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Armutsdiskussion bei steigender InflationÄrmer heißt nicht arm

Die Inflation liegt auf einem Rekordhoch. „Wir werden ärmer“, sagen nun Politiker*innen. Aber wer sind eigentlich „wir“?

Zu wenig Geld für eine Wassermelone: Solche Momente beschreiben Armutsbetroffene auf Twitter Foto: Robert Pola/plainpicture

Anfang der Woche twitterte Luffy Lumen: „#IchBinArmutsbetroffen hieß für mich heute im Supermarkt zu stehen, die Preise zu sehen und fast zu weinen. Eigentlich wollte ich heute endlich meinen Kindern den Wunsch nach einer Wassermelone erfüllen, die sie seit Wochen haben wollen. Ich musste sie wieder enttäuschen.“ Hinter dem Twitter-Handle verbirgt sich eine 31-jährige Mutter, die sich aktuell zur Pflegefachkraft ausbilden lässt und ihren Lohn aufstocken muss, um zu überleben.

Sie ist eine von vielen armen Menschen, die seit gut einer Woche unter #IchBinArmutsbetroffen Ausschnitte ihrer Lebensrealitäten teilen. Es gibt Berichte darüber, wie es sich anfühlt, wenn ab Mitte des Monats nur noch 80 Euro auf dem Konto sind oder wenn das Geld nicht mehr fürs Heizen reicht. Die Menschen erzählen von unangenehmen Amtsbesuchen, von Stigmatisierung, Scham und Ausgrenzung, die sie tagtäglich erfahren.

Laut Statistischem Bundesamt ist man dann arm, wenn man als Singlehaushalt weniger als 1.074 Euro monatlich zur Verfügung hat. 16 Prozent der Deutschen fallen unter diese Armutsgefährdungsschwelle, das sind mehr als 13 Millionen Menschen. Und diese Zahlen sind von 2019, also noch vor der Pandemie und der starken Inflation, sie bilden nicht die gegenwärtige Realität ab.

Flucht in Wir-Zuschreibungen

In der gesellschaftlichen Wahrnehmung bleiben diese Menschen in der Regel unsichtbar. In der Mehrheitswahrnehmung wird Armut als Beleg für persönliches Versagen gelesen. Arme Menschen sind demnach entweder faul oder Leistungsverweiger*innen. Kein Wunder also, dass viele Menschen versuchen, ihre finanziellen Nöte zu vertuschen. Der Hashtag will nun ein Zeichen setzen gegen diese Unsichtbarkeit. Er gibt trockenen Zahlen Gesichter und Geschichten, die sich abgrenzen von den sonst häufig verbreiteten Aufsteiger­erzählungen, die einem immer irgendwie vermitteln wollen, es gebe doch eine Form der Chancengleichheit.

Armut in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verfestigt, die soziale Mobilität schwindet. Heißt: Wer arm ist, bleibt arm, statistisch gesehen. Dass dieser Zustand gewollt ist, zeigt die Politik. Oder warum wird sonst zwanghaft an einem System festgehalten, das so vielen Menschen kein würdiges Leben ermöglicht? Krisenbedingt verschlechtert sich die finanzielle Lage momentan für viele, doch statt mit wirkmächtigen Maßnahmen die Situation aufzufangen, verharren wir in einem Zustand, in dem Tipps gegeben werden, wie Individuen mit der Teuerung umgehen sollen – und viele Po­li­ti­ke­r*in­nen flüchten sich in unkonkrete Wir-Zuschreibungen.

Wie kann es sein, dass wir erneut nach individuellen Lösungen für strukturelle Probleme suchen?

In den vergangenen Wochen sagte Robert Habeck: „Wir werden ärmer“, Christian Lindner: „Der Krieg macht uns alle ärmer“, und Friedrich Merz: „Wir haben wahrscheinlich den Höhepunkt unseres Wohlstandes hinter uns.“ Die Po­li­ti­ke­r*in­nen haben wohl mitbekommen, dass die Inflation momentan die größte Sorge der deutschen Bevölkerung ist, noch vor der Klimakrise, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und der Pandemie. Das geht auch aus einer repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey hervor, die am vergangenen Montag veröffentlicht wurde.

Gesellschaft, die auf Ungleichheit beruht

Doch welches „Wir“ ist hier gemeint? In einer Gesellschaft, die auf Ungleichheit beruht, kann es kein „Wir“ geben. Die Lebensrealität eines Immobilienanwalts, der Zehntausende Euro Erspartes hat und die Preissteigerung im Supermarkt nicht einmal bemerkt, hat nichts gemeinsam mit jener der alleinerziehenden Mutter, die nicht weiß, wie sie ihren Kindern noch täglich drei Mahlzeiten bezahlen soll. Die aktuelle Teuerung von Energiekosten und Lebensmittelpreisen trifft uns eben nicht alle gleich, Menschen mit niedrigen Löhnen, Sozialhilfeempfänger*innen, Studierende, Rent­ne­r*in­nen und kinderreiche Familien sind von der Inflation am stärksten betroffen.

Trotz allem dominieren in der medialen Berichterstattung Themen, die diejenigen Menschen betreffen, die unter der Inflation am wenigsten leiden. So veröffentlichte Zeit Online diese Woche ein Q & A unter der Überschrift: „Bin ich machtlos gegen die Inflation?“ Darin werden Fragen verhandelt wie: Sollte ich jetzt Gold kaufen oder doch lieber eine Immobilie? Und auch die Tagesschau lässt in einem Text Ex­per­t*in­nen zu Wort kommen, die als Gegenmittel zur Inflation zu Aktien- und Immobilienkäufen raten.

