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Herkunftsdebatte nach AttentatenDie Guten und die Bösen

Statt an die Opfer zu denken, wird nach Attentaten zuallererst die ethnische Herkunft diskutiert. Die rassistische Debatte kategorisiert nicht nur Täter:innen, sondern sogar Hel­d:in­nen ein.

Nach dem Messerangriff: Polizei und Spurensicherung im Einsatz nahe des Tatorts am Hamburger Hauptbahnhof Foto: Georg Wendt/dpa

Der somalische Geflüchtete Ahmed Mohamed Odowaa hielt den afghanischen Attentäter auf, der im Februar in Aschaffenburg zwei Menschen tötete, darunter ein Kleinkind. Der pakistanische Taxifahrer A. Muhammad aus Mannheim stoppte den deutschen Attentäter, der Anfang März zwei Menschen tötete und elf Verletzte. Der syrische Geflüchtete Muhammad Al Muhammad hielt am Freitagabend die deutsche Attentäterin auf, die am Hamburger Hauptbahnhof mit einem Messer 18 Menschen verletzte, vier von ihnen lebensgefährlich.

In Deutschland hat sich ein grausames Ritual eingeschlichen. Wenn Eilmeldungen eines Attentats auf dem Handydisplay erscheinen, denken nicht alle gemeinsam an die Opfer. An die Menschen, die verletzt, traumatisiert oder gar getötet wurden. Stattdessen beschäftigen wir uns mit der Frage: Welche Ethnien haben die Beteiligten? Wer ist Held, wer ist Täter, wer ist Opfer?

Die dümmste Erzählung der Menschheitsgeschichte

Die deutsche Gesellschaft ist in einem desolaten Zustand. Menschen glauben, dass die ethnische Herkunft – die „Rasse“ – etwas darüber aussagt, ob ein Mensch „gut“ oder „schlecht“ sei. Es ist die wohl dümmste und am besten widerlegte Erzählung der Menschheitsgeschichte. Leider auch eine der grausamsten.

Und so ist es verständlich, wenn nun die Geschichte von Muhammad Al Muhammad erzählt wird. Als am frühen Freitagabend eine 39-jährige Frau am vollen Hamburger Hauptbahnhof anfing, wahllos um sich zu stechen, ging der 19-jährige Syrer dazwischen und hielt die Attentäterin möglicherweise davon ab, noch mehr Menschen zu verletzen oder gar zu töten.

Man ist verleitet zu sagen: Seht ihr? Ein Araber – er heißt auch noch Muhammad – ist ein Held!

Al Muhammad sagte gegenüber dem Spiegel, dass viele Menschen plötzlich in eine Richtung gerannt seien, er aber nicht. „Ich habe mich entschieden, in die andere Richtung zu rennen und die Frau zu stoppen.“ Ein Tschetschene hat ihr ins Knie getreten, Muhammad warf sich auf sie, bis die Polizei die Frau festnehmen konnte. Von einem politischen Motiv wird nicht ausgegangen, die mutmaßliche Täterin habe sich wohl in einem psychischen Ausnahmezustand befunden.

Man ist verleitet zu sagen: Seht ihr? Ein Araber – er heißt auch noch Muhammad – ist ein Held! Kein Messer-Attentäter, kein Terrorist – er hat Menschen gerettet! Hat er das getan, weil er Syrer ist? Nein! Er hat es vermutlich getan, weil er gelernt hat, in einer Krise gefasst zu reagieren, weil er Mitgefühl in seinem Herzen trägt, weil er mutig ist.

Die Spaltung nutzt den Rechtsextremen

Aber die politische und öffentliche Debatte trieft inzwischen so sehr von rassistischer Toxizität, verbreitet durch eine rechtsextreme Partei und deren Influencern in Medien und sozialen Medien, aber auch von demokratischen politischen und medialen Akteur:innen, dass es notwendig ist, die Geschichte von Muhammad Al Muhammad zu erzählen.

