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Diskriminierung im HandwerkLieber Wimmermann als Zimmermann

Der Fachkräftemangel hat viele Gründe, im Handwerk sind es auch diskriminierende Strukturen. Ein Zimmerer rät zu mehr Sensibilität.

Bock auf Bohrmaschine? Im Handwerk gibt es Jobs. Aber auch schlechte Laune Foto: Andreas von Gegerfelt/Plainpicture

Die ewigen Klagen meines Meisters habe ich noch im Ohr: Wie schwer es heutzutage sei, einen guten Gesellen zu finden, weil sich keiner mehr die Hände dreckig machen will.

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Ich wollte mir die Hände dreckig machen. Wollte Zimmerei lernen, mit der Kettensäge umgehen, Statik checken, Fachwerk bauen und Dächer konstruieren. Und ich hab mich bei allen Betrieben beworben, die in meiner Stadt ausbilden. Denn einen guten Ausbildungsbetrieb zu finden, das ist auch nicht leicht. Einen, der Auszubildende mit Respekt behandelt, der auf Basic-Arbeitsrechte achtet und auch mir etwas zutraut, obwohl ich nicht dem Idealbild entspreche, das viele Handwerksmeister (sic!) von Azubis haben: cis-Mann, groß, weiß, able-bodied.

Ich habe berufsbedingt viel Kontakt zu Zimmer*innen, die diesem Idealbild nicht entsprechen. Und alle, wirklich alle Zim­me­r*in­nen, die ich kenne, haben sich nach der Ausbildung selbstständig gemacht. In den Betrieben, die sie in ihren Ausbildungen kennengelernt haben, will kei­ne*r von ihnen arbeiten. Betriebe, wie der, in dem ich gelernt habe, wo der Chef, wenn morgens jemand Richtung Toi­let­te geht, quer über den Hof schreit: „Ausgeschissen zur Arbeit kommen!“ und wo, wer sich beschwert, zu hören bekommt: „Bist du ein Zimmermann oder ein Wimmermann?“

Angesichts des Fachkräftemangels würde ich ja gern Werbung machen, aber: Ausbildung im Handwerk ist scheiße. Die Hier­ar­chien sind starr, und als Aus­zu­bil­den­de*r stehst du ganz unten, wirst verarscht, und wer kein weißer cis-Mann ist, auch diskriminiert.

Hierarchie macht den Job nicht attraktiv

Ob das nun der Grund für den „eklatanten Bewerbermangel“ ist, den der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in einer aktuellen Umfrage zur Ausbildungssituation beklagt? Sicherlich nicht der einzige, aber man könnte schon erwarten, dass sich Ausbildungsbetriebe ein bisschen Mühe geben, für Interessierte nicht komplett unattraktiv zu sein. Das Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung (Kofa) macht den Fachkräftemangel zwar insbesondere am Mangel von Meis­te­r*in­nen und Ge­sel­l*in­nen fest. Doch würden Auszubildende, die in ihrem Lehrbetrieb gute Erfahrungen gemacht haben, diesem auch eher erhalten bleiben.

Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge sei in den vergangenen 10 Jahren laut Kofa nur leicht rückläufig. Im Jahr 2021 standen den 20.000 unbesetzten Ausbildungsplätzen jedoch auch 22.000 Be­wer­be­r*in­nen gegenüber, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass in strukturschwachen Regionen weniger Ausbildungsplätze vorhanden sind. Diesem Ungleichgewicht will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit einer „Ausbildungsgarantie“ begegnen.

Mit einem Gesetzentwurf sollen Azubis, die für ihre Ausbildung umziehen, finanzielle Unterstützung erhalten, indem etwa Unterkunftskosten und Familienheimfahrten übernommen werden. Diese Maßnahme könnte Azubis tatsächlich entlasten, denn die Löhne vieler Auszubildender sind gerade in den ersten beiden Lehrjahren sehr gering.