Im besten Fall kann eine Person, die nicht weiß, ob sie sich diesen Monat noch genügend Toastbrot leisten kann, über solche Texte nur trocken lachen. Eine berechtigtere Reaktion wäre ein Wutanfall. Denn wie kann es sein, dass wir als Gesellschaft in der aktuellen Krise wieder die armen Menschen aus dem Blick verlieren? Wie kann es sein, dass wir erneut nach individuellen Lösungen für strukturelle Probleme suchen?

Politisches Handeln statt Spartipps

Statt individueller Spar- und Anlegetipps – wie sie auch unter den Posts von #IchbinArmutsbetroffen zuhauf zu lesen sind – braucht es schnelles politisches Handeln. Ein Entlastungspaket hat die Ampelregierung auf den Weg gebracht: Kinderbonus, erhöhte Pendlerpauschale, das 9-Euro-Ticket, Anhebung von Freibeträgen und eine Energie-Einmalzahlung. Doch diese Maßnahmen kommen nur bedingt bei den Menschen an, die sie benötigen. Alleinerziehende und Rent­ne­r*in­nen hat die Inflation im Schnitt jetzt schon mehr gekostet, als sie durch die Entlastung bekommen werden. Das geht aus einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung hervor, über die zuerst die Süddeutsche Zeitung berichtete.

Kurzfristig muss also jetzt Geld her. Und anstatt mit dem Gießkannenprinzip zu kommen, sollte das Geld direkt bei den Menschen landen, die es am nötigsten haben. Die sofortige Anhebung des Mindestlohns und der Sozialhilfen wäre ein erster wichtiger Schritt. Langfristig müssen Po­li­ti­ke­r*in­nen dafür sorgen, dass wir nicht mehr in einer Wirtschaftsform leben, die systematisch soziale Ungleichheit fortschreibt, sondern in einer, die auf echte Umverteilung setzt.

Dutzende Menschen haben Luffy Lumen mittlerweile angeboten, ihrer Familie eine Wassermelone zu kaufen. Eine nette Geste, doch hoffentlich bewirkt #IchBinArmutsbetroffen mehr als das. Im Bundestag sind die Tweets auf jeden Fall schon angekommen, die Linken-Vorsitzende Janine Wissler hatte einige in ihrer Rede vorgelesen. Jetzt wird es Zeit, an den Strukturen zu rütteln und die Regierung unter Druck zu setzen, damit das Geld bei denen ankommt, die es dringend brauchen.

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48 Kommentare

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  • Zitat: " . . . warum wird sonst zwanghaft an einem System festgehalten, das so vielen Menschen kein würdiges Leben ermöglicht?"

    Unterschichtenhass? Verachtung gegenüber den Ärmeren? Die durch keine Partei vertreten werden? SPD und Linke lieber auf die Stimmen der Lifestyle-Linken spechten?

    18 Millionen Menschen in prekären Verhältnissen in diesem Land und keine Lobby.

    Wow.

    Zudem, ist ja auch ganz toll für die neoliberale Pseudo-Linke wenn es massig Leute ohne Jobs gibt, die superbillig und superschnell ihr online bestelltes Zeugs liefern. Mindestlohn? Bekommen in Deutschland nicht mal die Hälfte derer, die ein Anrecht darauf hätten.

    Auch Linke mögen Sklaven.

    www.spiegel.de/pol...-9e2a-bbeee47ccf3c

  • taz: "... hieß für mich heute im Supermarkt zu stehen, die Preise zu sehen und fast zu weinen. Eigentlich wollte ich heute endlich meinen Kindern den Wunsch nach einer Wassermelone erfüllen, die sie seit Wochen haben wollen. Ich musste sie wieder enttäuschen." Hinter dem Twitter-Handle verbirgt sich eine 31-jährige Mutter, die sich aktuell zur Pflegefachkraft ausbilden lässt und ihren Lohn aufstocken muss, um zu überleben.

    "Händeringend" werden Pflegefachkräfte in Deutschland gesucht, erzählen uns doch seit der Corona-Zeit immer wieder Politiker, die den kleinen Bürgern jetzt sogar ihre angebliche Solidarität mit einem „Wir werden ärmer“ weismachen wollen. Mit "Wir" sind sicherlich nicht unsere "Volksvertreter" gemeint. Die monatliche Abgeordnetenentschädigung liegt bei etwas über 10.000 Euro und Ministergehälter bei etwas über 15.000 Euro. Dafür müsste ein armer Mensch sich lange an eine der mittlerweile schon 956 Tafeln anstellen, um welkes Gemüse und abgelaufenen Jogurt zu "ergattern".

    Die beiden Zauberworte, um Pflegekräfte aus dem Zylinder zu ziehen, heißen übrigens bessere 'Arbeitsbedingungen' und höhere 'Löhne'. Das geht natürlich nicht, denn dann könnten ja die smarten BWL-Typen, die schon sämtliche Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen mit dem "spitzen Bleistift" leiten, nicht mehr mit dem dicken Portemonnaie in der Gesäßtasche herumlaufen. Also wird wohl die Mutter, die sich zur Pflegekraft ausbilden lassen möchte, ihren Kindern den Wunsch nach einer Wassermelone wieder mal nicht erfüllen können, denn weder die Auszubildenden noch die aktiven Pflegefachkräfte haben genügend Geld um sich eine Wassermelone leisten zu können.

    Ob GroKo, Ampel oder was auch immer - soziale Gerechtigkeit wird es in diesem Land, das sich immer noch mit Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) schmückt, nicht geben, denn schon der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard (1931 - 1989) wusste: "Ob schwarz oder rot, Politiker sind immer das selbe Gesindel".

    • @Ricky-13:

      taz: "Dutzende Menschen haben Luffy Lumen mittlerweile angeboten, ihrer Familie eine Wassermelone zu kaufen."

