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Reaktion auf Ukraine-FriedenskonferenzRussland weist „Blödsinn“ zurück

Die Schweizer Konferenz zum Frieden in der Ukraine sieht Russland als Aufruf zum Krieg. Es sieht sich als Land, das die Hand zum Dialog reiche.

Bitte recht freundlich: Teilnehmende aus aller Welt während des Gipfels zum Frieden in der Ukraine in Stansstad bei Luzern Foto: Alessandro Della Valle/keystone/eda/pool/dpa

Moskau taz | In den Abendnachrichten des russischen Staatssenders „Erster Kanal“ kommt die Schweizer Bürgenstock-Konferenz zum Frieden in der Ukraine nicht vor. Dafür referiert Dmitri Kisseljow, der Motor der russischen Propagandamaschine, in seinen „Nachrichten der Woche“ bei „Rossija 1“ dann ausführlich über den „Blödsinn westlicher Politiker“, über das „zu allen Zeiten friedliebende Russland“ und gibt zu wiederholtem Male, erwartbar gehässig und beleidigt, Russlands offizielle Position wieder: Russland habe immer einen Frieden und eine Zukunft für die Ukraine gewollt, es wolle es auch weiterhin.

Natürlich weiß Moskau am besten, wie all das gelingen solle. „Mit einem fundamentalen und konkreten Friedensplan“, wie Kisseljow die Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin nennt, die dieser noch vor Beginn der Konferenz in der Schweiz geäußert hatte. „Zwei simple Punkte“ seien es: Die ukrainische Armee möge sich vom „russischem Territorium“ zurückziehen und auf den Nato-Beitritt verzichten. Es ist genau dieser „Friedensplan“, der in den russischen Medien heruntergebetet wird, weniger das symbolische Ergebnis vom Bürgenstock, die Russlands staatsloyale Presse durchgehend als „null und nichts“ bezeichnet.

„Russische Territorien“ sind in den Augen Moskaus die bereits annektierten ukrainischen Gebiete im Donbass und in der Südostukraine, aber auch die noch nie eroberten Gebiete dort sowie Territorien, aus denen die ukrainische Armee die russischen Truppen wieder zurückgedrängt hatte. Diese Gebiete hat Russland als „russisch“ in seine Verfassung eingetragen und wird nicht davon abrücken. Die „simplen Punkte“ sind faktisch die Kapitulation der Ukraine, die Teilung des Landes in eine Rest­ukraine und vermeintlich „russische Gebiete“, aber auch die Kontrolle Russlands über die politischen Prozesse in der Ukraine.

Erst diese Forderung, so machte Putin bei seinem Freitagsauftritt unmissverständlich klar, sei die Bedingung für einen Start möglicher Verhandlungen. Dass der Kremlherrscher seine Verhandlungsbereitschaft immer nachdrücklicher betont, macht ihn noch lange nicht bereit zu ernsthaften Verhandlungen. Russland fordert die Unterwerfung, es sucht keinen Dialog.

Putin schiebt die Schuld dem Westen

Die Schuld an der „Tragödie in der Ukraine“ sieht Moskau allein im Westen. Dieser habe die Ukraine zum Krieg angestachelt, weil es den „strategischen Interessen der USA“ passe. Der Westen lenke die Ukraine und wolle dafür sorgen, dass Russland zerfalle. „Alle Gespräche über den Frieden führen ohne Russland zu Gesprächen über den Krieg“, konstatiert Kisseljow. Putin wies bereits am Freitag – wie letztlich bei nahezu jedem seiner Auftritte – die „politische und moralische Verantwortung für das Blutvergießen in der Ukrai­ne“ dem Westen, vor allem den USA zu.

Die Schweiz, so drückt es der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew aus, sei da eine „klugscheißende Schafhirtin“, die all das Vieh auf die Weide geführt und so auf ihre „langweilige Drecksart“ das Geld der Steuerzahler verprasst habe. Ohnehin, so ist die Position Moskaus, habe Bern die Neutralität längst verloren.