Medien berichten nachgewiesenermaßen unverhältnismäßig oft von ausländischen Tatverdächtigen, Po­li­ti­ke­r:in­nen nutzen Spaltung und Polarisierung als Machtinstrumente. Platz für ganz alltägliche Geschichten von eingewanderten Menschen gibt es dazwischen nicht.

Eine Gesellschaft, die sich spalten lässt in „gut“ und „böse“ und in „ausländisch“ und „deutsch“, gerät in einen gefährlichen Strudel. Sie ist leichte Beute für autoritäre Kräfte, die eine verzerrte, gelogene Realität erzeugen. Menschen können „gut“ und „schlecht“ sein, egal, wo sie herstammen. Auf welcher Seite hingegen die stehen, die anderes behaupten, das scheint klar zu sein.

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38 Kommentare

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  • Besser als der Postillon kann man den widerlichen Rassismus der AFD nicht entlarven:



    "AFD fordert Abschiebung von Syrer, der an Hamburger Hauptbahnhof deutsche Frau attackiert hat"



    : )

    www.der-postillon....-hauptbahnhof.html

  • Danke für diesen Artikel

  • Es sollte für manche Menschen schon denkwürdig sein, dass im Jahr 2000 fast 500 Menschen getötet worden sind und im Jahr 2024 285. Ein Rückgang trotz massiver Flüchtlingszahlen nach Deutschland um fast 50%.



    Ich will damit natürlich nicht sagen, dass es keine Probleme gibt, aber die Zahl der Nachrichten über Tötungen ist bestimmt nicht um 50% zurück gegangen und der Schein, der durch die Berichterstattung in den Sozialen / Medien erweckt wird, ist einfach falsch.

    • @Nils_:

      Quelle BKA für 2024?



      Die Gewaltkriminalität ist im aktuellen Berichtsjahr leicht um 1,5 Prozent auf 217.277 Fälle gestiegen (2023: 214.099 Fälle).

      Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent auf 2.303 Fälle an (2023: 2.282 Fälle).



      Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge stieg um 9,3 Prozent auf 13.320 Fälle (2023: 12.186 Fälle)

      Gefährliche und schwere Körperverletzung stieg um 2,4 Prozent auf 158.177 Fälle (2023: 154.541 Fälle).

      Raubdelikte nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Prozent auf 43.194 Fälle ab (2023: 44.857 Fälle).

  • Ein Stereotyp des Rassismus ist, gönnerhaft zu behaupten, es gebe in der gehassten Minderheit rühmliche Ausnahmen, "die Guten", die ihr Gutsein durch übermenschlich altruistische Taten belegt haben. Akzeptieren Sie endlich, dass alle Menschen ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben haben, egal, ob sie Helden, Feiglinge, Traumatisierte oder stinknormal wie Sie und ich sind. Niemand kann durch Heroismus die Vorurteile entkräften, die der eigenen Ethnie entgegengebracht werden. Und es ist auch nicht nötig. Die Rassisten sind das Problem. Seltsamerweise tun manche Leute so, als wäre Rassismus kein Problem mehr, wenn die Mehrheit ihm anhängt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben ein Riesenproblem!

    • @Patricia Winter:

      Ich denke mal, dass mehr darauf Aufmerksam gemacht werden sollte, dass ein Täter mit Migrationshintergrund 3 Wochen täglich in den Medien ist, ein Täter ohne vielleicht 1-3 Tage und der Held mit Migrationshintergrund so gut wie nie erwähnt wird.



      Und wie heißt es so schon, Arschlöcher gibt es überall ;)

  • "Die deutsche Gesellschaft ist in einem desolaten Zustand."

    Wir halten fest, dass es aktuell einige Terrororganisationen (Hamas, Hisbollah, Huthi, Islamischer Staat) gibt, die auch in westlichen Ländern sehr aktiv sind, weil sie Unsicherheit schüren wollen, um westliche Demokratien zu destabilisieren? Ebenso sind sogenannte "Weg-Werf"-Agenten und Saboteure aus östlichen Supermächten unterwegs!

