Osteuropa-Expert:innen über Frieden in Ukraine: „Regimewechsel ist kein Kriegsziel“

Putin ist ein Gefangener der neoimperialen Idee, sagen Gwendolyn Sasse und Jörg Baberowski. Ein Streitgespräch über die Einflussmöglichkeiten des Westens.

Gwendolyn Sasse sitzt links neben Jörg Baberowski auf einer Couch, beide tragen Sakkos und schauen sich an, Baberowski hat die Arme verschränkt

Versammelte Osteuropa-Expertise: Gwendolyn Sasse und Jörg Baberowski beim taz-Streitgespräch Foto: Stefanie Loos

taz: Frau Sasse, Herr Baberowski, was haben Sie am 24. Februar 2022 gedacht?

Gwendolyn Sasse: Ich war über das Ausmaß der Invasion erstaunt. Putin hatte ja am 21. Februar eine Rede gehalten, die klar machte, dass eine Eskalation bevorsteht. Aber Luftangriffe auf Städte in der gesamten Ukraine – das konnte ich mir schwer vorstellen.

Jörg Baberowski: Ich war an diesem Tag wie gelähmt. Ich hatte den Angriff für unmöglich gehalten. Putin erschien mir immer als kühler Machttaktiker. Ich hatte mich getäuscht.

Viele erwarteten im März 2022, dass Putin die Unterstützung in Russland bald verliert.

52, ist Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und Internationale Studien in Berlin und Professorin für Demokratie- und Autoritarismusforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Jahr 2022 erschien ihr Buch „Der Krieg gegen die Ukraine. Hintergründe, Ereignisse, Folgen“, C. H. Beck.

Baberowski: Ja, auch in dieser Frage habe ich mich getäuscht. Das Regime öffnete die Grenzen, Hunderttausende verließen Russland. Das war ein geschickter Zug, um die Opposition zu schwächen – alle, die nicht einverstanden waren, sind gegangen.

Sasse: Es gab Anfang März durchaus beeindruckende Proteste, die radikal niedergeschlagen wurden. Russland ist ein autoritäres System mit einer atomisierten Gesellschaft. Der Wandel wird nicht aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Wenn in Russland etwas aufbricht, wird das in den Eliten passieren, im Militär oder im Sicherheitsapparat, dem die Kriegskosten – Menschenleben und wirtschaftliche Probleme – zu hoch erscheinen.

61, ist Professor für Osteuropa-Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist Spezialist für die Geschichte der Sowjetunion. Bekannt wurde er mit dem 2012 erschienenen Buch „Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt“, C. H. Beck.

Baberowski: Einverstanden. Aber auch von der Elite sollte man sich nicht zu viel erhoffen. Wenn der Krieg verloren geht, wird Putin möglicherweise durch jemanden ersetzt, der noch härter und rücksichtsloser ist als er selbst. Mein Vertrauen darauf, dass liberale Eliten es besser machen werden, ist gering.

Sasse: Nicht liberaler, vielleicht sogar noch autoritärer, aber möglicherweise pragmatischer im Kostenkalkül.

Welchen Charakter hat dieser Krieg: Ist das ein Konflikt zwischen Demokratie und Diktatur? Oder ein Krieg zwischen zwei oligarchischen Systemen?

Sasse: Das ist kein Krieg zwischen zwei oligarchischen Systemen, sondern einer zwischen politischen Ordnungen. Ein wesentlicher Grund für den russischen Angriff ist, dass die Ukraine ein demokratisches oder doch ein sich demokratisierendes System ist. Das bedeutet eine Gefahr für das Regime in Russland. Deshalb hat Putin zu diesem extremen Mittel gegriffen. Dazu gehört die neoimperiale Machtprojektion. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.

Also Diktatur versus Demokratie, Herr Baberowski?

