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Wagenknecht stellt KoalitionsbedigungenKalkulierte Maximalforderungen

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Das BSW will in den nächsten Bundestag einziehen – und stellt schon jetzt Koalitionsbedingungen. Das treibt den Verhandlungspreis hoch.

Stellt Bedingungen: Sahra Wagenknecht Foto: Doro Zinn

E rfolg macht selbstbewusst. In Umfragen liegt das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ in den ostdeutschen Bundesländern, in denen im September gewählt wird, stabil im zweistelligen Bereich. Dort könnte dem BSW nach den Wahlen im Herbst eine Schlüsselrolle zufallen. Von dieser Aussicht berauscht, legt die Parteichefin die Latte für mögliche Koalitionen mit Union, SPD, Grünen oder Linken schon mal unerreichbar hoch: Nur wer auch im Bund gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland sei ist, käme für sie als Partner in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg in Frage, tönt Wagenknecht.

Regieren will Wagenknecht in diesen Bundesländern noch nicht. Ihr Fernziel ist die nächste Bundestagswahl, bei der sie wieder in den Reichstag einziehen will, diesmal mit ihren BSW-Getreuen. Würde sich ihre Partei vorher an einer Landesregierung beteiligen, könnte sie manche Wähler enttäuschen. Das will Wagenknecht tunlichst vermeiden. Darum stellt sie solche kalkulierten Maximalforderungen.

Zugleich schärft sie damit ihr Profil in der „Friedensfrage“, denn das ist ihr Trumpf. Die AfD schlägt zwar vergleichbare Töne an, aber deren „Markenkern“ ist die Migration. Das BSW dagegen spricht all jene an, die den Kurs der anderen Parteien gegenüber Russland ablehnen oder skeptisch sehen – sei es aus ehrlicher Angst vor einer Eskalation, aus Sympathien für Diktator Putin oder Antiamerikanismus. Oder einfach aus Egoismus, weil einem der persönliche Wohlstand wichtiger ist als das Schicksal der Ukraine. Das kann man zynisch finden. Aber mit Wählerbeschimpfung wird man niemanden überzeugen können, der mit dem BSW sympathisiert. Und auch nicht, indem man die Ukrainepolitik der Bundes­regierung als alternativlos darstellt.

Mit ihrem kompromisslosen Anti-Kurs spricht Wagenknecht viele Wähler an. Sollte ihr am Ende die Rolle einer Königsmacherin zufallen, kann sie es sich ja noch mal anders überlegen und zum Beispiel eine Minderheitsregierung tolerieren. Hauptsache, sie bestimmt den Preis dafür.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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18 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Das ist doch nur ein weiterer Baustein in den lange geplanten Vorbereitungen für eine Regierungskoalition mit der AfD. Sahra relativiert doch schon seit Monaten immer wieder die Ablehnung der AfD. Diese Partei ist die einzige, die das Kriterium der zentralen Forderung erfüllt - leider, leider hat man dann keine andere Wahl als mit dieser Partei zu koalieren.

  • Opportunistentruppe mit nationalistischen und migrantenfeindlichen Zügen, die ihre vermeintlichen Inhalte und Lösungsvorschläge jedem Ministersessel opfern wird. Einst als Rosa Luxemburg Double gestartet...wird ihre Truppe schnell nach rechts driften.... Noske ante Portas ....

  • Wäre ja mal eine willkommene Abwechslung, wenn eine Partei mit "keine Waffen in Kriegsgebiete" in die Wahl ginge und anschließend bei einer Regierungsbeteiligung dann auch dabei bliebe...

  • Sich von vornherein koalitionsunfähig zu machen, ist keine neue Strategie bei den Jüngern von Sahra. Die Linke in ihrem früheren Landesverband hat auch schon eine RRG-Regierungsoption versemmelt, indem sie meinte, als kleinste Möchtegern-Koalitionärin die abseitigsten Bedingungen stellen zu müssen. Das Ergebnis waren zwei Jahre rot-grünes Herumeiern und dann eine vorgezogene Neuwahl, nach der es zur allseitigen Erleichterung auch ohne die Linke ging (die dann auch nicht mehr im Landtag saß).

    Macht ruhig so weiter, dann sind wir Euch schnell wieder quitt...

  • Sehr kluge Frau!



    Wünsche dem BSW viel Erfolg. Vor allen Dingen bundesweit!

    • @D. MEIN:

      Sehe ich auch !!!

  • "Maximalforderungen."



    Von Putin lernen heißt Siegen lernen! Wagenknecht sollte vorauseilend jetzt schon für jeden der drei Landtage vier Ministerämter zu ihren erklären: z.B. Innenministerium, Wirtschaftsministerium, Finanzministerium, Bildungsministerium.

