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Krise bei der LinksparteiVor der Spaltung

Lange hat die Linke gebraucht, um mit Wagenknecht zu brechen. Deren Anhänger werben für die Abspaltung, die anderen rücken zusammen.

Was kommt, wenn Wagenknecht verschwindet? Foto: Christian Ditsch/imago

Wenigstens ihren Zweckoptimismus hat die Linke noch nicht verloren. „Unser Plan 2025: Comeback einer starken LINKEN“, ist das Strategiepapier überschrieben, das der Bundesvorstand der zerzausten Partei auf seiner letzten Sitzung beschlossen hat. Der erste Satz: „Die LINKE wird dringend gebraucht.“ Der letzte Satz: „Wir ziehen souverän wieder in den Bundestag ein.“ Klingt eigentlich ganz einfach. Allerdings stehen zwischen dem ersten und dem letzten Satz mehr als 9.000 Zeichen – und ein übergroßer Berg an Problemen, die in einem Namen kulminieren: Sahra Wagenknecht.

Die Linke hat lange gebraucht, um zu begreifen, dass es keinen gemeinsamen Weg mit der chronisch quertreibenden Bundestagsabgeordneten und ihren Anhänger:in­nen mehr gibt. Einen letzten Versuch, zu retten, was längst nicht mehr zu retten ist, haben die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan am 25. Mai gestartet.

Da trafen sie sich zu einem vertraulichen Gespräch mit Wagenknecht. Bei dem Treffen, an dem auch die beiden Bundestagsfraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali teilnahmen, stellten sie Wagenknecht ein Ultimatum, zeitnah und öffentlich von Plänen zur Gründung eines konkurrierenden Parteiprojektes Abstand zu nehmen und entsprechende Vorbereitungen umgehend einzustellen.

Nachdem Wagenknecht dazu nicht bereit war, beschloss der Parteivorstand am 10. Juni einstimmig: „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht.“ Und nicht nur das. Auch alle, die sich am Projekt einer konkurrierenden Partei beteiligten, sollten ihre Mandate zurückgeben.

Heftig empört

Umgehend meldeten sich sechs Bundestagsabgeordnete zu Wort, die dem Wagenknecht-Lager zugerechnet werden, unter anderem Sevim Dagdelen und Klaus Ernst. Niemand bestritt die Vorwürfe des Vorstands in Bezug auf die Pläne zur Gründung eines Konkurrenzprojekts und dass Ressourcen aus für die Linkspartei gewonnenen Mandaten für den Aufbau genutzt werden. Und niemand distanzierte sich von den Spaltungsaktivitäten.

Aber allesamt empörten sie sich heftig darüber, dass der Linken-Vorstand solch eindeutig parteischädigendes Treiben nicht mehr länger hinnehmen will. Mit dem Parteivorstandsbeschluss werde „der Kurs der Parteiführung in Richtung einer bedeutungslosen Sekte noch verschärft“, twitterte Dağdelen.

Die Co-Fraktionsvorsitzende Mohamed Ali schrieb, sie halte den Beschluss „für einen großen Fehler und einer Partei unwürdig, die sich Solidarität und Pluralität auf die Fahnen schreibt“. Damit stellte sie sich gegen Dietmar Bartsch, der am Dienstag überraschend der Parteiführung beipflichtete. „Ich will in großer Klarheit deutlich machen, dass ich es auch als völlig inakzeptabel ansehe, wenn man den Versuch unternimmt, eine neue Partei zu gründen, oder Gespräche führt, eine neue Partei ins Leben zu rufen“, sagte er. Bisher war die Fraktionsspitze stets bemüht, Einigkeit zu vermitteln. Jetzt zeigt der Konflikt, wie blank die Nerven liegen.

Wagenknechts Partei

Selbst Gregor Gysi, der sich lange um Sahra Wagenknecht als Fraktionsmitglied bemühte, geht mittlerweile auf Distanz zu ihr: „Wenn sie eine neue Partei gründet, dann muss sie ihr Mandat niederlegen“, erklärte der frühere Partei- und Fraktionschef am Freitag. „Alles andere wäre unmoralischer Mandatsklau“.