    Die Häufung der Messerattaken/Attentate gegen "zufällige" Privatpersonen nimmt Züge an, die nicht mehr an Zufall glauben lassen? Die Verursacher sind oft genug Ausländer, aber ebenso oft "psychisch auffällig".

    www.verfassungssch...d-fakten_node.html

    "Menschen können „gut“ und „schlecht“ sein, egal, wo sie herstammen."So ist es!

    Sie begreifen nicht, dass mit diesen Angriffen der Verallgemeinerung auf "Deutsche" genau das Klima (Zulauf AfD) geschaffen wird, dass Sie nun anprangern?

    "Europa, und damit auch Deutschland, stehen weiterhin und verstärkt im Fokus terroristisch-jihadistischer Organisationen, vor allem des IS aber auch von „al-Qaida“." (Verfassungsschutz)

    • @Ansichtssache:

      Den Zusammenhang, den Sie da behaupten zwischen Messerattaken (vor allem von psychisch Kranken) und Islamismus ist ein von Ihnen selbst zusammen gebastelter In den von Ihnen genannten Quellen steht nichts dazu drin.

  • "...ethische Herkunft.... "Rasse".... Es ist die wohl dümmste und am besten widerlegte Erzählung der Menschheitsgeschichte. Leider auch eine der grausamsten."



    Frau Sahebi, das ist leider nur eine Behauptung. Evolutionsbiologisch ist das normal und eine Überlebensstrategie. Leute gleicher Sprache, Verhalten, Mimik.... besser einschätzen zu können und das Fremde eher abzulehnen oder Angst zu haben. Natürlich wäre es schön, wenn es im sozialen Miteinander nicht so ist, aber das einfach zu behaupten löst keine biologisch festgelegten Urängste auf.



    Ich erspare mir jetzt eine Quellenangabe.... da gibt's 1000 de Untersuchungen und Veröffentlichungen. Stichwort Xenophobie im biologischen Kontext.

    • @Tom Farmer:

      "Evolutionsbiologisch ist das normal..."

      Ihr Kommentar ist problematisch, weil er biologistische Argumente bemüht, um rassistische oder ausgrenzende Tendenzen als „evolutionsbedingt“ zu rechtfertigen. Damit wird ein komplexes soziales Phänomen auf angeblich naturgegebene Reflexe reduziert. Diese Argumentation ist wissenschaftlich überholt und gesellschaftlich gefährlich: Sie suggeriert, dass Vorurteile wie Xenophobie unvermeidbar seien – das widerspricht der Forschung aus Soziologie, Psychologie und Neurobiologie, die zeigt, wie stark soziale Prägung, Erziehung und kulturelle Normen unsere Wahrnehmung beeinflussen.

      Zudem wird unterschlagen, dass Menschen ebenso über Empathie, Kooperation und Lernfähigkeit verfügen – ebenfalls evolutionär bedeutsame Fähigkeiten. Der Hinweis auf „1000de Untersuchungen“ ersetzt keine belastbare Quelle und wirkt wie ein rhetorisches Ausweichmanöver. Wer sich auf Biologie beruft, um soziale Diskriminierung zu relativieren, verkennt, dass "Rasse" als biologische Kategorie bei Menschen wissenschaftlich längst widerlegt ist. Gerade weil diese Narrative historisch so viel Leid verursacht haben, sind sie besonders kritisch zu hinterfragen.

      • @Ice-T:

        Ich rechtfertige nirgends etwas. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass Gleiche eher zu Gleichen tendieren und anders denkende/aussehende/sprechende/ eher misstrauisch begegnet wird. Und dies ein offensichtlich (zumindest kurzfristig) erfolgreiches biologisch evolutionäres Überlebensprinzip war.