Fachkräftemangel ausgerechnet dort, wo gut bezahlt wird

Nach der Ausbildung gibt es je nach Gewerk enorme Unterschiede auf dem Lohnzettel: So verdienen Fri­seu­r*in­nen in einem Vollzeitjob nur 1.708 Euro brutto, Elek­tro­ma­schi­nen­baue­r*in­nen haben mit 3.776 Euro mehr als doppelt so viel. Bä­cke­r*in­nen (2.423 Euro) und Bau­tisch­le­r*in­nen (2.828 Euro) bewegen sich im Mittelfeld der Lohnskala.

Die Lohnunterschiede sind so groß, dass sich pauschal wenig dazu sagen lässt, wie die Einkommenserwartung zur Motivation beiträgt, einen Handwerksberuf zu erlernen. Allerdings ist die Fachkräftelücke laut Kofa in der Bauelektrik und der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik am größten. Das sind ausgerechnet zwei sehr gut bezahlte Berufe, die zudem zu den beliebtesten Gewerken bei männlichen Ausbildungswilligen zählen.

In vielen Handwerksberufen sind auch weniger die Löhne problematisch, sondern vielmehr die Arbeitsbedingungen für Ge­sel­l*in­nen und Auszubildende: starre Hierarchien, wenig Bewusstsein für Arbeitssicherheit und diskriminierende Strukturen. Die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, gibt es so gut wie nie.

Wenig Aussicht auf Verbesserung des Betriebsklimas

Trotzdem verändert sich seit Jahrzehnten nichts. Die Betriebe sind so klein, dass es in den meisten keinen Betriebsrat oder eine Auszubildendenvertretung gibt. Daher sind im Handwerk viel weniger Ar­beit­neh­me­r*in­nen gewerkschaftlich organisiert als in der Industrie. In den familien­be­triebs­ähn­lichen Strukturen vieler Handwerksbetriebe ist gewerkschaftliche Organisierung verpönt, da man damit „dem Chef in den Rücken fallen“ würde. Es gibt also wenig Aussicht auf Verbesserung des Betriebsklimas.

Auch ich wollte nach meiner Ausbildung auf keinen Fall in meinem Lehrbetrieb bleiben. Jetzt arbeite ich als Selbstständiger unter anderem im Hand­wer­ke­rin­nen­haus Köln mit Mädchen, die sich für eine Ausbildung im Handwerk interessieren. Für sie ist es trotz des Mangels an Auszubildenden genauso schwer wie für mich damals, einen Lehrbetrieb zu finden. Haben sie es geschafft, sind sie mit Sexismus konfrontiert und oft „die Einzige“ auf der Schule oder Baustelle.

Meine Kollegin, die Sozialpädagogin Hanna Kunas, berät ausbildungsinteressierte Jugendliche. Sie kennt die Schwierigkeiten, mit denen die Mädchen in ihrer Ausbildung konfrontiert sind. Damit sich daran etwas ändert, will das Hand­wer­ke­rin­nen­haus für die geschlechtsspezifische Diskriminierung sensibilisieren. Aus den Beratungsgesprächen weiß Hanna Kunas, dass Handwerksberufe unter vielen Mädchen nur mit geringem Prestige verbunden sind und sie sich deshalb eher Richtung Studium orientieren wollen.

Diesem schlechten Image will der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, entgegenwirken. Er wirbt mit einer Imagekampagne an Kitas und Schulen und betont in einem Gastbeitrag für das Karrieremagazin She Works die Wichtigkeit einer „Berufsorientierung frei von Stereotypen“ und sieht beim Thema Frauen in Handwerksberufen „noch deutlich Luft nach oben“. In seinem Betrieb bilde er gerade „zwei mutige, kluge Frauen aus, die ihre handwerkliche Begabung zur Berufung machen“. Ich wünsche den beiden Dachdeckerinnen, dass ihnen ihr Handwerk genauso viel Spaß macht wie mir. Und dass sie ihre Ausbildung möglichst schnell rum kriegen.

