitionsfrage - Ampel oder RRG - mit Rot/Grün herumzulavieren, nutzt sich dann auch mal ab und ist so typisch für politische Kommunikation der ganz alten Schule, dass es den eigenen Ansprüchen der Grünen nicht wirklich steht. Ich stimme ihr inhaltlich fast durchweg zu, aber finde die Fragen hier fast besser als die Antworten, unter denen die klarsten grad die sind, die sie nicht gibt. Was man auch anders lösen könnte, wollte man inklusiv verständlich sein. Hat sie etwa Angst, dass die Linke sich bei Klima- und Sozialpolitik mal einmischen könnte? Mehr als die FDP, das würden sie wohl. Aber wenn es mir so daran liegt, bin ich dankbar und froh über, wenn nicht angewiesen auf jede Anregung und Form von Unterstützung. Mit Stolz und der Überzeugung, die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben, gewinnen sie weder Mehrheiten noch Mittel für Mensch und Klima, sie verlieren Glaubwürdigkeit und Wähler. Denn dass es weit mehr brauchen wird als die Tollsten unter den Grünen, das wissen wir auch.

    • @Tanz in den Mai:

      "Also den Satz mit der CDU und ihrer Gleichsetzung von AfD und Linken hätte sie sich besser gespart, wirkt unglaublich blasiert und deplatziert"

      Irgendwie muss man sich halt um Stellungnahmen zu den eigentlichen Knackpunkten bei der Linkspartei drücken: Außenpolitik, Nato, Opposition gg. Co2-Steuer, Enteignungen, ...

      Statt sich dazu zu positionieren positioniert man sich bequemer gg. Kritiker der LP und unterstellt Hufeisengedöns.

      Als ob Baerbock nicht wüsste, dass die CDU einen Ministerpräsidenten der Linkspartei in Thüringen gegen die AfD toleriert.

  • Noch ein langes (Wahlwerbungs-)Interview mit der grünen Spitzenkandidatin! Es wäre mal Zeit gewesen, Fragen zu stellen, die tatsächlich das Überleben des Ökosystems betreffen, und nicht nur die "Grün-Umstellung" des Industriesystems.



    Die zwei drängendsten Probleme für unsere Biosphäre sind der Verlust der Artenvielfalt und die Stickstoffbelastung. Gerade von diesen beiden Extrembelastungen führt ein direkter Weg zur Klimakrise. Warum reden die sogenannten Grünen auch nicht über die wahren Kosten von Plastik? Und unsere Abwälzung der Mülllawine auf andere Länder? Was sind die Vorstellungen von Frau Baerbock zu Wald und Landwirtschaft? Welche Regeln (Verbote) müssten da eingezogen werden? Gerade die Grünen müssten ein Interesse daran haben, diese Aspekte der Umweltkrise in einem Land, das sich zur ökologischen Wüste entwickelt, anzusprechen. Selbstverständlich sind Energie- und Mobilitätswende zentrale Fragen, aber das Verschweigen der ökologischen Zusammenhänge macht es anderen Parteien leicht, so zu tun, als ginge es nur um technische Fragestellungen. Einfach was Neues erfinden, und schon sind wir bei der FDP, wo ja die Grünen offensichtlich auch hinwollen. Und was sollen eigentlich diese personalisierten Stories vom alten Golf, dem Jobben in der Bäckerei usw? Das würde in einem Interview mit Laschet oder Söder auch nicht anders klingen.



    Schön, dass AB wenigstens an einem Punkt richtig konkret wird. Wir brauchen den Verfassungsschutz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus (als Ausschlusskriterium für eine Koalition mit der Linken). Seit dem NSU wissen wir ja, was wir an ihm haben.

    • @Berndt Fischer:

      ". Wir brauchen den Verfassungsschutz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus (als Ausschlusskriterium für eine Koalition mit der Linken)."

      Die Linke will eine neue Behörde, die Rechts weniger blind ist. Sie können die Linke also doch wählen :-)

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    "Entscheidend für Klimaneutralität ist die Mobilitätswende."