Die Frage, ob Wagenknecht ein Konkurrenzprojekt zur Linken gründet, ist längst keine politische mehr, sondern nur noch eine technische. Und daran lässt die 53-Jährige inzwischen auch selbst keinen Zweifel. Eine Partei, „die dann auch erfolgreich sein soll“, ließe sich „nicht mal eben so“ gründen, bekundete sie am Dienstag in einem Interview mit dem WDR. Viele würden jedoch derzeit versuchen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

„Wenn die Voraussetzungen einer neuen Partei nicht geschaffen werden, dann werde ich mich nach Ende dieser Legislatur ins Privatleben zurückziehen“, sagte sie. „Aber ich müsste damit den Anspruch aufgeben, politisch noch etwas zu verändern, und ich würde mir schon wünschen, ich könnte noch etwas verändern.“

Bis spätestens Ende des Jahres will sie sich entscheiden, ob sie den Sprung wagen will. Ein denkbares Szenario ist der Bruch im Oktober nach der Landtagswahl in Hessen, bei der die Links­partei wohl ihre letzte parlamentarische Vertretung in einem westdeutschen Flächenland verlieren wird.

Abspaltungszentrum in Sachsen

Möglich ist auch eine Abspaltung im zeitlichen Umfeld des für Mitte November geplanten Bundesparteitags. Um ein konkurrierendes Wahlbündnis für die Europawahl im Juni 2024 zu schmieden, wäre allerdings auch eine Trennung bis Anfang nächsten Jahres ausreichend.

Für den Bundestagsfraktionschef Bartsch hat die Bewahrung des Fraktionsstatus, der schon beim Abgang von drei Abgeordneten verlustig gehen würde, oberste Priorität. Gleichzeitig ist er alarmiert, denn selbst aus seinem eigenen Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eindeutige ­Signale, dass es so nicht weitergehen kann. Denn die Abspaltungs­tendenzen sind unübersehbar. Der Spiegel schreibt sogar, es gebe „Screenshots von Mails und SMS aus mehreren ostdeutschen Landesverbänden“, die belegen würden, dass Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r:in­nen direkt von Wagenknechts engerem Kreis ­angesprochen wurden, ob sie am Konkurrenzprojekt teilnehmen wollten.

Ein Zentrum der Spaltungsaktivitäten ist Sachsen, in den 1990ern und den Nullerjahren eine Hochburg der damaligen PDS. Im größten ostdeutschen Landesverband versucht die Ex-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann, offensiv Mitglieder aus der Linken für das geplante Konkurrenzprojekt zu gewinnen.

Als die Landesvorsitzenden Susanne Schaper und Stefan Hartmann Wind davon bekamen, schrieben sie Zimmermann einen Brief, baten sie um Stellungnahme und warnten: „Wenn Du Dich weiterhin an der Neugründung einer Partei beteiligen willst, legen wir Dir nahe, unsere Partei zu verlassen.“

Selbst Gregor Gysi geht nun auf Distanz zu Sahra Wagenknecht

Direkt antwortete Zimmermann den Ab­sen­de­r:in­nen nicht. Die Reaktion der 62-jährigen Gewerkschafterin konnten sie stattdessen am Mittwoch in der Chemnitzer Freien Presse lesen. In dem Interview bestritt Zimmermann die Abwerbeversuche keineswegs, vielmehr freute sie sich über den Zuspruch: „Da verkennt die Partei die Lage, wie viele mitgehen werden“, sagte sie. Ansonsten könne sie keine Details nennen, sondern nur sagen, „dass wir vom Wagenknecht-Flügel uns in einem konstruktiven Klärungsprozess befinden“. Alles hänge von Wagenknecht ab. „Ohne sie würde eine Neugründung kaum Sinn machen“, so Zimmermann. „Wir müssen schnell handeln können, sobald die Entscheidung steht.“

Eine solche Wagenknecht-Partei, die sich gesellschafts- und migrationspolitisch rechts und sozialpolitisch links verortet, würde zuvorderst auf Stimmen aus dem Nicht­wäh­le­r:in­nen­spek­trum und auch derzeitiger AfD-­Wäh­le­r:in­nen setzen, wäre aber für die schwer kriselnde Linke gleichwohl existenzbedrohend.