      Das ist zwar eine nette Geste, aber diese Menschen haben das wahre Problem nicht erkannt. Es geht nicht um Almosen, sondern um soziale Gerechtigkeit. Armut und soziale Ungerechtigkeit sind das wahre Problem, und das nicht nur in Deutschland.

      taz: "Die sofortige Anhebung des Mindestlohns und der Sozialhilfen wäre ein erster wichtiger Schritt."

      Die Wirtschaft jammert doch jetzt schon, dass man für Hartz IV Empfänger die "Sanktions-Peitsche" nicht mehr so oft herausholen will und die Wirtschaft dann keine "Lohnsklaven" mehr frei Haus von den Jobcentern geliefert bekommen. Und die Anhebung von Sozialhilfe -



      dazu gehört ja auch der Hartz IV Regelsatz - ist trotz des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09) von der Politik in den vergangenen 12 Jahren nie umgesetzt worden. Das hat natürlich auch etwas mit dem Freibetrag für die Einkommenssteuerzahler zu tun, denn wenn man die Hartz IV Sätze nicht anhebt, wird natürlich auch der Freibetrag nicht angehoben und so "spart" der Staat etwa 25 Milliarden Euro im Jahr an seine Bürger. Dass die 'Ampel' jetzt etwas "Armutskosmetik" machen möchte, wird auch nichts daran ändern, dass die Kinder- und Rentnerarmut jedes Jahr immer mehr zunimmt und Hartz IV Empfänger weiterhin zur Tafel gehen müssen. Mit Schröders Arbeitsmarktreform, die er in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung ausklügelte, fing die Armut in Deutschland an, aber die SPD hält immer noch an der 'Armuts-Agenda-2010' und auch an Gerhard Schröder eisern fest. Wir leben nicht in einem 'demokratischen und sozialen Bundesstaat' (Art. 20 GG), sondern in einem Staat, in dem die Reichen immer reicher werden (die SPD hat damals unter Gerhard Schröder den Spitzensteuersatz für die Reichen von 53% auf 42% gesenkt und die Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften steuerfrei gestellt) und die Armen sich nicht einmal mehr eine Wassermelone leisten können.

  • @BÜRGER. L.



    "Viele Journalist*innen haben den Draht zu den von Armut betroffenen - wenn sie ihn jemals hatten - verloren."



    So ist es.Kann man echt nicht übersehen. Aber weggucken kann wohl so mancher.

    • @Lästige Latte:

      Des Auges postfaktistischer populistischer Blick tief in das Loch des höllischen Fläschlein erkennt natürlich immer den "vermögenden Moderator", Akademiker, Juristen, und natürlich, (what else? rofl) eine "bürgerliche Presse, einschließlich der ehemals linken Taz" (taz.de/!ku37663/)

      • @Rudolf Fissner:

        Diese verworrene Antwort ist auch mir ein Rätsel, wie ja auch hier weiter unten @Bürger L. schon anmerkte.



        Andererseits??????



        Gisela Schlüter, sind Sie es ??

  • Richtige Ansätze, wie immer falsch angepackt und argumentiert.



    In welcher Zeit nochmal war das, als eine Alleinerziehende, mit, wie ich das richtig verstanden habe zwei Kindern, in Ausbildung befindlich zu den wirtschaftlichen Medianbürgern gehört haben soll? Und sich Armut manifestiert und die Durchlässigkeit des Systems nicht gegeben sei?



    Nein, das war schon immer so, es hat sich nicht viel geändert, die Durchlässigkeit (Bildungsaufstieg) ist ähnlich wie noch vor 30 Jahren.



    Wenn immer der gleiche Singsang bemüht wird, dann ändert sich nie was. Verhärtet Fronten! Wer dann noch hofft, dass 67 Mio die noch gut klarkommen wegen 13 Mio die oft nur temporär in dieser Gruppe bleiben (Studenten) das Wahlkreuz ausgerechnet bei der Linken machen....also derjenige, der lebt aber politisch richtig "jwd".

  • Leider werden Menschen, die öffentlich Umverteilung fordern sofort und entschieden angegangen, lächerlich gemacht oder gleich als Sovjetkommunisten abgestempelt.

    Das da selbst von den Gewerkschaften (außer der FAU) nichts kommt, zeigt wie erfolgreich die neoliberale Gehirnwäsche/Propaganda/Opinion-making von jedem Werbeplakat, jeder "Reality-TV"-show, jeder Partei, jeder Schule(!) usw. entmündigte Egoist*Innen heranzieht, denen zudem, wenn es um das warum geht ein ganzer Strauß an Sündenböcken zum abreagieren angeboten wird: Die Ausländer, die Jüdische Weltbänkerverschwörung, die Drogensüchtigen, die Geflüchteten, die faulen Arbeitslosen usw..

    und wehe mensch nimmt das Wort Anarchie als ernstzunehmede Alternative in den Mund, damit erhält mensch sofort den Stempel "nicht zurechnungsfähig".

    Naja, der nächste Krieg wirds schon richten, wa? Jauchzet Frohlockhead!

  • Ich halte gerade ihren Standpunkt für nationalistisch und ganz und gar nicht kommunistisch.

    Er hat eine rein nationale deutsche Sicht auf Armut und Verteilung von Reichtum. Da geht es allein darum wie das Fell unter den 10% Reichsten verteilt wird. In De gehört fast die ganze Bevölkerung dazu!

    Diese Sicht blendet aus, dass in weiten Teilen der Welt die Einkommen nur einen Bruchteil der hiesigen ausmache. Und das selbst dann wenn man H4 als Maßstab nimmt.

    Diese Sicht, die sich typisch bürgelch Sorgen um das "Massensterben der Tiere" Sorgen macht, blendet die Armut in anderen Ländern aus.

    Ziel der Bekämpfung von Armut kann es daher nicht sein, die Beute intern "gerechter" zu verteilen. Ziel muss es sein die Einkommen und Lebensbedingungen in den ärmsten Ländern anzuheben. Dorthin muss das Geld fließen. Und das darf gerne auch bedeuten, dass hier Einkommen stagnieren oder abfallen.