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38 Kommentare

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  • Sowohl im Artikel als auch in den Kommentaren Stelle ich immer wieder fest, dass es sich mit Verallgemeinerung, Klassismus und Feindbildern leicht gemacht wird.

    Ich bevorzuge eine differenzierte Betrachtung und Trennung von eigenen Erfahrungen und hörensagen.

    Ich bin selbst Zimmerer, 2014 ausgelernt und direkt selbstständig gemacht.

    Bei uns war es nicht der Chef, sondern seine Frau die im Büro saß und allen das Leben schwer gemacht hat ( Minusstunden für Schulwochen etc.).



    Ich habe während der Ausbildung viel gelernt, und wenn es nur war dass ich danach wusste wie ich es nicht machen will.



    Mir wurde trotz unterschiedlicher Weltanschauung viel zugetraut.

    Jetzt stehe ich auf der anderen Seite und versuche ein guter Chef zu sein.



    Wenn man versucht die Bedürfnisse ALLER Beteiligten zu berücksichtigen, kommt der Umsatz von alleine.

    Azubis auf dem Bau werden zu einem großen Teil durch die SoKa finanziert. Das mit dem Kostenfaktor ist also kein zulässiges Argument.

    Ich sehe in meinem Umfeld das Strukturelle Problem nicht in den Betrieben, sondern in den Bildungseinrichtungen. Dazu 2 Vorschläge:

    Ausbilder in den Bildungszentren und Berufsschullehrer brauchen mehr pädagogische Qualifikation als die Meisterschule.

    Berufsschullehrer darf kein Vollzeit Job sein, der Kontakt zur Arbeitsrealität darf nicht verloren gehen.

    Es hilft nicht viel, wenn wir uns alle Selbständig machen und bessere Ausbildungsplätze anbieten aber die Berufsschulen und die Lehrwerkstätten sich nicht ändern. Die meisten Azubinen und Azubis die ich kenne leiden in den Einrichtungen mehr als in den Betrieben.

  • Ich lese hier und da von solchen Erlebnissen, kann das aber bis heute nicht mit erlebtem Handwerk verbinden und ich denke das ich selbst sensible genug wäre so etwas in meinem Arbeitsumfeld zu registrieren.

    Ich habe mich schon mehrfach gefragt ob diese Fälle sogenannte Einzelfälle sind und ob hier dann nicht die Frage erlaubt ist, sind die Berichtenden vielleicht tolle Handwerker, aber menschlich etwas zu sensible für das tatsächlich teilweise raue Umfeld im Handwerk?

    Ich bin stolz auf meinen gelernten Beruf, und das inzwischen seit 35 Jahren, auch wenn ich zwischendurch auch mal andere Tätigkeiten ausgeübt habe, aber es hat mich immer zu meinen handwerklichen Wurzel gezogen.

    Diee Kollegen aus meiner Ausbildungszeit, die damals schon keinen echten Bock auf den Beruf hatten, die würden auch heute von einer Ausbildung abraten im Handwerk, ich mache aktiv Werbung für das Handwerk und die Ausbildung dort, auch wenn sich viel verändert hat im Handwerk, zum besseren wohlgemerkt. Ich sage heute noch: " Ich hatte ein tollen Gesellen und hat zwei gute Chefs"



    Aber wenn ich mich im direkten Umfeld umsehen und höre das junge Menschen mit Potenzial für's Handwerk lieber YouTuber werden wollen (wohlgemerkt talentfrei) oder mit Cyptowährung reich werden wollen wie irgendwelche Gestalten auf YouTube, Instagram und Co., dann darf man sich nicht wundern wenn solche Traumtänzer beim betreten einer Baustelle ausgelacht werden.