  • Das BSW ist für Wagenknecht ein Geschäftsmodell, bei dem es vor allem um die Einkommenssicherung geht. In einer marktwirtschaftlich geprägten Demokratie ist es natürlich legitim, Politik als Geschäftsmodell zu begreifen und zu betreiben. Es entspricht ja auch dem tief verwurzelten neoliberalen Zeitgeist, aus allem ein Geschäft zu machen. Nur hat dieses Geschäftsmodell bisher zu keiner einzigen politischen Verbesserung der Situation der gesellschaftlichen Gruppen geführt, für die Verbesserungen notwendig sind, weil das eben auch nicht Ziel dieses Geschäftsmodells ist.

    • @Jürgen Klute:

      "Das BSW ist für Wagenknecht ein Geschäftsmodell, bei dem es vor allem um die Einkommenssicherung geht."

      Wie kommen Sie zu dieser These? Und alle anderen machen aus Ihrer Sicht nur der Sache wegen/? Und denken Sie, im Sozialismus war/ist Politik kein Mittel zu Einkommens-/Machtsicherung?



      Aber Hauptsache, man kann die Marktwirtschaft als Schuldige benennen - die kann sich ja nicht wehren.

      • @Emmo:

        Einfach mal genau hinschauen und vergleichen.

  • Naja, sie hat einiges mehr gesagt als nur das zur Außenpolitik. Etwa auch was zum Verzicht auf Krankenhausschließungen.

    Gleichwohl finde ich die Verknüpfung von Landespolitik mit Außenpolitik unglücklich, auch wenn ich in der Sache da völlig mit dem BSW übereinstimme. Landespolitische Bündnisse sollten aber die Landesverbände bestimmen; solche Verknüpfung des einen mit dem anderen stärkt nur die Wahrnehmung des BSW als Top-Down-Veranstaltung.

    Ich denke übrigens nicht, dass eine Regierungbeteiligung in Ostdeutschland dem BSW bundespolitisch schaden würde. Die mit Sorgfalt angeheuerten Praktiker werden es gewiss nicht schlechter machen als Berufspolitiker.

    Würde aber vermuten, dass es nur in Sachsen dazu kommt. In Brandenburg eher Rot-Schwarz, vielleicht noch mit grünem Anhängsel. Und in Thüringen kann es ganz chaotisch werden. Da sollte sich das BSW besser dreimal überlegen, in welch eine Konstellation es sich hinein begibt. Alles was sich da zusammenfindet, kann schnell wieder auseinanderfliegen. Höckes AfD würde den Scherbenhaufen dann zusammenkehren. Vielleicht ist man dann als BSW besser kein Teil des Scherbenhaufens. Aber das ist Spekulation.

  • Damit wird die Regierungsbildung im Osten lustig.

    CDU will nicht mit AfD, will aber mit BSW



    BSW will demnach nur mit AfD (sind ja die einzigen anderen die pro-Putin sind), anders kann man sowas ja nicht einordnen



    AfD würde mit CDU, aber ob die Völkischen mit ner klassischen Altkommunistin würden...

    ... lol, einfach nur lol (allein weil das rangewanze der CDU damit ins Leere läuft)

  • Nur Koalitionen mit Landesverrätern. Das ist stimmig.

    • @Kurt Kraus:

      Das ist - mit Verlaub - eine unmögliche Einlassung. In einer Demokratie ist Regierungspolitik - und natürlich auch Außenpolitik - hinterfragbar. Die Ampel ist nicht "das Land" und Dissens kein Verrat. Das ist eine politische Sprache, die man eigentlich aus autoritären Regimen kennt. Aber was wundere ich mich - dass auch die Mitte ihre Extremismen kennt, ist leider keine Überraschung...

  • "Nur wer auch im Bund gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland sei ist, käme für sie als Partner in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg in Frage, tönt Wagenknecht"

    Nun, das ist nach Lage der Dinge die AfD. Da wächst dann halt eben zusammen, was schon lange zusammengehört.

  • Ob dieser Schnellschuss klug war, wird sich zeigen. Ich habe da so meine Zweifel.

  • BSW, eine Partei die die Welt nicht braucht mit ihrer Putinfreundlichkeit. Leider zerfleddert sich die deutsche Parteienlandschaft in atemberaubenden Tempo. Nicht gut.

  • Italienische Verhältnisse



    Immer mehr kleine Parteien, kaum noch "Volksparteien". Es müssen immer mehr Kompromisse für eine Koalition eingegangen werden. War bisher nur die FDP das Zünglein an der Waage, werden es immer mehr. Diese Vielparteien-Koalitionen sind nicht unbedingt gut für einen klaren Regierungsauftrag, das sieht man ja heute schon an dieser unsäglichen Ampel. Der Tag wird kommen, da wird eine CDU doch nach rechts schauen, weil sie sonst keine Wahl mehr gewinnen kann.