Landesvorstand beriet über Gegenstrategie

Öffentlich gibt sich der sächsische Landeschef Hartmann dennoch gelassen: „Es hat auch schon in anderen Parteien und gerade hier in Sachsen Abspaltungen gegeben, die sich am Ende als Rohrkrepierer erwiesen haben“, sagte er der taz. Gemeint ist das gescheiterte AfD-Konkurrenzprojekt der einstigen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. „Viele unserer Mitglieder ärgert es sehr, dass es immer nur um eine Person geht“, sagte Hartmann. „Die meisten interessieren sich für unsere Inhalte – und genau die wollen wir in den Vordergrund stellen.“

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Trotzdem sind auch die Ge­nos­s:in­nen in Sachsen äußerst besorgt. Anfang Juni traf sich der Landesvorstand und beriet über mögliche Gegenstrategien. „Nunmehr erreichen uns vermehrt Informationen, dass diese Neugründung in der zweiten Jahreshälfte hier in Sachsen stattfinden soll“, heißt es in einem ohne Gegenstimmen verabschiedeten Beschluss des Gremiums. Für dieses „Spaltungsprojekt“ würden mehr oder weniger im Geheimen „verdiente und qualifizierte Genossinnen und Genossen angesprochen“.

Dieses Problem wolle der Landesvorstand nun offensiv und transparent angehen. So sollen die rund 6.400 Mitglieder angeschrieben werden, und zwar im Namen aller Landesvorsitzenden seit 1990. Auch die Abgeordneten in Kreistagen, Stadträten und im Landtag sollen kontaktiert werden. Außerdem soll geprüft werden, „welche administrativen Aufgaben und rechtlichen Fragestellungen im Zuge einer möglichen Parteineugründung auf den Landesverband zukommen“.

In Sachsen-Anhalt ist die Partei ebenfalls alarmiert. „Wir sind seit Monaten in Gesprächen mit den Kreisverbänden und Ortsverbänden über eine mögliche Spaltung und nehmen große Sorge wie auch viel Unverständnis über Sahras Vorgehen wahr“, sagte die Landesvorsitzende Janina Böttger der taz.

Auch im Westen ist die Lage angespannt. „Natürlich gibt es auch im größten Landesverband Genoss:innen, die mehr oder weniger aktiv für eine Abspaltung von der Linken werben“, sagte die NRW-Landesvorsitzende Kathrin Vogler der taz. Selbstverständlich könne es nach dem Beschluss des Parteivorstands nicht einfach so weitergehen wie bisher. „Uns geht es darum, die Partei aus ihrer tiefsten Krise wieder herauszuführen und sie als die linke Opposition gegen Sozialabbau, Wohnungsnot und unsicheres Leben sichtbar und erfolgreich zu machen“, sagte Vogler.

Die Landesvorstände der Linken haben vereinbart, sich besser zu vernetzen. Die Partei wappnet sich. Dass das Konkurrenzprojekt von Wagenknecht noch zu verhindern ist, glaubt kaum jemand.

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20 Kommentare

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  • Skatelefants , Moderator

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • "Beweis z.B., im WIDERWILLEN GEGEN ALLEN PERSONENKULTUS, habe ich während der Zeit der Internationalen die zahlreichen Anerkennungsmanöver, womit ich von verschiedenen Ländern aus molestiert ward, nie in den Bereich der Publizität dringen lassen, und habe auch nie darauf geantwortet, außer hie und da durch Rüffel. Der erste Eintritt von Engels und mir in die geheime Communistengesellschaft geschah nur unter der Bedingung, daß alles aus den Statuten entfernt würde, was dem AUTORITÄTSABERGLAUBEN förderlich."