    Leute werdet mal wach, laut unserer Regierung, haben wir mitten in Europa Krieg. Auch wennbhier keeine Bomben fallen, der Wirtschaftskrieg läuft global schon eine ganze Weile und ich kenne niemanden der Cryptowährung essen kann. Aber Brötchen vom Bäcker, Gemüse vom Bauern, der sein Traktor vom Landmaschinenmechaniker instand setzen lässt, ist essbar.

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Sascha Schneider:

      Ich kann Ihnen von meiner Tochter berichten, dass das bei ihrer Ausbilduntg zur Schreinerin auch so unschön war.

      Kein Sexismus zwar, aber arbeiten, bis der Chef fertig ist.



      Unterschlagene Überstunden und wenn man dann Freitag um halb acht abends (angefangen 7:30) gerade den stündlichen Bus verpasst hat, bringt einen der Chef nicht mal ins nächste Dorf, wo noch ein Bus gefahren wäre.

      Die zwei Stunden davor waren de fakto natürlich nicht bezahlt.

      Das war eine Schreinerei mit 3 Personen (Meister, Geselle Azubi) mit halbem Familienanschluss. In bereits nur etwas größeren Schreinereien (10 Personen) sind Arbeitszeiten schon eindeutig geregelt.

  • Es gibt das Wort "Zimmerleute". Ein sehr guter Plural, der alle mitmeint.

    In "Zimmer*innen" dagegen ist der männliche "Zimmerer" oder "Zimmermann" von der Wortform her nicht enthalten.

    Das ist anders als bei "Bäcker*innen", wo der Bäcker wenigstens noch mitgenannt wird, auch wenn die Form eher exclusiv weiblich klingt, wenn man das Wort laut vorliest.

  • Der eklatante Bewerbermangel ist weniger ein Mangel an Masse. Es geht um Qualität. "Allerdings ist die Fachkräftelücke laut Kofa in der Bauelektrik und der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik am größten."

    Das wundert mich nicht. Das sind sehr anspruchsvolle Berufe, da kann man nicht einfach jeden Bewerber nehmen selbst wenn es einen Überhang an Bewerbern gibt. Gründe für die Lücke sind vor allem mangelhafte Leistungen in Mathe und Deutsch. Da sind die Bildungspolitik, die Lehrkräfte und in manchen Bevölkerungsschichten auch die Eltern mehr gefragt, warum so viele die Schule (sogar mit Abschluss!) verlassen ohne auch nur einen simplen Dreisatz zu schaffen oder eine Bedienungsanleitung lesen zu können.

    • @Winnetaz:

      Wenn Handwerksunternehmer Leute mit guten Fähigkeiten in Mathe und Deutsch wollen, konkurrieren sie mit Universitäten kaufmännischen und anderen Ausbildungsbetrieben. Dann muss die Ausbildung halt attraktiver sein, als ein Studium oder eine andere Ausbildung. Dafür muss man unter anderem ein Umfeld schaffen, in dem sich auch gebildete Menschrn wohl fühlen. Das ist ganz normaler Wettbewerb, das wollen die Unternehmer doch sonst auch immer.

  • Das schlechte Image des Handwerks ist vom Handwerk selbst verschuldet.



    Viel zu wenige Meister haben wirklich Ahnung von Ausbildung und auch Interesse daran.



    Die Handwerkskammern leisten zu wenig für eine grundlegende Ausbildung der Meister in Pädagogik.

  • Ich hatte das Glück, noch vor Mauerfall (DDR) Junggeselle im Handwerk zu werden. Doch Glück nicht um der besseren Arbeitsbedingungen wegen, sondern nach der Wende die neuen Technologien schneller als ältere Kollegen gefressen zu haben. Das machte mich bei den Auszubildenden recht beliebt, weil zudem ohne autoritären Sch..eiß ausgekommen.



    @Mensch Meier



    "Und das ist auch gut so, denn ohne ein gewisses Maß an stumpfem "Augen zu und durch" würden Baustellen nie fertig..."



