Geflüchtete auf dem Land: Besser in die Städte

Geflüchtete in ländlichen Gebieten unterzubringen ist keine Lösung. Dort mangelt es oft an Ansprechpartner:innen. In Städten fällt die Integration leichter.

auf einem Holzschild steht mit roter Schrift "Angst um Upahl"

Protest gegen den Bau einer Flüchlting­s­un­ter­kunft:Schild am Ortseingang Foto: Jens Büttner/dpa

Clausnitz und Jahnsdorf in Sachsen, Zossen in Brandenburg, Tröglitz in Sachsen-Anhalt, Balingen in Baden-Württemberg, Altena in Nordrhein-Westfalen. Die Liste der Dörfer und kleinen Städte, in denen Flüchtlingsunterkünfte im sogenannten Flüchtlingssommer 2015 und danach angegriffen wurden und sogar brannten, ist lang. Und jetzt Upahl in Mecklenburg-Vorpommern.

Ab März sollen dort die ersten Container für 400 Geflüchtete stehen – und schon jetzt brennt es dort, im wörtlichen Sinne. In Grevesmühlen, wo das Verwaltungsamt für Upahl sitzt, kam es während der Sitzung, bei der Ende der vergangenen Woche über die Unterkunft entschieden wurde, zu heftigen Tumulten, das Gebäude wurde angegriffen, Pyrotechnik und Nebelkerzen wurden geworfen. Jetzt ermittelt die Polizei.

Nicht schon wieder. Woher rührt der Hass mancher Einheimischer auf Geflüchtete, egal woher sie kommen? Warum macht sich ein wütender Mob auf, um Flüchtlingsunterkünfte anzuzünden und Menschen zu töten? Die so schmerzhafte wie schlichte Antwort lautet in den meisten Fällen: Rassismus, rechtsextremes Gedankengut, Menschenverachtung.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Geflüchtete immer wieder in Gegenden unter­gebracht werden, in denen Widerstände und Lynchjustiz durch Einheimische zu befürchten sind? Warum hat man seit 2015 nichts gelernt, als Unterkünfte, Busse mit Geflüchteten und Bür­ger­meis­te­r:in­nen, die sich für eine Willkommens­kultur eingesetzt hatten, angegriffen wurden? Wie sollen Geflüchtete versorgt und integriert werden, wenn die Hauptaufgabe der Behörden darin besteht, sie vor Angriffen zu schützen?

Seit 2015 ist bekannt, dass die Geflüchteten selbst, nachdem sie in den Dörfern angekommen sind, rasch wieder weg wollen. Weil sie dort nur selten einen Deutschkurs machen und kaum arbeiten können. Weil Anwält:innen, die sich um die Belange der Betroffenen kümmern, in der nächsten Stadt arbeiten. Weil dorthin aber häufig kein Bus fährt und die Geflüchteten auf den Schulbus angewiesen sind. Der fährt aber nur zweimal am Tag. Auf dem Land mangelt es vielfach an Dol­met­sche­r:in­nen und Ansprechpartner:innen, die im Alltag helfen. Selbst wenn viele Dorf­be­woh­ne­r:in­nen es gut meinen und ihre Hilfe anbieten. Aber auch die hat Grenzen.

Der Wohnungsmarkt in den Städten ist angespannt, Geflüchtete deshalb aufs Land abzuschieben, ist aber keine Lösung. Dort können sie sich kaum integrieren. Das ist fatal, zuallererst für sie selbst. Aber auch für die Gesellschaft. Denn die will ja, dass sich Geflüchtete integrieren.

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Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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