    • @Rudolf Fissner:

      Es darf aber nur bei denen abfallen, die schon nichts haben. es trifft ja wie sie schreiben, keine armen, sondern diejenigen, die deutlich reicher sind als personen aus zb mali, jedoch aber auch nicht von dan malischen preisen profitieren. oder raten sie hartzern künftig nach mali zu ziehen, wo sie geradezu infam reich wären? ich muss sie enttäuschen, man wird dann vom jobcenter abgemeldet und hat dann genau 0 euro einkommen, somit wäre man wohl ärmer als in mali.

    • @Rudolf Fissner:

      Blenden wir die Armut in anderen Ländern aus? Wodurch entsteht diese? Und was kann man dagegen tun? Billionen Dollar internationaler Entwicklungshilfe haben ja nichts gebracht.

      Die Stiftung Weltbevölkerung macht da einen hervorragenden Job. Bildung, insbesondere für Frauen, Projekte, die den Leuten Arbeit geben und selbstverständlich die Umsetzung von UN-deklarierten Menschenrechten: empfängnisverhütende Mittel und Familienplanung.

      Die Welt wächst jährlich netto um über 83 Millionen Menschen.

      Über 60 Millionen davon in Afrika. Eine Million Menschen netto pro Woche.

      225.000 am Tag. Fast 10.000 die Stunde.

      Sind wir verantwortlich?

      Verteilen und verteilen Sie. Sie können gar nicht so schnell verteilen wie die Armut nachwächst.

      Moderne, beispielhafte Arbeit macht z. B. die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung.

      dsw.org

    • @Rudolf Fissner:

      "Typisch bürgerliche Sorgen wie das Massensterben der Tiere"?

      Ich glaube, Sie haben sich noch keine Sekunden mit dem Artensterben beschäftigt, Herr Fissner.



      Empfehlung, ein Artikel aus dem Tagesspiegel. Da werden Sie geholfen:

      Tagesspiegel: "Bedrohlicher als der Klimawandel Das Verschwinden der Arten ist die Krise des Jahrhunderts"



      www.tagesspiegel.d...erts/25401902.html

    • @Rudolf Fissner:

      Dass aber wäre dann ein noch weitaus größerer Schritt, der dann sicher gar keine Fürsprecher mehr finden würde.



      Mich schon! Bin Ihrer Meinung.

  • "Wir" das ist immer der Sprecher.

    Das DE wir mit seinen 80 Millionen Kartoffeln schließ z.B immer die 90 % der Weltbevölkerung aus, die weniger haben, keine Krankenversorgung, Versorgung mit Bildung, Sozialhilfe und eine lange Lebenserwartung kennen.

    Das DE-Armuts-"Wir" spielt sich auf dem Oberdeck ab.

    • @Rudolf Fissner:

      Hast Du wenigstens beim Verbrauch all der Annehmlichkeiten selbst ein schlechtes Gewissen? Des Weiteren: Ist es eine Reinwaschung des selben durch Abgrenzung von Gleich-privilegierten in Deutschland? Oder ist es die Abwehr der Wünsche evtl. weniger Privilegierter via Whataboutism?

      • @zeroton :

        Echt jetzt?!



        Der Hinweis auf Länder in denen die Menschen tw. auf offener Straße verhungern ist "Abwehr der Wünsche evtl. weniger Privilegierter via Whataboutism?" Merken Sie noch was?

        Die Frage im Teaser lautete "Aber wer sind eigentlich „wir“?" Wenn bei dieser Frage die internationale Armutslage keine Rolle spielen soll, dann wird die Antwort immer falsch sein.

        • @Rudolf Fissner:

          Auf meine Fragen wolltest Du doch nicht eingehen. Okay. Mit der Moralkeule verlässt Du den Whataboutism-Kontext dann trotzdem nicht.



          Ich suche mir das ärgste Schicksal heraus, um damit alles Darüberstehende zu geißeln. Wenn ich mir die soziale Nivellierung der ganzen Welt vornehme, werde ich nicht damit beginnen, die Ärmsten der reichen Regionen mit Abwehr zu überziehen, sondern ich nehme mir dazu die Reichsten vor. Ansonsten gerade ich erstens in Verdacht, mit einer Schicht unserer Gesellschaft generell ein Problem zu haben und zweitens brächte ein solches Vorgehen die privilegierte Gesellschaft in ihren demokratischen Strukturen in ernsthafte Schwierigkeiten. Die Mittel für eine Strategie gegen die Missstände die Du beanstandest, sind eben nicht im unteren Viertel der Gesellschaft zu generieren, sondern im oberen. Alles andere hat ein ganze faden Beigeschmack. Es ist also nicht Dein Zustand den Du beklagst, sondern der Ansatz ihn zu beseitigen, was mir aufstößt. Und da mach ich mir meine Gedanken um die Motivation.

    • @Rudolf Fissner:

      Danke, ganz wichtig! Auf dem Oberdeck, welches zudem den Lebenssaft aller anderen aufsaugt...

  • Tausend Dank, Frau Schwarz, für diesen wunderbaren Text. Wir brauchen ein menschliches Wirtschaftssystem, sofort, weltweit. Alles andere sollte dahinter zurückstehen. Arme sollten nicht mehr im täglichen Kampf ums Überleben gegen einander aufgehetzt werden. Essen, Wohnung, medizinische Versorgung und Bildung sollten dem Markt entzogen werden. Die ganze Energieversorgung, Transport und Bauwesen sollten ökologisch neu gedacht werden. Degrowth sollte selbstverständlich werden, denn wenn wir CO2-Emissionen und Ungleichheit nicht auf ein Minimum reduzieren, wird die Klimakatastrophe das für uns tun.

