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Koalition erzielt keine EinigungKeine Senkung von Stromsteuer für private Verbraucher

Nach stundenlangen Verhandlungen konnte sich die Bundesregierung nicht darauf einigen, die Stromkosten für alle zu senken. Bei der Mütterrente gab es dagegen eine Einigung.

Markus Söder, Friedrich Merz und Lars Klingbeil nach der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses Ende Mai Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin afp/Reuters | Der Koalitionsausschuss der schwarz-roten Bundesregierung hat sich nicht auf eine baldige Senkung der Stromsteuer für Privatleute einigen können. Trotz des Drängens aus der Union in den vergangenen Tagen blieb es nach sechsstündigen Beratungen am Mittwochabend bei den bisher im Kabinett gefassten Beschlüssen. Die Koalitonspartner betonten in einem Beschlusspapier, „weitere Entlastungsschritte“ auch für Privatleute und die gesamte Wirtschaft sollten zwar folgen, aber erst, „sobald finanzielle Spielräume bestehen“.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und SPD vereinbart, die Stromsteuer möglichst schnell „für alle“ zu senken. Die Bundesregierung hatte aber vergangene Woche beschlossen, die Stromsteuer zunächst nur für das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft zu verringern.

Aus der Union waren daraufhin Forderungen gekommen, auch Privatleute einzubeziehen. Dafür wären aber im Jahr 2026 5,4 Milliarden Euro nötig. Offensichtlich fanden die Koalitionspartner am Mittwoch keine Möglichkeit, dies zu finanzieren.

In dem Beschlusspapier wird neben der Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft im Energiebereich erneut auf andere beschlossene Maßnahmen verwiesen, die teilweise auch privaten Verbrauchern zugute kommen. Dabei geht es um die geplante Abschaffung der Gasspeicherumlage sowie die Teilübernahme der Übertragungsentgelte.

Einigung bei der Mütterrente

„Dies ist in der Jahreswirkung eine Entlastung von ca. zehn Milliarden Euro für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirtschaft“, heißt es in dem Koalitionsbeschluss. Damit würden „alle Verbraucherinnen und Verbraucher, Privathaushalte und Familien bereits um bis zu drei Cent pro Kilowattstunde entlastet. Dies bedeutet für eine vierköpfige Familie eine Entlastung von bis zu 100 Euro pro Jahr.“

Unterdessen konnten die Spitzen der schwarz-roten Koalition darauf verständigen, dass die Ausweitung der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder ab 2027 und damit ein Jahr früher als bisher geplant greifen soll. „Sofern eine technische Umsetzung erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist, wird die Mütterrente rückwirkend ausgezahlt“, heißt es in einem dreiseitigen Ergebnispapier des Koalitionsausschusses. Eltern von vor 1992 geborenen Kindern bekommen dann drei statt derzeit zweieinhalb Jahre Erziehungszeit bei der Rente angerechnet.

Damit setzte sich offenkundig die CSU mit ihrer Forderung durch. Der erste Entwurf von Arbeitsministerin und Co-SPD-Chefin Bärbel Bas für das Rentenpaket sah ein Inkrafttreten erst 2028 vor. Das wurde damit begründet, dass die Deutsche Rentenversicherung die Zeit bis dahin benötige, ihre Computerprogramme anzupassen und etwa zehn Millionen Renten neu zu berechnen. Bei der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder steigt die monatliche Rente pro Kind um rund 20 Euro.

Die Kosten dafür sollen mit jährlich etwa fünf Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Das Vorziehen der Wirksamkeit auf das Jahr 2027 vergrößert die Milliardenlücken in der Finanzplanung von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD). Darin klafft für die Jahre 2027 und 2028 zusammengenommen schon ein Loch von rund 78 Milliarden Euro.

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17 Kommentare

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  • So kann Merz seinen Wortbruch auch noch zu seinem Vorteil auslegen.



    "Wir werden die Stromsteuer für alle senken" (kein Wort zu Finanzierungsvorbehal)



    Jetzt keine Stromsteuersenkung für die "dummen" Normalbürger !



    aber: Union "drängt" auf Senkung für alle !



    Der SPD-Finanzminister (der Arbeiter-Partei) ist jetzt der Böse, der kein Geld dafür hat !



    Fazit: Die Partei der großen Versprechungen (CDU) steigt weiter in der Zustimmung der Bürger, die SPD schaufelt derweilen munter am eigenen Grab !

  • Die Grünen jammern und beklagen gebrochene Versprechen; manche Kommentatoren meinen, Pinocchio solle der Kanzler fortan geheißen werden. Dabei ist die Lüge als Mittel der Politik älter als die Kinderbuchfigur und seit den Urzeiten der Realpolitik steht jedes Wahl- und Regierungsversprechen unter dem Vorbehalt der Realisierbarkeit entgegen anderen Prioritäten, wie z.B. Sicherheitslage, leere Kassen usw.

    Die Grünen werden wahrscheinlich nie einsehen, dass sie mit ihrem Votum für Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse nicht mehr und nicht weniger erreicht haben, als Schwarz-Rot und letztlich der AfD den Weg zu ebnen. Es zeugt schon von politischer Dummheit, wenn man fadenscheinige Werte zu verteidigen vorgibt und realpolitisch die Fäden aus der Hand gibt. Aber von Prinzipien braucht man bei den Grünen ja schon lange nicht mehr zu sprechen. Sie sind eine Partei der demokratischen Mitte und laufen auch in den Fußstapfen des Nationalliberalismus und damit auch der AfD.

  • Mütterrente, klar, nicht den Jungen, die Alten müssen gepampert werden.



    Und im Slang der Koalition dann: Ihr Jungen habt doch eine spürbare Entlastung, weil ihr dann mal das zusätzlich gesparte Geld eurer Eltern erben werdet.