    Die Erfahrung habe ich eben mit diesen Azubis nicht gemacht. Gut überlegt und gemeinsam durch war das beste Rezept, die Termine einzuhalten.



    Der Anschiss und resultierende Angst sind Gift für Lernen, Arbeitsmoral und Eigenverantwortung.



    Das Bauhandwerk habe ich trotzdem verlassen: Cholerische Meister, überforderte Poliere und herablassende Weißhelme - unerträglich. Und eigentlich schweren Herzens 2. Bildungsweg genommen.

  • Als Geselle im Handwerk wird man auch vom Staat betrogen. Pflegezeit gibt es in Kleinen Handwerksbetrieben nicht. Betriebsrente, was ist das? Und so geht es immer weiter...

  • War vor 25 Jahren so, und ist offensichtlich immer noch so. Die Handwerkskammern wollen auch, meiner Meinung nach, nicht wirklich etwas daran ändern. Kannst du mit den Meistern und ordnest dich unter / passt ins Weltbild dieser, und somit in das System, kommt man weiter, sonst wird es schwer. Zum Glück gibt es auch andere Strukturen z.b den www.buhev.de/ wo man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann.

  • Das ist doch nicht auf das Handwerk beschränkt. Natürlich ist die Arbeit in einem Großkonzern viel lockerer, viel viel viel besser bezahlt als im Familienbetrieb. Für viele ist es wie ein Jackpot mit Zusatzzahl bei Siemens, BASF, den Autombilern usw rein zu kommen.

    Komisch dass die Linken immer über die pösen Konzerne schimpfen, obwohl man da viel mehr verdient und viel weniger arbeiten muss.

    • @Wombat:

      "Komisch dass die Linken immer über die pösen Konzerne schimpfen, obwohl man da viel mehr verdient und viel weniger arbeiten muss."



      Wenn es den Linken darum ginge mit möglichst wenig Arbeit möglichst viel Geld zu machen wären sie vermutlicher Unternehmer*innen.

    • @Wombat:

      Liegt wohl an den besseren Ausbeutungskonzepten. Höhere Gewinne ermöglichen auch lockere Ausbildungsclouds.

  • taz-Zitat: "(...) Die Hier­ar­chien sind starr, und als Aus­zu­bil­den­de*r stehst du ganz unten, wirst verarscht,... (...)"

    Kann ich als gelerter Schreiner/ Tischler zu 100% bestätigen. Kleine Familien-Betriebe sind diesbezüglich besonders krass drauf; und ständig dieses Vorhaltungen, wie froh Gesellen und Lehrlinge/ Azubis doch sein können im Betrieb arbeiten zu dürfen.



    Nur wenige Jahre nach bestandener Abschlussprüfung (1989) mit Gesellenbrief haben die meisten Leute Branchenfremd gearbeitet. Dies dürfte in anderen Handwerksbereichen ganz ähnlich aussehen.

    • @Thomas Brunst:

      ganz genau.

  • In Kleinbetrieben bleibt Hierarchie, und die Wortwahl des Chefs ist so, wie der will.



    Sensible sind da einfach fehl am Platz.



    Und das ist auch gut so, denn ohne ein gewisses Maß an stumpfem "Augen zu und durch" würden Baustellen nie fertig...

    • @mensch meier:

      Die Baustellen stehen still, weil Arbeitskräfte fehlen, nicht, weil es keine starren Hierarchien gibt. Im Gegenteil, die Leute gehen genau wegen der starren Hierarchien und des entsprechenden Umgangstons in andere Branchen.

      Ich habe nie im Handwerk gearbeitet (mangels praktischer Begabung) und es lässt sich sicher nicht alles übertragen, aber starre Hierarchien und das Behandeln von Mitarbeitern als Befehlsempfänger führen nach meiner Erfahrung in der IT zu wenig Effizienz. Mitarbeiter sind Fachkräfte mit bestimmten Kompetenzen, sie stehen nicht weiter unten. Das gilt auch für Auszubildende. Ihre Zeit ist viel zu knapp, um sie für Hilfsarbeiten heranzuziehen, weil sie möglichst schnell möglichst viele Fachkenntnisse erwerben sollen.