Kisseljows Reporter in der Schweiz sucht gar nicht erst nach ausgewogenen Worten. „Diese Dummköpfe – den einen hat sein Land satt, der andere hat den Kopf bei seiner Wiederwahl, der dritte leidet an Arthritis und Demenz (er meint damit Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Joe Biden) – unterschreiben irgendwelche Papierschnipsel, die nichts zählen.“ Für den Kreml zählt nur eines: sein „Friedensplan“, den er nun auf allen ihm möglichen Foren „erklären“ werde.

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21 Kommentare

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  • Netter Sprachgebrauch auch von den Kreml-Politikern. Siehe auch Dutertes Sprachstil...



    Aber die Logik des Kreml ist die, dass nur sein militärischer Sieg Fakten schaffen wird.



    Wie erreichen die Anti-Putinisten, anti-diktatorischen Kräfte der Welt ihren Sieg? Es muss ja offensichtlich eine Änderung der russischen Verfassung geben, also alles radikale Maßnahmen, die über eine Abwehr von Raketenbeschuss weit hinausgehen. Das "Russki mir" muss abgeschafft werden.

  • Nun, das ist psychologische Kriegsführung. ich finde, diese ganze Drohgebärden der Russen lächerlich. Ich finde nicht, dass man vor denen Angst haben muss.

    Kritischer wird es schon, wenn die Oberschurken aus Russlan, Nordkorea und China gemeinsame Sache machen. Ich glaube nicht, dass da auf lange Sicht eine friedliche Welt entstehen kann.

    • @maestroblanco:

      Nun, es müsste unser Anliegen sein, die Achse Moskau-Peking-Teheran-Pjöngjang nicht immer stärker zu festigen. Aber wir tun das Gegenteil.



      Und der Westen kann viel. Aber man sollte sich seine Schlachten sorgsam aussuchen.

      • @Kartöfellchen:

        "Nun, es müsste unser Anliegen sein, die Achse Moskau-Peking-Teheran-Pjöngjang nicht immer stärker zu festigen."



        Die Achse des Bösen halt.



        Aber was würden Sie konkret empfehlen, um der Brutalität solcher Diktaturen entgegenzutreten?

        • @Encantado:

          Eine Gemeinsamkeiten alle dieser Regime ist, dass Imperialismus lediglich ein sekundäres Ziel ist und es vor allen Dingen um Machterhalt geht. Das sind eigentlich keine schlechten Voraussetzungen um friedliche Lösungen zu finden. China könnte jedoch wirklich problematisch sein, weil leider der völkerrechte Status von Taiwan umstritten ist und das Land deswegen z.B. auch kein Mitglied der UN ist.



          Langfristig könnte eine Föderation z.B. eine Möglichkeit sein, sofern Taiwan volle Autonomie erhalten würde. Oder man versucht durch Deeskalation den Status que zu halten. Ein formal unabhängiges Taiwan ist (leider) sehr unrealistisch.

          • @Alexander Schulz:

            Also der defensive Realismus den sie hier predigen ist zumindest beim Iran widerlegt. Dafür ist Iran viel zu aggressiv, wenn auch nicht zwingend imperialistisch sondern ideologisch unterwegs. Die iranische Regierung hat im Irak einen extremen sektiererischen Kurs der Regierung unterstützt der zum Aufstieg des IS beitrug, hat via Houthis einen Kalten Krieg mit den Saudis angefangen etc. etc. Das ist kein klassischer Imperialistischer Impetus aber die iranischen Stellvertreterkriege haben das Regime destabilisert weil sie soviel Geld im Ausland ausgeben haben das selbst eher pro-Regime eingestellte damit ein Problem haben.

            "



            Langfristig könnte eine Föderation z.B. eine Möglichkeit sein, sofern Taiwan volle Autonomie erhalten würde. Oder man versucht durch Deeskalation den Status que zu halten. Ein formal unabhängiges Taiwan ist (leider) sehr unrealistisch." Alles was sie schreiben außer Status Quo ist völlig illusorisch.