Baberowski: Ich sehe es etwas anders. Dieser Krieg kommt aus dem Gegensatz zwischen Imperium und Nationalstaat. Die Ukraine darf in Putins neoimperialer Perspektive nicht selbstständig sein, weil er sie als Teil des verloren gegangenen Imperiums versteht. Putin ist ein Gefangener dieser Idee, und er glaubte zu Beginn des Kriegs, dass die Ukrainer nur darauf warteten, in das Imperium zurückzukehren. Das ist auch eine Frage der Generation. Putin und seine Gefolgsleute sind Sowjetmenschen, die mit der imperialen Idee aufgewachsen sind. Die meisten prominenten ukrainischen Politiker sind jünger, haben andere Erfahrungen gemacht.

Sasse: Ich halte „Diktatur versus Demokratie“ und „Imperium versus Nationalstaat“ nicht für Gegensätze, sondern für zwei Seiten des Gleichen. Die Ukraine hat 1991 die Unabhängigkeit gewählt und sich bewusst vom Imperium entfernt. Russland kann das als Kolonialmacht nicht zulassen.

Baberowski: Sergei Witte, Premierminister des Zaren Nikolaus II., schrieb in seinen Erinnerungen: Russlands Dilemma sei, dass es nicht Nation, sondern nur Imperium sein könne. Solange Russland Imperium sei, müsse es Integrationsleistungen erbringen, die seine Kräfte überstiegen. Darin sah Witte die Wurzel der Gewalt. Auch die russländische Föderation der Gegenwart ist ein Imperium, will und kann Nationalstaat nicht sein, weil sich seine politischen Eliten als Nachlassverwalter der Sowjetunion sehen. Russland muss sich vom Imperium verabschieden, so wie die Republiken der ehemaligen Sowjetunion sich von seiner Verteufelung verabschieden müssen. Erst wenn beide Seiten die Geschichte ruhen lassen können, eröffnet sich ein Weg ins Freie.

Olexi Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, fordert: „Der wahre Sieg der Ukraine ist der Zerfall Russlands, sein Verschwinden als kohärentes Subjekt der Geschichte und Politik.“ Ist das ein legitimes Kriegsziel?

Sasse: Von ukrainischer Seite ist das eine legitime Formulierung. Allerdings ist es kein realistisches Szenario. Russland wird als Akteur nicht von der Landkarte verschwinden. In Mittel- und Osteuropa glauben manche, dass die russländische Föderation in Teile zerbrechen sollte. Aber der Westen teilt dieses Ziel nicht. Russland kann sich verändern, Teile könnten sich abspalten. Aber das kann man von außen nicht beeinflussen. Ein Paradox dieses Krieges ist: Er sollte Russland stärken – und jetzt gerät sogar sein Zerfall in den Bereich des Vorstellbaren.

Baberowski: Danilow formuliert ein Maximalziel. Er weiß selbst, dass es unerreichbar ist. Dieser Krieg wird irgendwann zu Ende gehen, und die Gegner von einst werden Nachbarn bleiben. Ein unkontrollierter, gewaltsamer Zerfall Russlands ist nicht im Interesse Europas, auch nicht im Interesse der Ukraine. Ich mag mir nicht ausmalen, was geschehen könnte, wenn Russland zerbräche, Warlords regierten, wenn interethnische Konflikte ausbrächen, Aserbaidschan und Armenien sich wieder in einen blutigen Krieg verwickelten oder Dagestan zerfiele. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass sich Russland von innen verändert.

Wie empfinden Sie die deutsche Debatte über den Krieg?

Baberowski: Mich verstört das patriotische Geschrei, das Lob des Krieges, das in Deutschland wieder angestimmt wird. Die Wehrdienstverweigerer und Pazifisten von gestern sprechen von Völkern, tapferen Männern, schwenken Fahnen. Ich mag mich an diese Sprache nicht gewöhnen.

Sasse: Übertriebenen Patriotismus sehe ich in Deutschland nicht. Westliche Akteure wägen jeden Schritt lange ab. Es kann keine Rede davon sein, dass Regierungen wie im Ersten Weltkrieg wie Schlafwandler in einen Krieg taumeln. Die deutsche Gesellschaft, hat erstaunlich empathisch auf diesen Krieg reagiert. Die Ukraine hat auf der mentalen Landkarte der Deutschen ja zuvor gar nicht existiert.