      Ein unsensibler Ton in der Kommunikation bis hin zu Sexusmus, Rassismus, Homophobie oder so etwas führt sicher auch nicht zu mehr Effizienz. Wer (auch als nicht direkt betroffener Kollege( darauf mit Augen zu und durch reagiert, muss sich nicht wundern, wenn sie besten (im Sinne von Kompetenz, nicht im Sinne von Fähigkeit, sich unterzuordnen) Kollegen nicht zu halten sind

    • @mensch meier:

      Kenne ich aus meiner Familie. Früher auf dem Bau stumpf Augen zu und durch, heute schmerzsensible Frührentner, wenn sie es den überhaupt geschafft haben.

    • @mensch meier:

      Ja, auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil...

      Nur, meine Erfahrung ist, dass diese Grobschmiede häufig pfuschen und undichte Häuser zurücklassen.

  • Man kann es beklagen, aber verwundern sollte das nicht.



    Bilden die Bekannten, die mit ihrem Ausbildungsbetrieb unzufrieden waren nun selbst besser aus?



    Oder reproduzieren sich dort die Strukturen genauso wie in der Familie? Und man erkennt erst nach dem Rollenwechsel, warum es das Verhalten und die Sprüche damals gab, über die man sich geärgert hat.



    Auch Handwerker haben Kostendruck, und da mag der eh unrentable Azubi Stress machen, wenn der ganze Trupp deswegen später loskommt...

    • @mensch meier:

      Kostendruck ist aber kein Grund das eigene Unvermögen an Azubis auszulassen.



      Das Problem von schlechten Ausbildungsbetrieben liegt an der schlechten Struktur der Betriebe und am Unvermögen der Meister eine qualitative Ausbildung zu ermöglichen. Solange in den meisten Handwerksbetrieben der Azubi als Kostenfaktor gesehen wird, wird sich das nicht ändern. Kein Wunder das die Jugend keinen "Bock" auf Handwerk hat.

  • Dem kann man nur beipflichten. Immerhin ist es in größeren Städten bei Elektrikers und GasWasserSch.. etwas besser. Da hab ich auch schon undumpfbackige Meister kennen gelernt.



    Aber was Dachdecker und Maurer auf dem Land anbelangt.



    Puh, 50% seltsam.

  • Dann müsst Ihr Sozialpädagog:Innen als Meister:Innen einstellen.....

  • Obwohl ich schon immer gern handwerklich tätig war, hatte ich nach 10 Jahren mit Ausbildung in den Sack gehauen und was anderes gemacht. Genau aus dem im Artikel genannten gründen. Man hat ausgeschissen zu Arbeit zu erscheinen war Standartspruch und Arbeitssicherheit was für Weicheier. Dusselige Hierarchien, blödes Mackergehabe und ein rüder Umgangston. Ich hatte auf dem zweiten Bildungsweg Abi gemacht und anschließend Studiert. Am Anfang war ich noch nebenberuflich im Handwerk tätig aber das verhalten der Kollegen wurde noch unerträglicher, weil bei jeder Gelegenheit einem unterstellt wurde das man sich für was besseres hält. Ich habe dann irgendwann lieber nebenbei in Kneipen gejobbt. Handwerk ist toll, aber das Umfeld kann totale Scheiße sein. Heute bin ich Freelancer weil ich generell die Strukturen in vielen Firmen ätzend finde.

  • Bin Da! Kann losgehen!



    Viele der genannten Probleme sind nicht zu bestreiten.



    Ob sie jedoch in erster Linie Im Handwerk vorkommen, oder in vielen anderen Bereichen auch, wäre herauszufinden.