    -- Karl Marx' Brief an Wilhelm Blos, 10.11.1877. Hervorhebungen von mir.

    Wagenknecht ist ein Musterbeispiel einer Marxistin - aber halt nur jenem Universum, in dem Mr. Spock ein Ziegenbärtchen trägt, und Intendantin Nerys die Autokratin der klingonisch-cardassianischen Raumstation Terok Nor ist.

  • Was sind denn überhaupt die gravierenden Unterschiede zwischen Frau Wagenknecht und dem Vorstand der Linken? Welche politischen Ziele vertritt Frau Wagenknecht, welche nicht vereinbar sind mit der Position der Partei? Mir geht hierbei explizit nicht um Polemik sondern um konkrete Forderungen und Standpunkte der beiden Seiten. Gab es jemals eine ruhige sachliche Diskussion zwischen beiden Seiten?



    Die Abspaltung bzw. "Drohung" der Gründung einer eigenen Partei ist natürlich ein schwere Fauxpas, aber wie kam es soweit?

    Es fällt mir schwer die permanenten Streitereien in Linken Kreisen nachzuvollziehen. Die Positionen liegen in der Regel doch gar nicht soweit entfernt von einander.

  • Wieso sollte irgendjemand sein Mandat zurückgeben?



    Die Abgeordneten sind persönlich gewählt, nicht als Parteisoldaten.



    Diese irrige Vorstellung von Parteien ist eines der größten Probleme der deutschen Demokratie, wenn auch nicht der Linkspartei.



    Nicht zuletzt haben die Gewählten auch im Wahlkampf dazu beigetragen, Stimmen zu gewinnen.



    Ich glaube nicht, dass.die weltgerechte und auf Diskriminierungsfreiheit konzentrierte Restlinke irgendeine Chance auf das Parlament hat.



    Wir brauchen eine Linke, die den sozialen Ausgleich ins Zentrum ihrer Politik stellt. Das fehlt!

  • Wenn man ja diversen Berichten glauben darf, dann ist eine linke Partei unter Führung Wagenknechts der Albtraum der AfD, weil diese sehr viele linke Protestwähler der AfD wieder wegnehmen könnte. Empfindlich viele Protestwähler.

    Von daher - bitte machen, alles, was die AfD klein hält, ist eine gute Sache für die Demokratie!

  • Wenn eine Wagenknecht-Partei (sollte sie denn kommen) Wähler gewinnen kann, welchen als Alternative zur herrschenden Politik momentan nur die AfD bleibt, sollte man sie dankbar begrüßen.

  • Divide et impera - teile und herrsche ist Wagenknechts Devise.

  • "Eine solche Wagenknecht-Partei, die sich gesellschafts- und migrationspolitisch rechts und sozialpolitisch links verortet..."

    Ich finde es für Journalistinnen und Journalisten mit hohem Anspruch an die Qualität ihrer Arbeit bedenklich, wenn alzuschnell die Attribute "links" oder "rechts" bedient werden.

    Frau Wagenknecht benennt ihr Projekt "links-konservativ" und sie erklärt diesen Begriff in ihrem Buch auch. Das hat aber nicht automatisch etwas mit "rechts" zu tun.

    Es ist doch eine Tatsache, dass es in unserem Land gravierende Probleme gibt, auf die es keine einfachen Lösungen gibt. Migration, Klimawandel, Ukrainekrieg, bis vor kurzem noch Corona, um nur einige zu nennen.

    20% Zustimmung für die AfD in Umfragen bedeuten nicht automatisch, dass die Bevölkerung "rechts" ist.



    Vielmehr erlebe ich sie als Ausdruck von Ärger und Ohnmacht, dass gravierende Problemlagen in Politik und Medien (die so genannte "vierte Gewalt") nicht ausreichend gewürdigt und zumindest debattiert werden.