Im Westen denken einige, dass Russland den Krieg verlieren muss, bevor – wie mehrfach in der russischen Geschichte – ein Regime Changefolgen kann. Ist das eine gute Idee?

Baberowski:Nicht jeder Regimewechsel bewirkt, was man sich von ihm verspricht. Der Zerfall des Zarenreichs führte in den Bürgerkrieg, dem zehn Millionen Menschen zum Opfer fielen, und er war der Geburtsort der bolschewistischen Diktatur. In den 1990er Jahren gab es zwar Anarchie, Kriminalität und Armut, aber auch den Versuch, den Wandel auf friedliche Weise zu bewältigen; es gab eine mehr oder weniger freie Presse, einen gewaltfreien Kommunikationsprozess zwischen dem Zentrum und der Peripherie. Es kommt darauf an, eine Situation herzustellen, in der sich solcher Wandel friedlich vollziehen kann.

Sasse: Es ist falsch, einen Regime Change in Russland jetzt als Kriegsziel zu definieren. Es geht darum, die Ukraine mit westlicher Unterstützung in die Lage zu versetzen, dass sie verhandeln kann. Die Debatte über einen Regimewechsel in Russland lenkt davon nur ab.

Was ist das Kriegsziel – die Grenze vom 23. Februar 2022 oder die Rückeroberung der Krim?

Baberowski: Die Ukraine will alle Gebiete zurückerobern, die seit 2014 annektiert worden sind. Das ist ein legitimes Kriegsziel. Die Rückeroberung der Krim aber würde zu ethnischen Säuberungen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen. Russland würde es als Angriff auf eigenes Territorium verstehen. Die westlichen Regierungen sollten dieses Ziel nicht unterstützen, sondern Waffenlieferungen mit der Bedingung verknüpfen, von Maximalforderungen abzurücken.

Und die Krim verloren geben?

Baberowski: Nicht unbedingt. Warum soll im Frieden nicht möglich sein, dass sich die politischen Verhältnisse ändern? Man kann im Frieden vielleicht erreichen, was jetzt nur mit großen Opfern möglich wäre.

Sasse: Diese Frage stellt sich momentan doch gar nicht. Wir müssen vielmehr daran erinnern, dass die ukrainische Seite nur Wochen nach dem 24. Februar sehr viel angeboten hat: Neutralität, Rückkehr zu den Grenzen des 23. Februar, die Krim sollte für 15 Jahre bleiben, wie sie ist, um dann erst darüber zu entscheiden. Das hat Moskau vom Tisch gewischt. Ich finde es völlig verständlich, dass weder Selenskyj noch die ukrainische Gesellschaft derzeit territoriale Konzessionen mittragen wollen.

Also gibt der Westen Kyjiw freie Hand?

Sasse: Die ukrainische Regierung hat die Ansätze zu Verhandlungen mehrfach dynamisch an das Kriegsgeschehen angepasst. Wir wissen nicht, wie der Krieg weitergeht. Jetzt schon zu fixieren, was man der Ukraine alles verbieten will, halte ich für falsch. Worüber man am Ende verhandelt, wird sich vielleicht in den nächsten Monaten zeigen.

Baberowski: Wir können diese Frage nicht nur moralisch beantworten, wir müssen mit ihr auch verantwortungsethisch umgehen. Der Krieg sollte so schnell wie möglich enden, Verhandlungen sollten so schnell wie möglich beginnen. Wir müssen uns vergegenwärtigen, was es bedeutet, sollte sich der Krieg noch um zwei oder drei Jahre fortsetzen. Eine ganze Generation von Männern wird auf den Schlachtfeldern zurückbleiben. Der Krieg verändert alle sozialen Beziehungen zwischen Menschen, er verändert das Leben fundamental. Nichts wird mehr sein wie zuvor, Millionen werden traumatisiert sein. Das kann auch nicht im Interesse der Ukraine sein.