    Der Link zum Artikel von wandernden GesellInnen ist schön, da hier das Gegenteil vorgestellt wird.



    Was die Ausbildung betrifft, so hat der alte Satz



    " Lehrjahre sind keine Herrenjahre" Bestand.



    Natürlich ist es Aufgabe des Azubis Aufzuräumen und zu fegen, so wie es im Büro den Auszubildenden überlassen wird, zu kopieren, Kaffee zu kochen und Akten zu schreddern.



    Es liegt in der Natur der Sache, dass der Lernende sich erstmal Kompetenz erwerben muss und nicht von



    Tag 1 an teure Katastrophen herstellen darf.



    In der Zeit können die ausgebildeten KollegInnen dann das Geld erwirtschaften, mit dem auch der/ die AuszubildeneR bezahlt wird.



    Leider sitzen heutzutage Viele dem Irrglauben auf, Kompetenz sei durch Willensbekundung, auf Knopfdruck erhältlich, Lernen scheinbar weniger wichtig.



    So sollen Betriebe junge Menschen ausbilden, die starke Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen haben.



    Das ist nicht leistbar. Eine Aus- und Weiterbildung ist genau das. Eine Weiterbildung, gewisse Grundlagen sollten in der Schule vermittelt worden sein.



    Glücklicherweise bietet das duale System hier Hilfestellung, jedoch soll auch hier vornehmlich Fachwissen vermittelt werden, das über das Schulwissen hinaus geht.



    Zu den Zahlen der Statistik sei gesagt, dass sich sehr viele BewerberInnen in einigen Bereichen und sehr wenige in vielen anderen finden. Eine bloße Gegenüberstellung nackter Zahlen ist eher irreführend.



    Meine persönliche Erfahrung bei der Arbeit mit jungen Menschen ist die weit verbreitete Selbstüberschätzung.



    Auch wenn es heißt:" wo gehobelt wird, da fallen Späne", sollten letztere nicht allzu teuer werden.



    Auch mag es dem/ der Lernenden als Erniedrigung erscheinen, stupide Aufräumarbeiten übernehmen müssen, doch wie soll sich der/ die Fachperson fühlen, die dem Azubi hinterherräumt?

    • @Philippo1000:

      „so wie es im Büro den Auszubildenden überlassen wird, zu kopieren, Kaffee zu kochen und Akten zu schreddern“

      verbreiten Sie mal keine solche falschen Mythen. Den Kaffee kocht der Automat oder sofern vorhanden der Barista, und zu schreddernde „Akten“ kommen in einen großen Container, oder man gibt sie direkt in einen Schredder, ganz ohne Azubi. Sofern es überhaupt noch „Akten“ in Papierform gibt… Also hier so zu tun, als sei der Alltag und das Betriebsklima im Office genauso aoszial und rückständig wie in den angesprochenen Beispielen im Handwerk, ist einfach nur falsch.

    • @Philippo1000:

      ....und Fachkenntnisse werden beim Putzen erworben? Im Büro dann Fachkraft für Kaffee zubereiten?



      Das verstehe wer will.

    • @Philippo1000:

      "Es liegt in der Natur der Sache, dass der Lernende sich erstmal Kompetenz erwerben muss"



      Welche Kompetenzen erwirbt man denn durch das Bedienen von Kopierer und Kaffeemaschine?



      "doch wie soll sich der/ die Fachperson fühlen, die dem Azubi hinterherräumt?"



      Total verrückte Idee: jede*r räumt das eigene Chaos auf.

      • @Ingo Bernable:

        Meine Beschreibungen sind keine reine Theorie, sondern aus der Arbeitspraxis.



        Das Ordnung auch erlernt werden muss, vergisst man leicht. Wie ich feststellen musste, bringen Viele keinen Blick für solche Aufgaben " von zu Hause" mit.