    Wie bekommen wir die Leute von der AfD wieder abgezogen? Doch nur, indem wir ihre Sorgen und Ängste ernst nehmen und dann daraus progressiev linke Lösungen debattieren und ableiten.

    Also liebe TAZ - bitte wieder mehr Kontroverse und Offenheit für Meinungsvielfalt!

    Es ist gut, dass versucht wird, aus dem Parteivorstand heraus klare Linien zu zeichnen. Die linke Bewegung muss eine möglichst starke Kraft bleiben. Abspaltungen braucht da keiner.



    Das gelingt aber nur, wenn alle - auch linke Medien, anerkennen, dass die Fragen der Zeit keine einfachen und bequemen Antworten parat haben.

    • @TTT:

      Sie ist eine Populistin, die den Umsturz will und passt eben mal gut zur AFD. Daran beißt die Maus keinen Faden ab.

    • @TTT:

      "Das hat aber nicht automatisch etwas mit "rechts" zu tun."



      Lassen wir sie doch mal selbst zu Wort kommen:



      "Natürlich ist eine junge Familie nicht erfreut, wenn sie noch länger auf eine der spärlich gesäten Sozialwohnungen warten muss, weil auch immer mehr Einwanderer auf der Liste stehen."



      "Der Staat muss jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können."



      "Nationen entstehen durch eine gemeinsame Kultur und Sprache, durch geteilte Werte, gemeinsame Traditionen, Mythen und Erzählungen."



      "Gemeinsame Identitäten beruhen auf gemeinsamen Erzählungen, die Werte, Normen und Verhaltungsregeln festlegen. Viele Bräuche und Traditionen haben gerade darin ihren Wert, Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit zu vermitteln und so gegenseitige Loyalitätsgefühle zu schaffen."



      "Der Linksliberalismus stellt den Gemeinschaftswerten, die er wahlweise als überholt abqualifiziert oder als nationalistisch und wohlstandschauvinistisch verdammt, seine Idee einer offenen Gesellschaft entgegen"



      Sie ist gegen Migration, vertritt ein mythologisch grundiertes Nationalitätskonzept, das an völkisches Denken mindestens mal anschlussfähig ist und will eher eine illiberale als eine offene Gesellschaft. Das ist rechts.



      "Probleme gibt, auf die es keine einfachen Lösungen gibt. Migration, Klimawandel, Ukrainekrieg"



      Nur wie sehen denn die wagenknechtschen Antworten darauf aus? Migration (die wir übrigens brauchen Demographie/Fachkräftemangel) und ebenso Flucht und Asyl (ein Menschenrecht) sollen verhindert werden, das 'Problem' Ukrainekrieg soll gelöst werden indem man der Ukraine die Unterstützung verweigert und sie zum russischen Protektorat werden lässt und ihre Antwort auf die Klimakatastrophe lautet Regulierung der Wirtschaft bei dem gleichzeitigen Versprechen, dass sich für den einfachen Arbeiter nichts ändert und er Strom und Steak genauso billig bekommt wie bislang.

    • @TTT:

      Ich kann Ihnen nur zustimmen. Diese Verordnung von rechts und links, ist sehr gefährlich.



      S.W nach rechts zu schieben ist unfassbar.

    • @TTT:

      "Doch nur, indem wir ihre Sorgen und Ängste ernst nehmen und dann daraus progressiev linke Lösungen debattieren und ableiten." – Das kann ich langsam nicht mehr hören.

      Die AfD Wähler, die ich kenne, haben Sorgen und Ängste, die völlig an den Haaren herbeigezogen sind. "Informieren" sich aus Quellen, die man nicht mal mehr fragwürdig nennen kann.

      Mit diesen Leuten scheint mir kein Dialog mehr möglich. Jedes von mir versuchte Gespräch erschöpfte sich in mechanischem Widerspruch. Nach außen, wie auch im Gedankengebilde selbst.