Sasse: Zur Verantwortungsethik gehört auch: Warum fragen wir immer, was die Ukraine aufgeben muss, welche Territorien sie nicht zurückfordern soll? Ich weiß nicht, wie der Krieg weitergeht, und maße mir nicht an, der Ukraine vorzuschreiben, auf welche Gebiete sie verzichten muss. In all den Manifesten für Frieden findet sich kein Wort dazu, wie man denn Putin dazu bewegt, zu verhandeln. Die Forderungen werden nur an die Ukraine adressiert. Das ist einseitig.

Baberowski: Wir adressieren die Seite, auf die wir Einfluss haben.

Sasse: Aber zur Verantwortungsethik gehört ein realistisches Bild von den Gebieten, auf die die Ukraine verzichten soll. Auf der Krim herrscht seit 2014 ein repressives System, das nicht zu einer Befriedung geführt hat. Das Gleiche gilt für die besetzten Teilen des Donbass und die von Russland 2022 okkupierten Gebiete. Es ist problematisch, diese einfach auszuklammern.

Baberowski: Das stelle ich nicht in Abrede. Aber: Wenn der Krieg länger dauert, wenn es in der Ukraine zu Versorgungsengpässen kommt, die Zahl der Toten und Versehrten ins Unermessliche steigt, dann muss man sich fragen: Ist es diesen Preis wert? Kann man diese Opfer verantworten, wenn am Ende niemand siegen wird? Russlands Regime profitiert von diesem Krieg, weil es ihn nutzt, um seine Macht im Inneren auszuweiten. Unter Friedensbedingungen sind vielleicht auch die Möglichkeiten, Widerstand zu leisten, größer als im Krieg. Auch in der Ukraine wird der Moment kommen, an dem sich manche fragen: Lohnt es sich, diesen Krieg um jeden Preis fortzusetzen?

Sasse: Das Ziel der westlichen Unterstützung ist es, die Kalkulation der russischen Seite zu beeinflussen. Dieses Frühjahr wird entscheidend werden. Dann gibt es dank westlicher Waffenlieferungen immerhin die Möglichkeit, okkupierte Gebiete zurückzuerobern – und die russische Seite muss reagieren. Die Annahme, dass Russland selbstverständlich über mehr Ressourcen an Menschen und Material verfügt, ist erschüttert. Russland verbraucht schon jetzt enorm viel Ressourcen, hat hohe Kosten und kommt militärisch trotzdem nicht vorwärts. Wir reden nicht über Jahre, sondern über einen absehbaren, planbaren Zeitrahmen. Jetzt all dem vorzugreifen und von außen zu sagen: „Es reicht, jetzt sind die Kosten zu hoch“, erscheint mir willkürlich.

Baberowski: Russland hat seine Wirtschaft auf den Krieg ausgerichtet. Sie produziert in großer Zahl Panzer und Raketen, während die Ukraine Schwierigkeiten hat, ihren Nachschub an Munition zu organisieren und die Besatzungen für die Panzer auszubilden, die sie aus dem Westen erhalten hat. Es spricht daher viel für einen langwierigen Zermürbungskrieg. In der russischen Kultur des Krieges werden Strategie und Taktik durch Material und Masse, Rücksichtslosigkeit und Terror kompensiert. Ich fürchte, dass es nun wieder so sein wird.

Manche glauben, dass die Ukraine durch den Befreiungskrieg zur Nation wird. Ist das so?

Sasse: Nein, ich finde dieses Narrativ problematisch. Die Ukraine war schon vor dem Krieg eine Nation. Es gab zentrale Momente der Nationwerdung wie die Massenmobilisierung durch die Orange Revolution 2004, den Euromaidan 2013, den Kampf gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit. Diese Bewegungen waren nicht nur auf Kyjiw oder die Westukraine beschränkt. Diese Nationwerdung ist von außen übersehen worden. Man hat von außen auch die ethnische, sprachliche, regionale Diversität überschätzt. Die Ukraine konstituiert sich als Staatsnation nicht erst jetzt – aber sie wird durch den Krieg gestärkt.