            • @Machiavelli:

              Schön, dass wir zumindestens bzgl iranischen Imperialismus eine Meinung haben. Einen "defensiven Realismus l" hat es nicht gegeben - im Gegenteil unter Trump hat es eine Kehrtwende gegebenen



              Letztendlich ist das aber auch unrelevant. Richtig schwierig wird es nämlich nur, wenn ein Regime in erster Linie ideologisch oder imperialistisch.



              Das Regime in Teheran ist jedoch in erster Linie korrupt und am eigenen Machterhalt interessiert und nicht mehr mit dem Regime aus den 80ern zu vergleichen.



              Bzgl Taiwan - den Status quo beizubehalten (auch wenn es Tendenzen von China und bis zu einem gewissen Grad von den USA gibt) ist realistisch. Und auch eine Föderation kann mittelfristig eine Option sein, wenn auch wahrscheinlich nicht unter dem jetzigen chinesischen GS. Es gab ja schon Mal entsprechende Überlegungen.



              Illusorisch (genauso übrigens wie in der Ukraine) ist der Glaube daran, dass ein primär militärischer Lösungsansatz zu Frieden in Asien führen könnte. Deswegen ist es wichtig dafür zu sorgen, dass es bzgl Taiwan erst gar nicht zu einer Eskalation kommt.

          • @Alexander Schulz:

            "Langfristig könnte eine Föderation z.B. eine Möglichkeit sein, sofern Taiwan volle Autonomie erhalten würde."



            Sie meinen, so wie in Hongkong?

            • @Encantado:

              Nein, natürlich nicht. Hongkong war geopolitisch total uninteressant für den Westen, also hat es niemanden interessiert.

      • @Kartöfellchen:

        Diese Achse bildet sich weil für diese Staaten die Demokratien der Erzfeind sind. Wir können diesen Regimes nichts anbieten außer die Freiheit und das Leben anderer Menschen (Ukraine bei Russland, Taiwan bei China, Südkorea bei Nordkorea) solange wir nicht bereit sind das zu tun, haben die kein wirkliches Interesse diese Allianz zu beenden.

        • @Machiavelli:

          "Diese Achse bildet sich weil für diese Staaten die Demokratien der Erzfeind sind. "

          Die Analyse halte ich für falsch. Moskau hat sich Peking zugewendet -d. Historie weist eig. in eine andere Richtung-, weil es strategisch dazu gezwungen war. Vierungfünfzig Sanktionspakete hat man geschnürt und die russ. Haltung keinen Deut beeinflusst. Aber sie schaden wirtschaftlich - und da hat sich Moskau -ganz pragmatisch- einfach rum gedreht. Und macht Geschäfte jetzt dort. Weil, die Avancen Richtung Westen gab es aus Russland zu Hauf'. Wo ist der Ausbau der OSZE geblieben? Wo ist die Sicherheitsarchitektur, die Russ. mit einbezogen hätte? Russland wollte Teil der NATO werden. Und Russland war auch nicht immer so autokrartisch wie heute. Was sie da so schnell unterstellen, war doch viel vielschichtiger. So grob sind die Raster nicht.

  • Wie kommen diese Leute im Kreml, die den vom Zaun gebrochenen Krieg nicht offenbar nicht gewinnen können, eigentlich dazu anzunehmen, daß sie gefragt werden, wie die Zukunft der Ukraine aussehen soll? Überall auf der Welt werden Räuber, Einbrecher und Brandstifter eingesperrt und zum Schadensersatz herangezogen. Hier wollen sie noch mitreden und Bedingungen stellen, unter welchen Umständen sie eventuell bereit wären ihre Verbrechen einzustellen. Und daß der Hausbesitzer ja nicht dem Nachbarschaftsschutz betritt. Sonst kann man ihn ja nicht in zwei, drei Jahren wieder überfallen.

    • @Josef 123:

      "Wie kommen diese Leute im Kreml, die den vom Zaun gebrochenen Krieg nicht offenbar nicht gewinnen können, eigentlich dazu anzunehmen, daß sie gefragt werden, wie die Zukunft der Ukraine aussehen soll?"



