Klimafreundlicher Fernwärmeausbau stockt: Heizen bleibt schmutzig
Fernwärme ist selten klimafreundlich. Was brauchen Städte, um das zu ändern? Die taz hat den Weltklimabericht aufbereitet und zeigt Euch, wo sonst noch Emissionen reduziert werden können.
Derzeit heizt etwa jeder siebte Haushalt mit Fernwärme. Dabei fließt heißes Wasser durch Rohre zu Wohnhäusern. Insbesondere dicht besiedelte Gebiete können auf diese Weise gut versorgt werden. Klimaneutrales Fernheizen gilt deswegen als ein wichtiger Teil der Wärmewende.
Aktuell stammt etwa ein Drittel der deutschen CO₂-Emissionenaus dem Gebäudesektor, ein Großteil davon entsteht durchs Heizen mit Öl- und Gasheizungen sowie fossiler Fernwärme.
Gegenwärtig werden der WWF-Studie zufolge 42 Prozent der Fernwärme mit Erdgas erzeugt, 21 Prozent stammen aus der Verbrennung von Kohle. Der Rest kommt unter anderem aus Biomasse, Müllverbrennung und Industrieabwärme.
Empfohlener externer Inhalt
Kein Bundesland schneidet wirklich gut ab
Am schmutzigsten ist die Fernwärme des Bundeslandes Bremen, auf Platz zwei und drei folgen Brandenburg und Hamburg. Laut WWF ist es in zehn Bundesländern klimaschädlicher, mit Fernwärme zu heizen als mit einer Ölheizung.
Den saubersten Fernwärmemix haben das Saarland, Bayern und Berlin. Der WWF bezeichnet aber kein Bundesland als „Gewinner“ des Fernwärme-Rankings. Denn auch nichtfossile Quellen wie die Verbrennung von Müll oder Biomasse hält der WWF nicht für umweltschonend.
Müll sollte dem Verband zufolge vermieden oder recycelt werden, bevor er verbrannt wird. Und Pflanzen für die Wärmeerzeugung aus Biomasse anzubauen, verschlinge große Flächen und trage zum Artensterben bei.
Fernwärme klimafreundlicher zu erzeugen, liegt vor allem in den Händen der kommunalen Stadtwerke. Wie der Ausbau des Fernwärmenetzes finanziert werden soll, halten fast drei Viertel für unklar. Das zeigt eine Umfrage des Verbandes kommunaler Unternehmen VKU.
Die Finanzierung vom Fernwärmeausbau ist unsicher
Ein Grund: Das Gesetz, das die finanzielle Unterstützung durch den Bund regelt, steckt vor dem Europäischen Gerichtshof fest, sagt Werner Lutsch, Geschäftsführer des Branchenverbands für Fernwärme AGFW.
Die EU-Kommission und die Bundesregierung streiten seit Jahren vor Gericht, ob das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) staatliche Beihilfen enthält oder nicht. Staatliche Beihilfen sind europarechtlich verboten, um den Wettbewerb nicht zu verzerren.
Das KWKG läuft 2026 aus und müsste verlängert werden, damit die Kommunen weiterhin beim Fernwärmeausbau unterstützt werden. Der AGFW fordert, dass das Gesetz unabhängig vom Ausgang des Gerichtsverfahrens novelliert wird, um die Finanzierung zu sichern.
Der Umfrage unter den Stadtwerken zufolge sehen die meisten Versorger in der klimafreundlichen Wärmeerzeugung mit Geothermie und Großwärmepumpen das größte Potenzial. Die EU schreibt vor, dass auch Fernwärme bis 2050 schrittweise klimaneutral werden muss.
Die Wärmewende wird kein Spaziergang
Deswegen investierten wenige Stadtwerke noch in fossile Fernwärmeerzeugung, erklärt Lutsch. „Aber man muss sich klar werden, dass der Ausbau der Fernwärme kein Spaziergang wird“, sagt er.
Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohner*innen müssen bis 2026 einen Wärmeplan aufstellen, kleinere Kommunen bis 2028. Dort wird für jedes Gebäude beschrieben, wie dort klimaneutral geheizt werden kann, etwa mit Fernwärme oder Wärmepumpen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!