        Das das in weiten Bereichen der Welt nach wie vor Praxis ist, ist Teil meiner Beobachtung. Das ich mir das anders wünschte, will ich gerne betonen. Und ob wir das in der TAZ auf wissenschaftlichen State of the Art oder hemdsärmelig diskutieren ändert am faktischen Zustand manifestierter Ausgrenzungen in vielen Teilen der Welt nix.

    • @Tom Farmer:

      Naja, zwischen dem von Ihnen beschriebenen, sagen wir mal "Wolfsrudel" – für das es bestimmt Literatur gibt, geschenkt – und dem was man landläufig als Zivilisation bezeichnen würde, liegen aber schon ein paar Jahrtausende Menschheitsgeschichte.

      • @derzwerg:

        Das ist eine Fehlannahme und entspricht dem Wunschdenken aufgeklärter Menschen. Jegliche Faktenlage, egal ob in entwickelten Zivilisationen bis archaischen Stämmen, den Sie mal nebenher die Zivilisation offenbar absprechen, zeigt etwas anderes.



        Von deutschen Communities, die sich aufgrund der Sprache im Ausland bilden, dem Centro Italiano hier in meiner Nachbarschaft, religiöse communities, Folkloretruppen, ethnien mit eigenem Heimatbeuug die sich treffen und abgrenzen...... zeigen das täglich.



        Grundsätzliche Dinge anzuerkennen wäre hilfreich und würde die Debatte weiterbringen. Ignorieren?



        Das Problem ist also die Zuschreibung negativer Dinge zu bestimmten Gruppen, nicht das es Gruppen überhaupt gibt!!



        Ein anderes Thema! Aber nur so kommen wir doch den Lösungen näher! Nicht durch Ablehnung einer Tatsache!

    • @Tom Farmer:

      Willkommen in der Aufklärung, Herr Tom Farmer, in der sie angehalten sind, vernunftgeleitet ihre 'evolutionsbiologischen' Instinkte infrage zu stellen. Oder halten sie es für statthaft, alles was vermeintlich (ich sage ausdrücklich vermeintlich) 'natürlich' ist auch gleich ins Recht zu setzen? Darf ich, mit Verlaub, mir mit Frau Sahebi eine andere Gesellschaft wünschen?

      • @Sav:

        Was Sie oder ich mir für eine Gesellschaft wünsche ist doch hier gar nicht das Thema. Ich will nur saubere und korrekte Argumente! Und irgendwelchen moralischen Behauptungen sind eben nicht hilfreich, weil sie den Gegenüber sofort diskreditieren!

  • Bis die taz über den rassistischen "Diskurs" berichtet wusste ich nichts von der Ethnie von Tätern, Opfern und Helfern.



    Natürlich habe ich mich informiert, aber erst nachdem sich der Nebel aus Mutmaßungen und Spekulationen sich gelichtet hat. Es kommt wohl darauf an welche Medien Mensch zu welchem Zeitpunkt konsumiert.

  • Hallo Sam,



    vielen Dank für deinen Beitrag.

    Ich gehöre auch zu den Menschen, die inzwischen zunächst auch nicht an die Opfer denken, sondern zuerst nach der Nationalität des Täters, der Täterin fragen.



    Warum?



    Spätestens seit dem Attentat durch Amrin, Breitscheidplatz Berlin, 2016 hoffe ich jedes Mal inständig:



    Bitte! bitte! lass es kein Ausländer, Asylbewerber gewesen sein!

    Jede dieser Taten, egal von wem begangen, sind für mich verabscheuungswürdig, eine Tragödie.



    Trotzdem:



    Es mag für dich absurd klingen;



    ich war "erleichtert", als ich nach Stunden gelesen habe, dass die Messerattacken in Hamburg von einem psychischen Kranken, deutschen Frau begangen wurde.



    Die zu erwartende Hetzjagd, sollte es ein Ausländer*In gewesen sein, ist einfach unerträglich;



    da hätte bei einer Immigrantin, eines Immigranten, Asylbewerberin, Asylbewerber die psychische Verfassung keine Rolle gespielt.