      Mittlerweile ist es bei Personen in meiner Verwandtschaft so weit gekommen, dass der Demokratie als solches an allem die Schuld zugewiesen wird. Politiker sind da ohne Unterschied alles Verbrecher. Merkwürdigerweise ist es in der Denke möglich, die Akteure der AfD gleichzeitig als genauso korrupt und verdorben wie den Rest, aber trotzdem als Lichtgestalten wahrzunehmen.

      Ich habe keine Antwort auf all das. Aber „Sorgen und Ängste“ ernst nehmen führt meines Erachtens nur dazu, dass die herbeifantasierten Ängste auch noch bestärkt werden und immer mehr den Diskurs bestimmen.

      • 8G
        80410 (Profil gelöscht)
        @Helmut Fuchs:

        Das ist sicher richtig, aber auch nur ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich hat die Demokratie leider aktuell quer durch die ganze Bevölkerung keinen guten Stand. Aktuelle Studien zeichnen da ein erschreckendes Bild: www.fes.de/studie-...auen-in-demokratie

        Je nach politischer Position ist sie angeblich entweder korrupt, ineffizient, bringt nicht die "richtigen" (also gewünschten) Ergebnisse oder ist nicht repressiv genug - oder alles zusammen. Als Reaktion darauf werden Überwachungsansätze verschärft netzpolitik.org/20...g-und-anonymitaet/ und Grundrechten wie das Asyrecht taz.de/Streit-um-E...ylgesetz/!5940550/ oder das Demonstrationsrecht www.hessenschau.de...schlossen-100.html angegangen.

        Was da in manchen öffentlichen Vorträgen oder Debatten (gerade auch abseits der Politik) als "Utopie" verkauft wird lässt schon die Frage aufkommen, wohin diese Reise voller Angst uns eigentlich führt. Dass eine Angstgesellschaft im Autoritären mündet ist auch nicht neu ...

  • Leider haben die Protagonisten, die Existenzberechtigung dieser Partei in jeder hinsicht sabotiert.



    Mit "Rechthaben wollen", "schmuck am Nachthemd" - Forderungen und "wünsch dir was", erreicht man keine Wähler.

  • Lieber Pascal, liebe Anna,

    ihr schreibt in eurem Beitrag, dem ich weit gehend zustimme: "Eine solche Wagenknecht-Partei, die sich gesellschafts- und migrationspolitisch rechts und sozialpolitisch links verortet, ...". Dieser Einordnung kann ist nicht folgen. Wagenknecht beschränkt Sozialpolitik und Solidarität auf die Mitglieder einer sozialen Gruppe, konkret auf die Staatsangehörigen der Bundesrepublik. Aus meiner Sicht ist das keine linke sozialpolitische Position, sondern eine rechte Position, da sie zwischen "uns" und den "anderen" in einer ab- bzw. ausgrenzenden Weise unterscheidet. Solidarität (und auch ihr christliches Vorbild, die Nächstenliebe) ist nach linker Lesart nicht auf die eigene Gruppe beschränkt, bedeutet also nicht Gruppenegoismus, sondern bezieht im Sinne der allgemeinen Menschenrechte grundsätzlich alle Menschen ein, weil sie allen Menschen prinzipiell ein gleiches Existenzrecht zuspricht. Deshalb scheinen mir gerade die sozialpolitischen Positionen von Wagenknecht (wie auch von Lafontaine) extrem rechte Positionen zu spiegeln. Dem entsprechend sehe ich Wagenknechts Positionen (wie auch Lafontaines Positionen) auch nicht als widersprüchlich an, sondern als konsistent rechst. Solidarität (oder auch Nächstenliebe) endet nicht an den Grenzen der Nationalstaaten, sondern gilt, wie die Menschenrechte, universal. Dass das in der praktischen Umsetzung nicht einfach, sondern oft widersprüchlich ist, ist sicher auch richtig, das ist für mich aber kein Grund, den universalen Anspruch von Solidarität aufzugeben.

