Neue EU-Regeln bei der Geldanlage: Bankberatung in grün
Ab August müssen Anlageberater auch über nachhaltige Geldanlagen informieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ändert sich bei der Bankberatung?
Es kommt lediglich ein weiterer Aspekt dazu. Künftig müssen die Berater von Banken und Sparkassen ihre Kundinnen und Kunden auch fragen, wie wichtig ihnen eine nachhaltige Geldanlage ist. Das gilt auch für die Vertreter von fondsgebundenen Renten- oder Lebensversicherungen. Verneinen Sparer ein Interesse, spielt das Thema in der Beratung keine Rolle mehr. Bejahen sie es, sollen die Berater dies auch in ihren Produktempfehlungen berücksichtigen, also zum Beispiel nachhaltige Investmentfonds vorstellen und über Chancen und Risiken der Produkte informieren.
Warum hat die EU diese Vorgabe eingeführt?
Die EU will Finanzströme verstärkt in saubere Geschäfte leiten, etwa in Unternehmen, die beim Klimaschutz sehr aktiv sind. Noch sind es meist professionelle Investoren wie große Pensionsfonds, die dieses Ziel schon verfolgen. Aber auch immer mehr Privatanleger wollen ihr Geld nicht mit klimaschädlichen oder unsozialen Aktivitäten vermehren. Die vorgeschriebene Beratung zu nachhaltigen Anlagen soll ihnen die Auswahl entsprechender Investments erleichtern.
Wird der Verbraucherschutz damit gestärkt?
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) ist da eher skeptisch. Aus den Erfahrungen von Mystery Shoppings ist bekannt, dass die Beratungen durchschnittlich nur etwa 45 Minuten dauern, obwohl die Materie komplex sei, erläutert Finanzexpertin Dorothea Mohn. Sie befürchtet, dass die Berater die Vorgabe daher nur halbherzig umsetzen. Eine weitere Gefahr sei, dass noch teurere Produkte verkauft werden können mit dem Argument, dass diese schließlich grün und gut seien. „Wenn grüne Anlagen verkauft werden, dann müssen Verbraucher klar und ehrlich darüber aufgeklärt werden, was mit den Anlagen bewirkt werden kann und was aber eben auch nicht“, fordert sie.
Wie läuft es in der Praxis?
Die Sparkassen haben mit der nachhaltigen Beratung nach den EU-Vorgaben bereits begonnen und Schwächen daran ausgemacht. Denn sie müssen Präferenzen erfragen, die ein Laie kaum versteht. „Viele Kunden fühlen sich durch die vielen Fragen überfordert und verstehen die kleinteiligen Unterschiede der verschiedenen Produkttypen nicht“, sagt ein Sprecher des Deutschen Sparkassen und Giroverbands (DSGV).
Ist damit gesichert, dass bei den Produkten grün drin ist, wo grün draufsteht?
Hinter der Skepsis der Expertin Mohn stehen auch Zweifel an der Nachhaltigkeit vieler Finanzprodukte. Der Begriff ist nicht geschützt, und oft ist nicht klar, was grüne Investments tatsächlich bewirken. Die EU hat sich dabei gerade selbst ein Stück Glaubwürdigkeit genommen. Brüssel hat eine sogenannte Taxonomie für grüne Anlagen entwickelt, also eine Art Standard formuliert. Darin werden nach langem politischen Streit auch Atomkraft und Gaskraftwerke als grüne Übergangstechnologien angesehen. Dabei sind Kernkraft und fossile Energien neben Rüstungsgütern die von Anlegern am häufigsten genannten Ausschlusskritierien für Investitionen. Die Banken sollen jetzt schon das Interesse der Kunden an Produkten erfragen, die der Taxonomie genügen. Allerdings liegen die entsprechenden Leitlinien der EU noch gar nicht vor.
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