    Peter



    ---



    PS.:



    meine Befürchtung bezüglich zukünftig abgelehnter Asylbeweber*Innen ist:



    Verzweifelte "Racheakt".

    • @Peter Schild:

      Da fühle ich mich gleich in doppelter Hinsicht angesprochen. Ihre Begründung klingt nicht absurd, sondern für mich und meine Frau sehr plausibel. Meine Frau ist Britin mit unübersehbaren jamaikanischen Wurzeln. Für mich ist sie somit eine Art Stimmungsbarometer für die Mentalität in der Bevölkerung.

      Denn weniger an direkten verbalen Äußerungen, sondern mehr über die Blicke und das Verhalten der Menschen in der Öffentlichkeit lassen sich die jeweiligen Ressentiments festmachen.

      Interessant ist der Aspekt, dass bei persönlichen Kontakten die Menschen ihre Zurückhaltung oder auch Abwehrhaltung in dem Moment ablegen, wo sie erfahren das sie gebürtige Britin ist, gibt sie dazu noch an das sie Kardiologin ist, führt das dann häufig zusätzlich zu einem Perspektivwechsel hinsichtlich der hierarchischen Strukuren im Miteinander.

      Bedeutet es gibt hier mindestens drei Klassen von Ausländern. Die einen, wie ich als Norweger, werden gar nicht als Ausländer betrachtet, die anderen gehören dazu, wenn sie die entsprechenden Nachweise erbringen und alle anderen werden meist nach den landestypischen Stereotypen einsortiert.

    • @Peter Schild:

      Genau so ging es mir auch, guter Kommentar Peter

  • Toller Kommentar!

  • "Die deutsche Gesellschaft ist in einem desolaten Zustand. Menschen glauben, dass die ethnische Herkunft – die „Rasse“ – etwas darüber aussagt, ob ein Mensch „gut“ oder „schlecht“ sei"

    Das ist jetzt der subjektive Eindruck der Autorin oder ist das empirisch belegt?

    Für Deutschland kann ich nicht viel dazu beitragen aber Studien die ich aus Skandinavien und den Niederlanden kenne bestätigen diese Aussage nicht.

    Eine der umfangreichsten Langzeitstudien Muslim Netherlands and Norway 2001-2015 "Europas muslimische Minderheiten" koordiniert von der Universität Utrecht zeigte das nicht die Ethnizität ausschlaggebend für soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung ist, sondern die Ansichten der einheimischen Bevölkerung über den jeweiligen Kulturkreis.

    Die Skepsis gegenüber dem Islam beruhte in Norwegen auf dessen patriachalen Strukturen, in den Niederlanden waren es Dominanzängste wegen islamischer Überfremdung die an erster Stelle standen.

    Andere Studien in Norwegen und Dänemark ergaben ein ähnliches Bild über die Ansichten der Bevölkerung. Die Assoziation mit Terror und Kriminalität war bei Muslimen wesentlich ausgeprägter, als bei Menschen aus anderen Kulturkreisen.

    • @Sam Spade:

      Lustig, dass die genannten Studien doch eben genau die Aussage des Artikels dann doch 1/1 bestaetigen.

      Herma Huhn erklaert es bereits ganz gut.

    • @Sam Spade:

      Auch der Mediendienst Ntegration schreibt ähnliches: "Auch abseits der Verzerrung bleibt ein überproportionaler Anteil von Ausländern in der Kriminalstatistik übrig. Grund dafür ist allerdings ist nicht die Nationalität an sich, sondern Faktoren, die auch bei Deutschen Kriminalität befördern: Armut, geringe Bildung, kriminelle Freundeskreise, eigenes Gewalterleben und gewaltverherrlichende Männlichkeitsnormen. Diese Faktoren liegen bei Ausländern und Migranten öfter vor" mediendienst-integ...nationalitaet.html

    • @Sam Spade:

      Und was ist der Unterschied? Wenn ich unreflektiert eine andere Person verachte, verurteile oder sonstwie diskreditiere, dann ist es doch völlig gleichgültig ob ich das mache weil die/der "ausländisch" aussieht oder andere Gebräuche hat. Man sollte sich selbst und die eigene Motivation hinterfragen, das hilft schon mal....

