Studie zu Schul­ab­bre­che­r:in­nen: Teure Verluste

6,2 Prozent eines Jahrgangs verlassen die Schule ohne Abschluss, oft Mi­gran­t:in­nen und Kinder aus armen Familien. Ein Armutszeugnis für das System.

Blick von oben: Eine Schülerin sitzt während der Abiturprüfung an einem Tisch - darauf liegen ihre Bücher und Stifte

Mehr Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss – hier eine Schülerin während der Abiprüfung Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Was für eine Verschwendung von Potenzial: 47.500 junge Menschen beendeten 2022 ihre Schullaufbahn ohne Abschlusszeugnis, zeigt die jüngste Bildungserhebung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Das sind 6,2 Prozent dieser Altersgruppe in Deutschland. Zwei Drittel dieser jungen Menschen arbeiten danach als ungelernte Hilfskräfte – sie machen also keine Berufsausbildung nach der Schulzeit. Viele finden auch überhaupt keinen Job, die Arbeitslosenquote bei den 20- bis 34-Jährigen ist sechsmal so hoch wie bei den Gleichaltrigen mit Abschlusszeugnis.

Dabei sind diese jungen Menschen keineswegs ungeeignet für den Arbeitsmarkt, dem es bekanntlich in vielen gesellschaftlich sehr relevanten Bereichen – Pflege, Kitas, Schulen, Handwerker – an ausgebildeten Fachkräften schwer mangelt. Denn was die Gütersloher Studie auch feststellt: Die Leistungen in den bundesweiten Vergleichsarbeiten, die alle Schü­le­r*innen in regelmäßigen Abständen während der Schulzeit schreiben müssen, stimmen nicht überein mit den Zahlen zu Schü­le­r*in­nen ohne Abschluss. Mit anderen Worten: Es kann durchaus sein, dass die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen sitzen, auch ohne Hauptschulzeugnis.

Bitter, dass man die Jugendlichen trotzdem auf dem Weg zum Schulabschluss verliert – denn es liegt ja offenbar nicht an ihnen. Bitter auch, dass sich dieser Befund seit 2011, so weit schaut die Studie zurück, nicht geändert hat. Die zwei wichtigsten Risikofaktoren sind ebenfalls immer dieselben geblieben: Migrationshintergrund und Armut. Jungs sind gefährdeter als Mädchen.

Jugendliche nicht auszubilden, kostet – vor allem die Gesellschaft. Pflegekräfte, die fehlen, Handwerker*innen, die eigentlich Schulen bauen müssten. Fehlen in den Kitas Er­zie­he­r*in­nen, sind es in der Regel die Frauen, die länger zu Hause bei den Kindern bleiben und (zu) lange Teilzeit arbeiten, bis die Altersarmut droht. Was für eine Verschwendung also in den Schulen – tragisch für je­de*n Einzelnen. Und obendrein schlecht für die Wirtschaft.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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