    Eben nicht! Überbevölkerung, wachsender Wohnbedarf pro Einwohner, Fleischproduktion etc. gehören eben auch dazu.

    Drei fleischessende Kinder und Lastenrad ist für den Planeten genauso schlecht wie keine Kinder und SUV.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Ey, Franz, nur gut, dass Du keine Kinder hast, kein SUV fährst und keine Tiere isst.



      So schaffen wir dass !

      • 0G
        02854 (Profil gelöscht)
        @Sonnenhaus:

        Naja, drei Kinder haben und Lastenfahrrad wählen erleichtert das Gewissen! Mehr aber auch nicht!

  • "Die Zustimmung zu unseren Themen ist so groß wie bei keiner Bundestagswahl."



    Wenn Frau Baerbock das wirklich denkt, überschätzt sie die Zuatimmung zu den Anliegen der Grünen. Der Aufwärtstrend der Grünen begann mit den Protesten von Fridays for Future. Zusätzliche Impulse durch Themen außerhalb Umweltschutz hat seit da an nie gegeben. Es gibt sicherlich noch große Zustimmung bei einzelnen sozialpolitischen Stichpunkten aber insgesamt gesehen, könnten die Grünen mit keinem einzigen Thema auch nur halbwegs so stark punkten, wie mit dem Thema Umwelt.

  • "Zu Hause fahren wir einen Golf, von dem wir hoffen, dass er es wieder durch den TÜV schafft. Für danach ist ein E-Auto bestellt. "



    Puh das ist ja bei den Baerbocks zu Hause fast wie damals inner DDR , wenn die schon 2 Jahre vor der vorraussichtlichen Trennung von der alten karre ein neues mobil bestellen müssen.

    • @niko:

      "...wie damals inner DDR , wenn die schon 2 Jahre vor der vorraussichtlichen Trennung von der alten karre ein neues mobil bestellen müssen."

      Mit das Schlimmste aus heutiger Sicht, waren die zwei Jahre Lieferzeit für das neue Auto, nie wieder!



      Selten so gelacht!

  • Sie soll ruhig weiter Interviews geben. So verlieren die Grünen ordentlich an Zustimmung und das ist für uns alle gut.

  • Alles ehrenwerte Ziele. Um diese umsetzen zu können, erfordert es sehr viel technologlischen und wirtschaftlichen Sachverstand. Insbesondere der Wandel zur CO2-Neutralität ist in Deutschland und Europa sonst nicht zu schaffen. Darüber hinaus wäre es sinnlos, da die Länder der 3. Welt mit ihrem enormen Bevölkerungswachstum und dem resultierenden Energiehunger auf die billigsten Energieträger zurückgreifen werden - und die sind blöderweise nicht CO2 neutral. Verbote statt Wissen um wirtschaftliche und technologische Zusammenhänge sind keine Lösung. Der FCKW-Hinweis (ja, das war äußerst sinnvoll...) ist unterkomplex, da die Energieerzeugung im Gegensatz zum FCKW der Grundpfeiler unser Zivilisation ist. Wir können froh sei, wenn der Temperaturanstieg unter 3 Grad bleibt. Warum ich zur Lösung dieser Problematik eine durch und durch technologiefeindiche Partei wählen sollte, erscheint mir rätselhaft. Aber hier geht es wohl auch nicht um Lösungen, sondern um Glauben.

    • @Nachtsonne:

      # Klimaziele sind global vereinbart



      # Regenerative Energien sind jetzt bereits günstig. Entsprechend werden sie jetzt schon dem Bau von fossilen Kraftwerken vorgezogen.



      # Warum der Verweis auf "3. Welt", wenn insbesondere die "1. Welt" und zu einem kleineren Teil die "2. Welt" fast alleine für CO2 Emissionen verantwortlich sind?