      • @Perkele:

        Der Unterschied ist relevant.

        Rassisten sehen phänotypische Merkmale mit anderen Eigenschaften verbunden, was wissenschaftlich Quatsch ist.

        Kommt man argumentativ schlecht gegen an.

        Kulturalisten gehen davon aus, dass jemand, der so und so in einer Kultur sozialisiert ist.

        Kulturalisten würden einräumen, dass derselbe Mensch in einer anderen Kultur sozialisiert anders wäre. Der Charakter ist veränderbar.

        Sie kann man deutlich leichter überzeugen.

        Das Fiese beim Kulturalismus ist aber, dass er im Durchschnitt auch stimmen kann.

        Manche Gesellschaften sind einfach patriarchalischer als andere.

        Lässt sich wissenschaftlich in Umfragen belegen.

        Dieser Durchschnittswert sagt nur nichts über das Individuum aus dieser Gesellschaft aus, das vor Ihnen steht.

        Ein Mensch ist nur ein Mensch ist nur Mensch.

        Kulturalisten können Sie vielleicht leichter gewinnen.

        Allerdings nicht, indem man sie zu Rassisten erklärt.

    • @Sam Spade:

      Die Rasse wird vielleicht nnicht mehr bei allen biologistisch erklärt. Aber dass kulturelle Einstellungen "vererbt" werden, da scheinen sich die Rassisten trotzdem noch einig zu sein.



      Dass man jemandem an der Nase ansehen kann, welchen Glauben er hat, dass man am Vornamen erkennen kann, wie jemand zur Gleichberechtigung der Frau steht, das scheint für viele zum Allgemeinwissen zu gehören.



      Nur weil man die Ursachen für die Probleme nicht in den Genen, sondern in der Kultur verortet, ist man nicht weniger Rassist. Besonders mit der verbreiteten Einstellung, dass Kultur über die Generationen eine Konstante bleibt, die höchstens durch rechtzeitige Adoption von einem Kind ferngehalten werden könnte. Frei von jedem Einfluss durch den Wohnort oder Freunden, immer eins zu eins an den Nachwuchs weitergeben.



      Kulturrassismus ist nichts neues. Im Gegenteil, genetische Vererbung ist viel kürzer bekannt als Rassismus. Noch die Nazis waren bereit blonde und blauäugige Kinder als Arier anzuerkennen, wenn sie nur rechtzeitig aus der minderwertigen Familie entfernt wurden.



      Den wahren Rassisten erkennt man unter anderem daran, welche Ausnahmen von seiner Regel er zulässt.

      • @Herma Huhn:

        Sie machen es sich zu einfach.

        Kultur wird nicht genetisch vererbt, aber tradiert.

        Wissenschaftlich wird das nicht infrage gestellt.

        Vielmehr erkennt man daran Kultur.

        Die Nazis waren echte Rassisten.

        Anhand der blauen Augen und blonden Haaren glaubten sie, auf bestimmte Charaktereigenschaften und ähnliches schließen zu können.

        Ist in sich logisch. Eine Rassismuslogik - aber kein Kulturalismus.

        • @rero:

          Eine tradierte Kultur wird aber immer Einflüsse von außen ermöglichen.



          Rassisten glauben aber nicht daran, dass die Kinder von gläubigen Moslems, agnostisch oder sogar atheistisch sein können.



          In deren Augen wird Kultur eben nicht tradiert, sondern vererbt. eins zu eins von den Eltern auf das Kind.



          Auch heute schließen Rassisten von entsprechendem Aussehen auf die Kultur, die der Mensch von den Eltern mitbekommen hat. Einzelpersonen, die den Rassisten bekannt sind, gelten immer als "löbliche Ausnahme", die beweisen soll, dass sie keine Rassisten sind.



          Der Araber kann nur dann ein "guter Deutscher" sein, wenn er wirklich jeden Bezug zur arabischen Kultur abgelegt hat. Abgesehen von den Bezügen, die inzwischen eingedeutscht genug sind. Also Döner darf er mögen, Humus ist aber verdächtig. Und wer kein Bier trinkt muss ja religiöser Fanatiker sein.



          Diese Vereinfachung stammt nicht von mir. Sie stammt von denen, die rassistische Gedanken mit einem akzeptablen Anstrich versehen möchten, um nur ja nicht als die Rassisten erkannt zu werden, die sie sind.

      • @Herma Huhn:

        Und? Belegt das nun, dass die Aussage "Menschen glauben, dass die ethnische Herkunft – die „Rasse“ – etwas darüber aussagt, ob ein Mensch „gut“ oder „schlecht“ sei" maßgeblich ist? "Rasse" wurde übrigens im Artikel als Zitat verwendet. Wenn es sich auf einen halbwegs wissenschaftliche Quelle bezieht, dann wird auch "Rasse" damit gemeint sein und nicht Kulturrassismus.

        • @Rudolf Fissner:

          Der Begriff Rassismus rekurriert in der gegenwärtigen Verwendung selbstverständlich nicht mehr nur auf biologische Rassismen, sondern auch auf kulturelle. Der Begriff Ethnie selbst wird durchaus (meines wissens sogar vorwiegend) 'kulturell' im Sinne einer emischen Kategorisierung die ganz unterschiedliche Dimensionen umfasst. Tappen sie da nicht in die Falle, die Engführung von Rassismus als biologischen Rassismus ist eine sehr verbreitete Schutzbehauptung von Rassisten, um sich vom Ruch des gerade in Deutschland selbst im Allgemeinbewusstsein verunmöglichten biologischen Rassismus reinzuwaschen (lupenreine wie schamlos ehrliche Rassisten die auch im19. Jhdt ganz zu Hause wären, wie Höcke und Sarrazin, seien hier ausdrücklich ausgenommen ).

          • @Sav:

            Das ist nicht richtig. Es gibt bis heute keine Definition des Rassismus, die wissenschaftlicher Konsens wäre - auch wenn die Vertreter einer bestimmten Richtung gerne den gegenteiligen Eindruck zu erwecken versuchen. Viele Arbeiten verwenden den Begriff, drücken sich aber um eine Definition. Die Ausweitung auf kulturelle Kriterien führt dann allerdings zu der schon vor mehr als 30 Jahren von Robert Miles oder auch Delef Claussen heftigst kritisierten Inflationierung. Infolgedessen ist der erweiterte Rassismus-Begriff mittlerweile heuristisch nahezu unfruchtbar, jedenfalls für den historischen Rassismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts praktisch unbrauchbar und macht sich sozialwissenschaftlich einen schlanken Fuß, indem er die umfassende Stereotypforschung schlicht ignoriert. Und jeden als Rassisten zu bezeichnen, der an einem engen Begriff festhält, ist natürlich ein leicht zu durchschauender Versuch im Kampf um Diskurshoheit.

  • Das bezweifle ich, dass noch viele Menschen die „Rasse“ dafür verantwortlich machen, ob ein Mensch grundsätzlich „gut“ oder „schlecht“ ist.

    Die Vorurteile betreffend die Sozialisation von Leuten bestimmter Nationalität, Herkunft oder Religion und die negativen Eigenschaften, die viele damit verbinden.

    • @gyakusou:

      Die kolonialen Siedler in Australier haben die Ureinwohner in Lager interniert und diesen die Kinder abgenommen.



      .



      Die Kinder wurden dann in einer weissen Familie mit den ''richtigen'' Werten aufgezogen.



      .



      Auch in den USA wurden die Kinder von Indianerstaemmen kulturell ''umerzogen''.