    Wäre ich Jung: Komplettstreik, Arbeitsniederlegung, Bürgergeld beantragen. Ich bin einer der Alten und könnte nur noch kotzen bei diesen Themen. Was tun wir hier?

  • Im Fußball würde es heißen: 3.0 für die CSU



    a) Mütterrente



    b) MWSt auf Gastronomie



    c) Dieselsubventionen für die Landwirtschaft(skonzerne)



    SPD nix. Gesamtbevölkerung auch nix. AfD: Jubel und Champagner....

  • Bis zu 100€ pro Monat für eine vierköpfige Familie - Hut ab, das sind ja etwas über 8€ im Monat - also 2€ für jedes Familienmitglied. Davon können sich dann alle 1 Kugel Eiscreme im Monat leisten. So ein Theater für so eine erbärmliche Familienpolitik der schwarzroten Regierung, ich fass es nicht.

  • Zum Fotto:

    Man sollte meinen, es steppt der Bär,



    Aber es sind ja nur drei willfährige Koalitionäre

  • Statt die Mütterrente auf 2027 vorzuziehen, was 5 Mrd. kostet, hätte man ja auch die Stromsteuer für Perivatpersonen ab 2027 senken können, was ebenfalls 5 Milliarden kostet. Zumindest angeblich, denn eigentlich kostet das nur 2,7 Mrd. €. Ca. 60-70 Millionen Menschen dürften nun enttäuscht sein. Wieviele Millionen davon wählen demnächst die AfD?

    Dabei wäre es ganz einfach: Man müsste für die Reichsten 500 Menschen in Deutschland eine Vermögenssteuer von 5% einführen. Dann hätte man 20 Mal so viel wie man für die Stromsteuer Senkung oder die Mütterrente bräuchte.

    Fakt ist

  • "Dies [Abschaffung der Gasspeicherumlage sowie die Teilübernahme der Übertragungsentgelte] bedeutet für eine vierköpfige Familie eine Entlastung von bis zu 100 Euro pro Jahr." - also von "bis zu" 0,27€ am Tag. Bei der Mütterrente wird dafür das große Rad gedreht: "für vor 1992 geborene Kinder steigt die monatliche Rente pro Kind um rund 20 Euro" - schon bei drei Kindern gibt es also 2€ mehr pro Tag. Da hat es sich doch gelohnt; da schließt die ehemals sozialversicherungspflichtig beschäftigte Rentnerin ja quasi zu den Bezieherinnen von Pensionen auf. Gerechtigkeit! Hurra!

  • Der Strom für Wärmepumpen bleibt teuer, aber klimaschädliches Gas für alte Erdgasheizungen wird billiger.



    So wird die Klimakatastrophe durch unsere Regierung weiter aufgeheizt - anstatt Treibhausgasemissionen gesenkt.

    Ein Geniestreich unserer neuen Gas-Lobby Ministerin Katharina Reiche - ich hoffe sie wird dafür mal vor Gericht gezerrt

    • @zkktka2z:

      Da haben Sie vollkommen Recht. Hätte ich jetzt eine Wärmepumpe, wäre ich auch echt sauer.

    • @zkktka2z:

      Nicht nur von Reiche. Die ganze Bundesregierung baut da ziemlic hen Bockmist.

  • Hauptsache der Schattenkanzler bekommt seinen Willen. Alle anderen sind egal. Am Bayrischen Wesen soll die Welt genesen.

  • Hola! Die Hitze - nicht der Strom - machts!

    Danke fürs Fotto!



    Das Trio-Infernale-Männer-Ballett - 🙀🥳🫡 -



    Die Mütterleun - wird’s ja freun - wa!



    & Schade -



    Stachelbeerbeine - Siehste keine - 🥹 -

  • Aber die 5,3 Milliarden für den sozialen Klimaschutz respektive der Klimaanpassung der EU nicht rechtzeitig hinbekommen.



    Da wäre doch was zu machen gewesen, wenn es denn gewollt wäre.



    Aber klar, die die wenig haben können ja noch ein wenig mehr zahlen.

  • Und noch mehr Wasser auf die Mühlen der AfD. Da hat wahrscheinlicher einer nachgerechnet und festgestellt, dass es richtig teuer wird, wenn mann die privaten Haushalte spürbar entlasten wollte. Weil man das Geld dann aber wieder woanders einsparen müsste, was wieder zu neuem Streit führen würde, hat man es jetzt gelassen. Das Signal ist fatal: Kleine Einsparungen für private Haushalte eher nicht, steigende Gewinne für die Rüstungsindustrie, die schnell noch die Preise hochschraubt, na gern doch.



    Die Bürger sollen gefälligst Strom sparen, dann sparen sie auch Geld. Die Industrie muss nicht sparen, die bekommt preiswerteren Strom. Die Dividenden sprudeln also weiter. Herr Merz macht das, wofür ihn die Investoren ins Amt gebracht haben. Prost…

  • Diese Mütterrente ist ein klassisches Beispiel für eine versicherungsfremde Leistung.



    Statt diese endlich mal zu reduzieren, werden einfach neue erfunden.

    • @Don Geraldo:

      Falls Sie der Meinung sein sollten, Renten-, Kranken-, und alle anderen Sozial"versicherungen" seien tatsächlich Versicherungen: sind sie nicht. Das sind Steuern, heißen nur anders.



      Insofern greift natürlich auch das Argument "versicherungsfremd" nicht, eine strenge Zweckbindung existiert da genausowenig wie bei der Schaumweinsteuer. Wäre ja noch schöner, wenn die Regierungen mit unserem Geld nicht tun könnten was sie wollen.