        In Teil zwei dieses Aspektes habe ich außerdem beschrieben, dass notwendige, manchmal langweilige Tätigkeiten, eben auch von Auszubildenden verrichtet werden müssen, damit die FacharbeiterInnen derweil durch Ihre Facharbeit das Geld erwirtschaften, von dem auch die Azubis bezahlt werden.



        Es wäre ein Anfang, wenn der/ die Auszubildende das eigene Chaos aufräumen würde und erkennt, das das nicht Mutti, oder die Putzfrau , macht.



        Bin da, kann losgehen - muss heute früher weg, reicht eben nicht so ganz.



        Wer sich allerdings beliebt macht und z. B. mal einfach so, zur rechten Zeit, mit dem Kaffee vorbei schneit, hat in Punkto Sozialverhalten schon etwas gelernt.



        Da "Erwartungen" zu haben, sorgt nur für Enttäuschungen. Manchmal wird man allerdings positiv überrascht!



        Was die Kompetenz betrifft, solange ich Nichts von dem kann, was auf der Arbeit gefordert wird, bestehet die Beschäftigung eben nur aus entsprechenden Arbeiten.



        Das sind jetzt keine besonderen Erkenntnisse, sondern bloße Betrachtungen aus dem Arbeitsleben.



        Dass dies Ihnen gegenüber der Erläuterung bedarf, läßt den Schluss zu, dass Sie hier offenbar über wenig persönliche Erfahrung verfügen.

      • @Ingo Bernable:

        Das Bedienen von Kopierer und Kaffeemaschine. Beides sind wichtige Ausrüstungsgegenstände eines Büros.

        Man fängt unten an. Nicht oben.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Für mich ist kein Kollege "unten" oder "oben".

          • @Ruediger:

            Es gibt überall Hierarchien.

            Der Chef ist oben. Dann kommen die mit der größten Erfahrung. Wer neu ist und noch sehr viel lernen muss, ist erst mal unten. Oder soll auf Baustellen jemand sagen wie es gemacht wird, der noch keine Ahnung hat?

            Natürlich geht das auch. Aber dann BER ect. :-)

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Kann man so sehen, aber dann muss man sich nicht wundern, wenn sie jungen Leute sich lieber in einer Branche ausbilden lassen, in der sie als gleichwertig und als angehende Fachkräfte behandelt werden, die von Führungskräften und anderen Kollegen lernen, schnell und selbstständig qualifizierte Arbeiten zu machen und nicht als unten stehende Befehlsempfänger gesehen werden, für die Arbeiten, die sonst keiner machen will.

              Die Probleme mit BER waren meines Wissens Planungsfehlern ganz oben geschuldet und lagen nicht daran, dass Auszubildende mit Respekt behandelt wurden. Aber nach unten treten, wenn es schiefgeht, das passt schon ins Bild

              • @Ruediger:

                "...wenn sie jungen Leute sich lieber in einer Branche ausbilden lassen, in der sie als gleichwertig und als angehende Fachkräfte behandelt werden, die von Führungskräften und anderen Kollegen lernen, schnell und selbstständig qualifizierte Arbeiten zu machen und nicht als unten stehende Befehlsempfänger gesehen werden, für die Arbeiten, die sonst keiner machen will."

                In welchem Streichelzoo müssen denn Azubis nicht unten anfangen?

                Aber es ist natürlich auch anstrengend, sich durch Leistung Respekt zu erarbeiten...

  • Ausgeschissen zur arbeit kommen. Top. Den merk ich mir. :-D

    • @Hannes Petersen:

      Der Trick ist halt nicht als erste Amtshandlung und vor versammelter Mannschaft auf den Abort zu verschwinden. Lehrlinge halt:D

      • @FancyBeard:

        Doch, genau das, schon um dem Chef den einen imaginären Mittelfinger zu zeigen.

        • @Quastenflosser:

          Kann man machen, wird man halt nur nicht glücklich mit.