Angriffe auf JournalistInnen in Leipzig: Kommod vermummt
Bei einer linken Demonstration für Pressefreiheit werden in Leipzig JournalistInnen eingeschüchtert. Dass niemand dazwischengeht, ist ein Armutszeugnis.

A bsurder geht es kaum. Bei einer Demonstration für die Presse- und Meinungsfreiheit werden JournalistInnen bedroht, die exakt dies tun wollen: berichten. Am Wochenende hat sich aber genau das in Leipzig zugetragen, und zwar nicht von Rechten (wo die Bedrohung von PressevertreterInnen mittlerweile als populistisches Gewohnheitsrecht gilt), sondern von linker Seite.
Bei der Demo für das autonome Nachrichtenportal linksunten.indymedia sind JournalistInnen eingeschüchtert worden. Ein Demonstrant sagte zu einer taz-Kollegin, die mit ihrem Handy ein Foto von der Situation in Connewitz machen wollte: „Noch ein Foto, dann hau ich dir aufs Maul, und das Handy ist weg.“
Wenn jetzt fast schon genüsslich gejault wird, dass die Linken ja mindestens genauso ein Gewaltproblem haben wie die Rechten, ist das argumentativ arg kurz gesprungen. Aber auch das gute alte Einzelfallargument trägt nicht einmal ansatzweise. Denn eine sich als solidarisch verstehende Bewegung hat in ganz besonderer Weise die Pflicht, AggressorInnen in ihren Reihen erstens zu ächten und sich mit Angegriffenen – zweitens – zu solidarisieren.
JournalistInnen, denen ein Bein gestellt wird oder die wegen ihrer Arbeit „aufs Maul“ kriegen sollen, haben ein Recht auf Unterstützung. Dass niemand dazwischengegangen ist, ist ein Armutszeugnis. Auf diese Weise werden politische Anliegen diskreditiert. Der Kollegin im Nachhinein noch erklären zu wollen, sie würde mit ihrem Einsatz der Polizei zuarbeiten, während man selbst kommod vermummt durch Connewitz latscht, ist zynisch.
Journalismus ist ein Beruf. Menschen üben ihn – zunehmend unter widrigen Bedingungen – aus, um die Öffentlichkeit über Geschehnisse und Hintergründe zu informieren. Aus einem von Bengalos erleuchteten Connewitz zu berichten, ist weiß Gott nicht vergnügungssteuerpflichtig. Das Mindeste, was BerichterstatterInnen verdienen, ist die Gewissheit, ihre Arbeit machen zu können.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin