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Analyse zum GazakriegNetanjahus riskantes Spiel

Einen Geisel-Deal mit der Hamas schlägt Israels Premier aus, stattdessen lässt er die Grenze zwischen Gaza und Ägypten besetzen. Was ist sein Kalkül?

Gegen Netanjahus Regierung, für die Freilassung der in Gaza gefangenen Geiseln: Protest in Tel Aviv am 4. Mai Foto: Ariel Schali/ap

Netanjahu pokert hoch – vielleicht so hoch wie noch nie. Am vergangenen Wochenende ließ die Hamas verlauten, sie stimme einem Waffenstillstandsangebot zu. In Rafah, wo seit Monaten 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge unter katastrophalen Bedingungen und auf engstem Raum zusammengedrängt Schutz suchen, waren die Jubelstürme groß. Doch kurz darauf kam die Ernüchterung, als die israelischen Panzer auf Rafah zurollten. Wenige Stunden zuvor waren aus Rafah Geschosse auf Israel abgefeuert worden und hatten vier Sol­da­t*in­nen getötet.

In Tel Aviv hatten sich die Familienangehörigen von Geiseln und Protestierende den Jubel gleich gespart. Als hätten sie geahnt, dass Netanjahu den Deal ablehnen und stattdessen das israelische Militär veranlassen würde, den Rafah-Grenzübergang nach Ägypten zu besetzen und zu schließen.

Dabei war der Druck auf Netanjahu, diesen Schritt nicht zu gehen, denkbar hoch – und jetzt liegt die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf der Frage, was als nächstes in Rafah passieren wird. Bislang ist das Militär noch nicht in die Stadt selbst eingedrungen. Aber wird es noch zu der lang geplanten, großangelegten Invasion kommen?

Die Vereinten Nationen und mehrere Hilfsorganisationen drängen Israel darauf, den Angriff auf Rafah zu beenden. Aus der Europäischen Union kamen heftige Verurteilungen. Auch auf den Straßen in Tel Aviv entlädt sich der Zorn: Viele Angehörige von Geiseln fürchten um das Leben ihrer Liebsten angesichts der Invasion und glauben, dass diese einen erneuten Deal verunmöglichen könnte.

Amerikas Unterstützung brökelt

Vor allem aber riskiert Netanjahu einen handfesten Bruch mit den USA. US-Präsident Joe Biden hatte immer wieder moniert, dass Israel keinen Plan habe, wie die Zi­vi­lis­t*in­nen bei einer Bodenoffensive ausreichend geschützt werden könnten. Rafah sei eine rote Linie. Wie ernst es ihm damit ist, zeigte sich am Mittwoch, als die Meldungen über den Stopp von Waffenlieferungen aus den USA die Runde machten.

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Bereits in der Woche zuvor war bekannt geworden, dass die USA eine Lieferung von ungelenkten 2.000-Pfund-Bomben ausgesetzt haben, deren Abwurf in dicht bevölkerten Gegenden viele Todesopfer fordert. Am Mittwoch erklärte sich Biden dann persönlich gegenüber CNN: Seine Regierung werde Israel weder unterstützen noch mit Angriffswaffen versorgen, falls das Militär eine Operation gegen die Hamas in bewohnten Teilen von Rafah im südlichen Gazastreifen startet: „Ich habe Bibi und dem Kriegskabinett klargemacht: Sie werden unsere Unterstützung nicht bekommen, wenn sie in diese Bevölkerungszentren eindringen.“

Netanjahus rechtsextreme Minister reagierten prompt. Der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, setzte auf X ein Herz zwischen Hamas und Biden: „Hamas liebt Biden“ war seine Botschaft.

Den radikal-religiösen Zionisten kauft man ihre Verachtung für die Warnsignale der USA ab. Sie interessiert vor allem eins: Gott. Und mit Gott folgen sie dem ihnen von ihm vermeintlich verliehenen Auftrag, Erez Israel zu besiedeln, vom Fluss bis zum Meer. Was irgendwelche Großmächte, und seien es die USA, zu sagen haben – es könnte sie nicht weniger kümmern.