  • Die amtliche Statistik hilft in der Diskussion über Armut kaum weiter. Schon die Definition von Armut (60 Prozent des mittleren Einkommens) ist Unsinn. Die genannten 1.074 Euro monatlich für einen Single können ermöglichen an manchen Orten in Deutschland ein schönes Leben. Andernorts kann man davon nicht einmal die Miete zahlen. Völlig außen vor bleibt die Betrachtung von Wohneigentum. Wer nur eine gesetzliche Rente hat, aber eine eigene Wohnung, ist statistisch gesehen arm, aber in Wirklichkeit gar nicht so schlecht dran. Generell ist eine Armutsdefinition am verfügbaren Einkommen weniger als die halbe Wahrheit. Die Ungleichheit bei Einkommen ist hoch, aber die Ungleichheit bei Vermögen ist drastisch. Armut sollte am Vermögen definiert werden. Doch das wird sich die Politik nicht trauen, weil dann offengelegt würde, dass die Mehrheit in Deutschland Null Komma Null Vermögen hat und darum bei der Frage "Gold oder Immobilien" nur trocken lachen kann.

  • "Langfristig müssen Politiker*innen dafür sorgen, dass wir nicht mehr in einer Wirtschaftsform leben, die systematisch soziale Ungleichheit fortschreibt, sondern in einer, die auf echte Umverteilung setzt."



    Politiker*innen die sich für eine andere Wirtschaftsform als den Kapitalismus einsetzen haben aber nun einmal keine Mehrheit, übrigens auch nicht bei jenen die von einer solchen Umverteilung profitieren würden. Wie würden denn wohl die Reaktionen aussehen, wenn die Ampel morgen Kollektivierungen und den Einzug von Privatvermögen die um zB mehr als das Doppelte über dem Median liegen.

    • @Ingo Bernable:

      Glaub ich gar nicht mal.



      Frankreich hat ne Planwirtschaft light, die würde auch bei uns funktionieren.



      Bonus: nimmt Druck von Frankreich immer kapitalistischer zu werden.

      Argumentiert wird aber immer Kapitalismus Kommunismus und das zeigt sofort dass man gar kein anderes System oder auch nur Änderungen will.

      PS: Jup, auch ich weiß, dass in Frankreich nicht alles toll ist. Aber es wäre ein erster Schritt Dinge wie Energie und Lebensmittel staatlich zu regulieren.

      • @Beowulf:

        Lebensmittel?

        Meines Wissen ist die Verschwendung von Lebensmitteln in Frankreich bei Supermarktketten höher als in De während in De private Verbraucher schlechter da stehen.

        Was wollen Sie bei den privaten Verbrauchern gesetzlich regulieren?

  • Gefällt mir der Kommentar. :-) Sicher. Das sind nationalistisch-bürgerliche Erzählungen, anhand derer gerne allgemeine Maßnahmen - meistens Einschnitte für Ärmere - begründet werden. Reiche, insbesondere Rheinmetallaktionär*innen sind damit nicht gemeint. Die werden im Gegenteil ja noch reicher. In einem Punkte ist an der Aussage "wir werden ärmer" allerdings ein Fünkchen Wahrheit dran. Eine energiegetriebene Wirtschaft wird dann ärmer, wenn bisher mehrheitlich genutzte Energie(träger) wie fossile Energieträger knapp werden - wie durch Sanktionen und begrenzte, abnehmende Ölvorkommen (Stichwort Peak Oil) - und die Knappheit nicht (rechtzeitig) durch Zubau anderer Energieförderungen wie der regenerativen ausgeglichen wird bzw. werden kann. Die zweite Gruppe knapper Güter ist die Endlichkeit von Ressourcen insbesondere der seltenen Erden. Dann wird die Biokapazität seit geraumer Zeit überbelastet - was sich bspw. am Massensterben der Tiere aber auch an Zoonosen wie COVID-19 widerspiegelt.



    "Wer arm ist, bleibt arm, statistisch gesehen. Dass dieser Zustand gewollt ist, zeigt die Politik. Oder warum wird sonst zwanghaft an einem System festgehalten, das so vielen Menschen kein würdiges Leben ermöglicht?"



    Und nun darf mensch auf erste, reflexhafte antikommunistische, relativierende Kommentare gespannt sein ;-)

    • @Uranus:

      Das zitierte "Argument" hat die Form "Das ist so. Weil wie denn sonst?" Unabhängig vom Inhalt kann man da nur mit dem Kopf schütteln.

      • @Fairchild670:

        Was meinen Sie?

        • @Uranus:

          Das Zitat entlarvt den Beitrag meiner Meinung nach als Futter für die Blase, die die rhetorische Frage sofort mit "Ja, genau!" beantwortet. Die Autorin hält es nicht für nötig, die Behauptung, die Politik verfolge explizit das Ziel, Arme zu unterdrücken, zu begründen. Dass eventuell komplizierte gesellschaftliche und ökonomische Dynamik es erschweren, die geforderte Umverteilung (von Geld wie Chancen) mit absehbarem und vertretbarem Risiko umzusetzen wird ausgeblendet. Stattdessen wird auf Emotionen und Empörung gesetzt. Über die Art von Journalismus kann ich nur mit dem Kopf schütteln.

          • @Fairchild670:

            Naja, inwiefern Armut beabsichtigte, systemische Unterdrückung ist, wird durchaus berichtet (auch in der TAZ) und diskutiert - ein paar Beispiele:



            # Das Existenzminimum wird zu niedrig berechnet. Die Hartzer*innen können sich von 5 € im Monat pro Person nicht gesund ernähren. Auch die Teilhabe ist sehr eingeschränkt.



            # Lebenserwartung von Armen ist niedriger als die von Wohlhabenden



            # Wenn Hartzer*innen nicht parieren, kann ihnen immer noch mind. 30 % des sowieso zu niedrigen "Existenzminimums" weggekürzt werden.