      Nur ein Wort: Atomraketen.

      • @Encantado:

        Meinen Sie damit, daß jedes Land das über Atomwaffen verfügt das Recht hat, sich seine Nachbarländer nach Belieben einzuverleiben und zu unterjochen?

  • Ich kann ja nur ein paar Brocken Russisch und kenne mich mit den Umgangsformen im russischen Alltag / den Medien / der Politik nicht wirklich aus. Aber - auf mich als Laie wirkt dieser inflationäre Gebrauch von Schimpfworten (auch durch einen führenden Politiker) nicht wirklich souverän. Ist das die russische Art, Überlegenheit und Siegesgewissheit zu signalisieren?

  • Es ist zum verzweifeln. Putin, Trump und Wagenknecht müssen echt alle den gleichen PR Manager haben. Offensichtliche Lügen einfach so lange wiederholen bis die bei irgendwem hängen bleiben. Kapitulation so Framen, dass sie als "Friedensplan" durchgeht. Ich kann jedem nur die ARTE Beiträge (FAKE NEWS) von Exilrussen empfehlen über das russische Staatsfernsehen.

    youtu.be/LRsnmrS8u...i=cbCOrf67oK4pauCg

    Wie man diesem Autokraten und seiner Bande von Oligarchenräubern auch nur ein Wort glauben kann ist mir schleierhaft.

    • @Pawelko:

      Eines muss man Putin lassen: Menschen manipulieren (in Russland genauso wie überall sonst) kann er wie kein zweiter heutzutage. Und die Schäden die sein schleichendes PysOps-Gift in den Gesellschaften der liberalen Demokratien in ganz Europa anrichtet werden noch viele Jahre nachwirken.

  • Wie in einem schlechten Film, wenn ein paar Durchgeknallte mit viel zu viel Bewaffnung nicht mehr zu stoppen sind. Nicht einmal von der eigenen Bevölkerung!



    Wo ist nur der Ausschaltknopf für all diesen Wahnsinn?



    Doch bei diesem neuartigen, KI-gesteuerten Video hilft nur Eines - tatkräftig am Drehbuch mitwirken - damit ein Happy End zustande kommt.

    • @Sonnenhaus:

      "Nicht einmal von der eigenen Bevölkerung!"

      Die Menschheit will es so. Schau dir nur mal die Wahlergebnisse von AfD und BSW an. Der Pöbel will einfache Wahrheiten - die dürfen auch ruhig gelogen sein und mit Gewalt durchgesetzt werden.

      Menschen sind scheiße.

  • Wenn man sich den Müll anhört, der aus Russland und von all seinen Lakaien kommt, fragt man sich, ob die nicht eigentlich schon längst hätten entmündigt werden müssen.



    Einer wie Medwedew wäre andernorts schon längst in der forensischen Abteilung untergebracht, soviel Schwachsinn wie der tagtäglich von sich gibt.

    Jeder, der meint, man müsse mit Russland verhandeln, hört wahrscheinlich nicht richtig hin. Verhandeln ist gut und ich bin auch dafür, aber mit wem im Kreml soll man denn verhandeln? Da ist doch keiner, der einigermaßen geistig zurechenbar ist.

    • @DocSnyder:

      Dazu wäre es gut möglich, dass hier ein Theaterstück sowohl für die Weltbühne wie auch für das heimische Publikum orchestriert wird:



      Medwedew ist nach außen der "Bad Cop" bzw. "verrückter Kampfhund", der am liebsten alles umwerfen und die Ukraine bis zur polnischen Grenze erobern will. Dagegen wirkt Putin dann als relativ gesehen mäßiger und vernünftigerer "Good Cop".



      Und Putin könnte in Verhandlungen darauf verweisen, wie hoch der Druck von Leuten wie Medwedew ist.

      Nach innen soll Putin die Mitte eher beruhigen, während Medwedew mit harter Rethorik die äußerste Rechte (Dugin, Eurasianisten, Ultranationalisten) ruhig stellt.

      Von daher vermute ich hier eher "Role Play".