Die eigenen Interessen im Kopf

Und Netanjahu? Man kann die schärfste Kri­ti­ke­r*in Netanjahus sein und sich doch fragen: Nimmt er wirklich einen Bruch mit den USA hin, um seine Regierungskoalition zu retten? Wird er in Kauf nehmen, die Existenz seines Landes aufs Spiel zu setzen? Wie weit wird er, der das Land Israel so lange anführt wie kein Ministerpräsident zuvor, noch gehen?

Dass Netanjahu nur seine eigenen Interessen im Kopf hat, ist unter seinen Kri­ti­ke­r*in­nen Common Sense. Seine größte Sorge gilt in ihren Augen: Neuwahlen. Netanjahu kennt die Umfrageergebnisse. Seinen Posten wäre er los; auch wenn seine Beliebtheit nach einer dramatischen Talfahrt nach dem 7. Oktober wieder zu steigen beginnt. Für Netanjahu, der in drei Korruptionsfällen vor Gericht steht, ist es ein albtraumartiges Szenario.

Tatsächlich wäre mit einem Deal wie dem vom vergangenen Wochenende ein Koalitionsbruch wohl ausgemacht. „Keine Existenzberechtigung“ habe die Regierung, schrieb der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich Ende April auf X, sollte Netanjahu das kursierende Waffenstillstandsangebot annehmen.

Und Ben Gvir legte mit einer Videobotschaft nach: „Ich habe den Ministerpräsidenten [vor den Folgen] gewarnt, wenn, Gott bewahre, Israel nicht in Rafah einmarschiert, wenn, Gott bewahre, wir den Krieg beenden, wenn, Gott bewahre, es eine unbedachte Übereinkunft geben wird.“

Alles im Schwebezustand halten

Und so versucht Netanjahu, die Entwicklungen in einem Schwebezustand zu halten. Keine großangelegte Invasion, zumindest bislang nicht, aber doch eine Besänftigung seiner Hardliner-Koalitionspartner. Kein Abkommen, aber die Gespräche weiter laufen lassen – mit einer Delegation ohne wirkliches Mandat. Im Moment befinden sich die Verhandlungen wieder in einer Sackgasse.

Für Gayil Talshir, Politikwissenschaftlerin und Netanjahu-Expertin, ist dies das klassische Verhalten des Premierministers. „Netanjahu ist ein Staatsführer, der verschiedene Optionen entwirft, sie in die Luft wirft und dann in letzter Sekunde entscheidet, was er tun wird.“ Je nachdem, was für ihn gerade opportun ist.

Doch was gerade opportun ist, ist für Netanjahu derzeit schwer zu erkennen. Die Fragen, die die Israelis gerade umtreiben, sind existenziell, es geht um das Leben der Geiseln, um die Frage, ob die von der Nordgrenze und von den Gebieten in der Nähe zum Gazastreifen evakuierten An­woh­ne­r*in­nen in ihre Häuser werden zurückkehren können – und nicht zuletzt um die Existenz des Staates Israel selbst. Die Menschen stehen sich in ihren Schlussfolgerungen zum Teil diametral gegenüber, aber gemeinsam haben sie: Sie fühlen sich existenziell bedroht. Dementsprechend groß ist der Zorn.

„Die Straßen würden brennen“, sagt ein politischer Berater aus Likud-Kreisen, der anonym bleiben will, „sollte Netanjahu einen solchen Deal annehmen.“ Ob es wirklich dazu kommen würde, ist fraglich. Dafür ist die Menge an radikalideologischen Hardlinern und religiösen Zionisten zu klein. Doch möglicherweise würden ihm einige Wähler*innen, die noch oder wieder bereit sind, ihm seine Stimme zu geben, einen solchen Deal nicht verzeihen.

Zu große Zugeständnisse

Für sie ist klar, dass die Ankündigung der Hamas kein ernstzunehmendes Angebot war. Tatsächlich weicht der von der Hamas akzeptierte Deal in einigen Punkten von dem ägyptischen Vorschlag ab, an dessen Entwicklung auch Israel beteiligt war.

In dieser Version wären die Zugeständnisse an die Hamas viel zu groß, so der Likud-Berater: „33 Geiseln, von denen unklar ist, wie viele schon tot sind – das ist doch kein Angebot.“ Hinzu käme, dass sämtliche Menschen in Ga­za­ sich hätten frei bewegen und auch in den von Israel abgeriegelten Norden hätten zurückkehren dürfen. Das würde einem Ende des Krieges nahe kommen: „Wir hätten einige der Geiseln zurück, viele von ihnen bereits tot. Die Hamas wäre weiter an der Macht – und könnte bald ihr nächstes Massaker starten“, so der Politikberater. Mit dieser Logik setzt die Rechte weiter auf militärische Stärke. Und auf eine Invasion in Rafah.

„Netanjahu hatte eigentlich keine andere Wahl. Er hat seit Langem – unsinnigerweise – eine Invasion in Rafah als letzten Schritt auf dem Weg zu einem ‚totalen Sieg‘ gezeichnet“, sagt Gayil Talshir.

Die ist aus der Sicht des Militärexperten Kobi Michael vom israelischen Forschungsinstitut INSS weniger relevant wegen der vier Hamas-Bataillone, die sich in der südlichen Grenzstadt in den Tunneln versteckt halten. Zentral sei vielmehr das Tunnelsystem, das Ägypten und Gaza verbindet. Das israelische Militär vermutet, dass dort Geld, Waffen und für den Bau von Waffen verwendete Materialien über die Grenze geschmuggelt werden. „Sollten wir den Krieg beenden, ohne die Tunnel blockiert zu haben, würden wir Hamas oder jeder anderen Terrororganisation ermöglichen, ihre militärischen Fähigkeiten neu aufzubauen“, sagt Michael gegenüber der taz.

Kein Nachkriegsplan

Andere Ana­lys­t*in­nen betonen hingegen: Rafah wird kein Stalingrad sein. Die Hamas wird in Rafah nicht endgültig besiegt werden, so wie sich die Hamas überhaupt militärisch nicht besiegen lasse.

Bis heute hat Benjamin Netanjahu keinen Plan für ein Nachkriegsgaza vorgelegt. Wie soll die Hamas besiegt werden? Was soll auf sie folgen? Wer soll den Gazastreifen wieder aufbauen? Diese Fragen bleiben bislang unbeantwortet.

Glaubt man Talshir, wird Netanjahu am Ende wohl nach einem der Bälle greifen, die er in die Luft geworfen hat, in der Hoffnung, dass er damit sein politisches Überleben sichern kann. Und wenn dabei der Landstrich zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer nicht den Abgrund hinunterjagt, ist dies für ihn gut. Notwendige Bedingung ist es für ihn – allem Anschein nach – allerdings nicht.

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27 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in
    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.
  • „Mit dieser Logik setzt die Rechte weiter auf militärische Stärke. Und auf eine Invasion in Rafah.“

    Komischerweise hat Benny Gantz, der sich dafür einsetzt, dass die Freilassung der Geiseln oberste Priorität haben soll, den von der Hamas vorgeschlagenen Deal genauso abgelehnt.



    Aber lassen wir das mal beiseite und tun so, als hätten wir es wirklich nur mit der Logik der Rechten zu tun: meint Judith Poppe, dass Israel den Deal hätte annehmen sollen? Soll Israel etwa einen Deal annehmen, der „(t)atsächlich (…) in einigen Punkten von dem ägyptischen Vorschlag ab(weicht), an dessen Entwicklung auch Israel beteiligt war“, und in Kauf nehmen, dass einem 33 Leichen vor die Tür gelegt werden? Das kann man doch nicht ernsthaft verlangen.



    Und lässt es sich ausschließen, dass die Hamas ein weiteres Massaker wie am 7. Oktober begeht? Ich bezweifle, dass irgendjemand dafür seine Hand ins Feuer legen würde. Dann kann man aber auch nicht so tun, als handele es sich um ein fadenscheiniges Argument blutrünstiger Kriegstreiber.



    Dass man die Hamas nicht vollends wird zerstören können, dürfte den meisten Beteiligten auf israelischer Seite schon bewusst sein. Sie aber so weitgehend zu schwächen, dass sich etwas Vergleichbares wie am 7. Oktober nicht allzu bald wiederholt, ist durchaus realistisch.



    Dass die Hamas den Krieg schon lange hätte beenden können, wird in diesem Artikel mit keinem Wort erwähnt. Die Verantwortung scheint für Judith Poppe einzig und allein bei Netanjahu zu liegen. Mit welcher Beharrlichkeit an diesem Narrativ festgehalten wird, ist wirklich bemerkenswert.

  • Einen Sieg wird man der Hamas nicht mehr nehmen können. Sie haben seit Beginn ihrer Herrschaft im Gaza-Streifen im Jahr 2006 durch eine strenge Geburtenkontrolle (Verhütungs- und Abtreibungsverbot) die dortige Bevölkerung verdoppelt. Auch eine Möglichkeit Fakten zu schaffen.

  • Ständig hört man die Behauptung, dass sich die Hamas militärisch nicht besiegen lasse. Fundierte Begündungen für diese Behauptungen hört man nicht.

    Ich gehe davon aus, dass Hamas ihre Strahlkraft verlieren wird, sobald sie in Gaza besiegt ist.



    Das wird aber nicht reichen. Die Palästinenser benötigen nach dem Sieg gegen die Hamas ein Enthamasifierungsprogramm und die Einbindung in ein demokratisches System.

  • Netanjahu eskaliert und zwing die Israelis, sich hinter ihn zu stellen. Wenn es so eng wird, dann müssen alle zur Regierung halten.



    Und Netanjahu glaubt, dass die Hamas ein Problem ist, dass sich militärisch lösen lässt. Deswegen denkt er, dass es in Rafah sinnvoll ist, militärisch vorzugehen.



    Der Erfolg gibt ihm (vorerst) Recht, er erhält Waffen, die Bevölkerung muss zu ihm stehen, die Geiseln fliegen ihm nicht um die Ohren und die Hammas bzw. die Palästinenser in Gaza sind derartz geschwächt und ermüdet, dass sie kaum eine Gefahr darstellen.



    Wie hier beschrieben, gibt es kein Danach oder eine Nachkriegsplanung. Ein wirklich zu Ende gedachter Plan existiert ganz offenbar nicht. Und auch die Hammas könnte an anderer Stelle wieder auftauchen, auch wenn sie in Gaza dann geschwächt wurde.

  • Kein Wort über die Strategie der Hamas ,die die Zivilbevölkerung mißbraucht und versucht sich als Nachkriegsmacht zu etablieren! wollen sie das???

  • Was sein Kalkül ist? An der Macht bleiben und der Strafverfolgung bei drohendem Verlust selbiger und dem damit einhergehenden Verlust der Immunität entgehen.

  • Angesichts von 35000 Toten in Gaza von einem Spiel zu schreiben ist abstoßend wie es abstoßend ist Antisemitismus zu dulden. Aber diesen Umstand,das Humanismus nicht gegen den Kampf gegen Antisemitismus ausgespielt werden darf hat Deutschland schon lange vergessen.

  • "Erez Israel zu besiedeln, vom Fluss bis zum Meer."



    "Eretz Israel" vom Fluss bis zum Meer zu besiedeln, verfolgt auch der Likud seit seinen Anfängen. Das ist unschwer seinem Gründungsdokument zu entnehmen: "... between the Sea and the Jordan there will only be Israeli sovereignty ...The Likud government will call on the younger generation in Israel and the dispersions to settle and help every group and individual in the TASK (Hervorhebung von mir) of inhabiting and cultivating the wasteland, while taking care not to dispossess anyone." (Likud-Party, Original Party Platform, 1977).



    Abgesehen davon, dass die zu besiedelnden Gebiete verachtend als "uncultivated" und "wasteland" bezeichnet werden, ist die Bemerkung "not to dispossess anyone" dem Völkerrecht geschuldet und war schon zu Menachem Begins Zeiten Makulatur. Palästinenser werden seit Jahrzehnten enteignet, vertrieben, Israelis angesiedelt. Gerade vor einigen Wochen wurden wieder 800 ha im Westjordanland zu israelischem Staatsland erklärt.



    Durch Besiedlung Tatsachen bzw. "Eretz Israel" schaffen, ist seit dem ersten Likud-Premier Begin Politik der Partei. Benjamin Netanjahu ist in seiner ganzen politischen Laufbahn niemals von dieser Linie abgewichen. Wieso sollte er sie nun nicht weiterverfolgen? Die israelische Wiederbesiedlung Gazas wäre ein weiterer Schritt Richtung "Eretz Israel". Dass Benjamin Netanjahu in diesem Krieg auch dieses Ziel vor Augen hat, wie seine rechtsextremistischen Regierungskollegen, muss man zumindest in Betracht ziehen.

    • @ecox lucius:

      Amen.

    • @ecox lucius:

      Falsch. Die Besiedlung von Gaza durch Israelis wurde unter Netanjahu rückgängig gemacht.

    • @ecox lucius:

      Vom Fluss bis zum Meer ist der gemeinsame Nenner von Israelis und Palästinenser. Jetzt müssen die Palästinener nur noch die Demokratie im gemeinsamen Staat anerkennen und die Israelis den Palästinsern das passive und aktive Wahlrecht im Gazastreifen und Westjordanland zugestehen (so wie das bisher bereits innnerhalb von Israel gemacht wird.



      Streiten können sie sich dann in der Zukunft im Parlament.

    • @ecox lucius:

      Seine rechtsextremistischen Koalitionspartner machen ja auch keinen Hehl daraus, das sie durch Besiedlung Tatsachen schaffen wollen und auch einige Mitglieder seiner eigenen Partei nicht. Immerhin gab es 11 Minister und 15 Knesset-Abgeordnete der Regierungskoalition die erst vor einigen Monaten an einer Konferenz zur Wiederbesiedlung Gaza´s teilgenommen haben, wo im Prinzip für die ethnische Säuberung der Palästinenser aus dem Gazastreifen geworben wurde u.a. Finanzminister Smotrich, Minister für öffentliche Sicherheit Ben-Gvir, der Kommunikationsminister (Likud) Karhi. www.theguardian.co...on-of-palestinians



      Und nachdem jetzt erst ein Beduinendorf in der Negev abgerissen wurde stellt sich ein Ben-Gvir hin und sagt: Die israelische Polizei führe einen "brutalen Krieg" im Negev gegen jene, die "sich Land aneignen und versuchen, vor Ort eine andere Realität zu schaffen". (www.tagesschau.de/...nhaeuser-100.html) Auch die Beduinen in Israel, die israelische Staatsbürger sind, sind seit Jahren Diskriminierung und Vertreibung ausgesetzt. Im Spiegel gab es letztes Jahr einen guten Artikel von einer Fotografin, welche die Beduinen über drei jahre lang begleitet hat. (Spiegel: "Zerstörung von Beduinendörfern in Israel")

  • Netanjahu ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung.

  • "Bislang ist das Militär noch nicht in die Stadt selbst eingedrungen."

    Nun ist mir doch noch etwas eingefallen, was für die Bewohner von Rafah nicht so gefährlich wäre. Wenn die IDF in Rafah qm für qm, vielleicht sogar mit freiwillig angebotener Hilfe der Bewohner, Rafah nach Tunneleingängen absucht und, statt in die Tunnel reinzugehen, alle (vielleicht mit Beton?) verschließt, so dass zum Schluß nur noch zwei oder drei streng bewachte Tunnelausgänge übrig bleiben.



    Ich weiß über die Kämpfer der Gaza-Hamas-palästinensischen Seite zu wenig, um ihre Reaktion einschätzen zu können, aber sicher würden zumindest einige von ihnen die Tunnel verlassen wollen, deren Informationen für die weitere Vorgehensweise hilfreich sein könnten.

    Ich fände es gut, wenn die Bewohner von Rafah sich bei der Suche nach Tunneleingängen beteiligen würden bzw. ihr Wissen darüber teilen. Zumindest eine Ahnung oder Vermutung, wo sich die Eingänge befinden, müssten sie meiner Einschätzung nach haben.

    Was für die Nachkriegsordnung in Gaza gut an der Zusammenarbeit mit der jüdischen/Israel-Seite wäre:



    Je mehr Bürger in Gaza als "Kollaborateur" mit der jüdischen/Israel-Seite zusammenarbeiten (also beim Finden der Tunneleinstiege helfen), desto geringer die Gefahr, dass die Anführer und Mitglieder der kämpfenden Truppe nach dem Krieg wieder an die Macht kommen können/gelassen werden, da es das Todesurteil für jede einzelne Person und deren Familie wäre, die die jüdische/Israel-Seite unterstütz haben.

  • Hamas liebt Ben Gvir. Und Ben Gvir liebt Hamas -- so ist es.

    Mögen die Israelis diese entsetzliche Regierung möglichst bald abschütteln, das ist meine einzige Hoffnung im Moment.

    • @tomás zerolo:

      Ja, es wäre ein echtes Signal der Hoffnung, wenn die aktuelle israelische Regierung ersetzt werden würde.

      Für konstruktive Verhandlungen in einer hoffentlich nicht zu fernen Zukunft wird aber auch auf palästinensischer Seite eine demokratisch legitimierte Regierung benötigt.

  • Riskant ist es was die Hamas macht. Würde sie Freilassung der Geiseln sofort Freilassen, die Waffen niederlegen und die Verantwortlichen des genozidalen Massakers vom 7. Oktober dem ICC ausliefern, so könnte morgen Frieden sein und keine Person in Gaza müsste um ihr Leben bangen.

    Dann würden auch alle anderen zivilen Forderungen erfüllt werden.

    • @KonservativBürgerlich:

      es gab auch keinen Frieden vor dem 7/10 — offensichtlich ist der nicht gewollt bis das “Greater Israel” Imperium fertig und Palestine verschwunden ist..

    • @KonservativBürgerlich:

      Es ist grundsätzlich fraglich, ob man Konflikte löst, indem man eine Seite zur Unterwerfung auffordert, im Falle des NO-Konfliktes verkennt man mit dieser Forderung aber zentrale Probleme: denn auch wenn Hamas kapitulieren wurde, stände am Ende kein Frieden, zumindest nicht für die palästinensische Seite, sondern nur ein weiteres Dahinvegetieren in Bantustans, über die Israel eine durchaus gewaltvolle Kontrolle ausübt; ich erinnere daran, dass 2023 auch schon vor dem 7. 10. ein besonders tödliches Jahr für Palästinenser war. Man kann über den gegenwärtigen Krieg, seine Ursachen und die sich nach seinem Ende eröffnenden Perspektiven nicht angemessen sprechen, wenn man die Rolle Israels als Besatzungsmacht ausblendet und den palästinensischen Anspruch auf staatliche Selbstbestimmung ignoriert.

  • Am vergangenen Wochenende ließ die Hamas verlauten, sie stimme einem Waffenstillstandsangebot zu."



    Warum Hamas Lügen verbreiten? Es war schlicht ein, überzogener Gegenvorschlag der Hamas, nicht eine Annahme eines Angebotes.

    Übrigens hätte der Vorschlag vorgesehen nur einen (in meinen Augen kleinen Teil der Geiseln) freizulassen und dann nachdem sich Israel zurückgezogen hat zu verhandeln, ob weitere freikommen.

    Der Hamas Vorschlag war eine lebende oder tote Geisel (nach Hamas Wahl) für bis zu 50 lebende verurteilte Straftäter*innen nach Hamas Auswahl.

    Im Vorschlag wurde aber auch Freilassung aller seit dem 7. Oktober in Gaza festgenommenen Frauen gefordert und eine 5(?) jährige Wiederaufbau Garantie, ohne Konsequenzen für die Hamas.

    Sie haben bereits das letzte Abkommen gebrochen und die Erwartung, dass sie mir ihrem Tröpfchen Verfahren einfach aufhören weite der Geiseln freizulassen ist hoch.

    Übrigens beinhaltet der Vorschlag keine Aussage zu International Red Cross Zugang, oder Verzicht von Folter oder Mord der Geiseln.

    Es ist nichts was den Begriff Vorschlag, geschweige denn "Annahme" verdient. Ich wünsche mir, dass Journalist*innen die Manipulation der Hamas offenbaren.

  • Das ist kein Spiel. Vom ersten Tag nach der Staatsgründung Israels an wird dieser winzige Staat mit Auslöschung "Vom Fluss bis ans Meer" bedroht.

    • @sanity could be emailed:

      Gleiches macht Israel auch in der UN und zeigt Karten,in denen Gaza und das Westjordanland nicht mehr eingezeichnet sind. Vom Fluss bis ans Meer steht so im Programm von Netanjahus Partei.

  • Nur in einem Zustand des Kriegs kann sich der Netanyahu vor dem Gefängnis retten, zumindest scheint er das zu glauben und entsprechend zu handeln.



    Auch die blamabel überzogenen Auftritte bei der UN-Vollversammlung seiner Abgesandten sprechen diese Hinterhof-Sprache.

    Einen instabilen Zustand, der durch Dauerkonflikt vordergründig stabilisiert wird, den gab es allerding schon vor Netanyahu. Den mögen die Hammasis und mag zugleich der Besatzerstaat.

    • @Janix:

      Der Vorwurf der Bestechung (eine gute Zigarre und eine Flasche Champus) wird nicht zur Inhaftierung von Nenjahu führen. Dass Netanjahu genervt war, dass die israelischen Medien nicht neutral über ihn berichtet haben, was seinerseits zu einer Überreaktion führte ist menschlich verständlich, wirklich justiziabel wird das nicht sein.

  • Es ist nicht nur ein politischer oder religiöser Krieg, der im Gazastreifen tobt, sondern dahinter (sowohl hinter dem Massaker der Hamas, sowie hinter den Bomben auf Gaza) stecken handfeste wirtschaftliche Interessen: das Gasfeld Gaza Marine.



    Es wurde im Jahr 2000 entdeckt und vom damaligen Palästinenserführer Jassir Arafat als »Geschenk Gottes« gefeiert Aufgrund des anhaltenden Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Enklave ist das Gas seit seiner Entdeckung vor über zwanzig Jahren unberührt geblieben.



    Mitte 2023 gab es eine Vereinbarung zwischen der PA und Ägypten über Explorationsbohrungen durch die Egypt Gas Co SAE.



    Israel hingegen hält den genauen Status des Reservoirs im unklaren, denn Israel hat es nie offiziell aufgegeben, auch wenn frühere israelische Premierminister Ehud Barak der Palästinensischen Autonomiebehörde im Jahr der Entdeckung des Feldes das Recht einräumte, dort zu bohren und von den Einnahmen zu profitieren.



    Neben der Egypt Gas Co SAE sind es vor allem amerikanische Öl- und Gaskonzerne die an der Ausbeutung der Ressourcen Interesse zeigen bzw. gezeigt hatten.



    Wie die Erwartung einer Feuerpause auf die Aktienkurse dieser Öl- und Gasfirmen bezgl. der Ausbeutung der Ressourcen von Gaza Marin bzw. des Leviathan-Gasfeldes reagiert, zeigt das Handeln von bestens informierten Shortsellern auf die ersten Gerüchte Ende April 2024.



    Es war schon immer so: das Geld wird dort verdient, wo das Blut auf der Straße klebt.



    Und machen wir uns doch keine Illusionen, wenn es um den Petroldollar geht, kennen die USA keine Gnade: Iran unter Mossadegh auf dem Weg zur Demokratie, aber auch die Diktatoren Hussein und Gaddafi.



    Sie alle wollten Öl und Gas in einer anderen Währung als dem Dollar handeln.



    Hier aber hören Spaß und Menschenrechte auf.



    Der PA, in welcher Konstellation auch immer, ist ebenfalls zuzutrauen sich vom Petrodollar freizumachen.



    Eine Zwei-Staaten-Lösung wird es daher mit den USA, trotz aller Beteuerungen, nicht geben.