            # Menschen, die ohne Fahrschein fahren und so arm sind, dass sie die Strafe nicht zahlen können, werden eingeknastet. Das sind 7000 pro Jahr.[1]



            # viele Delikte, aufgrund dessen eingeknastet wird, sind Eigentumsdelikte



            # Armut führt zu schlechter Ernährung und diese wiederum zu Armut[2]



            # Können Mieter*innen sich die Wohnung nicht mehr leisten, da die Miete stärker steigt als ihr Einkommen, müssen sie weichen - egal bspw. wie alt, wie lange sie da wohnen. Weichen sie das nicht, kommen Gerichtsvollzieher*in samt Polizei und sie werden geräumt. Zwangsräumung ist Gewalt.



            # ...



            Das alles passiert, obgleich Deutschland ein reiches Land ist und es ein leichtes wäre, für Ausgleich zu sorgen. Das wird seit Jahrzehnten aber nicht gemacht. Der sogar bis in die Sozialdemokratie hineinreichende Neoliberalismus konnte seine zu Heilsversprechen hochgejazzten Versprechen "Privatisierung, Deregulierung, Eigenverantwortung usw. entfesselten das Kapital, was infolge wachsen würde und wovon Alle profitieren würden" (natürlich) nicht halten und hat Armut befördert, nicht abgebaut. Er führt zu Subjektivierung, zu Fokussierung auf sich selbst und befeuert Vorurteile, dass Arme selbst schuld seien ... Damit ist allerdings nur die kürzliche Geschichte des Kapitalismus angerissen. Ausbeutung, Armut usw. lassen sich innerhalb dieser weiter zurückverfolgen.



            [1] taz.de/Haftstrafen...rzfahren/!5529577/



            [2] blogs.taz.de/dissenspodcast/ernaehrung/

            • @Uranus:

              "inwiefern Armut beabsichtigte, systemische Unterdrückung ist"

              Moment... Auch hier muss ich reingrätschen. Denn nichts von dem, was Sie weiter ausführen, belegt diese These.

              Sicherlich gibt es eine weit verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber Armut, zu oft auch verbunden mit einer Geringschätzung der Armen. Das gilt für die Politik wie für die Bevölkerung. Zweifelsohne liegt vieles im Argen und diverse hilfreich oder motivierend gemeinte Maßnahmen verfehlen ihr Ziel oder bewirken gar das Gegenteil. Aber meiner Meinung nach kann man hier nicht von böswilliger, absichtlicher Unterdrückung reden. Es interessiert schlichtweg nicht genug Leute. Das allein ist schon schlimm genug.

              • @Fairchild670:

                Nun, laut Leistungsnormativität sei Armut ja gar nicht boshaft sondern nur gerecht. Es ist auch eine Frage der Ideologie. Dennoch würde ich meinen, dass Armut nicht vom Himmel oder so fällt, sondern geschaffen wird und Ergebnis von Ideologie und System ist, sowie Ausdruck eines Unterdrückungsverhältnisses ist. Wer legt denn bspw. den HartzIV-Satz fest? Wer macht die Gesetze ... Eine Ideologie, anhand derer bspw. unzureichende Versorgung und Entwürdigung von Menschen gerechtfertigt wird, würde ich als menschenverachtend bezeichnen.

                • @Uranus:

                  Und wieder: diese negativen Auswirkungen werden _in Kauf genommen_ aber doch nicht explizit _gewollt_. Das macht für mich schon einen Unterschied.

                  Und wenn Sie von Ideologie anfangen: können Sie mir eine erfolgreich gelebte Ideologie nennen, in der es den Armen konsequent besser ging als in kapitalistischen Systemen? Wo immer ich hindenke, Armut und Unterdrückung hat es immer gegeben.

                  • @Fairchild670:

                    *(hierbei wurde allerdings nur die Berechnungsweise kritisiert nicht unbedingt die Höhe. Das Ergebnis war keine wesentliche Verbesserung)



                    Vorab Korrektur der Ergänzung des in meinem letzten Kommentar begonnen Satzes. Bedienungs- und Softwarefehler, sorry.

                  • @Fairchild670:

                    Ich habe den Eindruck, dass Sie Argumente nicht anerkennen wollen und eine Diskussion somit müßig ist.



                    Dennoch ein Beispiel etwas konkreter ausgeführt, womit ich es dann dabei belassen will:



                    Die HartzIV-Reform und die Höhe sind von Regierungen und Parlamenten beschlossen worden. Dass diese fatal, kontraproduktiv und unzureichend sind, gibt es genügend Belege, auf die ich auch hingewiesen habe. Sozialverbände fordern seit Jahren, dass die Sätze massiv erhöht werden müssen. Für Änderungen hat es bisher von beteiligten Parteien keinen Willen gegeben. Sie machen wenn nur das nötigste - bspw. wenn von hohen Gerichten Beschlüsse kassiert werden. Siehe Regelsatzberechnung (hier ging es allerdings nz, Sanktionspraxis (vormals war es okay bis zu 100 % (!!!) zu kürzen). Die letzte Erhöhung lag bei lächerlichen 3 €. Wie im Vergleich sich wohl bspw. die Diäten erhöht haben? Für mich ist klar, Armut wird geschaffen und das ist auch System, Gesellschaftsmodell und Ideologie bedingt.



                    Ich finde es schon sehr schräg, dass Sie angesichts meiner Verweise und des obigen Artikels, die ja alle mit der kapitalistischen Realität verknüpft sind, nun auf andere Systeme verweisen, wollen. So geht dann wohl auch Whataboutism, Ignoranz, Ablenken, Schönreden ... Warum also nicht Kapitalismus kritisieren und versuchen, an einem Gegenentwurf zu arbeiten bzw. eine Abkehr befürworten?