      # Welche Verbote werden von Baerbock im Interview genannt? Welche meinen Sie?



      # Inwiefern sollen die Grünen "durch und durch technologiefeindich" sein?



      # Wie soll ein Klimaerhitzung über 1,5° C Ihrer Ansicht nach verhindert werden?

  • E-Auto, E-Auto, E-Auto. E-Auto für alle, der Staat zahlt's. Jeder bekommt einfach mehr, von allem. Es werden sich schon ein paar Leute finden, die sich für diesen Schmarren rigide sanktionieren lassen, sieht man bei der völlig außer Rand und Band geratenen Pandemiebekämpfung. Mir persönlich langen die in diesen Breitengraden gehäuft auftretenden "Glaubt an uns!" Parolen nicht. Und die groß angegelegte "Transformation" der Grünen hört sich nicht wirklich durchdacht an. Dann lieber lassen, sich um effektiven Umweltschutz bemühen. Aber nein, wie stand es in der Bibel, mit der Regierung fängt alles an, der ewige Graus.

    • @Picard:

      "E-Auto, E-Auto, E-Auto. E-Auto für alle, der Staat zahlt's."

      Das steht weiter oben völlig anders. Die Autos sind nur Teil eines Gesamtkonzeptes. Und die Grünen haben wenigstens ein Konzept. Schwarz/Gelb hat Null Antworten.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Tatsächlich benötigen wir mehr Verbote. Der Umweltschützer Klaus Töpfer hat dies seinerzeit auch in ähnlicher Form gefordert. Das Verbot FCKWs zu verwenden war und ist richtig.



    Mit demokratischen Abstimmungsprozessen kommt man in solchen Fällen nicht weiter.

    Ähnlich harte Maßnahmen sollten meiner Meinung nach auch beim Impfen gelten. Wer sich nicht impfen lässt und das nach einem Aufenthalt in der Intensivstation überlebt, sollte zur Kassse gebeten werden.



    90 bis 95 Prozent der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen seien nicht geimpft, so Spahn.



    Spätestens jetzt sollte man aus seinem Wahn in die Wirklichkeit zurückgeführt werden.

    Übrigens habe ich großen Respekt vor den jungen Frauen und Männern, die sich mit Rhetorik und Sachkompletenz in gesellschaftliche Debatten einmischen. Dazu zählt auch Baerbock.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Wer sich nicht impfen lässt und das nach einem Aufenthalt in der Intensivstation überlebt, sollte zur Kassse gebeten werden.

      Das wird nicht viel bringen, bei nur 4% Covid Pateinten auf der Intensivstation. Da ist auch unerheblich, wenn von diesen 4% 95% nicht geimpft sind, Die Raucherlungen und Bypass wegen Fettsucht zahlen ja auch nicht extra für ihre Krankenhausaufenthalte.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      > Ähnlich harte Maßnahmen sollten meiner Meinung nach auch beim Impfen gelten. Wer sich nicht impfen lässt und das nach einem Aufenthalt in der Intensivstation überlebt, sollte zur Kassse gebeten werden.

      Das Streichen der Lohnfortzahlung bei Quarantäne ist ja auch schon im Gespräch. Wie wäre es noch mit Verdopplung der Krankenversicherungsbeiträge? Impfverweigerer finanziell ausbluten! Ach was, Beugehaft!

      • 8G
        82286 (Profil gelöscht)
        @Trollator:

        Wer sich nicht impfen läßt (obwohl dem nichts im Wege stände) trägt die Folgekosten nach einer Erkrankung. Und darf dann auch noch froh sein, wenn ihn niemand wegen vorsätzlicher Körperverletzung verklagt.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "...mit Rhetorik und Sachkompletenz in gesellschaftliche Debatten einmischen." Und an welcher Stelle genau finden Sie hier etwas von A. Baerbock?

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Mehr Verbote? Sie sind etwas phantasiearm. Mit Anregungen findet man Zustimmung, Gefolgschaft und Umsetzung. Moderne Managementmethoden sind wohl an Ihnen vorbeigegangen?