  • Ein Störfaktor wie Wagenknecht ist natürlich ein Problem für jede Partei. Schade, dass sie zu keiner Kooperation fähig ist und immer nur sich selbst projiziert. Wenn sie aus ihrer Einstellung eine Partei formen könnte, wäre das interessant. Aber wer will in eine Wagenknecht-Partei, wenn die Wortführerin ALLES bestimmt?

  • So zerlegt sich eine Partei selbst. Ein Lehrstück wie aus einem Schulbuch.

    Weiter so!

  • Die Linke ohne Wagenknecht und alle "ihre" Leute wird schwächer sein als vorher. Gut daran finde ich aber, dass der Parteivorstand sich jetzt endlich mal selbst überlegen muss, wofür man eigentlich steht. Nach allem, was ich bisher gesehen habe, wird man aber wieder (wie letztes Jahr) zum "großen Aufbruch" beim Parteitag aufrufen und danach nichts relevantes auf die Beine stellen (der "heiße Herbst" letztes Jahr war ein schlechter Scherz, und zur Ukraine ist keine konsistente Linie des Bundesvorstandes erkennbar). Eine Partei, bei der ich als Mitglied nicht sagen kann, wie sie zu den relevanten politischen Fragen des Tages steht, ist schlecht geführt. Mal ganz abgesehen davon, dass man auf diese Weise den Anspruch, eine "linke Sammlungsbewegung für alle Strömungen" zu sein, endgültig aufgibt - im Endeffekt wegen einer Person.

    Wagenknecht hat der eigenen Partei wiederholt und absichtlich ins Knie geschossen. Dass dies nicht ewig hinnehmbar ist, ist klar. Was die (mit zumindest Amira Mohamed-Ali offenbar nicht abgestimmte) Verlautbarung jetzt am Wochenende sollte, ist mir aber auch nicht ganz klar. Sahra Wagenknecht wird ihr Mandat mit Sicherheit nicht zurückgeben, und die Partei hat keine rechtliche Handhabe, sie dazu zu zwingen. Es handelt sich de facto also um reine Symbolpolitik.

    • @Agarack:

      Die Linke muss einen progressiven statt destruktiven Ersatz für WP finden.



      Ypsilanti steht ja jetzt ohne Partei da und hat im Gegensatz zu S.W. eine gefestigte linke Gesellschaftsgesinnung.



      WP ist wirtschaftslinks, politisch und gesellschaftlich aber in Prä-89 -Starrsinn gefangen. Ich hoffe, das sie damit viele AfD Wähler abspenstig machen kann - Führer kann sie ja und sich zu kurz gekommen Fühlende, die den Pelz gewaschen bekommen möchten, ohne dabei nass zu werden, gibt es da auch genug.



      Ypsilanti könnte dagegen bei der Linken auch Gesellschaftsprogressives Gutmenschentum (meine ich positiv-lieber eine positive als negative Weltsicht haben) gut vermitteln.



      Insbesondere bei all jenen, die keine Lösung einer Schlechten Vorziehen.



      Und somit mithelfen, zu verhindern, dass die Linke der Weg von DKP u.a. zur politischen Anekdote erspart bleibt.

  • Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende



    Die Wähler wollen wissen, woran sie mit der Linken sind. Das war in den letzten Jahren nicht mehr wirklich klar, weshalb die Linken viele Wähler verloren haben. Mit dem wahrscheinlichen Abgang von Wagenknecht werden auch ihre Anhänger die Linken verlassen und ihr folgen.



    Wenn aber die Linke wieder ein klares linkes Profil zeigt und geschlossen nach außen auftritt, statt sich dauernd streiten, dann werden sie wohl wieder einen Teil der Altwähler zurück erhalten. Ich glaube aber nicht daran, dass die Linke die 10% in den nächsten Jahren wieder erreichen kann, sie bleibt eine kleine Partei.