                    • @Uranus:

                      Sie machen es sich zu einfach. Ich bezog mich auf Ihre Aussage, Armut falle nicht vom Himmel, sondern - so verstehe ich Sie - sei Konsequenz von kapitalistischer Ideologien. Ich kenne spontan kein System, dass zu weniger Armut und Unterdrückung geführt hat. Das ist schon ein Hinweis, dass es wahrscheinlich schwierig ist, so ein System zu finden.

                      Ich bin grundsätzlich für ernsthafte und vorallem konstruive Kapitalismuskritik zu haben. Diese liefern allerdings weder dieser Artikel noch Ihre bisherigen Beiträge in unserer Diskussion. Wegen nichts anderem habe ich letztendlich überhaupt erst Einspruch erhoben. Destruktive Kritik, die in Problembeschreibungen, Schuldzuweisungen und fragwürdigen Absichtsunterstellungen verbleibt, hilft nicht weiter.

                      • @Fairchild670:

                        Womöglich schreiben wir teils aneinander vorbei.



                        Sie würden dem Gesetzgeber beim Entwerfen und Verabschieden von Gesetzen doch eine Absicht unterstellen, oder nicht? Also ich unterstelle zumindest Absicht. Nun mag es teils sein, dass der Gesetzgeber nicht bei jedem Gesetz im vorhinein genau weiß, wie es sich konkret auswirkt. Allerdings gibt es HartzIV bereits seit 2005! Wenn der Gesetzgeber nun Sozialsicherung beschließt, die nicht zum Leben reicht, benachteiligt er die von diesen Sozialgeldern abhängigen Menschen. Benachteiligt ist dabei milde noch ausgedrückt. Folge ist Mangelernährung, Krankheit, kürzere Lebenserwartung. Wie ich schrieb, darf das zu geringe Hartz-IV sogar weiter gekürzt werden! Vormals sogar um 100 % - also das komplette HartzIV. In einem System, in dem fast alles mit Geld bezahlt werden muss, können Sie mit nichts gar nicht und mit wenig, nur schlecht leben. Wer seine Miete nicht zahlen kann, verliert sogar die Wohnung und wird zwangsgeräumt, wenn sie nicht "freiwillig" aufgegeben wird. Wenn mensch bedenkt, dass Hartzer*innen keine Möglichkeit auf einen Job haben (aufgrund Krankheit, zu alt, keine Nachfrage nach gelerntem Beruf o.ä.), kommen viele aus HartzIV also nicht heraus. Sie sind also ausgeliefert, ihnen wird permanent zu wenig Geld gegeben, sie werden anhand der Drohkulisse Sanktionen in Angst versetzt und sind Ämterschikane ausgeliefert. DAS alles sind Aspekte von Unterdrückung. Und ja, das ist ein spezifisches Beispiel. HartzIV als Form der Armut und der Unterdrückung im kapitalistischen Deutschland. Das Beispiel ließe sich anhand Betrachtung von System und Ideologie noch weiter begründen und abstrakter darstellen.



                        Aber Sie gehen darauf nicht wirklich ein, entkräften nichts ... und so ist Ihr Beitrag bloß einfacher Einspruch und eine Relativierung. Was wäre Ihrer Ansicht nach denn bspw. "destruktive Kritik, Schuldzuweisungen und fragwürdige Absichtsunterstellungen" genau?

                        • @Uranus:

                          Machen wir es kurz: Absicht ja, aber nicht zur Unterdrückung. Das ist und bleibt eine Unterstellung. Es ist doch hinreichend bekannt, dass die Hartz IV Maßnahmen paradoxer sogar motivierend gedacht sind ("fördern und fordern").

                          Hier führen Nebenwirkungen mehrere gut gemeinter Ansätze zum Problem. Ein weiterer Aspekt ist die deutsche Liebe für formale Qualifikation, gepaart mit maßgeschneideten Berufsausbildungen. Der Konflikt wird auch nicht durch höhere Hartz IV Sätze gelöst. Hier resigniert die Politik einfach davor, dass sie sich den Sozialstaat gerade soeben leisten kann. Das Problem Armut ist vielschichtig. Bei der Lösung muss es nicht nur um Geld gehen, sondern vor allem um Chancen.

                          Und nein, auch das ist keine konstruktive Kritik. Ich diskutiere gerne über solche Dinge, aber hier bin ich raus. Sie scheinen sich festgelegt zu haben, was jede weitere Diskussion tatsächlich müßig macht.

                          • @Fairchild670:

                            Die Situation von Arbeitsmarkt, Vermittlung und Arbeitsfähigkeiten sind ja bekannt. Und doch erhalten viele kein Arbeitsplatz oder eben eine Arbeit, die so schlecht bezahlt ist, dass sie "aufstocken" müssen, also immer noch in der Hartz-Maschinerie drinhängen. Dafür mag auch ihre zitierte deutsche Liebe für formale Qualifikation ein Grund sein. Wenn also wissentlich Menschen keine (ausreichende) Arbeit kriegen können, dann ist das "Motivieren" zynisch zu werten. Wie ich darlegte, ist zu wenig Geld einfach zu wenig. Nach 17 Jahren Hartz-System kann mensch auch nicht sagen, dass das nicht Absicht wäre und mensch den Hartzer*innen eigentlich nicht schaden wolle. Die Politiker*innen wissen, was sie tun. Sie haben eine Verwaltung und zig Expert*innen, die sie berät und informiert. Und sie kriegen sogar über Medien und Wissenschaften widergespiegelt, wie die Lebensbedingungen sind und können auch Hartzer*innen direkt befragen. Politiker*innen wissen das. Aber sie machen nichts dagegen. Sie können die doch nicht aus ihrer Verantwortung reden. Ganz abstrakt: gesetzt es braucht ein Laib Brot, das Sie mit genug Nährstoffen versorgen kann und ich gebe ihnen nur 4/5 des Brotlaibes und mache das 17 Jahre lang mit Ihnen. Sie kriegen keinen Job, und von woanders kein Geld/Brot, sind also von mir abhängig. Und ich mache keine Anstalten, aktiv Ihnen auch den restlichen Teil des Brotes, das nötige Fünftel, zu geben. Wenn Sie dann sagen, dass wäre Unterdrückung, fänden Sie es legitim, wenn ich darauf entgegnete, Ihre Aussage wäre ja "destruktive Kritik, Schuldzuweisung und fragwürdige Absichtsunterstellung"?