Baberowski: Nationen entstehen nicht in den Schützengräben, sondern in Zeitungsredaktionen. Wer in der Schlacht gewesen ist, findet an den Heldengeschichten gewöhnlich selten Gefallen.

Sasse: Ich sehe in der Ukraine keine Heroisierung des Krieges. Die Ukraine ist als Staat und Nation kein Produkt dieses Krieges. Vielmehr leisten nur deshalb so viele militärischen und zivilen Widerstand, weil es die Identifikation der Gesellschaft mit der Nation schon gab. Nur deshalb funktioniert die Mobilisierung im Krieg. Denn es geht um die Existenz der unabhängigen ukrainischen Nation.

Baberowski: Einverstanden. Die Einigung der Ukraine hat sich vor dem Krieg ereignet. Aber ich bin dennoch pessimistisch. Denn ein langer Krieg wird die ukrainische Gesellschaft verändern. Die Gewalt des Krieges wird nicht jene treffen, die über ihn schreiben, sondern jene, die ihn erleiden. Ich denke an die Afghanistankämpfer in der Sowjetunion, die mit amputierten Beinen auf Skateboards durch Moskau rollten. Wir vergessen, was der Krieg in den Seelen und Körpern von Menschen anrichtet.

Selenskyj hat verkündet, es gebe so gut wie keine Korruption mehr in der Ukraine. Wenn man sich den Bericht des Europäischen Rechnungshofs von 2021 anschaut, ist das eine überraschende Ansage. Sogar im Verteidigungsministerium gab es kürzlich Korruption.

Sasse: Selenskyj und sein Apparat haben schnell mit Entlassungen auf die Fälle im Verteidigungsministerium reagiert und so ein starkes Signal gesendet. Nämlich: Das geht nicht, auch nicht, wenn es seine eigenen Leute sind. Dieses schnelle, eindeutige Zeichen war wichtig.

Ist das keine zu freundliche Deutung?

Sasse: Ich rede Korruption nicht klein. Die gab es, und es wird sie auch beim Wiederaufbau geben. Die EU muss daher Kontrollmechanismen einbauen. Aber ich finde es problematisch, dass in unserem Bild der Ukraine Korruption ein so großes Thema ist – während die vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen und das ausgeprägte bürgerschaftliche Engagement darin nicht vorkommen.

Baberowski: Die Korruption erscheint nur deshalb als besonders verwerflich, wenn man die Ukraine als demokratischen, europäischen Musterstaat idealisiert. Korruption gibt es auch anderswo. Wir sollten die Ukraine nicht zum Christus der Völker erklären.

Sasse: Das tue ich nicht.

Baberowski: Natürlich nicht, aber es gibt solche Ansprachen. In Wahrheit geht es in diesem Krieg nicht um Demokratie, nicht um die Verteidigung europäischer Werte, was immer das sein mag, sondern darum, dass die Ukraine ihr Territorium gegen einen Angreifer verteidigt. Je mehr man die Ukraine idealisiert, desto größer werden am Ende die Enttäuschungen sein. Russland wird von einer autoritären Ordnung beherrscht. Und die Ukraine ist eine Demokratie mit vielen Mängeln. Wie könnte es auch anders sein.

Sasse: Ja, aber es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen dem russischen und dem ukrainischen System. Russland hat eine atomisierte politische Gesellschaft, die Repressionen ausgesetzt ist. In der Ukraine gibt es gesellschaftliches Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, das durch die Aussicht auf den EU-Beitritt noch gefördert wird. In der Ukraine ist fast jeder Einzelne am Krieg beteiligt, in Russland versuchen sehr viele wegzuschauen. Größer könnte der Kontrast nicht sein.

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