      .



      Natuerlich ist auch das Rassismus.



      .



      Und wie Nihilist schon sagt, sie koennen die ''Kultur'' nicht am Aussehen erkennen. Es handelt sich somit um ein Strohmannargument. Am Ende wird einer ganzen Bevoelkrungsgruppe eine bestimmte Eigenschaft zugeschrieben und diese Gruppe wird dann im Alltag am Aussehen, der Herkunft oder am Namen ''erkannt''. Und wie nennt sich das?

    • @gyakusou:

      Und wie unterscheidet man Leute mit bestimmter Nationalität, Herkunft oder Religion?

  • Ich kann mich den Einschätzungen anschließen! Inzwischen hat sich eine breite Masse der Mitte unserer Zivilgesellschaft in das toxische Umfeld fest integriert!

    Ich möchte allerdings auf einen anderen Aspekt hinweisen! Heute hörte ich in einer Nachrichtensendung, dass es sich bei der Täterin um eine obdachlose Frau handelt! Ich hoffe nicht, dass diese Frau das erlebt hat, was ich bei einem mehrwöchigen Aufenthalt in einer psychosomatischen Akutfachklinik persönlich miterleben durfte! Eine vollkommen verzweifelte obdachlose Frau wurde kurz vor Weihnachten entlassen - ohne Geld, ohne Essen usw.! Wir Patienten sammelten Geldund kauften noch Lebensmittel!



    Ich selbst musste bei diesem Aufenthalt einen brutalen Tiefschlag hinnehmen! Am Montag nach dem 2.Advent teilte mir eine Sozialarbeiterin mit, dass die Krankenkasse rausgeschmissenes hat und die Behandlung nicht bezahlt! Eine Begründung konnte sie mir nicht nennen! Vielleicht kann jemand erahnen, was in mir vorging und zu was ich an da an fähig war!!!! Später stellte sich heraus, dass es sich um die 6 + 1 Regelung handelte!



    Wohin die pure Verzweifelung Menschen treiben kann, habe ich viel zu oft miterlebt!

    • @Dr. Enseleit Jürgen:

      Im Rahmen des Konzepts der offenen Psychiatrie kam es in Bremen zu einer Debatte, ob gefährdete (Suizid) oder gefährdende Patienten nicht viel zu früh entlassen wurden/werden. Die Polizei bemängelte, dass sich Fälle häuften, „in denen Beamte psychisch stark gestörte, gewalttätige Personen in Bremen-Ost ablieferten, nur um ihnen wenig später bei einem weiteren Einsatz erneut zu begegnen. Die Psychiatrie hatte sie rasch wieder auf freien Fuß gesetzt.” Auch von gerichtlich eingesetzten Betreuern psychisch Kranker sei deutliche Kritik gekommen."

      eppendorfer.de/mar...rie-in-bremen-ost/



      www.weser-kurier.d...qt7k09n7jpmify03oy

      • @Rudolf Fissner:

        Die psychiatrische Lage in Bremen ist ohnehin schon seit Jahren angespannt. Überall sonst auch, aber in Bremen nochmal besonders wegen der hohen Verschuldung. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man im Schnitt 8 Wochen warten muss, bevor man auf die Akut(!)-Station kommt. Die Akutstation ist für akute Notfälle, auch für Suizidgefährdung. Stand heute wird man einfach wieder weggeschickt, wenn man "Glück" hat mit einer Tavor-Tablette. Die psychiatrische Grundversorgung in diesem Land ist nicht mehr gewährleistet und da darf man sich dann auch nicht wundern, wenn Menschen aus Verzweiflung schlimme Dinge tun.



        Das geht im öffentlichen Diskurs leider immer wieder unter und letztendlich läuft es auf Stigmatisierung der Betroffenen heraus, ohne das geguckt wird was die Ursachen sind. Ist das brennende Haus Schuld dass es brennt oder der, der dafür gesorgt hat dass es brennt?