                            • @Uranus:

                              So sehr es Sie auf die Palme bringt, ja, das fände ich legitim - je nach Ton etwas unsensibel, aber legitim. Denn ich hätte in meiner Wut und Frustration eine offensichtliche Vernachlässigung zu einer Unterdrückung gemacht.

                              • @Fairchild670:

                                Von Vernachlässigung kann mensch bei entsprechendem Versorgungsverhalten von überforderten Elternteilen sprechen, aber doch noch nicht bezüglich staatlichem Handeln (in dem hier umrissenen Hartz-Kontextes) und eines Staates, der sich mit den im GG formulierten Ansprüchen sonst gerne brüstet. Also ich finde Ihre Einordnung verharmlosend.

  • Die Autorin hat mit der von Ihr angeführten Statistik das "Wir" doch bereits vorgegeben. Die Antwort lautet: die Deutschen. Im Medial werden wir gesamtgesellschaftlich ärmer werde. Damit stimmt die angefochtene Aussage hält. Selbst wenn sich die sozioökonomischen Hintergründe unterscheiden gibt es halt immer noch ein "Wir".

    • @DiMa:

      Ja klar wenn ich ärmer werde ist ein Millionär in ihren "deutschen wir" Medial gesehen auch ärmer geworden. Und wenn ganz viele ärmer werden ist der Millionär im Medial noch ärmer auch wenn er reicher geworden ist. Wenn es um Geld geht haben wir das "wir" schon lange aufgegeben. Und darum geht es!

      • @Andreas J:

        Nein. Da Sie nur sich und den Millionär betrachten kommt es in Ihrem Beispiel darauf an. Wenn das Vermögen des Mllionärs gleich bleibt, während Sie ärmer werden, dann werden alle im Medial ärmer. Steigt hingegen das Vermögen des Millinärs stärker als Ihres sinkt, dann stimmt die Aussage nicht.

        Da der Wert des Vermögens in Deutschland allerdings momentan schrumpft, werden wir alle ärmer.

  • Da frage ich mich ernsthaft wie es sein kann, dass die Linken in der Versenkung verschwinden und die Elitenförderer nach wie vor einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen haben.

    Und bei der Armutsdiskussion werden all jene völlig vergessen, die eine gute Rente haben aber wegen ihrer Pflegebedürftigkeit Haus und Hof verlieren und ihren Lebensabend zu allem Überfluss auch noch in miserabel ausgestatteten Heimen fristen "dürfen".

    Und uns Stimmvieh reden diese Menschen natürlich ein das sei halt unabänderbares Schicksal.

    • @Bolzkopf:

      "Haus und Hof"

      Soll die Allgemeinheit dafür aufkommen, dass "Haus und Hof" an die lieben kleinen vererbt werden kann?

    • @Bolzkopf:

      Wenn ich mir die Medienlandschaft ansehe, wird mir schon klar, wie es zu dieser Entwicklung kommt.

      Viele Journalist*innen haben den Draht zu den von Armut betroffenen - wenn sie ihn jemals hatten - verloren.



      Sowohl die Parteien als auch die bürgerliche Presse, einschließlich der ehemals linken Taz, vermeiden seit Auflösung der DDR das kapitalistische System auch nur ansatzweise grundsätzlich in Frage zu stellen.

      Stattdessen wird die Illusion vom ewigen Wachstum genährt - natürlich wegen des Klimas inzwischen grün lackiert und "nachhaltig".

      In von vermögenden Moderator*innen geleiteten TV-Talkshows unterhalten sich "Besserverdienende" einschließlich Frau Wagenknecht seit Jahren darüber, dass "die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht."

      In unserer "Volksvertretung" im Bundestag sitzen mehrheitlich Akademiker*innen, Jurist*innen und andere gut versorgte.



      Die Linke zerlegt sich in weiten Teilen selbst, mit internen Machtkämpfen, getrieben von Eitelkeiten und Rechthaberei - fernab von den wirklichen Interessen und alltäglichen Sorgen "der kleinen Frau und des kleinen Mannes."

      Hannes Wader hat mal gesungen:"..mit uns kämpft die Vernunft und die Zeit.." Ich habe da inzwischen meine Zweifel.

      • @Bürger L.:

        Lieber "Bürger L.", Sind sie "Wutbürger?

        Sie fahren alle populistischen Ziele auf, die sich dort gerade tummeln. Parteien, Linke, Journalisten, Akademiker

        Sie zitieren zwar Hannes Wader und liebevoll die DDR, aber das ist auch die populistische Melange in der die AfD groß geworden ist.

        • @Rudolf Fissner:

          Ach Herr Fissner, ihr Kommentar erinnert mich an Zeiten in den sechziger Jahren, in denen man in Westberlin, wenn man den Kapitalismus in Frage stellte zu hören bekam:



          Geht doch rüber in Osten, wenns euch hier nicht gefällt...



          Ähnlich schlicht ist ihre Betrachtung meines Kommentars. An welcher Stelle ich "liebevoll die DDR" zitiert haben soll, ist mir ein Rätsel.



          Ist aber auch egal, sie werden schon wissen was richtig ist - da bin ich ganz sicher.